Beschluss vom Landgericht Aachen - 6 T 16/06
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 20. September 2005 gegen den die bewilligte Stundung der Verfahrenskosten aufhebenden Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 29. September 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
1
Gründe:
2I.
3Unter 04. Oktober 2002 beantragte der Schuldner, das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen. Gleichzeitig beantragte er die Stundung der Verfahrenskosten.
4Mit Beschluss vom 11. Oktober 2002 hat das Amtsgericht die Aufklärung des Sachverhalts angeordnet und den jetzigen vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach erstem Gutachten vom 23. Dezember 2002 (Bl. 32 ff d. A.) hat das Amtsgericht dem Schuldner am 21. Februar 2003 für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren die Verfahrenskosten gemäß § 4 a Abs. 1, 3 InsO gestundet. Mit Beschluss vom 28. März 2003 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren eröffnet und den Insolvenzverwalter bestellt.
5Mit Schreiben vom 08. Mai 2003 zeigte der Insolvenzverwalter unter Hinweis auf § 208 InsO an, dass Masseunzulänglichkeit besteht. Unter dem 17. Juni 2003, 23. Dezember 2003, 25. Juni 2004 und 22. Dezember 2004 erstattete der Insolvenzverwalter Berichte (Bl. 116 ff, 131 ff, 136 ff, 149 ff). Zuletzt teilte der Insolvenzverwalter darin mit, dass der Schuldner trotz Aufforderung nicht mitteilte, welche Einkünfte ihm zur Verfügung stehen. Mit Verfügung vom 28. Dezember 2004 hat das Amtsgericht daraufhin den Schuldner aufgefordert, über die Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheiten richtig, also vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen. Zudem wurde er auf die Möglichkeit der Aufhebung der Verfahrenskostenstundung hingewiesen. Mit Schreiben vom 13. Januar 2005 entschuldigte der Schuldner das Versäumnis und teilte mit, von Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 von Arbeitslosenhilfe gelebt zu haben; vom 01. Oktober bis 31. Oktober 2004 habe er bei der Fa. T in I als Aushilfe gearbeitet und 190,00 € erhalten. Ab dem 15. Januar 2005 werde er als Teilzeitbeschäftigter bei der Fa. C eingestellt. Der Insolvenzverwalter berichtete dann erneut unter dem 27. Juni 2005 und teilte mit, dass der Schuldner der Aufforderung zur Mitteilung der Arbeitgeberanschrift nicht nachgekommen sei. Der Schuldner wurde daraufhin mit Verfügung des Amtsgerichts vom 13. Juli 2005 aufgefordert, sich binnen einer Woche mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung zu setzen. Dem kam der Schuldner nicht nach. Daraufhin wurde der Schuldner mit Verfügung des Amtsgerichts vom 06. September 2005 erneut auf die Pflicht zur Auskunftserteilung betreffend die Erwerbsobliegenheiten hingewiesen. Nachdem der Schuldner innerhalb der bestimmten Zwei-Wochen-Frist auf dieses Schreiben nicht reagierte, hat das Amtsgericht die durch Beschluss vom 21. Februar 2003 bewilligte Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben.
6Unter dem 22. Dezember 2005 teilte das Amtsgericht dem Schuldner mit, sein Schreiben vom 20. September 2005 (eingegangen beim Amtsgericht Aachen am 04. Oktober 2005), mit dem er mitteilte, vom 02. Januar bis 30. Mai 2005 bei der Fa. C, ab dem 01. August 2005 für 14 Tage bei der Fa. Q gearbeitet zu haben und ab dem 04. Oktober 2005 bei der Fa. I N, L arbeiten zu wollen, als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. September 2005 werten zu wollen. Der Schuldner hat hierauf nicht reagiert. Ebenso wenig hat er die mit seinem Schreiben vom 20. September 2005 in Aussicht gestellten weiteren Erklärungen abgegeben.
7Mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 (Bl. 184 f d. A) schilderte der Insolvenzverwalter die beanstandete Mitarbeit des Schuldners. Mit Beschluss vom 23. Januar 2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde des Schuldners nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
8II.
9Die gem. §§ 4 d Abs. 1, 6 InsO statthafte und auch im übrigen in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Bewilligung der Stundung der Verfahrenskosten nach §§ 4 c Abs. 1 Nr. 4, 296 Abs. 2 S. s, 3 InsO aufgehoben.
10Die Vorschrift des § 4 c Abs. 1 Nr. 4 InsO sieht die Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten dann vor, wenn der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt. Mit dieser Vorschrift will der Gesetzgeber einen sparsamen Einsatz öffentlicher Mittel erreichen, indem dem Schuldner die Obliegenheit auferlegt wird, erhebliche eigene Anstrengungen zu unternehmen, um für die Verfahrenskosten aufzukommen (vgl. Kübler/Prütting, InsO, §4c Rn 32). Der Aufhebung der Bewilligung der Stundung der Verfahrenskosten steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Schuldner - nach seinen dürftigen Angaben - zwischenzeitlich wohl tatsächlich kurzfristigen Beschäftigungen nachgegangen ist. Um dem Gericht die Feststellung zu erleichtern, ob der Schuldner der Obliegenheit nach § 4 c Nr. 4 InsO nachkommt, wird die in § 296 Abs. 2 S. 2 InsO statuierte Pflicht des Schuldners, Auskunft über die Erfüllung zu erteilen, und gegebenenfalls die Richtigkeit an Eides statt zu versichern, auch auf die Erwerbsobliegenheiten im Rahmen der Stundung ausgedehnt. Durch die entsprechende Anwendung von § 296 Abs. 2 S. 3 InsO wird dem Gericht dabei auch die Möglichkeit eröffnet, bei unzureichender Mitwirkung des Schuldners die Stundung bereits aus diesem Grund aufzuheben (vgl. Kübler/Prütting, InsO, § 4 c Rn 39).
11Die Bewilligung der Stundung der Verfahrenskosten war im vorliegenden Fall mithin schon deshalb aufzuheben, weil der Schuldner trotz des ihm bei der Bewilligung der Stundung übersandten Merkblatts - wonach ihm seine Obliegenheiten bekannt sein mussten - und der weiteren mehrfach, insbesondere mit Schreiben des Amtsgerichts vom 28. Dezember 2004 und 13. Juli 2005, erteilten Hinweise seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. So hat der Schuldner auch die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter dadurch vereitelt, dass er auf entsprechende Aufforderungen nicht reagiert hat. Darüber hinaus hat der Schuldner zu vergangenen und einem sich anbahnenden Arbeitsverhältnis allenfalls rudimentär Auskunft erteilt, darüber hinaus war jedoch von ihm keine Auskunft zu seinem Verdienst und seinen Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu erzielen. Hiermit hat der Schuldner den Obliegenheiten keinesfalls entsprochen. Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche bemühen. Dies setzt eine gebührende Arbeitsleistung und eine angemessene Bezahlung voraus (vgl. Uhlenbruck, InsO, § 295 Rn 11). Hinsichtlich der Bemühungen eines arbeitslosen Schuldners ist zu verlangen, dass er regelmäßigen Kontakt zum Arbeitsamt hält und auch sonst jede Möglichkeit wahrnimmt (Bewerbungen; Information anhand von Stellenanzeigen), wieder einer Arbeit nachzugehen (vgl. MüKo, InsO, § 295 Rn 36; Uhlenbruck, InsO § 295 Rn 22). Auch wenn den Mitteilungen des Schuldners jedenfalls nicht ausschließen, dass er tatsächlich Bemühungen unternommen hat, können seine Angaben aufgrund der fehlenden Mitteilungen und Mitarbeit nicht überprüft werden. Auch muss - mangels anderer Auskünfte des Schuldners - davon ausgegangen werden, dass er die an ihn gestellten, oben dargestellten, Anforderungen eben nicht erfüllt hat.
12Die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 4 c Nr. 4 InsO lagen daher vor. Ein Fehlgebrauch des dem Amtsgericht eingeräumten Ermessens ist nicht ersichtlich, zumal der Schuldner bereits wiederholt auf seine Pflichten hingewiesen wurde.
13Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 ZPO.
14Beschwerdewert: bis 5.000,00 € (geschätzte Kosten)
15X
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