Urteil vom Landgericht Aachen - 52 Ks 401 Js 57/06 10/06
Tenor
Der Angeklagte wird wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
zehn (10) Jahren.
verurteilt; im übrigen wird er freigesprochen.
Dem Angeklagten wird auf Lebenszeit die Ausübung eines Heilberufes und der damit verbundenen Hilfstätigkeiten verboten.
Soweit der Angeklagte verurteilt wurde, trägt er die Kosten des Verfahrens, seine eigenen Auslagen und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin. Im übrigen fallen die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
- §§ 179 Abs. 1 Nr. 1, 211, 224 Abs. 1 Nr. 1, 22, 23, 52, 53, 70 StGB -
1
G r ü n d e
2I.
3Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 30 Jahre alte Angeklagte wuchs nach seiner Geburt in den ersten Lebensjahren im Haushalt seiner Eltern in E auf. Sein inzwischen 50 Jahre alter Vater arbeitete als Metzger. Seine inzwischen 52 Jahre alte Mutter ist gelernte Erzieherin und übte später - insbesondere nach der Trennung von ihrem ersten Ehemann - regelmäßig Putztätigkeiten aus. Aus der Ehe seiner Eltern ist auch seine inzwischen 28 Jahre alte Schwester N hervorgegangen. Sie hat eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin absolviert und arbeitet in diesem Beruf.
4Einige Jahre nach der Geburt des Angeklagten zogen seine Eltern von E nach T in der F. Da offenbar die Mutter des Angeklagten in dieser dörflichen Struktur nicht zurecht kam, zog die Familie noch vor der Einschulung des Angeklagten wieder zurück nach E. Der Angeklagte selbst hat an seine Kindheit positive Erinnerungen. Die Ehe seiner Eltern war jedoch dadurch getrübt, dass der Vater auch Beziehungen zu anderen Frauen unterhielt. Als der Angeklagte sechs oder sieben Jahre alt war, trennten sich seine Eltern, was der Vater ihm während eines Versteckspiels eröffnete. Er und seine Schwester blieben im Haushalt der Mutter. Zwar stand das Sorgerecht beiden Eltern gemeinschaftlich zu, doch kümmerte sich der Vater bald nur noch unregelmäßig um den Angeklagten und seine Schwester.
5Als der Angeklagte 13 oder 14 Jahre alt war, heiratete seine Mutter ein zweites Mal. Ihr neuer Ehemann, der inzwischen 59 Jahre alt ist, war dem Angeklagten bereits aus dem Tambour-Corps bekannt, in dem beide spielten. Bereits wegen dieser Bekanntschaft sah der Angeklagte seinen Stiefvater nie als Vaterersatz an, was er jedoch in der Nachschau nicht als besonders problematisch ansieht. Aus der Ehe seiner Mutter mit seinem Stiefvater sind die 1992 und 1994 geborenen Halbbrüder des Angeklagten, S und O, hervorgegangen.
6Nach Besuch des Kindergartens wurde er altersgerecht in eine Grundschule in E eingeschult, die er in den folgenden vier Jahren problemlos durchlief. Anschließend wechselte er auf eine Gesamtschule in E, die in der Nachbarschaft einer vom Angeklagten als problematisch empfundenen Hauptschule lag. Von ernsthaften Bedrohungen oder gar Übergriffen durch Schüler dieser Hauptschule auf ihn hat er indes nicht berichtet. Auf der Gesamtschule zeigte der Angeklagte solche Leistungen, die es ihm regelmäßig ermöglichten, das Klassenziel ohne besondere Anstrengungen zu erreichen.
7Im Alter von 14 Jahren absolvierte der Angeklagte ein erstes Praktikum in einem Eer Krankenhaus, weil er sich damals noch mit dem Gedanken trug, Arzt zu werden. Dieses Praktikum sagte ihm so zu, dass er bald häufiger die Gelegenheit nutzte, im Rahmen verschiedener Praktika im Krankenhaus zu arbeiten. Da er seit Beginn der zwölften Klasse immer weniger Lust verspürte, die Schule zu besuchen, und weil er Gefallen an der Aussicht gefunden hatte, als Krankenpfleger zu arbeiten, brach er im November 1994 die Schule ab. Ab dem 02. Januar 1995 arbeitete er wieder im Rahmen eines Praktikums in einem Eer Krankenhaus, das zum Oktober 1995 in ein Ausbildungsverhältnis zum Krankenpfleger mündete. Diese Ausbildung schloss er im Herbst 1998 erfolgreich ab. In den folgenden drei Monaten arbeitete er in seinem Beruf im Krankenhaus weiter, bis sich Anfang 1999 seine Zivildienstzeit anschloss. Er absolvierte einen Lehrgang zum Rettungssanitäter und begann eine Ausbildung zum Rettungsassistenten, die er über die Dauer seines Zivildienstes hinaus fortsetzte und im September 2000 erfolgreich abschloss. Nach seiner Zivildienstzeit arbeitete er wiederum in dem Eer Krankenhaus, wo er in der Notaufnahme eingesetzt wurde. Außerdem betätigte er sich im Rettungsdienst.
8Während eines u. a. von ihm geleiteten Erste-Hilfe-Kurses lernte er im Jahre 1999 die Zeugin T1kennen, die damals 15 Jahre alt war und den Kurs im Rahmen einer Projektwoche ihrer Schule besuchte. Auf ihr Anraten zog er im Jahr 2000 - der Angeklagte war inzwischen 24 Jahre alt - in eine eigene Wohnung in E, die er bis zur Festnahme in dieser Sache bewohnte.
9Etwa Ende des Jahres 2000 widmete sich der Angeklagte auch verstärkt dem Internetspiel "Everquest". Dieses vom Sony-Konzern im Internet angebotene Spiel bietet eine Scheinwelt, die die Mitspieler mit selbst entworfenen und im weiteren Verlauf des Spiels weiterentwickelten Charakteren mit Leben füllen. Während in den unteren Ebenen - gegen Ende der Hauptverhandlung waren vom Anbieter 75 Ebenen angeboten - ein Erfolg auch durch gelegentliches Spielen allein möglich ist, ist ein Fortkommen bei zunehmendem Schwierigkeitsgrad nur durch häufiges Spielen und im Zusammenschluss mit anderen Mitspielern möglich. Auf diese Weise haben sich in einer virtuellen Welt regelrechte Bündnisse (sogenannte Gilden) zusammengeschlossen, die regelmäßig gemeinsam oder in kleineren Gruppen die im Spiel gestellten Aufgaben zu erfüllen versuchen.
10Der vom Angeklagten hauptsächlich bespielte Charakter - jedem Mitspieler ist die Auswahl und Fortentwicklung mehrerer Charaktere gestattet - war "S1" eine Klerikerin, die für andere Spielcharaktere über heilende Kräfte verfügte. "S1" hatte sich der F1 "C" angeschlossen und es dort zuletzt bis zur F1nmeisterin gebracht, so dass der Angeklagte dieses virtuelle Bündnis leitete. Durch erheblichen Zeiteinsatz und einiges Geschick hatte es der Angeklagte bis zu seiner Festnahme bis in die 70. Spielebene geschafft - der höchsten der im Januar 2006 vom Veranstalter angebotenen Ebene.
11Ebenfalls bereits im Jahr 1999 hatte der Angeklagte die damals neun Jahre alte Zeugin T2, die Schwester der T1, kennen gelernt. Der Angeklagte und T1 bezogen T2 des öfteren in gemeinsame Unternehmungen ein. T2 begleitete ihre Schwester auch bei ihren Besuchen in der Wohnung des Angeklagten, da auch sie Gefallen an "Everquest" gefunden hatte und die ihr zu Hause zur Verfügung stehenden technischen Mittel nur eine eingeschränkte Möglichkeit des Spielens boten. Auch nach der "internen Trennung" des Angeklagten von T1im Sommer 2002 und später nach ihrer "offiziellen Trennung" im Jahre 2004 - auf die Einzelheiten der Beziehungsentwicklung wird im Rahmen der Feststellungen zur Sache weiter einzugehen sein - unterhielten der Angeklagte und T2 weiterhin regen Kontakt.
12Am 21. Oktober 2004 wurde die Tätigkeit des Angeklagten als Krankenpfleger in einem Eer Krankenhaus durch einen Auflösungsvertrag beendet. Mitarbeitern war aufgefallen, dass in den Stationen, in denen der Angeklagte Dienst hatte, auffällig viele Tabletten des Medikaments Flunitrazepam in der Krankenhausapotheke bestellt und später verbraucht wurden. In einem Gespräch räumte der Angeklagte schließlich ein, über mehrere Monate Hunderte von Flunitrazepam-Tabletten entwendet zu haben, woraufhin sein Arbeitgeber ihn drängte, einen Aufhebungsvertrag zu akzeptieren. Bis dahin hatte er in seinem Beruf monatlich 1.300,00 - 1.500,00 Euro netto verdient. Die Miete für seine Wohnung betrug etwa 400,00 Euro. Nach dem Verlust seiner Arbeit bezog er staatliche Unterstützungsleistungen. Zuletzt lebte er von Leistungen des Arbeitslosengeldes II.
13Probleme mit Alkohol, illegalen Drogen oder dem eigenen Konsum von Medikamenten hatte der Angeklagte zu keiner Zeit. Mit Ausnahme einer Blinddarmoperation, Kniebeschwerden, einer asthmatischen Erkrankung seit der Kindheit und diversen beklagten Allergien ist der Angeklagte von Unfällen oder ernsthaften Erkrankungen in seinem Leben bislang verschont geblieben.
14Über den bereits beschriebenen Diebstahl von Medikamenten hinaus, der zu keiner strafrechtlichen Sanktion führte, ist der Angeklagte bislang ein Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts E vom 18. Juli 2005 (12 Cs 304 Js 356/05-606/05), rechtskräftig seit dem 19. August 2005, ist gegen den Angeklagten wegen Diebstahls eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 Euro festgesetzt worden. Er hatte zur damaligen Zeit als ehrenamtlicher Rettungsassistent beim Deutschen Roten Kreuz Zugang zur Rettungswache in E. In der Nacht zum 27. Januar 2005 hatte er aus zwei dort abgestellten Rettungswagen jeweils vier Ampullen des Hypnotikums Midazulam sowie eine Infusionsflasche und ein Infusionsbesteck entwendet.
15Die Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen verbüßte er in der Zeit vom 13.07.06 bis zum 31.08.06.
16II.
17Nachdem das Verfahren hinsichtlich der Punkte 1 und 2 der Anklageschrift gem. § 154 StPO im Laufe der Hauptverhandlung vorläufig eingestellt wurde, hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:
181. Beziehung des Angeklagten zu T1
19Der Angeklagte und die Zeugin T1lernten einander im Jahre 1999 im Rahmen eines Erste-Hilfe-Kurses kennen, bei dem er als Ausbilder fungierte und den sie im Rahmen einer Projektwoche ihrer Schule besuchte. Die Zeugin T1, die damals 15 Jahre alt war, fand Gefallen an dem acht Jahre älteren Angeklagten und umwarb ihn, was dieser jedoch nur zögerlich bemerkte. Während eines gemeinsamen Videoabends im Zimmer des Angeklagten, der noch im Haushalt seiner Mutter lebte, kam es zum Austausch erster Zärtlichkeiten. Fortan verband beide eine Beziehung. Nach etwa ein bis zwei Monaten wollten beide erstmalig den Geschlechtsverkehr ausführen, was ihnen jedoch nicht gelang, weil der Angeklagte sein erigiertes Glied nicht in ihre Scheide einführen konnte.
20Beide mutmaßten, dies sei darauf zurückzuführen, dass sich T1nicht in der gebotenen Weise entspannen könne. Gemeinsam kam man auf Vorschlag des Angeklagten auf die Idee, den Geschlechtsverkehr nach Einnahme beruhigender und entspannender Medikamente durch T1erneut zu versuchen. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt verabreichte er ihr bei zwei Gelegenheiten einmal das Medikament Dornicum, ein starkes Beruhigungsmittel aus dem Bereich der Benzodiazepine, welches im Krankenhausbetrieb u. a. zur Prämedikation eingesetzt wird. Bei einem weiteren Versuch verabreichte der Angeklagte T1mit deren Einverständnis das Medikament Ketamin, welches sowohl als Narkotikum als auch als Schmerzmittel Verwendung findet. Dieses Medikament löste bei T1starke Halluzinationen und Angstzustände aus. Unter anderem fühlte sie sich durch die an der Wand ihres Zimmers aufgehängten Poster bedroht. Wegen dieser Nebenwirkungen und weil es trotz des Einflusses der Medikamente nicht gelungen war, den Geschlechtsverkehr auszuführen, verzichteten beide bald auf erneute Versuche.
21Im Sommer des Jahres 2002 kamen der Angeklagte und die Zeugin T1überein, künftig jeweils für andere Partner offen zu sein. Auch nach dieser "inoffiziellen Trennung" sahen sich beide zwar weiterhin fast täglich. Sie fühlten sich eng miteinander verbunden und übernachteten auch weiterhin beim jeweils anderen. Sie waren jedoch übereingekommen, nur noch ein freundschaftliches Verhältnis zu pflegen und offen für den Eingang neuer Beziehungen zu sein.
22In engem zeitlichen Zusammenhang mit dieser "inoffiziellen Trennung" - der genaue Zeitpunkt konnte und musste in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden - erörterten beide erneut die Probleme, die T1offensichtlich mit der Durchführung des Geschlechtsverkehrs hatte. Da sie aufgrund negativer Erfahrungen Angst vor Arztbesuchen hatte, erklärte sich der Angeklagte bereit, eine Gynäkologin des Krankenhauses, in dem er arbeitete, nach den möglichen Ursachen der Probleme zu befragen. Die Zeugin T1war über diesen Vorschlag erfreut, und der Angeklagte erfuhr, dass T1offenbar unter einer Scheidenverengung litt. Da sie sich keinem operativen Eingriff unterziehen wollte, empfahl die Gynäkologin dem Angeklagten eine Salbe zum Einreiben des Intimbereichs. Die Zeugin T1war mit einer solchen konservativen Behandlung einverstanden. Obwohl sie am Austausch von Zärtlichkeiten mit dem Angeklagten nicht mehr interessiert war, ließ sie ihn auch gewähren, als er sich wegen seiner pflegerischen Erfahrungen anbot, das Einreiben zu übernehmen. Außerdem log er T1an, dass es nach den Informationen der Gynäkologin erforderlich wäre, im Rahmen der Therapie auch den Geschlechtsakt zu versuchen. Auch darauf ließ sich T1ein, weil sie dem Angeklagten vertraute. Sie machte ihm jedoch Vorwürfe, als er den Geschlechtsverkehr sogar bis zur Ejakulation und ohne Kondom durchführte, weil dies nach ihrer Einschätzung über das therapeutisch Erforderliche hinausging.
23Im Frühjahr des Jahres 2004 berichteten beide auch den Eltern der Zeugin T1sowie ihrer Schwester, der Zeugin T2, dass sie die Beziehung miteinander gelöst hätten. Gleichwohl suchte der Angeklagte immer wieder das Haus der Familie T3 auf, weil er weiterhin mit der Zeugin T1und inzwischen auch mit deren Schwester T2 befreundet war. Diese Besuche, die von der Zeugin T1zunehmend als lästig empfunden wurden, setzten sich sogar noch fort, als sie eine Beziehung zu einem anderen Mann eingegangen war. Wegen der weiteren Freundschaft mit der Zeugin T2 kam es jedoch immer wieder zu Besuchen und sogar zu gemeinsamen Urlaubsfahrten in den Wintermonaten.
242. Entwicklung der Beziehung zu T2
25Der damals 23 Jahre alte Angeklagte hatte die am 27. Januar 1990 geborene Zeugin T2 etwa zeitgleich mit deren älterer Schwester T1 kennengelernt. Da T1 daran interessiert war, dass sich ihre jeweiligen Freunde auch gut mit ihrer Schwester T2 verstanden, begleitete diese den Angeklagten und ihre Schwester bald bei gemeinsamen Unternehmungen. Als der Angeklagte im Jahr 2000 eine eigene Wohnung bezog, begleitete sie ihre ältere Schwester auch bei Besuchen beim Angeklagten. Zwischen diesem und T2 entstand ein zunächst freundschaftliches und später nahezu geschwisterliches Verhältnis. Er bot sich ihr stets mit einem offenen Ohr für ihre Sorgen und Nöte an. Er zeigte Verständnis für ihre Probleme, half ihr bei der Anfertigung von Schularbeiten und gab ihr Nachhilfeunterricht. Sehr bald sah T2 den Angeklagten als ihren großen Bruder an. Dies besiegelten beide auch in einem schriftlichen Pakt, in dem sie sich gegenseitig schworen, für immer der große Bruder und die kleine Schwester für einander zu sein.
26Wie der Angeklagte hatte auch inzwischen T2 Gefallen an dem Internetspiel "Everquest" gefunden. Da die Computeranlage im Haus der Familie T3 nicht die technischen Voraussetzungen für ein optimales Spiel bot, spielte T2 zunehmend am Computer des Angeklagten. Bald schaffte er für sie einen weiteren Computer an. Mit ihrem Hauptcharakter "B" schloss sie sich der "F1" des Angeklagten an. Dort stieg sie - nahezu ständig gemeinsam mit dem Angeklagten spielend - bis zum "P" auf. Einer solchen Spielfigur bedient sich der "F1nmeister", wenn es Aufgaben der Leitung der Spielervereinigung zu delegieren gilt.
27Die regelmäßigen Besuche der Zeugin T2 beim Angeklagten fanden zunächst, insbesondere während der Zeit der Beziehung des Angeklagten zu T1, noch mit Billigung ihrer Eltern statt. Als sich die Treffen aber auch nach der offiziellen Trennung beider im Frühjahr 2004 mit unverminderter Intensität fortsetzten, gerieten die Eltern wegen des Altersunterschiedes zunehmend in Sorge und bemühten sich, die Kontakte ihrer jüngsten Tochter zum Angeklagten einzuschränken. Da T2 aber den Angeklagten noch immer als ihre wichtigste Vertrauensperson ansah und außerdem weiterhin intensiv "Everquest" spielen wollte, besuchte sie den Angeklagten in der Folgezeit heimlich. Ihren Eltern log sie im Zusammenhang mit ihren Besuchen, die fast an jedem Wochenende stattfanden, stets vor, das Wochenende bei einer Freundin zu verbringen.
28Spätestens im Laufe des Jahres 2003 hat der Angeklagte auch sexuelles Interesse an der damals 13 Jahre alten Zeugin T2 entwickelt. Er entschloss sich, die Vertrauensstellung, die er innehatte, auszunutzen und T2 durch diverse Manipulationen zur Vornahme und Duldung sexueller Handlungen zu bewegen. Im November des Jahres 2003 ersann der Angeklagte zu diesem Zweck eine fiktive Person namens "Z", die sich per E-Mail unter dem Vorwand an T2 wand, zu ihr eine E-Mail-Freundschaft aufbauen zu wollen. Zu diesem Zweck hatte er unter dem Namen dieser nicht existenten "Z" ein E-Mail-Konto eingerichtet, so dass die von T2 empfangenen Nachrichten stets als Absender eine "Z" auswiesen. Im November - das Haus der Familie T3 war entsprechend der mütterlichen Übung zu dieser Zeit mit Kürbissen dekoriert - erreichte die Zeugin T2 die erste vermeintlich von "Z", tatsächlich aber vom Angeklagten verfasste E-Mail. Darin eröffnete "Z", dass sie genau wie T2 noch 13 Jahre alt sei aber in Kürze 14 Jahre werde. Sie stamme aus einem kleinen Dorf in Bayern, welches in der Nähe des Heimatdorfes von E1 liege, der es seinerzeit im Rahmen eines im Fernsehen veranstalteten Talentsichtungwettbewerbes zu einiger Popularität gebracht hatte. Neben weiteren Hobbys erwähnte "Z" auch beiläufig, dass sie seit kurzem Interesse an Rollenspielen gefunden habe. Sie suche ein Mädchen, welches möglichst in ihrem Alter sei und möglichst weit von ihrem Heimatort entfernt lebe, um dieser Freundin dann alle ihre Sorgen und Nöte berichten zu können.
29Zur damaligen Zeit schwärmte T2 für E1, was dem Angeklagten bekannt war. Außerdem beschäftigte sie sich selbst mit dem Rollenspiel "Everquest". Wie vom Angeklagten beabsichtigt, weckte die vermeintliche "Z" das Interesse von T2. Sie schrieb zurück und der Angeklagte entspann in der Folgezeit einen E-Mail-Dialog mit ihr, in dem er über den Alltag der "Z" plauderte und gleichzeitig weitere Informationen aus T2s Alltag erfuhr, die ihm zum Teil ohnehin bereits aus den vertrauensvollen Gesprächen bekannt waren. Nach kurzer Zeit ließ der Angeklagte seine "Z" der Zeugin T2 mitteilen, dass sie selbst die ersten sexuellen Erfahrungen gemacht habe. Sie, die "Z" sei aber froh, dass sie einen älteren Freund habe, der wesentlich besser auf ihre Bedürfnisse eingehen könne. Sie lasse sich von ihm im Intimbereich streicheln. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, wurde damit nun auch die sexuelle Neugier von T2 geweckt. Diese verfügte bis zur damaligen Zeit über keinerlei sexuelle Erfahrungen. wie vom Angeklagten beabsichtigt eröffnete T2 ihm auf Anregung der "Z" tatsächlich, dass ihre "E-Mail-Freundin" von ihren sexuellen Erfahrungen mit einem älteren Freund schwärme und dass sie, T2, gleiches ausprobieren wolle. Der Angeklagte gab ihr zu verstehen, dass er bereit sei, ihr wie gewünscht erste sexuelle Erfahrungen zu vermitteln.
30Auf diese Weise kam es im Winter 2003/2004 - der genaue Zeitpunkt konnte in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden - dazu, dass der Angeklagte T2 im Zimmer ihrer Schwester T1 zärtlich streichelte. T1 war zu dieser Zeit zwar auch im Zimmer anwesend, bemerkte davon jedoch nichts. Kurze Zeit darauf begab sich der Angeklagte nachts aus dem Zimmer der Zeugin T1, in dem er übernachtete, in das Zimmer von T2, legte sich zu ihr ins Bett und streichelte sie mit ihrem Einverständnis u. a. zwischen ihren Beinen. In der Folgezeit kam es immer öfter zu derartigen Besuchen des Angeklagten im Zimmer der Zeugin T2. Beim zweiten oder dritten dieser Besuche führte der Angeklagte erstmals auch einen Finger in die Scheide von T2ein.
31Als sich der Angeklagte zu einem dieser Besuche im Zimmer von T2aufhielt, erwachte deren Schwester T1 und wunderte sich, dass der Angeklagte nicht mehr neben ihr im Bett lag. Sein langes Fernbleiben erklärte er ihr später mit Magenproblemen, wegen derer er eine längere Zeit auf der Toilette habe verbringen müssen.
32Von diesen sexuellen Erfahrungen, deren Gefühl T2 als durchaus schön empfand, berichtete sie im weiteren Verlauf der vermeintlichen "Z". Diese, also der Angeklagte, ermunterte die Zeugin T2 zur Fortsetzung der sexuellen Kontakte. In der Folgezeit kam es auch dazu, dass sich T2 vom Angeklagten oral befriedigen ließ, was sie ebenfalls "Z" als schönes Erlebnis berichtete.
33Im Frühjahr des Jahres 2004, nach der "offiziellen Trennung" des Angeklagten und der T1, übernachtete T2 auch mehr und mehr in der Wohnung des Angeklagten. Nachdem die sexuellen Kontakte davor im Zimmer der T2 stattgefunden hatten, übernachteten nun beide gelegentlich zusammen im Bett des Angeklagten, der sie bei diesen Gelegenheiten des öfteren an Brust und Scheide streichelte. Die Zärtlichkeiten des Angeklagten einschließlich der oralen Stimulation empfand die Zeugin T2 zwar als schönes Gefühl, die Kontakte waren ihr aber peinlich, weil beide ja keine Beziehung, sondern nach ihrer Vorstellung ein geschwisterliches Verhältnis pflegten. Von diesen Gedanken berichtete sie "Z". Der Angeklagte erwiderte unter seinem Pseudonym, dass sie die Kontakte doch fortsetzen solle, wenn sie ihr bislang gefallen hätten. "Z" ermutigte sie bald auch, den Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten auszuführen, was T2 jedoch kategorisch ablehnte.
34Der Angeklagte ersann eine neue List, um mit T2 auch den Geschlechtsverkehr ausführen zu können. Sie erwachte eines morgens in der Wohnung des Angeklagten und stellte fest, dass sie kein Höschen trug. Auf diese Begebenheit angesprochen, erklärte ihr der Angeklagte wahrheitswidrig, dass sie ihn in der Nacht sexuell bedrängt habe und mit ihm den Geschlechtsverkehr habe ausführen wollen. T2 war diese Vorstellung peinlich, weil sie einerseits keinen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten ausführen wollte und ihn andererseits auch nicht unterbewusst zu Dingen drängen wollte, die auch er ablehnte. Wahrheitswidrig log der Angeklagte T2 vor, sie leide an ADS, also dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Dies komme bei Mädchen in ihrem Alter öfter vor. Die Krankheit zeichne sich dadurch aus, dass die Mädchen unterbewusst Handlungen vornähmen, an die sie später keine Erinnerungen mehr hätten. Die Krankheit gehe auch mit einem Leistungsabfall in der Schule einher. Da T2 dem Angeklagten vertraute, da sie wusste, dass er aufgrund seiner Ausbildung über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügte, und da sie zur damaligen Zeit in der Schule bei sich tatsächlich einen Leistungseinbruch verzeichnete - tatsächlich wegen des inzwischen übermäßigen Spielens von "Everquest" - glaubte sie dem Angeklagten die "Diagnose".
35Als Therapie empfahl der Angeklagte, dass T2 vor dem Einschlafen Medikamente nehmen sollte, damit sie durchschlafe und ihn nicht des Nachts sexuell bedränge. Auf die Frage, warum er sich ihr nicht einfach verweigere, erwiderte der Angeklagte, dass sie aufbrause, wenn sie ihren Willen nicht bekomme. Außerdem habe ihr Verhalten auf ihn eine durchaus erregende Wirkung, so dass es ihm schwerfalle, sie zurückzuweisen. Da T2 ihm dies glaubte und ihr die vermeintlichen Übergriffe peinlich waren, stimmte sie der vom Angeklagten vorgeschlagenen Einnahme von Medikamenten zu, die etwa im Frühjahr des Jahres 2004 begann.
36Bei wenigen Gelegenheiten verabreichte der Angeklagte T2 zunächst Beruhigungsmittel in Form von Tropfen, bevor beide zu Bett gingen. Da diese jedoch nach ihrem Empfinden ekelig schmeckten, bat T2 den Angeklagten, ihr ein anderes Medikament zu verabreichen. Der Angeklagte wählte sodann das Medikament Flunitrazepam aus, welches zur Gruppe der Benzodiazepime gehört und in der Medizin insbesondere zur Beruhigung von Patienten in Vorbereitung auf operative Eingriffe verwendet wird. Missbräuchlich angewendet führt eine Überdosierung dazu, dass die Personen, denen das Medikament verabreicht wird, in einen widerstandslosen Zustand versetzt werden und sich später an etwaige Handlungen, die an ihnen in diesem Zustand vorgenommen wurden, keine oder eine getrübte Erinnerung haben.
37Der Angeklagte entwendete die Medikamente in großer Stückzahl aus dem Krankenhaus, in dem er beschäftigt war. Nach Entdeckung der Unregelmäßigkeiten verlor er im Oktober 2004 seine Beschäftigung. Außerdem hatte der Angeklagte einen Rezeptblock des Krankenhauses entwendet, auf dem er später Medikamentenverschreibungen fälschte. Unter Vorlage einer so gefälschten Verordnung beschaffte er sich in Apotheken später Medikamente, insbesondere das benötigte Flunitrazepam. Bei seinen Besuchen in Apotheken kleidete er sich wie eine Pflegekraft oder ein Rettungsassistent, um keinen Verdacht zu erregen.
38Während die therapeutische Dosis des Medikaments Flunitrazepam bei einem halben oder einem Milligramm liegt, verabreichte der Angeklagte T2 bereits zu Beginn Dosierungen von 5 mg. Später steigerte er die Medikamentengabe auf bis zu 10 mg pro Nacht. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, geriet T2 unter dem Einfluss der Medikamente teils in eine gleichgültige, teils in eine solche Stimmung, die sie als "Kuschellaune" empfand. Etwa ab Sommer 2004 bis Januar 2006 kam es unter dem Einfluss der Medikamente bei unzähligen Gelegenheiten zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf T2. Er streichelte sie an der Brust und zwischen ihren Beinen. Teilweise gingen diese Intimitäten in den Geschlechtsverkehr über, den T2 aufgrund ihrer durch das Medikament verursachten willenlosen Stimmung über sich ergehen ließ. Der Angeklagte fertigte von ihr auch Nacktbilder. Außerdem rasierte er ihr bei zahlreichen Gelegenheiten die Schamhaare. Ein erstes Mal hatte er sie auch ohne den Einfluss der Medikamente rasieren dürfen, was sie jedoch als unangenehm empfand und danach - jedenfalls ohne Einfluss der Medikamente - ablehnte.
39Die Zeugin T2 spürte bald auch die Nebenwirkungen der Medikamente. Unter dem akuten Einfluss des Flunitrazepam erlitt sie Gleichgewichtsstörungen. Sie konnte Entfernungen nicht mehr richtig abschätzen und hatte den Eindruck, dass Buchstaben aus dem Computer auf sie zukamen, als sie "Everquest" spielte. Unter der Woche, ohne den Einfluss des Flunitrazepam, litt sie an starken Stimmungsschwankungen, die eine Folge der entstandenen Abhängigkeit von diesem Medikament waren.
40Der Angeklagte redete der Zeugin T2 gleichwohl weiter ein, sie leide noch immer unter "ADS". Da sie ihm weiter vertraute und insbesondere glaubte, dass die Initiative zum Geschlechtsverkehr von ihr ausgehe, forderte sie den Angeklagten auf, jeweils beim Geschlechtsverkehr zumindest ein Kondom zu benutzen, wenn er sie schon nicht zurückweisen könne, da sie eine ungewollte Schwangerschaft fürchtete.
41Der Angeklagte hatte inzwischen eine weitere Person erfunden, um T2 nach seinen Bedürfnissen beeinflussen zu können. Da sie weiter glaubte, den Angeklagten nachts sexuell zu bedrängen, sie es aber inzwischen durchaus für möglich hielt, sich auch von Frauen sexuell angezogen zu fühlen, wovon sie ebenfalls dem Angeklagten berichtete, bot sich dieser an, sich nach einer geeigneten Therapie umzuhören. Kurz darauf präsentierte er T2 eine - freilich von ihm eingerichtete - E-Mail-Adresse einer "S2" und erklärte ihr, dass es sich bei dieser Person um eine Ärztin handele, die sich ihres Problems annehmen werde. Tatsächlich kontaktierte T2 diese fiktive "S2" und schilderte ihr vermeintliches Problem. Einige Zeit später erhielt sie eine vom Angeklagten verfasste Antwort, die einen Fragebogen enthielt, den T2ebenfalls ausfüllte. In den folgenden "therapeutisch" beratenden E-Mails der "S2" redete der Angeklagte T2 ihre Überlegungen zu gleichgeschlechtlichen Neigungen aus. Außerdem riet er ihr auch durch die E-Mails der "S2" zu einem weiteren Konsum der Medikamente.
42Da sie eine therapeutische Beratung allein durch den Kontakt von E-Mails zunehmend befremdlich fand und außerdem im Rahmen der "Behandlung" keine Besserung ihres vermeintlichen Problems eintrat, wurde T2 zunehmend skeptisch. Als sie dies dem Angeklagten unmittelbar mitteilte, ließ dieser seine "S2" eine E-Mail an T2 schreiben, in der auf die erfolgreiche Behandlung einer "B1" aus L0 hingewiesen wurde. In der Tat schrieb kurz darauf diese "B1", also der Angeklagte, unter einer weiteren, von ihm eigens eingerichteten E-Mail-Adresse, an T2, dass sie ebenfalls "ADS" gehabt habe und durch "S2" erfolgreich therapiert worden sei. Inzwischen hatte "S2" T2 empfohlen, dass sie mit dem Angeklagten bewusst, also ohne den Einfluss sedierender Medikamente zur Nachtzeit - schlafen müsse. Nur dann, wenn sie bewusst das mache, was sie im Unterbewusstsein immer wolle, würden ihre unterbewussten Handlungen unterbleiben. T2 lehnte dies zunächst ab. Als ihr aber auch der Angeklagte in unmittelbaren Gesprächen sowie auch "Z", zu der sie weiterhin Kontakt unterhielt, zu einem entsprechenden Vorgehen rieten, ließ sie sich im Spätsommer oder Herbst des Jahres 2005 darauf ein. Ohne den Einfluss von Medikamenten gestattete sie dem Angeklagten, mit ihr den Geschlechtsverkehr auszuführen. Nach einer kurzen Zeit gab sie ihm aber zu verstehen, dass sie keine Fortsetzung des Geschlechtsverkehrs wünsche, worauf dieser von ihr abließ und sie ins Badezimmer verschwand.
43Durch die verschiedenen, von ihm erfundenen Charaktere lenkte der Angeklagte T2 nicht nur hinsichtlich ihrer sexuellen Aktivitäten in die von ihm gewünschte Richtung. Es gelang ihm durch andere Maßnahmen auch, T2 von der Außenwelt, insbesondere von Mitschülern und sonstigen Freunden nahezu vollständig zu isolieren.
44Als im Herbst des Jahres 2004 ein Junge namens N als neuer Schüler in die Klasse kam, die auch T2 besuchte, fand sie Gefallen an ihm. Sie meinte auch, seinerseits Signale für ein Interesse an ihr erkennen zu können. In dieser Weise ermutigt, verabredete sie sich mit ihrer bis dahin noch besten Freundin, eine Schaumparty zu besuchen, zu der auch N erscheinen würde. Natürlich erzählte sie auch dem Angeklagten von ihrem Vorhaben. Dieser bot an, T2 und ihre Freundin könnten nach der Party bei ihm übernachten. Andererseits richtete er jedoch unter dem Namen "N" eine E-Mail-Anschrift ein, unter der er eine Nachricht an T2 verfasste. Darin ließ er "N" mitteilen, dass ihm nicht verborgen geblieben sei, dass sie Interesse an ihm zeige. Sie sei zwar nett, aber er sei in keiner Weise an einer Beziehung mit ihr interessiert. Insbesondere solle sie unter keinen Umständen auf der Party Anstalten machen, ihn anzusprechen, zumal er selbst noch gar nicht wisse, ob er auf die Party gehen werde. Auch in der Schule solle sie ihn unter keinen Umständen weiter anhimmeln oder gar auf diese Nachricht ansprechen. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, fühlte sich T2 von dieser Nachricht abgeschreckt, blieb der Party fern und stellte auch in der Schule jede weitere Werbung um N ein.
45Eine ähnliche Funktion erfüllte das vom Angeklagten erfundene und betriebene "Helferlein 2004". Unter dieser Bezeichnung wandte sich in den Jahren 2004 und 2005 in unregelmäßigen Abständen eine vermeintliche Mitschülerin, die anonym bleiben wollte, per E-Mail an T2, um diese über - tatsächlich nicht existente - Stimmungen in der Klasse gegen sie zu unterrichten. Wenn etwa eine neue Schülerin in die Klasse kam, berichtete das "Helferlein 2004" T2, dass diese ebenfalls mit anderen Schülerinnen schon unter einer Decke stecke, die T2 Übles wollten. Die Warnungen gipfelten im Dezember 2005 darin, dass "Helferlein 2004" T2 davor warnte, dass ihr während der bevorstehenden Klassenfahrt K.O.-Tropfen verabreicht werden sollten.
46Auf diese Weise gelang es dem Angeklagten, T2 nahezu vollständig zu isolieren. Da ihre Mitschüler und sonstigen Bekannten ihr in ihren Augen übel gesonnen waren, wozu diese nach ihrer Einschätzung wegen ihrer auch selbst wahrgenommenen Stimmungsschwankungen hätten Anlass haben können, blieb der Angeklagte als einzige Vertrauensperson übrig. Dieser wiederum pflegte außerhalb des "Everquest"-Spiels im "realen Leben" praktisch nur noch Kontakt zu T2.
47Dieser Kontakt ging soweit, dass der Angeklagte sie morgens mit dem Auto zur Schule brachte und sie wieder abholte, wobei er in der Straße, in der das Haus der Familie T3 liegt, an einem von diesem Haus nicht einsehbaren Punkt auf sie wartete. Er schrieb ihr auch Entschuldigungen oder Befreiungen vom Sportunterricht für die Schule, wozu er zum Teil den aus dem Krankenhaus entwendeten Rezeptblock verwandte.
48Auf diese Weise kam es dazu, dass der Angeklagte und T2 praktisch jedes Wochenende miteinander verbrachten und "Everquest" spielten. Auch unter der Woche sahen sie sich täglich und verbrachten viele Stunden beim gemeinsamen Spiel. Am Wochenende verabreichte er ihr in den Nächten auf Samstag und Sonntag jeweils bis zu 10 mg Flunitrazepam. In dem dadurch ausgelösten Zustand nahm er immer wieder sexuelle Handlungen an T2 vor, die zum Teil auch in den Geschlechtsverkehr mündeten. Zwar gab es auch immer wieder Gelegenheiten, bei denen T2 eine Einnahme der Medikamente ablehnte. Teils ließ der Angeklagte dies auf sich beruhen. Teils gelang es ihm aber auch, sie durch gutes Zureden doch zur Einnahme zu veranlassen.
493. Sexuelle Handlungen nach Infusionsgabe ( Fälle 3 und 4 der Anklage )
50Zu einem nicht mehr zu klärenden Zeitpunkt zwischen Sommer 2004 und Herbst 2005 verfügte der Angeklagte über kein Flunitrazepam mehr, welches er T2 hätte geben können. Er legte ihr daher - mit ihrem Einverständnis - bei zwei Gelegenheiten Infusionen mit einer Substanz, deren Identität in der Hauptverhandlung nicht mehr geklärt werden konnte. Durch die Medikamente wurde sie schläfrig und sie hatte den Eindruck, über einen sehr langen Zeitraum zwischen einem wachen Zustand und einem Schlaf zu sein. Tatsächlich dauerte die Wirkung des Medikaments nur vergleichsweise kurze Zeit. Nach einer dieser Infusionen litt T2 unter erheblichen Halluzinationen. Sie hatte vor der Verabreichung des Mittels in "Everquest" mit anderen Mitspielern eine Aufgabe erfüllt, bei der Schweine zu jagen waren, wobei diese sich auf dem Bildschirm fortwährend im Kreis drehten. Unter dem Einfluss des ihr gegebenen Mittels sah sie sich nun selbst fortwährend im Kreis laufen. Außerdem nahm sie die Gestalt von "S1" wahr, also das Bildnis des Charakters, den der Angeklagte hauptsächlich in diesem Spiel verwendete.
51Der Angeklagte nutzte diesen Zustand von T2bei beiden Gelegenheiten bewusst aus, um sie mit seiner Hand an den Brüsten und im Genitalbereich zu streicheln. Sie nahm diese Handlungen wahr und fragte ihn, was er tue. Er entgegnete ihr, dass er sie beruhigen wollte. Da sie jedoch nicht wollte, dass der Angeklagte sie in dieser Weise streichelte, versuchte sie, die Hand des Angeklagten wegzuschlagen. Dieser setzte jedoch immer wieder an, sie weiter an den Brüsten und im Genitalbereich zu streicheln. Aufgrund ihres Zustandes war es T2 nicht möglich, sich den Handlungen des Angeklagten zu entziehen, was dieser bewusst ausnutzte.
524. Entwicklung ab Herbst 2005
53Im Herbst 2005 veranstaltete der Zeuge C1, der sich ebenfalls dem Spiel "Everquest" widmete, in seinem Ferienhaus im C2 ein Treffen der Mitglieder der F1, der auch der Angeklagte und T2angehörten. Auch der Angeklagte und die Zeugin T2 reisten zu diesem Treffen. Dabei lernte T2 auch den Zeugen F3 persönlich kennen, nachdem sie ihn zuvor bereits virtuell über das Spiel kennengelernt hatte.
54Über einen Internet-Chat lernte T2 etwa im November oder Dezember 2005 auch den inzwischen 27 Jahre alten Zeugen L kennen. Dieser spielte ebenfalls regelmäßig "Everquest", gehörte aber nicht der vom Angeklagten inzwischen geleiteten F1 an. Nach einer ausführlichen Kommunikation per E-Mail tauschten T2und L bald auch ihre Telefonnummern aus, so dass sie in der Folgezeit auch unmittelbar miteinander kommunizieren konnten. T2 berichtete dem Angeklagten auch über diese neue Bekanntschaft, und es blieb ihm nicht verborgen, dass T2 oft sehr lange Telefonate mit dem Zeugen L führte. Diese intensiven Kontakte versuchte der Angeklagte zu unterbinden. Er rief sie mehrfach auf ihrem Mobiltelefon an, wenn sie über den Festnetzanschluss im Haus ihrer Eltern mit L telefonierte, und erinnerte sie daran, dass sie am nächsten Tag ausgeschlafen zur Schule gehen müsse. Ähnliche Vorhaltungen machte der Angeklagte auch unmittelbar gegenüber L.. Die Zeugin T2 reagierte auf diese Maßnahmen zunehmend damit, die Anrufe des Angeklagten nicht zu beantworten oder ihr Mobiltelefon abzuschalten. Bei einer Gelegenheit im Dezember 2005 gingen die Versuche des Angeklagten, ein längeres Telefonat zwischen T2 und L zu verhindern, so weit, dass er nachts zum Haus der Familie T3fuhr und dieses mit einem Schlüssel, den er noch aus der Zeit seiner Beziehung mit T1 hatte, betrat. T2, die das Erscheinen des Angeklagten bemerkt hatte, unterbrach ihr Telefonat mit L. Tatsächlich erschien der Angeklagte wenige Augenblicke später in ihrem Zimmer und machte ihr Vorhaltungen wegen des langen Telefonats.
55Gleichwohl entwickelte sich zwischen T2 und L eine so vertrauensvolle Beziehung, dass sie ihm nach und nach auch über ihre vermeintlichen Probleme, insbesondere ihre vermeintliche Krankheit berichtete. Der Zeuge L wurde angesichts dieser Schilderungen argwöhnisch und drückte dies auch in den Telefonaten zunehmend gegenüber T2 aus.
56Am Wochenende des 07. und 08. Januar 2006 hielt sich T2 einmal mehr in der Wohnung des Angeklagten auf, um gemeinsam "Everquest" zu spielen. Da sie aufgrund der Gespräche mit dem Zeugen L die Einnahme der Medikamente zunehmend kritisch hinterfragte, weigerte sie sich an diesem Wochenende, das vom Angeklagten bereit gehaltene Flunitrazepam einzunehmen. Dieser machte ihr Vorhaltungen, dass die Einnahme sinnvoll sei, was zu einem heftigen Streit zwischen beiden am Abend des 07. Januar 2006 führte. Im Laufe dieses Streits warf sie ihm lautstark vor, sie zu missbrauchen, auch bezeichnete sie ihn als "Kinderschänder". Als T2 im Laufe dieses Streits die Wohnung verlassen wollte, packte er sie am Arm und stieß sie zurück. Dies war das erste Mal, dass der Angeklagte gewalttätig gegenüber T2 auftrat. Sie kauerte sich in einem Türrahmen hin und begann zu weinen. Der Angeklagte entschuldigte sich bei ihr für die Gewaltanwendung, doch gab er ihr zu verstehen, auch sie müsse sich wegen ihrer Vorwürfe bei ihm entschuldigen. Durch Zureden gelang es ihm, die von der Zeugin T2 gehegten Zweifel gegen ihn zu zerstreuen, so dass sich beide in der Tat wieder versöhnten.
57Etwa zur selben Zeit hatten T2 und der Zeuge F3 verabredet, sich am 28. Januar 2006 ohne den Angeklagten, der sonst der ständige Begleiter von T2 war, zu treffen. Um sowohl ihren Eltern als auch dem Angeklagten ihre Abwesenheit zu erklären, wollte T2 in Absprache mit F3 eine Einladung von einer Freundin erfinden, die sie sowohl dem Angeklagten als auch ihren Eltern als Grund für ihre Abwesenheit an diesem Wochenende präsentieren wollte. Einen Entwurf dieser Einladung schickte sie per E-Mail an den Zeugen F3. Von T2 unbemerkt hatte es der Angeklagte durch Manipulation an dem von T2 verwandten E-Mail-Programm so eingerichtet, dass er auch schon seit längerer Zeit Kopien ihrer versandten und empfangenen E-Mails erhielt. Auf diese Weise erhielt er auch Kenntnis von der gefälschten Einladung und dem Vorhaben beider, sich ohne ihn zu treffen.
58Am 10. Januar 2006 präsentierte der Angeklagte T2 die von ihr gefälschte Einladung und log ihr vor, F3 habe wegen des geplanten Vorgehens Skrupel entwickelt und sich an ihn, den Angeklagten, gewandt. Gleichzeitig hatte sich der Angeklagte mit einer kurzen Nachricht an F3 gewandt und ihn gefragt, warum beide ein Treffen ohne ihn planten. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, geriet T2 wegen des vermeintlichen Vertrauensbruchs durch F3 in Wut und schrieb ihm eine E-Mail, in der sie ihn mit harschen Worten wegen der vermeintlichen Überlassung der gefälschten Einladung an den Angeklagten zur Rede stellte. F3 antwortete ihr wahrheitsgemäß, er habe die Einladung nicht dem Angeklagten überlassen. Da beide die eingetretenen Missverständnisse jedoch nicht ausräumen konnten und insbesondere T2 derartig heftig reagiert hatte, sahen beide zunächst von einem persönlichen Treffen ab.
59Die intensiven Kontakte von T2 zu L und F3 zeigten, dass sie sich in der Folgezeit nur sehr schwer würde von ihm kontrollieren lassen. Er selbst hatte inzwischen bei einem weiteren Treffen mit dem Zeugen C1 Anfang Januar von diesem ein Angebot erhalten, in dessen Spieleverlag in der Nähe von Heilbronn tätig zu werden. Da der Angeklagte aber die Beziehung zu T2 nicht aufgeben wollte, weil er auch emotional an ihr hing, beabsichtigte er nicht, auf dieses Angebot einzugehen.
60Um seine Bindung an T2 noch weiter zu festigen, schrieb er ihr am Nachmittag des 11. Januar 2006 die folgende E-Mail:
61"Ich habe keine Arbeit.....
62Ich habe keine Freunde bis auf Dich.....
63Stadtwerke: ca. 200,00 € Schulden
64Auto-Abzahlung: ca. 300,00 € Schulden
65Handy-Rechnungen: ca. 350,00 € Schulden
66Staatsanwaltschaft: 1.500,00 € Strafe zu zahlen
67Kabelfernsehen: ca. 200,00 € Schulden
68Computer: ca. 150,00 € Schulden
69Ausstehende Protokolle: ca. 250,00 € Schulden
70Aussage Sozialamt: raus aus der Wohnung oder weniger Geld...
71Laufende Kosten, wo kein Ende abzusehen ist ......
72jetzt, gerade jetzt kommst Du und sagst, dass der Kontakt zu Dir weniger werden muss.... warum ausgerechnet jetzt, wo ich Dich am meisten brauche, um überhaupt noch Perspektiven sehen zu können? Gerade jetzt ist die Zeit wo ich jemanden den ich sehr liebe brauche, der mir zur Seite steht.... Ich traue mich schon gar nicht mehr meinen Briefkasten zu öffnen, weil ich Angst habe, dass da etwas drinstecken könnte, was mich noch weiter in den Ruin treibt ...
73Ich kann mich durch Dich ablenken lassen, meine Probleme für einen kleinen Zeitraum zu vergessen. Du spendest mir Mut, gibst mir Zuversicht, das Gefühl dass noch nicht alles verloren ist, auch wenn es mir so scheint. Ja, das ist der Grund, warum Du der einzige Ankerpunkt in meinem momentanen Dasein bist....
74Wenn ich nur wieder Arbeit hätte, andere Menschen kennen WÜRDE, oder genug andere Ablenkung HÄTTE, dann könnte ich mit Deinem Wunsch nach mehr Distanz viel besser umgehen, da ich ja selber auch auf diese Distanz automatisch kommen werde....
75Aber siehst Du nicht, dass dies gerade einfach für mich nur der schlechteste Zeitpunkt ist?
76Sieh dir an, wie ich rumlaufen muss ... ich habe kein Geld für neue Schuhe, kann mir keine Hose kaufen, ich bettel überall die Leute an und bin auf ihre Almosen angewiesen... Was glaubst Du, wie ich mich gerade fühle? Du bist der einzige Halt den ich zur Zeit habe.
77Ich weiß, dass es nicht gut ist, dass Du der einzige Mensch bist, den ich habe und dass ich da dringend irgendwas ändern muss...aber das geht nicht von jetzt auf gleich...T2, ich habe große Angst...ich habe mich selber aufgegeben...mein Leben aufgegeben...Du glaubst gar nicht, wie nahe ich daran bin, mir ne Spritze zu setzen und meinen trostlosen Dasein ein Ende zu setzen...
78Das einzige was mich immer und immer wieder hält, ist der Gedanke, dass Du dann tot unglücklich werden würdest. Aber weißt Du ... genau dieser Gedanke verschwindet gerade immer mehr und mehr von mir ... Durch Deine Abgrenzung gibst du mir zu verstehen, dass es Dir ohne mich momentan vielleicht viel besser gehen würde .... Also, was soll mich denn dann noch davon abhalten, mir diese Spritze zu setzen?
79Ich will Dich nicht mein Leben an mich binden... aber wenn Du mir wirklich helfen möchtest, dann versuche doch bitte einfach, das Ganze nicht so drastisch von jetzt auf gleich durchzusetzen...Ich fühle mich verletzt und mies, wenn Du mich am Telefon abwürgst, dann das Handy ausmachst und mit mir nicht mehr reden willst....Ich fühle mich einfach unverstanden dann... ich sitze hier in meinem Wohnzimmer und weiß überhaupt nichts mit mir anzufangen....ich habe für 20 Minuten WoW gespielt, dann habe ich in EQ reingesehen, dann habe ich versucht an der Übersetzung weiter zu machen.....nichts gelingt mir, weil mir immer und immer wieder diese eine Frage durch den Kopf geht: Lohnt es sich überhaupt weiter zu machen?
80Ich freue mich schon total auf morgen früh, da ich Dich da für 5 - 10 Minuten sehen werde, Dir kurz über Dein Bein oder Deine Wange streicheln kann, merke dass Du da bist....Ich freue mich auf morgen mittag, wenn ich Dich wieder abholen kommen kann, und wir uns dann noch etwas unterhalten können...Ich freue mich auf morgen abend, wo Du 3 oder 4 Stunden bei mir sein wirst...Das wird morgen für mich eine glückliche Zeit werden. Eine Zeit, in der ich nicht an die vielen Probleme, die es zu lösen gibt, denken muss....Und ich freue mich so sehr auf das Wochenende, wie ein kleines Kind auf das Christkind....die Wochenenden bauen mich immer sehr auf.. Du baust mich auf....
81Mir ist klar, dass wir Abstand voneinander brauchen...Aber bitte, setze diesen Abstand nicht so krass durch, wie Du es momentan machst...lasse das ganze schleichend passieren. Verbiete mir doch nicht das Anrufen...Ich werde versuchen, mich auch zurückzuhalten, das verspreche ich Dir....aber bitte, mach nicht auf die harte Tour und das Handy einfach aus....
82Hilf mir bitte, ich bin für die Hilfe sehr dankbar...aber das was momentan passiert, das hilft mir in keinster Weise.... das verstärkt meinen Drang, aus dem Leben ausscheiden zu wollen nur noch um ein Vielfaches....Ich habe mal sehr an meinem Leben gehangen...ich war ein glücklicher Mensch...nichts konnte mich erschüttern...Du hast mich als diesen Menschen kennen- und liebengelernt...
83Aber das ist alles weg...ich bin nur noch ein psychisches und soziales Wrack, das nur auf seinen Untergang wartet....Ich habe mir eingeredet, dass ich wenigstens in EQ ein toller Mensch bin, aber diese Illusion wurde mir einerseits durch die F1naustritte und andererseits durch Harald dermaßen zerstört. Ja, er hat Recht...das ganze ist nur eine Pseudosoziale Welt...das was dort passiert hilft mir RL nicht ein Stück weiter...ganz im Gegenteil...es macht das alles nur noch schlimmer....Du siehst doch, wie ich auf F1naustritte oder Probleme in der F1 reagiere...Früher, war ich auch böse auf die Leute und habe zynische Bemerkungen runtergeschrieben..aber nun werde ich schon ausfallend und beleidigend....Wo ist der liebe verständnisvolle Mensch geblieben der ich mal war?
84Dieser Mensch ist einfach aufgefressen worden..aufgefressen durch den emotionalen und sozialen Druck meine Real Life, das in Fetzen hängt....
85T2, Du bist momentan der einzige Mensch, der es schaffen kann, mich auf die richtige Bahn zurückzubringen...und ich will das auch schaffen....aber bitte, versuche das nicht durch Kontaktentzug zu Dir, auf welche Art auch immer.....Das halte ich nicht aus und mir kommen dann die übelsten Gedanken, wie Du auch heute nacht gesehen hast.. Ich hatte heute nacht scjhon die Spritze aufgezogen und wollte mir das Medikament, was mich getötet hätte, injizieren ... aber da war etwas, was mich davon abgehalten hat....und das warst Du...ich habe mich nicht wirklichb von Dir verabschieden können....deshalb habe ich es nicht getan...sonst wäre ich heute morgen wahrscheinlich nicht dagewesen....
86T2, bitte hilf mir, dass es zu diesem Abschied niemals kommen wird....
87Ich habe große Angst........
88Vielleicht kannst Du Dich ja melden, wenn Du ausgeschlafen bist....
89Ich hab Dich lieb...nein....ich liebe Dich"
90In der Tat hatte die Zeugin T2 dem Angeklagten eröffnet, dass sie die intensive Beziehung lockern und auch Kontakte zu anderen Menschen aufbauen wollte. Sie nahm die vom Angeklagten verfasste E-Mail, insbesondere seine darin mitgeteilten Suizidabsichten, sehr ernst. Insbesondere wollte sie nicht die Person sein, wegen der sich der Angeklagte umbringen wollte, da sie noch immer in gewisser Weise an dem Angeklagten hing. Der Angeklagte seinerseits hatte zu keiner Zeit die Absicht, sich das Leben zu nehmen.
91In einem der vorherigen Telefonate hatte der Zeuge L T2 gebeten, ihm den Namen des Medikaments zu nennen, welches der Angeklagte ihr stets verabreichte. Zu diesem Zweck steckte sie bei einem Besuch beim Angeklagten am Donnerstag, dem 12. Januar 2006, eine leere Packung des Medikaments Flunitrazepam ein. Dies bemerkte der Angeklagte und bewog T2 durch gutes Zureden dazu, ihm zu schwören, niemandem den Namen des Medikaments mitzuteilen. In früherer Zeit sei dieses Medikament nämlich missbräuchlich als Vergewaltigungsdroge eingesetzt worden, was zu Missverständnissen führen könne.
92Am Abend des 12. Januar 2006 führte T2ein mehrstündiges Telefonat mit dem Zeugen L. Da sie sich tatsächlich an den gegenüber dem Angeklagten geleisteten Schwur gebunden fühlte, weigerte sie sich zunächst, ihm auf sein Drängen den Namen des Medikaments mitzuteilen. Erst nach langer Zeit gelang es dem Zeugen L, der Zeugin T2 den Namen des Medikaments zu entlocken. Eine parallel zum Telefonat von ihm im Internet durchgeführte Recherche zu dem Stichwort "Flunitrazepam" bestätigte seinen bereits zuvor gehegten Verdacht, dass T2 in massiver Weise sexuellen Übergriffen durch den Angeklagten ausgesetzt war. Er erkundigte sich weiter nach der ihr verabreichten Dosis und erfuhr, dass sie jeweils eine erhebliche Überdosierung des Medikaments verabreicht bekommen hatte. Dies teilte er der Zeugin T2 in dem Telefonat mit. Er veranlasste sie auch, sich in dem ebenfalls in der Packung befindlichen Beipackzettel über die wesentlich geringere therapeutische Dosis zu vergewissern. Im weiteren Verlauf des Gesprächs gelang es dem Zeugen L, T2 zu dem Schluss zu bringen, den Angeklagten wegen der sexuellen Übergriffe anzuzeigen. Dies sagte sie dem Zeugen L für den kommenden Montag zu, der sich auch anbot, sie - ggf. mit ihren Eltern - bei dem Weg zur Polizei zu begleiten. Da T2 sich beim Angeklagten aber noch immer in Sicherheit wähnte, weil er ihr - bis auf die geringfügige Begebenheit am vorausgegangenen Wochenende - aus ihrer Sicht niemals Gewalt angetan hatte, und weil sie angesichts der am Vortag erhaltenen E-Mail in Sorge war, er könne sich wegen ihr das Leben nehmen, beschloss sie, dem Angeklagten ein letztes gemeinsames Wochenende mit ihr zu gönnen. Dies teilte sie auch dem Zeugen L mit. Dieser war zwar wegen der Absichten besorgt, doch versicherte ihm T2, dass sie die Medikamente nicht einnehmen werde und dann vom Angeklagten auch keine Gefahren ausgingen.
935. Wochenende vom 13. - 15. Januar 2006 (Fälle 5, 6 und 7 der Anklage)
94Am Nachmittag des 13. Januar 2006, eines Freitags, holte der Angeklagte die Zeugin T2 wie üblich ab, um mit ihr gemeinsam das Wochenende zu verbringen. Sie kauften zunächst in einem Supermarkt ein, um im Laufe des bevorstehenden Wochenendes kochen zu können. Außerdem erwarben sie blaue Teelichter. Anschließend begaben sie sich in die Wohnung des Angeklagten und begannen, gemeinsam "Everquest" zu spielen. T2hatte dem Angeklagten außerdem eröffnet, dass sie während des bevorstehenden Wochenendes keine Medikamente nehmen wolle, was dieser so hinnahm. Am Abend öffneten beide eine Dose Ravioli. T2 aß von ihrer Portion jedoch nur wenige Gabeln, da sie einen bitteren Geschmack feststellte.
95Beide spielten weiter, doch merkte T2 bald, dass sie schläfrig wurde. Sie wollte zwar weiterspielen, doch fiel ihr dies zunehmend schwer. Der Angeklagte bot ihr an, ihr ein Aufputschmittel zu geben, damit beide noch eine Zeitlang weiterspielen konnten. T2- noch immer in der festen Überzeugung, der Angeklagte respektiere ihre Entscheidung und werde ihr nichts gegen ihren Willen antun - trank ein Glas Flüssigkeit, in das der Angeklagte jedoch einige Tropfen Diazepam gemischt hatte. T2bemerkte einen bitteren Geschmack und schlief bald darauf ein.
96In der Nacht von Freitag auf Samstag nutzte der Angeklagte den aufgrund des zuvor gegebenen Diazepams geschaffenen tiefen Schlaf der T2 bewusst aus, um diese im Intimbereich zu rasieren, um sich sexuell zu erregen. Als T2 am nächsten Morgen erwachte, stellte sie die Rasur sowie eine schleimige Substanz in ihrem Schlüpfer fest.
97Den Samstag verbrachten beide damit, um praktisch ununterbrochen "Everquest" zu spielen. Im Laufe dieses Tages nahm T2 bis auf einige Getränke praktisch keine Nahrung zu sich. Erst in der Nacht zum folgenden Sonntag fuhren beide in die Filiale einer Schnellrestaurantkette, wobei die L auch hier zugunsten des Angeklagten davon ausgeht, dass T2 keine Nahrung zu sich nahm.
98In die Wohnung des Angeklagten zurückgelangt, begaben beide sich bald zu Bett. Anders als sonst hatte sie ihm aber schon zu Beginn des Wochenendes zu verstehen gegeben, dass sie nicht gemeinsam mit ihm in einem Bett schlafen wolle, was er zunächst respektierte und ihr sein Bett überlassen hatte. In den frühen Morgenstunden des Sonntags, des 15. Januar 2006, erwachte T2, weil sie bemerkte, dass der Angeklagte mit seinem erigierten Glied in ihre Scheide eindrang. Sie stieß in von sich weg, und es kam wegen dieser Begebenheit erneut zu einem Streit zwischen beiden. Im Laufe dieser lautstarken Auseinandersetzung erklärte T2 dem Angeklagten auch, dass sie sich entschlossen habe, wegen der sexuellen Übergriffe in den vergangenen Jahren am folgenden Tag gemeinsam mit ihren Eltern zur Polizei zu gehen.
99Nachdem sich beide nach dem Streit beruhigt hatten, schlief T2 zunächst wieder ein. Der Angeklagte hingegen hatte sich spätestens nach diesem Streit entschlossen, T2 zu töten, um damit eine Bestrafung wegen der vorherigen sexuellen Übergriffe zu vermeiden. Um eine Entdeckung der beabsichtigten Tötung zu vermeiden, wollte er die Tat so inszenieren, dass sie wie ein einseitig fehlgeschlagener Doppelselbstmord ausgesehen hätte.
100Als T2 am nächsten Morgen erwachte, erklärte sie dem Angeklagten, dass sie sofort mit "Everquest" beginnen wolle. Der Angeklagte erklärte ihr wahrheitswidrig, dass er derzeit keine Verbindung im Internet habe.
101Tatsächlich hatte er lediglich das Telefonkabel aus der Wanddose gezogen. Die DSL-Verbindung war hingegen noch intakt. Da T2einen schläfrigen Eindruck machte, riet er ihr, noch ein wenig liegen zu bleiben. Er werde ihr aber schon jetzt ein Aufputschmittel verabreichen, damit sie hellwach sei, wenn die Internetverbindung wieder zustande komme. T2, die diese Ankündigung des Angeklagten glaubte und sich keines Angriffs auf ihr Leben versah, stimmte zu, und der Angeklagte gab ihr in einem Glas aufgelöst etwa 15 Tabletten mit jeweils einem Milligramm Flunitrazepam sowie zusätzlich mehrere Tropfen Diazepam. Dem Angeklagten war zu dieser Zeit bewusst, dass T2 ihm noch immer vertraute und insbesondere nicht annahm, dass er ihr entgegen ihrer am Freitag geäußerten Absicht erneut Flunitrazepam verabreichen würde.
102Wie vom Angeklagten geplant fiel T2 in einen tiefen Schlaf. Als sie erwachte, merkte sie, dass der Angeklagte sie in die mit heißem Wasser gefüllte Badewanne gesetzt hatte und ihr inzwischen gegenüber saß. Sie war noch immer schläfrig. Ihr fielen die Augen zu und sie drohte mehrfach mit ihrem Oberkörper nach unten abzurutschen, so dass sie sich mit den Armen wieder aus dem Wasser stemmen musste, um eine Bedeckung ihrer Atemöffnungen mit Wasser zu vermeiden.
103Der Angeklagte erklärte ihr, dass er ihr Insulin gespritzt habe und dass sie innerhalb kurzer Zeit sterben werde. Tatsächlich hatte der Angeklagte ihr im Zustand des tiefen Schlafes vor oder nach Verbringen in die Badewanne zwei Ampullen Insulin injiziert, das jedoch bereits seit mehreren Jahren abgelaufen und darüber hinaus in der Wohnung des Angeklagten nicht kühl gelagert worden und damit in seiner Wirksamkeit erheblich vermindert war.
104Zuvor hatte der Angeklagte im Internet in einem Forum der von ihm bis dahin geleiteten F1 unter der Überschrift "Auf Wiedersehen...." einen Abschiedsbrief eingestellt. Dieser lautete wie folgt:
105"B und mich wird es ab sofortiger Wirkung nicht mehr geben ... weder hier im Spiel, noch RL....
106Meine RL-Probleme wurden einfach zu groß und ihre damit mit, so dass wir beide den Freitod gewählt haben, um in einer anderen Welt ein neues gemeinsames und hoffentlich besseres Leben beginnen zu können.
107Ich hoffe, ihr findet einen würdigen Nachfolger für mich und lasst die F1 nicht untergehen... Ich weiß, dass es für Euch alle schwer fällt und für uns fiel dieser Entschluß auch nicht leicht.... Aber es ging einfach nicht mehr weiter....
108Die ausschlaggebenden Personen, die dies hier alles forciert haben, waen N1 (er weniger) und R (ehemals VV, nun SM)
109Ich hoffe, dass dieser F1 noch neue Wege und Mittel offen stehen werden.
110Ich könnte mir als einen guten Nachfolger K von VV vorstellen, der sich um eine Aufnahme mit ein paar Ex-VV’lern bei mir beworben hat. Aber einen neuen Anführer müsst ihr wählen.
111Ich werde leider aus der anderen Welt auf diesen Post nicht mehr antworten können.
112Ich werde Euich nie vergessen. Meine Und B Logindaten habe ich G bzw, Q zukommen lassen. Mein kommissarischer Leader wird erst mal Q1 sein, da ich denke, dass sie diese ganze Krise am besten bewältigen kann.
113Ich hoffe, ihr schafft es im Sinne der B2, meinen Account aurecht zu erhalten, da ich den zweiten Xegony-Key besitze von zweien.
114So long... macht es gut,
115Eure S1.
116P.S.: es ist schwer für mch zu schreiben, weil die Spritze ihre Wirkung schon zeigt... lebt wohl."
117In einem weiteren Schreiben in einem der Foren machte er außerdem folgende Vorschläge für seine Nachfolge im Amt des F1nleiters:
118"Meine erste Wahl innerhalb der F1 würde aud T4 fallen.
119Aber ehrlich gesaht, hätte, ich, dass K den Führung übernimmt. Als neue Offis würde ich Q und L1 vorschlagen, den die sind sehr einsatzbereit. Dies ist nur mein Letzter Wunsch.
120Sorry, mmeine Schrift wird immer unverständlicher, was an den Medikamten liegt.
121B kann selber niicht mehr schreiben, da sie schon die volle Wirkung zu spüren bekommt.
122Lebt wohl und lasst den Kopf nicht hängen, für mich der einzige Ausweg.
123In LI ebe S1."
124In einem weiteren Forum, welches weniger Mitspielern zugänglich war, plazierte er schließlich folgende Nachricht:
125"Wie ich im Offi-Chat heute schon angekündigt habe, überlegt sich K, ehemaliger Leader von VV bei uns beizutreten. Ich denke, dass er das nötige Charisma und die nötige Persönlichkeit hat, diese F1 weiter zu bringen.
126Hier nochmals meine Log-In-Daten:
127S1’s Account:
128Login: B
129PW: lopedium01
130B's Account:
131Login: O
132PW: lopedium01
133Wenn mal einer der Chars gebraucht wird, dann loggt sie ruhig ein. Ich hoffe, es findet sich jemand, der zumindest S1s Acclunt weiter übernehmen kann, wegen der Keys die sie besitz (komplett VT,, Xegony usw) Sie ist komplett Eleflagged, hat nun knapp 540 AA, ist Level 70 und hat alle Spells bis auf die von DoD.
134Ein paar wichtige diplomatische Dinge noch:
135Es ghibt da ein sehr engagiertes Mitglied der F1 Eternal Friendship. Der ist an einer Art Twink-AufbaiF1 interessiert. Diese Twinks wertden dann ab einem bestimmten Level in die grosse Gemeinschaft integriert. Ich habe nur leichte Probleme mich mit ihm zu verständigen, da er absoluter Rollenspieler ist und mich ständig beisst, da er mich mit/bite begrüsst. Es wäre sehr schön, wenn Q2 oder T4 ihn mal ansprechen würden.
136Und dann stehst noch der eventuelle K1 von K und einigen VVÄlern bei uns an. Da hätte ich nchts gegenb und habe K auch bereits mitgeteilt, dass die bei uns sehr willkommen sind. Ich hoffe, ihr nehmt sie auf. K würde ich persönlich auch als meinen Nachfolger empfhelnen. Ich denke, dass er die Mannschaft zusammenhalten kann, denn er ist eine sehr starke Persönlichkeit. Ich hoffe auch, dass er sich in die B2 integriegen kann.
137Das war glaub ich das wichtigste. Warum ein Entschluß so ist: Das haben im wesentlichen R und N1 zu verantowrten, Ausserdem noch meine momentane soziale und emotionale Situation,m die stehe ich nmicht mehr durch,
138Sorry, für die eventuellen Tippfehler... die Medikamente, diie ich mir injiziert habe wirken.
139Lent wohl, ihr wart ein Klasse Offiteam.
140In Liene und Zuneigung, denn ihr bedeutet mr mehr als jeder Mensch in RI (ausnahme T2, hier belannt als B oder B3 N2 oder wie sie auch alle heissen mögen...
141So long BDG, ich hoffem es geht nurn nicht den Bach runter,
142In echter Liebe,
143S1.
144P.S.: Es wöre schön, wenn eventuell jemand meine Letern informieren könne * zu O1 schiel*
145N3
146Ob der Angeklagte diese Nachrichten vor oder nach dem Verbringen der T2 in die Badewanne verfasste, konnte in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden.
147Auf den Rand der Badewanne, in der die Zeugin T2 und der Angeklagte saßen, hatte dieser blaue Teelichter gestellt und entzündet. Auf dem Boden lagen Einwegspritzen und zwei Ampullen, in denen im Rahmen der späteren Untersuchungen Reste von Insulin gefunden wurden. In Griffweite von T2 auf dem Boden lagen außerdem zwei Cuttermesser. Hierzu erklärte ihr der Angeklagte, dass sie sich dieser bedienen solle, um sich die Pulsadern aufzuschneiden, damit sie an den unweigerlich nach der Insulingabe eintretenden Krämpfen nicht unnötig würde leiden müssen. Der Angeklagte beabsichtigte, dass T2 entweder wegen ihres Dämmerzustandes mit den Atemöffnungen unter Wasser geraten und ertrinken würde oder dass sie aus Angst vor einem qualvollen Tod seinen Rat befolgen und sich die Pulsadern aufschneiden und daran sterben würde.
148Die Zeugin T2 beschloss, den Zeugen L, der angesichts der vorausgegangenen Telefonate als einziger um die vorherigen Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Angeklagten wusste, auf ihre Situation aufmerksam zu machen, damit dieser Hilfe herbeischaffen würde. Sie stemmte sich mit letzter Kraft aus der Badewanne und kroch über den Boden bis zum Telefon, über das sie jedoch wegen der herausgezogenen Leitung keine Verbindung erhalten konnte. Sie griff zu ihrem Mobiltelefon, und versuchte darüber den Zeugen L telefonisch zu erreichen, was ihr jedoch ebenfalls nicht gelang. Inzwischen war auch der Angeklagte aus der Badewanne aufgestanden. Zuvor hatte er zu einem unbekannten Zeitpunkt ebenfalls einige wenige Tabletten Flunitrazepam eingenommen. Er hatte beabsichtigt, soviel des Medikaments zu nehmen, dass dieses im Rahmen einer späteren Untersuchung nach Auffinden beider nachweisbar sein würde. Er geleitete T2 zurück in die Badewanne, die dies aufgrund des Einflusses der erheblichen Überdosierung von Benzodiazepinen zuließ. In der Badewanne tippte sie - unterstützt von der Texterkennung ihres Mobiltelefons - die folgende Kurznachricht an den Zeugen L:
149"N4 hat mir insulin gegeben und zwar in einer so hohen dosis, dass ich ca. einer halben stunde sterben werden. N4 und ich werden sterben. Bitte ruf mich so schnell wie möglich an! BITTE! ich muss deine stimme hören!"
150Bereits zuvor hatte der Angeklagte eine SMS mit folgendem Wortlaut an den Zeugen L gesandt:
151"Tja, B4 war das Ende um T2 mir. Hättest dich besser mal rausgehalten. Schönes Leben noch, aber T2 mich siehst du nie wieder."
152Im engen zeitlichen Zusammenhang mit dieser Kurznachricht hatte er dem Zeugen L, der im "Everquest"-Spiel den Namen R trug, folgende Nachricht im Rahmen eines Chats zukommen lassen:
153"Hi R....
154Es tut mir leid dir mitteilen zu müssen, dass T2 und ich aus dieser Welt geschieden sind... wenn du diese Mail hier liest, wird es uns nicht mehr geben....
155Unsere EQ-Einlogdaten sind im Besitz von G....
156Ich freue mich, dass du es geschafft hast, T2 in den Tod zu treiben.....
157S1."
158Von dieser Nachricht erhielt der Zeuge L erst im Laufe des Nachmittags des Sonntags Kenntnis. Dasselbe gilt wegen technischer Probleme seines Mobilfunkanbieters für die beiden am Morgen vom Angeklagten und von T2 an ihn versandten Kurzmitteilungen.
159Inzwischen war gegen 9.00 Uhr die Zeugin X auf die Abschiedsnachricht im Internet aufmerksam geworden. Da sie die Ankündigung eines Doppelselbstmordes ernst nahm, verständigte sie umgehend die Polizei in E1, die sich wiederum mit Kräften der Polizei in E in Verbindung setzte. Die Zeugen M und I1 begaben sich gegen 9.35 Uhr zur Wohnung des Angeklagten, erhielten jedoch zunächst keinen Zutritt, weil auf ihr Klingeln niemand öffnete. Sie fragten bei der Leitstelle nach der Dringlichkeit des Einsatzes nach, die ihnen bestätigt wurde. Beide Zeugen hatten inzwischen durch einen Mitbewohner des Hauses Zugang in den Hausflur erhalten. Da auf ihr Klopfen zunächst über längere Zeit niemand aus der Wohnung des Angeklagten antwortete, begann der Zeuge M mit Versuchen, die Wohnungstür einzutreten. Erst jetzt öffnete der lediglich mit einem Handtuch bekleidete Angeklagte die Wohnungstür.
160Während der Zeuge M den Angeklagten ins Wohnzimmer verbrachte, widmete sich die Zeugin I1 der noch immer in der Badewanne liegenden T2. Da sie von einem lebensbedrohlichen Zustand der Zeugin ausging, veranlasste sie ihren Kollegen, einen Notarzt zu verständigen. Sie selbst blieb bei der Zeugin T2 und stützte ihren Kopf in der Badewanne, um ein Abrutschen und damit einer Bedeckung ihrer Atemwege mit Wasser zu verhindern.
161Die kurz darauf in der Wohnung erschienenen Rettungskräfte bargen T2 aus dem Wasser, hüllten sie in ein Bettlaken und brachten sie zur ersten notärztlichen Behandlung ins Schlafzimmer der Wohnung. Hier und noch einmal im Rettungswagen stellte der sachverständige Zeuge S2 einen erheblich gesenkten Blutzuckerspiegel bei T2 fest. Bei einer späteren Untersuchung im Krankenhaus wurde ein nochmaliger Abfall des Blutzuckerspiegels diagnostiziert.
162Noch im Rahmen der ersten Behandlung machte die Zeugin T2 Angaben zu den sexuellen Übergriffen durch den Angeklagten in der Vergangenheit. Zu zusammenhängenden Äußerungen war sie jedoch nicht in der Lage, da sie noch immer unter dem Einfluss der Medikamente stand.
163Der Angeklagte wurde zunächst insbesondere wegen des Verdachts eines Sexualdelikts vorläufig festgenommen. Seit dem folgenden Tag befindet er sich in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt B5 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts E vom 16. Januar 2006.
164Die toxikologische Untersuchung einer Blutprobe bei T2, die ihr im Krankenhaus entnommen wurde, ergab keine Hinweise auf eine alkoholische Beeinflussung. Auch eine Gabe von Insulin konnte toxikologisch nicht sicher nachgewiesen werden. In ihrem Blut befanden sich aber erhebliche Mengen von Flunitrazepam und Diazepam sowie deren Abbauprodukte. In der Blutprobe des Angeklagten wurden ebenfalls Spuren von Flunitrazepam nachgewiesen, die jedoch zu gering waren, um eine relevante Beeinflussung auszulösen.
165Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der von ihm begangenen Taten einzusehen und sich dieser Einsicht entsprechend zu verhalten, war zu keinem Zeitpunkt während der Taten aufgehoben oder auch nur erheblich vermindert im Sinne der §§ 20, 21 StGB.
1666. Weitere Entwicklung von T2
167Die Zeugin T2 wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie sich nach der Einnahme eines Frühstücks rasch von ihrem gesenkten Blutzuckerspiegel erholte. Eine bei ihr durchgeführte gynäkologische Untersuchung blieb ohne relevanten Befund. Sie war zwar auch noch am späten Nachmittag aufgrund der erheblichen Mengen der eingenommenen Benzodiazepine etwas benommen, konnte aber noch am Abend des 15. Januar 2006 aus dem Krankenhaus entlassen werden.
168Einige Wochen später meldete sie sich erneut im Spiel "Everquest" und gab den Mitspielern zu verstehen, dass es ihr gut gehe. Zu dem Zeugen L unterhält sie weiterhin eine vertrauensvolle und freundschaftliche Beziehung. Zu intimen Kontakten ist es jedoch nicht gekommen. Beide haben sich bislang erst einmal im Haus der Familie T3 gesehen, weil sich die Eltern wegen seiner Verdienste um die Aufklärung der Taten erkenntlich zeigen wollten. T2 ist in eine niedrigere Klasse gewechselt, um die schulischen Defizite, die in den vergangenen zwei Jahren entstanden waren, ausgleichen zu können. Sie ist inzwischen wieder frei von Stimmungsschwankungen und beginnt zögerlich, einen Freundeskreis aufzubauen. Entgegen ihrer vom Angeklagten eingeredeten Ansicht stehen ihr ihre Mitschüler nicht feindselig gegenüber, was sie inzwischen erkannt hat. Nach Ende des Verfahrens beabsichtigt sie jedoch, sich wegen ihrer Erlebnisse einer Therapie zu unterziehen. Ihre ältere Schwester T1 ist bereits seit der Aufdeckung der Taten in therapeutischer Behandlung.
169III.
170Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen glaubhaften Angaben, die hinsichtlich seiner Entwicklung ab dem Jahre 1999 von den übereinstimmenden Bekundungen der Zeuginnen T1 und T2 bestätigt wurden. Die Feststellungen, die zum Ablauf und den Hintergründen des "Everquest"-Spiels getroffen wurden, beruhen auf den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten und der Zeugen T2, L, C1, F3 und L-X. Diese haben jeweils übereinstimmend das Ziel des Spiels geschildert sowie exemplarisch von Spielsituationen berichtet.
171Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen auf folgenden Überlegungen der Kammer:
172Der Angeklagte hat sich hinsichtlich seiner Beziehung zur Zeugin T1 im wesentlichen so eingelassen, wie es die L festgestellt hat. Er hat lediglich mitgeteilt, dass sie den Wunsch geäußert habe, den Geschlechtsverkehr unter dem Einfluss beruhigender Mittel mit ihm durchzuführen. Die Zeugin T1 hat insoweit keine wesentlich abweichenden Bekundungen gemacht, da sie mitgeteilt hat, den Wunsch, den Geschlechtsverkehr nach der Einnahme von Beruhigungsmitteln durchzuführen, sei von beiden ausgegangen. Hinsichtlich des durchgeführten Geschlechtsverkehrs nach Anwendung der Salbe hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er der Zeugin T1 nicht vorgelogen habe, eine Ärztin habe ihm mitgeteilt, dass die Wirksamkeit der Salbe von der Durchführung des Geschlechtsverkehrs abhänge. Dies würde medizinisch nämlich auch keinen Sinn geben. Die Zeugin T1 hat hingegen die Äußerungen des Angeklagten im Zusammenhang mit der Durchführung des Geschlechtsverkehrs so geschildert, wie es die Kammer festgestellt hat.
173Diese Bekundungen sind auch glaubhaft. Insbesondere hat die Zeugin mitgeteilt, dass sie erbost gewesen sei, dass der Angeklagte den Geschlechtsverkehr mit ihr bis zum Samenerguss durchgeführt habe. Eine solche Gefühlsregung, die im übrigen ein besonders starkes Indiz für den Erlebnisbezug der Bekundung ist, wäre jedoch dann nicht zu erklären, wenn die Zeugin nicht tatsächlich von einer lediglich "therapeutischen" Durchführung des Geschlechtsverkehrs ausgegangen wäre. Dies aber ist nur vorstellbar, wenn der Angeklagte, auf den die gesamte Anwendung der Salbe zurückzuführen war, ihr tatsächlich auch vorspiegelte, dass zur Wirksamkeit der Therapie gehöre, wenn beide den Geschlechtsverkehr ausführten. Die Einlassung des Angeklagten ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass er ihr eine Begründung beigab, warum er die fragliche Behauptung nicht abgegeben haben soll. Dies spricht regelmäßig gegen die Glaubhaftigkeit.
174Den Beginn seiner Beziehung zur Zeugin T2 hat der Angeklagte so dargestellt, wie ihn auch die Kammer festgestellt hat. Zur weiteren Entwicklung hat er sich dahin eingelassen, dass er sich um den Jahreswechsel 2003/2004 herum Sorgen gemacht habe, weil ihr Verhältnis immer intensiver geworden sei. Sie habe auch ein Interesse an sexuellen Erfahrungen entwickelt und er habe den Eindruck gehabt, dass sie an ihm Interesse zeige. Seine Versuche, mit ihr dazu klärende Gespräche zu führen, seien jedoch gescheitert. Sie habe ihm vielmehr erklärt, sie brauche eine gleichaltrige Freundin, mit der sie reden könne. Um sich Gewissheit zu verschaffen, habe er dann den Charakter der "Z" erfunden. Dies sei jedoch - im Gegensatz zu der Schilderung der Zeugin T2- erst im Januar 2004 gewesen. Daran könne er sich erinnern, weil die zunehmende Intensität der Beziehung, die ihm Sorge bereitet habe, erst anlässlich des Winterurlaubs der Familie T3 zum Jahreswechsel 2003/2004 zutage getreten sei.
175Da er aus dem über "Z" entwickelten E-mail-Kontakt erfahren habe, dass T2 tatsächlich an sexuellen Experimenten interessiert sei, habe er sich auf ihr Bitten darauf eingelassen. Er habe den Kontakt über "Z" anschließend auch fortgesetzt, weil er jeweils wissen wollte, wie weit T2 tatsächlich gehen wolle. Insbesondere habe er sich auf diese Weise vergewissert, als T2 Interessen an einer oralen Befriedigung geäußert habe.
176Zu einem ersten Austausch von Zärtlichkeiten, in deren Verlauf er T2 gestreichelt habe, sei es im Zimmer der Zeugin T1 gekommen, die davon jedoch nicht bemerkt habe. In der folgenden Zeit habe er sich dann im Einverständnis mit T2 nachts in deren Zimmer begeben.
177Die Zärtlichkeiten hätten sich über das Jahr 2004 fortgesetzt. Zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs sei es in diesem Jahr noch nicht gekommen. Im Jahre 2004 habe er der Zeugin T2 auch noch keine Medikamente verabreicht. Er habe ihr höchstens einmal bei Kopfschmerzen ein Schmerzmittel verabreicht. Es stimmte zwar, dass er am 21. Oktober 2004 wegen des Diebstahls von Flunitrazepam gedrängt worden sei, einen Auflösungsvertrag über sein Arbeitsverhältnis zu akzeptieren. Er habe auch tatsächlich die Medikamente in großer Stückzahl aus dem Krankenhaus entwendet. Dazu sei er aber von unbekannt gebliebenen Personen, die ihn im Chat und über E-Mail kontaktiert hätten, erpresst worden. Da er damals knapp bei Kasse gewesen sei, habe ihn jemand gefragt, ob er sich etwas dazuverdienen wolle. Die unbekannte Person habe ihm 2 Euro für eine Tablette geboten, so dass er tatsächlich drei Packungen Flunitrazepam entwendet habe. Die unbekannte Person habe sich später wieder gemeldet und eine erneute Lieferung verlangt, die er zunächst jedoch abgelehnt habe. Im Anschluss daran sei er zunächst bedroht und auch in einem Park überfallen worden. Außerdem hätten unbekannte Personen sein Auto beschädigt. Die Drohungen hätten schließlich darin gegipfelt, dass auch T2 Gewalt angedroht worden sei. Daher habe er sich dann auf größere Lieferungen des Medikaments eingelassen. In persönlichen Kontakt zu seinem Abnehmer sei er jedoch nie getreten. Vielmehr habe er die Medikamente immer an Hotels oder Postfächer verschickt. Die Erpressungen hätten erst aufgehört, als er im Krankenhaus den Aufhebungsvertrag unterschrieben habe. Dies habe er dem unbekannten Interessenten mitgeteilt. Zunächst sei ihm weiter gedroht worden, der Zeugin T2 etwas anzutun, so dass er sie jeweils zur Schule gebracht und auch wieder abgeholt habe. Schließlich seien die Drohungen verstummt.
178Zu einem ersten Geschlechtsverkehr mit der Zeugin T2 sei es etwa im März des Jahres 2005 gekommen. Er sei eines nachts aufgewacht und habe festgestellt, dass sie rittlings auf ihm gesessen habe. Sie habe kein Höschen angehabt und habe an seiner Hose genestelt. Er habe ihr geholfen, sein Glied aus der Hose herauszuholen und sich in die Scheide einzuführen. Als das gelungen sei, habe er sie gefragt, ob sie das denn wolle. Dann sei sie aufgesprungen und ins Bad gegangen. Als sie wieder zurückgekehrt sei, habe sie so getan, als sei nichts gewesen. Etwa zwei Wochen später habe sie sich dann erneut - wie so oft zuvor - von ihm streicheln lassen. Sie habe dann auch angefangen, ihn zu streicheln, was ihn gewundert und zu einer Rückfrage veranlasst habe. Sie habe ihm erklärt, dass sie vor etwa zwei Wochen unbewusst mit ihm geschlafen habe. Jetzt wollen sie dies bewusst tun. Es sei dann zum Geschlechtsverkehr gekommen. Dies sei blöd von ihm gewesen, weil er aus den E-mails, die sie an die vermeintliche "Z" gerichtet habe, gewusst habe, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm gewollt habe. Er habe jedoch bald aufgehört, weil T2 ihm gesagt habe, es sei anders, als sie sich das vorgestellt habe.
179Diese beiden Begebenheiten hätten nicht unter den Einfluss irgendwelcher Medikamente stattgefunden. Überhaupt habe er mit ihr keine sexuellen Handlungen oder dergleichen vorgenommen, wenn sie unter den Einfluss von Medikamenten gestanden habe. Insbesondere habe er ihr auch nicht Infusionen verabreicht, um sie dann im wehrlosen Zustand zu streicheln. Er habe ihr lediglich einmal eine Infusion gelegt, nachdem sie an Karneval zuviel getrunken habe, wodurch ihr übel geworden sei.
180Flunitrazepam habe er ihr erst ab April 2005 regelmäßig verabreicht. Er wisse dies deshalb so genau, weil an dem Tag, an dem er einen Rezeptblock aus dem Krankenhaus in E entwendet habe, im Fernsehen die Übertragung der Wahl C3 übertragen worden sei. Mit diesem Rezeptblock habe er jeweils Verschreibungen ausgestellt, um an die Medikamente zu gelangen.
181Hintergrund der Verabreichung sei sein Wunsch gewesen, sie vom übermäßigen Spielen von "Everquest" abzuhalten, bei dem sie zuletzt kein Maß mehr gekannt habe. Da er ihr das übermäßige Spielen aber nicht habe verbieten wollen, habe er ihr gesagt, sie solle die Medikamente nehmen, um nachts ruhig durchzuschlafen und keine Dinge zu veranstalten, die sie später bereue. Er habe ihr auf diese Weise regelmäßig Flunitrazepam verabreicht, zuletzt bis zu 7 oder 10 mg. Dann jedoch, wenn sie Interesse an sexuellen Annäherungen geäußert habe, habe er ihr keine Medikamente verabreicht.
182In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte auch die Erfindung der übrigen Charaktere eingeräumt, die die Kammer als Absender verschiedener E-Mails an T2 festgestellt hat:
183Er habe unter dem Namen des - auch real existierenden - N eine E-Mail des festgestellten Inhalts geschrieben. Hintergrund sei gewesen, dass T2 sich mit ihrer Freundin D zu einer Schaumparty verabredet hätte. Da ihnen beiden dies von ihren Eltern nicht gestattet worden sei, hätten beide wahrheitswidrig mitteilen wollen, dass sie bei ihm, also dem Angeklagten, hätten übernachten wollen. Er selbst hätte zwar gegen eine Übernachtung von T2 nichts einzuwenden gehabt. Eine Beherbergung auch von D habe er jedoch abgelehnt. Da er dies aber nicht direkt habe untersagen wollen, habe er die entsprechende E-Mail geschrieben, um beide Mädchen dadurch von einem Besuch der Schaumparty abzuhalten.
184Das "Helferlein" habe er erfunden, weil T2 zur damaligen Zeit tatsächlich Probleme mit ihren Mitschülern gehabt habe. Sie habe nach dem Motto "nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" gelebt, wodurch sie überall angeeckt sei. Durch die Mails habe er dann erreicht, dass er sie Ende 2004 zur Schule bringen und von dort auch wieder abholen konnte. Ende 2005 habe er dann erneut als "Helferlein" eine Mail verfasst, darin aber Probleme aufgegriffen, die T2 tatsächlich in der Schule gehabt habe. Er habe sie dadurch nur zu mehr Wachsamkeit im Zusammenhang mit Mitschülern und sonstigen Bekannten anhalten wollen.
185"S3" habe er erfunden, weil T2 die Idee erwogen habe, sie fühle sich zu Mädchen hingezogen. Sie habe ihn gebeten, sich danach zu erkundigen, ob es irgendwo entsprechende Gruppen für einen Gedankenaustausch gebe. Da habe er "S3" erfunden, weil er nicht den Eindruck gehabt habe, dass T2 tatsächlich lesbisch gewesen sei. Dies habe er ihr in dem sich dann entwickelnden E-Mail-Verkehr klarmachen wollen. Außerdem habe er später "S3" auch genutzt, um T2 zur Einnahme des Medikaments anzuhalten, da er ja gewollt habe, dass sie für die Schule ausgeschlafen sei.
186Er könne sich schließlich auch noch daran erinnern, dass er unter dem Namen "T5" an T2 eine E-Mail geschickt habe. In welchem Zusammenhang dies geschehen sei, sei ihm jedoch nicht mehr erinnerlich.
187Insgesamt sehe er im nachhinein, dass er sie insbesondere durch diese E-Mails von anderen Menschen isoliert habe. Das habe er jedoch nicht gewollt. Er habe sie nur von negativen Einflüssen schützen und ihre Aufmerksamkeit steigern wollen.
188Ende 2005 habe er dann gemerkt, dass T2 ihren Kontakt zum Zeugen L intensivierte. Dem habe er zunächst nicht viel Bedeutung beigemessen, dann aber gemerkt, dass sie oft bis spät in die Nacht telefoniert hätten. Da sie dann am nächsten Tag nicht ausgeschlafen war, habe er versucht, beide zu einem mäßigeren Umgang anzuhalten. Er habe auch festgestellt, dass T2 zunehmend Kontakt zum Zeugen F3 aufgenommen habe. Er habe zu dieser Zeit bereits das E-Mail-Konto von T2 durch Manipulationen überwacht, da er sie vor anonymen Kontakten über Internet mit älteren Männern, die leicht in sexuelle Übergriffe ausarten könnten, habe beschützen wollen.
189Anfang Januar 2006 habe ihm dann der Zeuge C1 das Angebot unterbreitet, in dessen Spieleverlag eine Tätigkeit aufzunehmen. Er habe das Angebot annehmen wollen, gleichzeitig aber gezögert, weil er gedacht habe, dass T2 ihn noch brauche. Als er ihr eröffnet habe, dass er sich mit dem Gedanken trüge, nach T6 zu ziehen, sei sie außer sich gewesen, habe sich dann aber mit der Vorstellung beruhigt, dass er sie ja jedes Wochenende zu sich holen könne, was er jedoch abgelehnt habe.
190Auch den Streit beider, den sie am Wochenende um den 07. Januar 2006 führten, hat der Angeklagte im Ergebnis bestätigt. Er hat sich jedoch dahin eingelassen, dass sie in "Everquest" habe Aufgaben erfüllen müssen, zu der sie keine Lust gehabt habe. Darüber sei ein Streit entbrannt, in dessen Verlauf sie mitten in der Nacht die Wohnung habe verlassen wollen. Daran habe er sie lediglich gehindert. Er könne sich nicht daran erinnern, dass sie ihm bei dieser Gelegenheit vorgeworfen habe, ein Kinderschänder zu sein. Auch sei an diesem Wochenende nicht über eine Beendigung oder Lockerung der Beziehung gesprochen worden.
191Erst im Laufe der folgenden Woche habe sie ihm dann mitgeteilt, dass sie sich von ihm eingeengt fühle. Dies sei der Auslöser für die von ihm am 11. Januar 2006 an T2 verfasste E-Mai gewesen. Diese habe im Grunde seine damalige Situation aufgegriffen, diese aber übertrieben dargestellt. Im Laufe dieser Woche habe er auch durch die Überwachung ihres E-Mail-Anschlusses festgestellt, dass sie sich heimlich mit dem Zeugen F3 habe treffen wollen.
192Am Donnerstag sei es dann mit der Zeugin T2 tatsächlich zu einem Gespräch über die Weitergabe des Namens des von ihr konsumierten Medikaments an den Zeugen L gegangen. Er habe ihr jedoch keinen Schwur abverlangt, sondern T2 lediglich gebeten, niemandem den Namen mitzuteilen, da das Medikament früher auch als Vergewaltigungsdroge missbraucht worden sei, was zu Missverständnissen hätte führen können. Im Laufe des Donnerstags habe man auch vereinbart, die Beziehung langsam ausklingen zu lassen und schrittweise auf Distanz zueinander zu gehen.
193Am Freitag, dem 13. Januar 2006, hätten sich beide gegen 16.30 Uhr getroffen und gemeinsam eingekauft. Anschließend habe man begonnen, "Everquest" zu spielen. Beide hätten tatsächlich Ravioli gegessen, die ihr aber nicht geschmeckt hätten. Irgendwelche Beimischungen habe er nicht vorgenommen. Gegen 03.00 Uhr sei man nach dem Spielen von "Everquest" ins Bett gegangen. Er habe ihr keinerlei Medikamente verabreicht. Auch sei es an diesem Abend nicht zu sexuellen Handlungen gekommen. Sie habe ihm erst am nächsten Tag erzählt, dass sie im Intimbereich rasiert gewesen sei. Damit habe er jedoch nichts zu tun.
194Den Samstag habe man gleichsam den ganzen Tag am PC mit dem "Everquest"-Spiel verbracht. T2 habe den ganzen Tag über schlechte Laune gehabt. Als dann auch noch ein Charakter, an dem sie sehr gehangen habe, seinen Ausstieg aus dem Spiel angekündigt habe, sei sie in Tränen ausgebrochen. Nach Mitternacht seien beide zu O1 gegangen, wo sie aber nichts gegessen habe. Gegen 02.00 Uhr in der Nacht sei man in die Wohnung zurückgegangen und sie habe sich erneut an den Computer gesetzt. Medikamente habe er ihr erneut nicht gegeben, weil sie keine gewollt habe. Da er gleichwohl übermäßiges Spielen habe verhindern wollen, habe er sowohl die Telefon- als auch die Internetleitung gekappt und ein Problem des Internetanbieters vorgetäuscht. Tatsächlich sei sie dann ins Schlafzimmer gegangen, während er vereinbarungsgemäß im Wohnzimmer auch der Couch habe schlafen wollen. Sie habe dann jedoch nach ihm gerufen, so dass er ins Schlafzimmer gegangen sei. Dort habe sie ihm ihren nach der Rasur geröteten Schambereich gezeigt. Auf seine Frage habe sie ihm bestätigt, nach der Rasur das Eincremen vergessen zu haben. Er habe ihr daher die Creme gereicht, doch sie habe ihn gebeten, das Eincremen zu übernehmen. Dieses Eincremen sei dann in einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gemündet.
195Während sie anschließend ins Bad gegangen sei, habe er die Internetleitung wiederhergestellt. Sie habe sofort wieder mit dem Spielen angefangen, dabei aber festgestellt, dass der Zeuge F3 entgegen einer vorherigen Absprache nicht online gewesen sei. Daraufhin sei sie ausgeflippt und habe ihm wegen der zuvor unterbrochenen Internetleitung Vorwürfe gemacht. Auf diese Weise habe sich ein lautstarker Streit entwickelt, in deren Verlauf sie ihm erstmals auch eröffnet habe, welchen Verdacht der Zeuge L angesichts der ihr verabreichten Medikamente hege. Außerdem habe sie ihm vorgeworfen, dass er nach T6 ziehen wolle. Plötzlich habe sie geäußert, das Leben mache keinen Sinn mehr. In dem anschließenden Dialog habe sie dann ernsthaft angedroht, sich umbringen zu wollen. Getreu der Weisheit, "wenn jemand fast stirbt, ist das Leben hinterher viel schöner" sei er zum Schein auf ihre Selbstmordabsicht eingegangen. Er habe sich bereit erklärt, gemeinsam mit ihr nach der Einnahme von Gift und der Gabe von Insulin in der Badewanne Selbstmord zu begehen.
196Um diesen gemeinsamen Selbstmord echt aussehen zu lassen, habe er sich gemeinsam mit ihr an den Computer gesetzt und die Abschiedsnachrichten in den "Everquest"-Foren verfasst. Er habe sie dazu überredet, dass nur er für beide gemeinsam eine Abschiedsnachricht verfasste, da er diese am nächsten Morgen leicht aus den Foren habe herausnehmen können. Mit einer von T2 verfassten Nachricht sei dies nicht ohne weiteres möglich gewesen. Er habe ihr dann vor ihren Augen 15 Tabletten Flunitrazepam aus der Packung gedrückt, wobei sie aber nicht gesehen habe, dass es sich um das Medikament handelte, an welches sie seit langer Zeit gewöhnt war. Außerdem habe er ihr einige Tropfen Diazepam zusätzlich zu den Tabletten in ein Glas gegeben, damit dieses auch bitter, also nach Gift schmeckte. Er selbst habe ebenfalls etwa fünf Tabletten Flunitrazepam eingenommen, damit sie von der Absicht eines gemeinsamen Selbstmordes überzeugt sei. Die Anzahl der von ihm eingenommenen Tabletten habe sie jedoch nicht wahrnehmen können. Sie habe dann das Wasser eingelassen, während er brennende Teelichter um die Wanne verteilt habe. Sie sei dann in die Badewanne gestiegen und er sei später in die Badewanne eingestiegen. Er habe auch Spritzen und geöffnete Ampullen von Insulin ins Badezimmer gelegt. Das Insulin habe er jedoch nicht der Zeugin T2 verabreicht, sondern es ins Waschbecken gespritzt.
197Sie sei vorübergehend eingenickt. Als sie wieder erwacht sei, habe er ihr mitgeteilt, dass er beiden Insulin gespritzt habe und beide etwa nur noch eine Stunde zu leben hätten.
198Nach dieser Ankündigung habe sie sich vom Zeugen L verabschieden wollen. Sie sei aus der Wanne aufgestanden und sei mit ihrem Mobil-Telefon zurück in die Wanne gekommen. Danach sei er auch eingeschlafen und erst durch das Hämmern der Polizei an der Wohnungstüre geweckt worden.
199Die Messer habe er verwendet, um die Ampullen zu öffnen. Es habe sich um zwei Messer gehandelt, weil er nicht gewusst habe, welches das schärfere gewesen sei. Von dem Insulin habe er im übrigen gewusst, dass dieses wirkungslos habe sein müssen, da es abgelaufen und falsch gelagert war.
200Seine abweichenden Angaben im Laufe des Ermittlungsverfahrens, von dem noch zu berichten sein wird, hat der Angeklagte damit zu erklären versucht, er habe T2 auch mit Rücksicht auf deren Eltern vor intensiven Befragungen schützen wollen. Die Erfindung der "S3" habe er gegenüber der Sachverständigen K2 nicht angegeben, da darüber nicht gesondert gesprochen worden sei. Auf den unmittelbar anschließenden Vorhalt, dass darüber sehr wohl gesprochen worden sei, hat der Angeklagte mitgeteilt, dass er sich wegen der aus den E-Mails sprechenden Beeinflussung geschämt habe.
201Diese Einlassung des Angeklagten ist zur sicheren Überzeugung der Kammer widerlegt.
202Bereits seine Angaben, wie es zum Verlust seiner Arbeitsstelle gekommen sein soll, sind nicht glaubhaft. Es erscheint absolut lebensfremd, dass jemand für ein vergleichsweise einfach zu beschaffendes Medikament zum Mittel der Erpressung greifen sollte. Ebenso lebensfern erscheint es, dass der Angeklagte bei der ersten Gelegenheit für eine geringe Entlohnung von etwa 100,00 Euro seine Arbeitsstelle aufs Spiel setzen sollte.
203Unlogisch sind auch seine Darlegungen zum Stand der Beziehungen im Januar 2006. Es ist widersprüchlich, wenn der Angeklagte einerseits angibt, er habe das Angebot es Zeugen C1 annehmen wollen, sich daran aber gehindert gesehen, weil T2 ihn noch gebraucht habe, und er andererseits mitteilt, dass T2 verstärkt den Kontakt zu anderen Personen gesucht habe und die Beziehung mit dem Angeklagten habe ausklingen lassen wollen.
204Nicht nachvollziehbar erklärt der Angeklagte darüber hinaus den plötzlichen Todeswunsch der Zeugin T2 in den frühen Morgenstunden des 15. Januar 2006. Nach seiner Schilderung müsste sie aus gleichsam nichtigem Anlass im Laufe einer Streitigkeit über den Internetzugang den Wunsch erklärt haben, aus dem Leben zu scheiden. Auch die anschließende Schilderung des Angeklagten, wie beide dieses Thema aufgegriffen und besprochen haben sollen, erschien in keiner Weise lebensnah. Nach dem, was der Angeklagte zuvor über den Ablauf des Wochenendes und seiner Beziehung zur Zeugin T2 insgesamt berichtet hat, hätte er nach Auffassung der Kammer von der angekündigten Suizidabsicht, wenn nicht überrascht, so doch zumindest emotional berührt gewesen sein müssen. Stattdessen schilderte er den weiteren Ablauf in einer Weise, die eher an die Schilderung einer Planung ganz üblicher Wochenendaktivitäten erinnerte. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Angeklagte seine Gefühle während der Schilderung in der Hauptverhandlung zurückgehalten haben sollte, so hätte er zumindest über Emotionen in der konkreten Situation berichten müssen. Auch dazu fanden sich in seiner Einlassung mit Ausnahmen von Allgemeinplätzen wie "total verzweifelt" keine konkreten Anhaltspunkte. Im Gegenteil hätten beide – insbesondere durch das anschließende arbeitsteilige Vorgehen – den Entschluss zur Selbsttötung vergleichsweise rational gefasst und umzusetzen begonnen. Dies mag für den Angeklagten auf der Basis seiner Version eines vorgetäuschten Selbstmordes verständlich sein. Für die Zeugin T2, die die Kammer zwar als besonnene, aber durchaus lebhafte und emotional beteiligte Persönlichkeit erlebt hat, erscheint dies ausgeschlossen. Deren Stimmung und deren Verhalten hat der Angeklagte in keiner Weise lebensnah geschildert, was gegen einen Erlebnisbezug seiner Einlassung spricht.
205Der Angeklagte hat auch auf die wiederholte Nachfrage des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft keine plausible Erklärung gefunden, welchen Erkenntnisgewinn die Zeugin T2 denn aus dem Erlebnis hätte ziehen sollen, dass der Angeklagte für sie nach seiner Einlassung inszenieren wollte. Wie bei unzähligen Gelegenheiten an Wochenenden zuvor hätte nämlich die Zeugin T2 ein stark sedierendes Beruhigungsmittel verabreicht bekommen und wäre am nächsten Tag aufgewacht, als wäre nichts geschehen. Insbesondere wäre das sicherlich besonders einschneidende Erlebnis einer dramatischen Rettung in scheinbar letzter Sekunde nach den Plänen des Angeklagten ausgeblieben.
206Seine Schilderungen im Zusammenhang mit der konkreten Verabreichung der Medikamente sind darüber hinaus auch in sich widersprüchlich und waren von dem Versuch gekennzeichnet, sie den jeweiligen Fragen anzupassen. So hat er einerseits mitgeteilt, er habe den vermeintlichen Giftcocktail vor den Augen der Zeugin T2 gemixt, um ihr dessen Wirksamkeit möglichst glaubhaft vorzuspiegeln. Auf den Hinweis, dass sie dann doch unweigerlich das von ihr schon unzählige Male ohne Todesfolge konsumierte Medikament hätte erkennen müssen, hat er sich beeilt mitzuteilen, dass sie die Medikamentenpackung nicht habe erkennen können. Auf die Frage, warum die Zeugin T2 denn nicht angesichts seiner geringeren Dosis argwöhnisch geworden sei, hat er mitgeteilt, sein Glas nicht vor deren Augen präpariert zu haben. Dies wäre jedoch mit Rücksicht auf die übrigen vom Angeklagten behaupteten Inszenierungen lebensfremd.
207Gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten spricht außerdem, dass er in verschiedenen Phasen des Ermittlungsverfahrens jeweils unterschiedliche Einlassungen insbesondere hinsichtlich des Tatgeschehens am Wochenende zwischen dem 13. und 15. Januar 2006 abgegeben hat. In seiner Beschuldigtenvernehmung unmittelbar nach der Festnahme, von dessen Inhalt er und der Zeuge S3 übereinstimmend berichtet haben, gab er an, dass sie ständig von ihm die Durchführung des Geschlechtsverkehrs gewollt habe. Wenn er dies abgelehnt habe, sei sie hysterisch geworden, habe weglaufen wollen und von Selbstmord gesprochen. Um in der Nacht Ruhe zu haben, sei er dann auf die regelmäßige Medikamentengabe verfallen. In den frühen Morgenstunden des 15. Januar 2006 habe er mit ihr wiederum den Geschlechtsverkehr ausgeführt, weil sie dies unbedingt gewollt habe. Anschließend habe er ihr heimlich Flunitrazepam gegeben, damit sie schlafen würde. Sie habe später nach ihm gerufen und er habe festgestellt, dass sie ins Bett eingenässt habe. Daraufhin habe er sie in die mit Wasser gefüllte Badewanne gesetzt. Außerdem habe er ihr und sich selbst zur Täuschung eine Spritze gesetzt, in der sich aber lediglich eine Kochsalzlösung befunden habe.
208Bei seiner richterlichen Vernehmung, von deren Inhalt der Angeklagte und der Zeuge T7 übereinstimmend berichtet haben, gab der Angeklagte an, dass er ihr und sich selbst jeweils etwa 40 Einheiten Insulin gespritzt habe, was seiner Meinung nach aber nicht mehr richtig gefährlich gewesen sei. Auf die Frage, warum er denn in seiner richterlichen Vernehmung von der Gabe von Insulin berichtet habe, hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung dahin eingelassen, dass ihm von dem die Vorführung durchführenden Kriminalbeamten während des Wartens auf den Ermittlungsrichter eröffnet worden sei, dass er im Falle eines Geständnisses nicht in Haft gerate. Diese Einlassung hält die Kammer für absolut lebensfremd. Wie auch der Zeuge T7 in seiner Vernehmung geäußert hat, ging es ihm in dem Termin im wesentlichen um die Erforschung von Haftgründen. Die Gabe von Insulin bestärkte aber jedenfalls aus damaliger Sicht den Tötungsvorsatz, so dass es eines weiteren Haftgrundes aus Sicht des Ermittlungsrichters nicht mehr bedurfte. Dies war auch dem Zeugen S3 als in der Ermittlung in Tötungsdelikten erfahrenem Kriminalbeamten bekannt. Vor diesem Hintergrund hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass dieser Zeuge eine solche Äußerung tätigte, wie sie der Angeklagte geschildert hat. Auch der Zeuge S3 hat verneint, auf den Angeklagten vor seiner richterlichen Vernehmung in der vom Angeklagten geschilderten Weise Einfluss genommen zu haben. Aus den dargelegten Gründen hält die Kammer die Bekundungen dieses Zeugen für glaubhaft.
209Die Einlassung des Angeklagten ist aber insbesondere widerlegt durch die umfassenden und durchweg glaubhaften Bekundungen der Zeugin T2, die die Beziehungskonstellation und insbesondere die einzelnen von der Kammer festgestellten Tathandlungen so geschildert hat, wie die Kammer sie festgestellt hat.
210Die Zeugin ist an zwei unterschiedlichen Tagen im Verlauf der Hauptverhandlung vernommen worden. Am ersten Tag ihrer Vernehmung wurde ihre Aussage über einen längeren Zeitraum durch die Vernehmung anderer Zeugen unterbrochen. Trotz dieser Unterbrechungen war die Zeugin zu jeder Zeit in der Lage, an vorherige Schilderungen anzuknüpfen. Sie war in der Lage, auf Befragen sämtlicher Verfahrensbeteiligter ihre Schilderung zu ergänzen oder zu präzisieren. Sie scheute jedoch auch nicht davor zurück, Erinnerungslücken einzuräumen. So hat sie am ersten Tag ihrer Vernehmung davon berichtet, sich nicht an einen Geschlechtsverkehr in der Nacht auf den 15. Januar 2006 erinnern zu können. Erst am zweiten Tag ihrer Vernehmung hat sie dann von der Durchführung eines Geschlechtsverkehrs berichtet, wobei sie sofort eingeräumt hat, nicht zu wissen, ob sie sich ohne eine erneute Nachfrage an die Begebenheit noch erinnert hätte. Jetzt habe sie daran aber eine konkrete Erinnerung.
211Ähnlich offen ist die Zeugin mit Fragen umgegangen, die sich auf den ersten Kontakt zur vermeintlichen "Z" bezogen. Auf den mehrfachen Vorhalt, die von der Verteidigung des Angeklagten nach Eröffnung des Hauptverfahrens zur Akte gereichten E-Mail der "Z" datiere vom 19. Januar 2004, blieb die Zeugin T2 bei ihrer Schilderung, dass es nach ihrer Einschätzung Herbst gewesen sei, als sie die erste E-Mail erreichte, was sie daran festmache, dass ihre Mutter die Wohnung mit Kürbissen dekoriert gehabt habe. Wenn dies nicht stimme, dann stimme es eben nicht, aber sie könne nur das berichten, was sie noch in Erinnerung habe. Dies zeigt nach Auffassung der Kammer zum einen, wie sehr die Zeugin bemüht war, zwischen sicheren Erinnerungen und Unschärfen deutlich zu unterscheiden, wovon auch die psychologische Sachverständige in ihrem Gutachten berichtet hat, auf das noch einzugehen sein wird. Zum anderen zeigt dieses Aussageverhalten aber auch, dass die Zeugin in keiner Weise bestrebt war, den Angeklagten um jeden Preis zu belasten. Ihr Aussageverhalten zur Frage des Zeitpunkts der E-Mail zeigt nämlich, dass es ihr letztlich egal war, ob das Gericht ihrer Schilderung in diesem Fall folgen würde oder nicht.
212Auch im übrigen waren die Bekundungen der Zeugen frei von jeder übermäßigen Belastungstendenz. So hat sie freimütig mitgeteilt, dass ihr vor der Durchführung des Geschlechtsverkehrs am frühen Morgen des 15. Januar 2006 keinerlei sedierende Medikamente verabreicht wurden, was zum Freispruch hinsichtlich des Falles 6 der Anklage geführt hat. Besonders eindrucksvoll zeigt sich die Objektivität der Zeugin und der Verzicht auf jede übermäßige Belastung bei einer Antwort auf die Frage des Verteidigers des Angeklagten, wie der Angeklagte denn bestraft werden solle, wenn sie - die Zeugin - das Gericht wäre. Ohne zu zögern hat die Zeugin sofort darauf hingewiesen, dass sie diese Frage nicht beantworten könne, weil es ihr schwer falle, neutral zu sein. Auf den Hinweis des Verteidigers, sie solle jetzt nicht neutral sein, sondern aus ihrer Sicht sagen, ob der Angeklagte hart bestraft werden müsse, hat die Zeugin dies bejaht, aber gleichzeitig mitgeteilt, dass sie sich für den Angeklagten nicht nur eine Strafe, sondern insbesondere auch Hilfe wünsche, weil er immer noch nicht wisse, was er Schreckliches gemacht habe. Dies zeigt besonders augenscheinlich, in welch hohem Maß die Zeugin T2 im Rahmen ihrer Vernehmung bemüht war, objektiv ihre Erlebnisse so zu schildern, wie sie sie noch in Erinnerung hat.
213Für die Glaubhaftigkeit und den Erlebnisbezug der Bekundungen dieser Zeugin spricht auch das umfassende und überzeugende aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen E2. Sie hat im Ergebnis für die Kammer ohne weiteres einleuchtend und nachvollziehbar aufgezeigt, warum aus aussagepsychologischer Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Schilderungen der Zeugin, die sie ihr gegenüber im Rahmen der Exploration und auch später in der Hauptverhandlung gemacht hat, auf einem konkreten Erlebnisbezug fußen.
214Methodisch hat die Sachverständige für die Kammer einleuchtend zunächst die allgemeine Aussagetüchtigkeit der Zeugin T2 beleuchtet. Im Hinblick auf die einzelnen, dem Angeklagten vorgeworfenen Taten und der damit jeweils korrespondierenden Situation, in der sich die Zeugin T2 befunden haben soll, hat sie in einem zweiten Schritt deren spezielle Aussagetüchtigkeit erörtert. Weitergehend hat sie in Bezug auf die etwaige Tatsituation unter Zugrundelegung jeweils verschiedener, spezifisch auf die Tatsituation zugeschnittener Unwahrannahmen die Bekundungen der Zeugin T2 aussagepsychologisch analysiert. Schließlich hat sie die Gesamtaussage der Zeugin T2 vor dem Hintergrund weiterer Unwahrannahmen analysiert.
215Unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Aussagetüchtigkeit hat die Sachverständige Diplom-Psychologin E2 der Zeugin T2 nach klinischem Eindruck eine überdurchschnittliche Intelligenz und eine hervorragende verbale Ausdrucksfähigkeit bescheinigt. Sie sei daher allgemein in der Lage, ein erlebtes Geschehen zu schildern. Nichts spreche für Störungen, Erkrankungen oder sonstige Beeinträchtigungen, die ihre allgemeine Aussagetüchtigkeit mindern könnten. Die Zeugin verfüge allgemein über eine gute Realitätskontrolle. Anhaltspunkte für die Stimmungsschwankungen, von denen sie selbst sowie verschiedene Zeugen und auch der Angeklagte für den Zeitraum des Medikamentenkonsums berichtet haben, hätten sich weder im Rahmen der aussagepsychologischen Exploration, die im Frühjahr 2006 bei österlicher Dekoration des Elternhauses stattgefunden habe, noch in der Hauptverhandlung gezeigt. So habe auch die Zeugin T1 davon berichtet, dass ihre Schwester, die Zeugin T2, vor ihrer Beziehung zu dem Angeklagten als auch nach dem in Rede stehenden Tatgeschehen nicht an auffälligen Stimmungsschwankungen gelitten habe. Dieser von der Sachverständigen vorgenommene Rückgriff auf die Einlassung des Angeklagten sowie die Bekundungen der vernommenen Zeugen deckt sich mit der Beweiswürdigung der Kammer.
216Die Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass die Zeugin T2 über ein vergleichsweise gutes Zeitgitter verfüge. Sie sei in der Lage, ihre Erlebnisse zeitlich gut einzuordnen und sie mit anderen Erlebnissen zu verbinden. Zeitliche Unsicherheiten habe sie stets freimütig eingeräumt und sich insbesondere nicht darum bemüht, ihre Aussage entsprechend nachzubessern. Auch die Kammer konnte einen solchen Eindruck gewinnen. Insbesondere blieb die Zeugin - wie bereits geschildert - im Zusammenhang mit der zeitlichen Einordnung des ersten E-Mail-Kontakts zu "Z" bei ihrer zeitlichen Einordnung.
217In der Persönlichkeit der Zeugin T2 fänden sich, so die Sachverständige E2, auch keine Anhaltspunkte für eine histrionische Tendenz. Ein solches übersteigertes Aufmerksamkeitsstreben sei angesichts der eher ruhigen und sachlichen Schilderung der Zeugin nicht festzustellen. Insbesondere habe sie keine klischeehafte Übertreibung ihrer Opferrolle betrieben, was ihr leicht möglich gewesen wäre. So hat sie beispielsweise den überwiegenden Anteil der sexuellen Übergriffe durch den Angeklagten eher geringfügig geschildert. Auch hat sie stets betont, dass sie das Gefühl der sexuellen Handlungen selbst als durchaus angenehm empfunden habe.
218Insgesamt ist nach der Einschätzung der Sachverständigen E2 die allgemeine Aussagetüchtigkeit der Zeugin T2 gegeben.
219In Bezug auf die Erörterung der speziellen Aussagetüchtigkeit hat die Sachverständige für alle dem Angeklagten vorgeworfenen Tatsituationen zunächst allgemein aufgezeigt, dass die Gabe der Medikamente die Aussagetüchtigkeit der Zeugin T2 habe beeinträchtigen können. Da jeweils die Dosierung der Medikamente und - insbesondere hinsichtlich der Infusionsgabe - das jeweils gegebene Präparat nicht genau bekannt sei, könnten die etwaigen Beeinträchtigungen nicht näher erläutert werden. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen S4 hat die Sachverständige E2 darauf hingewiesen, dass der Einfluss von Benzodiazepinen die Aufnahme und Speicherung neuer Informationen beeinträchtige. Bereits früher gewonnene Erkenntnisse blieben jedoch im Gedächtnis gespeichert. Auch unter dem Einfluss der Benzodiazepine sei eine Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung neuer Informationen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ein Geschehen werde aber nur fluktuierend wahrgenommen.
220Unter der Prämisse dieser gleichsam allgemeinen Vorgaben hat die Sachverständige bezogen auf die einzelnen, dem Angeklagten in der Anklage vorgeworfenen Taten die spezielle Aussagetüchtigkeit der Zeugin T2 erörtert und ihre Bekundungen unter der Annahme verschiedener, speziell auf die etwaige Tatsituation zugeschnittener Unwahrannahmen analysiert:
221Beim ersten sexuellen Übergriff des Angeklagten im Zusammenhang mit den E-Mails der "Z" spielten Medikamente nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten und der Zeugin T2 noch keine Rolle. Nach der Analyse der Sachverständigen E2 war damit die allgemeine und spezielle Aussagetüchtigkeit der Zeugin nicht beeinträchtigt. Sie habe - was auch die Kammer im Rahmen ihrer Beweiswürdigung festgestellt hat - den Beginn der mit dem Angeklagten ausgetauschten Zärtlichkeiten in allen Vernehmungen bis in die Hauptverhandlung hinein konstant geschildert, was ein Indiz für die Richtigkeit ihrer Bekundungen sei. Von besonders hohem aussagepsychologischem Wert sei darüber hinaus die von der Zeugin im Zusammenhang mit den Zärtlichkeiten geschilderte Ambivalenz ihrer eigenen Gefühle. So habe sie das Gefühl der Zärtlichkeiten selbst als schön bezeichnet. Im Anschluss an das jeweilige Geschehen habe sie jedoch eine Scham gefühlt, weil die Handlungen nicht in ihr Wertesystem gepasst hätten. Auch gegen die Richtigkeit ihrer zeitlichen Einordnung der Geschehnisse spreche aus aussagepsychologischer Sicht nichts. Vielmehr könne sie den Beginn der sexuellen Handlungen zeitlich mit anderen Eindrücken, insbesondere dem herbstlichen Schmuck des elterlichen Hauses, verknüpfen.
222Vor diesem Hintergrund sei aus aussagepsychologischer Sicht eine große Wahrscheinlichkeit für den Realitätsbezug der Bekundungen der Zeugin T2 zu Fall 1 der Anklage anzunehmen.
223Für den dem Angeklagten im Fall 2 der Anklage mit der Zeugin T2 vorgeworfenen Geschlechtsverkehr hat die Sachverständige E2 überzeugend darauf hingewiesen, dass die Aussageanalyse angesichts der Vielzahl der von der Zeugin geschilderten Geschlechtsverkehre besondere Schwierigkeiten aufweise. Ihre Schilderung sei jeweils sehr anschaulich und originell gewesen. Sie sei auch in der Lage gewesen, ihre eigenen Wahrnehmungen und Erinnerungen von Wahrnehmungs- und Gedächtnislücken zu trennen. Für das Kerngeschehen selbst habe die Zeugin jedoch jeweils - hinsichtlich des Falls 2 angesichts des Schlafes naturgemäß - von einer Amnesie berichtet. Wegen des mangelnden Berichts zum Kerngeschehen der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat passe daher die aussagepsychologische Methode auf die Analyse ihrer Bekundungen nicht. Ihr Bericht zum Rahmengeschehen widerlege jedoch die aufzustellenden Unwahrannahmen. Insbesondere inszeniere sie sich nicht selbst, was bereits dadurch deutlich werde, dass sie das Rahmengeschehen der jeweiligen Geschlechtsverkehre stets unaufgeregt und gleichsam beiläufig geschildert habe. Gegen eine übertriebene Inszenierung spreche auch, dass sie das eigentliche Tatgeschehen gerade nicht berichte, sondern von einer Amnesie spreche. Letzteres spreche auch entscheidend gegen die Unwahrannahme, die Zeugin schildere lediglich einen Traum. In dem Fall wäre - so die Sachverständige überzeugend - zu erwarten gewesen, dass sie auch für das eigentliche Kerngeschehen Informationen mitgeteilt haben würde.
224Hinsichtlich der Fälle 3 und 4 der Anklage, den zur Verurteilung gelangten sexuellen Übergriffen unter dem Einfluss zweier Infusionsgaben, hat die Sachverständige E2 überzeugend darauf hingewiesen, dass ihre spezielle Aussagetüchtigkeit wegen des akuten Einflusses der unbekannt gebliebenen Substanzen eingeschränkt sei. Die Medikamente hätten nämlich den Wahrnehmungsumfang der Zeugin reduziert. Die Zeugin selbst habe aber nachvollziehbar davon berichtet, dass sie zum Teil Erinnerungen an den Vorfall habe. Diese Schilderungen decken sich im übrigen mit der Schilderung der fluktuierenden Wahrnehmung unter dem Einfluss von Benzodiazepinen, von der der Sachverständige S4 anschaulich berichtet hat. Die Sachverständige hat für die Fälle 3 und 4 jeweils darauf hingewiesen, dass erneut nichts für die Unwahrannahme der eigenen Inszenierung durch die Zeugin spreche. Vielmehr habe sie das Tatgeschehen - so auch der Eindruck der Kammer - ohne besondere Ausschmückung berichtet. Dafür spricht aus Sicht der Kammer insbesondere, dass die Zeugin in diesem Zusammenhang nur von solchen Handlungen des Angeklagten berichtet hat, die im Rahmen der grundsätzlich vorstellbaren sexuellen Handlungen an widerstandsunfähigen Personen im untersten Bereich anzusiedeln sind. Gegen die Unwahrannahme, die Zeugin berichte von einem Traum, spreche außerdem, dass sie die sexuellen Übergriffe in einen engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor real stattgefundenen Internetspiel in Zusammenhang bringe. Die Unwahrannahme einer Wiedergabe von Wahnideen nach einem Medikamentenkonsum werde dadurch widerlegt, dass die Zeugin sehr gut zwischen den von ihr selbst berichteten Halluzinationen, dem Im-Kreis-Laufen ähnlich den Schweinen im Internetspiel, und den realen Erlebnissen, dem Streicheln der Hand des Angeklagten, habe differenzieren können. Diese Aspekte sprächen - so die Sachverständige - für die Zuverlässigkeit und die Erlebnisanbindung der Bekundungen zu diesen Punkten der Anklage.
225Zu Fall 5 der Anklage, der in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 2006 vorgenommenen Intimrasur, hat die Sachverständige E2 erneut darauf hingewiesen, dass mangels Angaben der Zeugin zum Kerngeschehen eine aussagepsychologische Analyse nur höchst eingeschränkt möglich sei. Eine Realanzeichenuntersuchung sei nur zum Rahmengeschehen möglich. Zu diesem Rahmen hat die Sachverständige erneut allgemein darauf hingewiesen, dass nichts für eine übertriebene Inszenierung spreche. Gegen die Schilderung eines Traums spreche, dass dann auch Angaben zum Kerngeschehen hatten mitgeteilt werden müssen. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Aussageanalyse, auf die noch einzugehen sein wird, spreche alles eher für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben auch zu diesem Punkt der Anklage.
226Im Zusammenhang mit den Bekundungen der Zeugin T2 zu Fall 6 der Anklage, dem dem Angeklagten vorgeworfenen Geschlechtsverkehr in der Nacht zum 15. Januar 2006, hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass ihr in der psychologischen Untersuchung dieser Fall nicht berichtet worden sei. Sie habe ihn auch nicht gesondert nachgefragt. Auch am ersten Tag ihrer Vernehmung habe die Zeugin - so auch die Wahrnehmung der Kammer - von einem Geschlechtsverkehr an dem Wochenende nichts berichtet. Am zweiten Tag ihrer Vernehmung habe sie dann - auch insoweit in Übereinstimmung mit den Wahrnehmungen der Kammer - von einem Geschlechtsverkehr in der Nacht zum Sonntag berichtet. Aus aussagepsychologischer Sicht spreche die vergleichsweise späte Schilderung unter dem Kriterium der Aussagekonstanz nicht entscheidend gegen die Richtigkeit ihrer Bekundungen. Wegen der engen zeitlichen Nähe zu dem für die Zeugin viel dramatischeren Badewannenerlebnis sei es vielmehr durchaus naheliegend, dass die damit zusammenhängenden Eindrücke das Erleben der Zeugin dominiert und ihre Erinnerung an den kurz zuvor stattgefundenen Geschlechtsverkehr überlagert haben können.
227Auch die Unwahrannahme eines Traums sei angesichts der Schilderungen der Zeugin vom Geschlechtsverkehr widerlegt. Ein Traum werde oft besonders farbig und lebhaft und mit unlogischen Elementen durchsetzt geschildert. Dafür hätten sich in den Schilderungen der Zeugin keine Anhaltspunkte gefunden, da sie - so auch die Einschätzung der Kammer - ihre Erlebnisse in der Nacht auf den 15. Januar 2006 eher nüchtern und sachlich beschrieben habe.
228Im Zusammenhang mit den von der Zeugin geschilderten Erlebnissen in der Badewanne (Fall 7 der Anklage) hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass die spezielle Aussagetüchtigkeit der Zeugin wegen des Einflusses der Benzodiazepine beeinträchtigt gewesen sei. Trotz dieser Beeinträchtigung sei die Unwahrannahme einer Wiedergabe von Wahnideen nach Mittelkonsum anhand der Aussage widerlegt. Die Zeugin habe nämlich von keinen Fehlerinnerungen oder gar Wahnvorstellungen berichtet. In anderem Zusammenhang habe sie Halluzinationen, etwa ihren Eindruck, sie befinde sich selbst im Internetspiel und jage dort Schweine, sehr anschaulich beschrieben. Derartig unrealistische Erlebnisse habe sie im Zusammenhang mit dem Badewannenereignis nicht beschrieben. Auch habe sie die Teelichter, die Cutter-Messer, die Spritzen und Insulinampullen sowie die Füllung der Wanne mit Wasser wahrgenommen und zuverlässig berichtet. Ihre entsprechenden Schilderungen decken sich nämlich mit der Auffindesituation, von der die Zeugen M und I1 anschaulich berichtet haben und die die Lichtbilder wiedergeben, die der Zeuge C3 der Kammer anschaulich erläutert hat. Die einzig unzutreffende Einschätzung, von der die Zeugin berichtet habe, sei die Annahme gewesen, dass sich in der Badewanne ein grünlicher Badezusatz befunden habe, von dem die Polizeibeamten nicht berichtet haben. Dies - so die Sachverständige anschaulich - sei aber eine minimale Unsicherheit, die nicht geeignet sei, die aus den genannten Gründen gegebenen Anzeichen für die Richtigkeit ihrer Bekundungen zu erschüttern.
229Die Sachverständige E2 hat weiter anschaulich darauf hingewiesen, dass angesichts der von der Zeugin verfassten SMS an den Zeugen L ihre Informationsverarbeitung in der Tatsituation noch vorhanden gewesen sein müsse. Für die Richtigkeit der Bekundungen der Zeugin spreche außerdem entscheidend, dass sie einen sehr komplexen Geschehensablauf weitestgehend konstant über mehrere Vernehmungen geschildert habe, von deren Inhalt der Kammer die Zeugen N5 und C4 in der Hauptverhandlung auch nach der Würdigung der Kammer so berichtet haben, wie dies die Sachverständige ihren Ausführungen zugrunde gelegt hat. Diese Konstanz sei, so die Sachverständige überzeugend, ein besonders wertvolles Kriterium für eine zuverlässige Aussage. Auch im Rahmen der Hauptverhandlung sei die Zeugin stets in der Lage gewesen, bei zahlreichen und zeitlich springenden Rückfragen immer wieder konstant den Ablauf des Badewannenereignisses zu schildern. Damit werde die Annahme einer absichtsvollen Falschbelastung widerlegt. Eine so konstante Schilderung und insbesondere spontane Antworten auf springende Rückfragen wären nämlich bei einer absichtsvollen Falschaussage nicht zu erwarten gewesen. Die Bekundungen der Zeugin sprächen auch eindeutig gegen die Annahme eines freiwilligen Suizids durch die Zeugin T2. Sie habe nämlich von einer Interaktion mit dem Angeklagten berichtet. Sie habe ihre eigene Befindlichkeit und diejenige des Angeklagten geschildert. So hat sie insbesondere mitgeteilt, dass auch dieser in der Badewanne mehrfach eingenickt sei, was sie veranlasst habe, mit ihm ein Gespräch zu versuchen, um ein beiderseitiges Einschlafen zu verhindern. Außerdem habe die Zeugin sehr anschaulich von Komplikationen berichtet, etwa im Zusammenhang mit der Absendung der SMS an den Zeugen L. Weiterhin habe sie davon berichtet, dass sie sich nach einem Abrutschen jeweils wieder aus der Wanne ein Stück habe herausdrücken müssen. Dies spricht auch für die Kammer entscheidend gegen die Annahme einer Selbsttötungsabsicht der Zeugin T2.
230Für die Richtigkeit ihrer Bekundungen zum Badewannenerlebnis spricht nach der Einschätzung der Sachverständigen E2, die die Kammer teilt, dass ihre Bekundungen zu ihrem Zustand exakt zur Wirkungsweise der Benodiazepine passt, wie sie der rechtsmedizinische Sachverständige S4 zum Abschluss der Beweisaufnahme beschrieben hat. Gegen eine absichtsvolle Falschbelastung spreche schließlich außerdem, dass während der gesamten Aussage kein Strukturbruch zwischen dem objektivierten Rahmen, von dem die Zeugin berichtet hat, und dem möglicherweise erfundenen Kerngeschehen zu verzeichnen war.
231Im Rahmen einer Analyse der Gesamtaussage hat die Sachverständige E2 abschließend zu einigen weiteren Unwahrannahmen Stellung genommen:
232Aus ihrer Sicht ist die Annahme, die Zeugin T2 könne aus Rache am Angeklagten diesen mit einer bewusst falschen Aussage belasten, widerlegt. Die Schilderungen der Zeugin seien qualitativ hochwertig. Aus ihnen spreche insbesondere eine Ambivalenz zum Erleben der eigenen Gefühle, auf die bereits hingewiesen wurde. Außerdem passe die Schilderung in keiner Weise zum klassischen sexuellen Missbrauch. Im Falle einer absichtsvollen Falschaussage sei vielmehr zu erwarten gewesen, dass die Zeugin auch die ersten sexuellen Übergriffe als unfreiwillig dargestellt und sie sich nicht selbst insoweit belastet haben würde. Ähnliches gelte für die Bekundungen der Zeugin T2, sie habe entweder selbst oder zusammen mit dem Angeklagten Kondome beschafft. Auch dies entspreche nicht dem Klischeewissen von sexuellem Missbrauch. In die konkrete Tatsituation, die von der Zeugin hochkomplex geschildert worden sei, füge sich der auch von der Zeugin berichtete Wunsch nach einer Nutzung der Kondome jedoch unproblematisch ein, da sie tatsächlich davon ausgegangen sei, den Angeklagten sexuell zu bedrängen und nicht auch von ihm habe schwanger werden wollen.
233Auch ein Vergleich mit bekannt gewordenen Lügen der T2 spreche gegen absichtsvolle Falschbelastungen des Angeklagten. Tatsächlich habe die Zeugin - so auch die Beweiswürdigung der Kammer - ihre Eltern dahingehend belogen, sie verbringe die Wochenenden bei einer Freundin. Auch hat sie davon berichtet, die Einladung einer Freundin gefälscht zu haben, um sich mit dem Zeugen F3 treffen zu können. Schließlich haben die Zeugin T2 und der Zeuge L den Eltern der Zeugin vorgespiegelt, die Zeugin L-X sei bei einem Termin, der für ein Treffen nach der Tatentdeckung vereinbart gewesen sei, verhindert, um unter vier Augen miteinander sprechen zu können. Diese bekannt gewordenen Lügen, so die Sachverständige E2, seien jedoch inhaltlich jeweils wenig originell und leicht durchschaubar gewesen. Im Vergleich dazu zeichne sich die Aussage der Zeugin zu ihrer Beziehung zum Angeklagten durch eine hohe Originalität und Komplexität aus.
234Auch die Aussageentwicklung spreche gegen eine absichtsvolle Falschbelastung. Noch im benommenen Zustand bei der notärztlichen Versorgung in der Wohnung des Angeklagten habe sie erstmals von sexuellen Übergriffen berichtet. In einem solchen Zustand, von dem der Notarzt der Kammer berichtet hat, wäre eine Falschaussage jedoch nicht zu erwarten gewesen.
235Die Unwahrannahme einer Suggestion ist nach Einschätzung der Sachverständigen E2 ebenfalls als widerlegt anzusehen. Insbesondere sei es ausgeschlossen, dass sie zuvor freiwillig erfolgte sexuelle Kontakte im Zusammenhang mit den Gesprächen mit dem Zeugen L über das Medikament Flunitrazepam im Nachhinein in einen Kontext mit dieser "Vergewaltigungsdroge" gebracht haben könnte. Dagegen spreche entscheidend, dass die Zeugin T2 aus psychologischer Sicht ja überhaupt keine Vergewaltigung geschildert habe. Besonders anschaulich wurde dies auch für die Kammer, als die Zeugin davon berichtete, dass der Angeklagte ihr erstmalig am Wochenende um den 07. Januar 2006 im Rahmen eines Streits Gewalt angetan habe.
236Schließlich sei auch die Unwahrannahme, sie stelle aus Selbstschutz freiwillige sexuelle Kontakte zum Angeklagten im nachhinein als sexuellen Missbrauch dar, widerlegt. Gegen eine insoweit motivierte unrichtige Aussage der Zeugin spreche entscheidend, dass sie sehr genau zwischen freiwilligen und unfreiwilligen sexuellen Kontakten mit ihm berichtet habe.
237Die Kammer tritt dieser Einschätzung der Sachverständigen umfassend bei. Die aussagepsychologische Methodik ist für die Kammer logisch. Sie hat alle denkbaren Nullhypothesen im Zusammenhang mit dem konkreten Tatgeschehen erörtert und widerlegt. Sie hat darüber hinaus zahlreiche Aspekte aufgezeigt, die für den konkreten Erlebnisbezug der Schilderungen der Zeugin sprechen. Soweit die Sachverständige dabei auf Einzelheiten der Bekundungen der Zeugin T2 oder auf andere Beweismittel, die im Rahmen der Hauptverhandlung herangezogen wurden, zurückgegriffen hat, deckt sich ihre der Begutachtung zugrunde gelegte Tatsachenbasis mit der von der Kammer vorgenommenen Beweiswürdigung. Sie ist insbesondere auf Rückfragen, die springend bei unterschiedlichen Aspekten des lang gestreckten Geschehensablaufs einsetzten, stets in der Lage gewesen, ohne Zögern oder besondere Überlegungen stimmig an bisherige Schilderungen anzuknüpfen. Sie hat sich um eine sachliche Schilderung bemüht, hat aber auch sehr plastisch ihre Gefühlslage mitgeteilt. Besonders augenfällig wurde dies bei der Schilderung, einerseits die manuelle Befriedigung als angenehm empfunden zu haben, sich andererseits für ihr Verhalten geschämt zu haben, weil sie zum Angeklagten keine Beziehung habe pflegen wollen und sich zum Teil vor ihm geekelt zu haben. Ihre emotionale Beteiligung wurde bei ihrer Antwort auf die Frage, wie sie den Angeklagten charakterlich beschreiben könne, besonders deutlich. Nach der Erklärung, das könne sie nicht; sie habe geglaubt ihn zu kennen, aber er sei ihr fremd, ist die Zeugin T2 in Tränen ausgebrochen. Eine so lebensnahe Verknüpfung von Schilderungen und Emotionen spricht auch aus Sicht der Kammer entscheidend für die Richtigkeit ihrer Bekundungen.
238Deren Glaubhaftigkeit ist auch im Rahmen der Hauptverhandlung nicht erschüttert worden. Soweit die Zeugin T2 selbst freimütig eingeräumt hat, ihre Eltern hinsichtlich ihrer Treffen mit dem Angeklagten belogen zu haben, eine Verhinderung der Zeugin L-X bei einem für das Frühjahr 2006 geplante Treffen im Haushalt ihrer Eltern vorgespiegelt und eine gefälschte Einladung entworfen zu haben, um sich am 28. Januar 2006 mit dem Zeugen Erhard treffen zu können, ist bereits darauf hingewiesen worden, dass diese Lügen hinsichtlich ihrer Originalität und ihrer Komplexität deutlich hinter ihren Bekundungen zur Beziehung zum Angeklagten und insbesondere zum Tatgeschehen am Morgen des 15. Januar 2006 zurückbleiben.
239Gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht auch nicht der Aspekt, dass die Zeugin T2 trotz der immer wieder verabreichten Medikamente immer wieder zum Angeklagten zurückkehrte. Dies ist vielmehr ein im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch immer wieder anzutreffendes Phänomen. Im übrigen war es dem Angeklagten durch seine Manipulationen gelungen, die noch junge Zeugin T2 so sehr zu isolieren, dass sie außer ihm keinen Ansprechpartner mehr hatte.
240Auch die Tatsache, dass die Zeugin T2 in Kenntnis der Geschehnisse der letzten Jahre am letzten Wochenende den Angeklagten aufsuchte und von ihm tatsächlich bei zwei Gelegenheiten ein vermeintliches Aufputschmittel entgegennahm, spricht nicht gegen die Richtigkeit ihrer Bekundungen. Die Zeugin hat im Rahmen ihrer Vernehmung anschaulich bekräftigt, dass sie dem Angeklagten bis zuletzt vertraut habe, dass er ihr nie etwas antun werde. Dies erscheint der Kammer auch nachvollziehbar, weil sie sein Verhalten am Wochenende zuvor als erste und einzige Gewaltanwendung im Laufe eines Zeitraums von mehr als fünf Jahren schilderte, in dem sie den Angeklagten kannte. Da sie - in Kenntnis der Wirkung der Medikamente - deren Verabreichung und auch die vom Angeklagten vorgenommenen sexuellen Handlungen noch in der Hauptverhandlung nicht als Gewaltanwendung ansah, erscheint der Kammer das von ihr geschilderte Vertrauen in den Angeklagten nachvollziehbar. Auch der Zeuge L hat in der Hauptverhandlung davon berichtet, dass die Zeugin noch am Donnerstag, dem 12. Januar 2006, auch ihm gegenüber davon berichtet habe, dass sie dem Angeklagten trotz der vorherigen Geschehnisse vertraue. Auch der Zeuge L hat davon berichtet, dass er zwar im Zusammenhang mit der Ankündigung der Zeugin T2, sie werde das Wochenende beim Angeklagten verbringen, ein mulmiges Gefühl gehabt habe. Auch er hat in seiner Vernehmung davon berichtet, dass er die Entwicklung, die sich im Laufe des Wochenendes vollzogen habe, so nicht erwartet habe. Angesichts dieser zeitnahen Einschätzung einer der Zeugin T2 vertrauten Person und angesichts ihrer Beziehung zum Angeklagten, den sie seit ihrem neunten Lebensjahr kannte, erscheint es verständlich, dass T2 davon ausging, der Angeklagte werde ihrem Wunsch, an dem Wochenende keine Medikamente nehmen zu müssen, respektieren. Tatsächlich hatte er im Laufe der letzten Jahre auch wiederholt ihren Wunsch respektiert, ihr keine Medikamente zu verabreichen.
241Auch die Geschehnisse um die dem Zeugen G1 übersandten Aktfotos, die die Zeugin T2 zeigen, mindern die Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen in keiner Weise. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass die Zeugin T2 mit dem Zeugen G1 bei einer Gelegenheit sogenannten "Chat-Sex" praktiziert habe. Im Anschluss daran habe sie ihn gebeten, von ihr Aktaufnahmen zu fertigen, um diese dem Zeugen G1 zu schicken.
242Die Zeugin T2 und der Zeuge G1 haben übereinstimmend davon berichtet, bei einer Gelegenheit "Chat-Sex" gehabt zu haben. In diesem Zusammenhang sei der Schriftverkehr auch auf Nacktbilder der Zeugin T2 eingegangen. Die Zeugin T2 hat weiter berichtet, dass der Angeklagte von ihr bei zwei Gelegenheiten Nacktaufnahmen gefertigt habe. Sie habe zu der Zeit jedoch jeweils unter dem Einfluss der Medikamente gestanden, die sie in eine gleichgültige Stimmung versetzt hätten. Diese Bilder habe der Angeklagte später dem Zeugen G1 per E-Mail übersandt. Sie selbst habe dies nicht gutgeheißen und den Zeugen G1 später gebeten, diese Bilder auf seinem Computer zu löschen. Der Zeuge G1 hat insoweit bekundet, dass er tatsächlich Bilder von der Zeugin T2 bekommen habe. Er sei sich recht sicher, dass diese nicht von der Adresse der Zeugin, sondern von einer anderen Anschrift an ihn versandt worden seien. Die Bilder habe er später aus eigenem Antrieb gelöscht.
243Die Kammer hält auch diese Bekundungen der Zeugin T2 für glaubhaft. Sie decken sich in weiten Teilen mit den Bekundungen des Zeugen G1, der insbesondere davon berichtet hat, dass ihm die Bilder von einer anderen Person übersandt worden seien. Die abweichende Schilderung, er habe die Bilder aus eigenem Antrieb gelöscht, kann auch auf den Umstand zurückzuführen sein, dass sich der Zeuge G1 angesichts des pikanten Vernehmungsgegenstandes im Rahmen seiner Zeugenvernehmung, der sein Vater im Zuschauerraum beiwohnte, sichtlich unwohl fühlte.
244Die Tatsache, dass der Angeklagte dem Zeugen G1 Nacktbilder der Zeugin T2 übersandte, spricht auch nicht gegen die Annahme, dass er im übrigen versuchte, deren Kontakte zu anderen Personen in der realen oder virtuellen Welt zu unterbinden. Die Kontakte zum Zeugen G1 , insbesondere die Übersendung der Bilder, fanden nämlich unter seiner Kontrolle statt. Maßnahmen gegen die Kontakte zum Zeugen L und zum Zeugen F3 leitete der Angeklagte jeweils erst ein, als er den Eindruck hatte, dass sich diese Kontakte von ihm nicht mehr kontrollieren ließen.
245Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die Zeugin T2 die erste E-Mail der "Z" im Herbst des Jahres 2003, etwa im November, erreichte, da sie glaubhaft davon berichtet hat, dass nach Ihrer Erinnerung ihr Elternhaus mit Kürbissen geschmückt gewesen sei. Angesichts der dargestellten Gründe, die für die Richtigkeit ihrer Bekundungen sprechen und da sie die zeitliche Einordnung mit einer temporären Landmarke zu verknüpfen wusste, spricht das auf dem Ausdruck der E-Mail verzeichnete Datum (19. Januar 2004) nicht entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugin T2. Auszüge des E-Mail-Verkehrs zwischen der Zeugin und "Z" sind erst im fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens über den Angeklagten zur Akte gereicht worden. Die damit eröffnete Möglichkeit plausibler Erklärungen für ein fehlerhaftes Datum, die von einer technischen Ursache bis zu einer leicht möglichen Manipulation am Datum der ursprünglichen Nachricht reichen, schränkt die Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugin auch in diesem Punkt nicht ein.
246Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Angeklagte der Zeugin T2 in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 2006 Diazepam verabreichte. Die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass die ihr angeblich verabreichten "Aufputschtropen" einen bitteren Geschmack gehabt hätten. Genau so hätten auch die angeblichen Aufputschmittel geschmeckt, die der Angeklagte ihr am Morgen des 15. Januar 2006 zu trinken gegeben habe und nach deren Einnahme sie erst wieder in der Badewanne erwacht sei. Da die Kammer der Zeugin glaubt und da in der toxikologischen Untersuchung ihrer Blutprobe vom 15. Januar 2006 Diazepam nachgewiesen wurde, muss der Zeugin T2 auch in der Nacht auf den 14. Januar 2006 Diazepam verabreicht worden sein.
247Die Kammer ist angesichts des äußeren Ablaufs der Geschehnisse am Morgen des 15. Januar 2006 und unter Berücksichtigung der Bekundungen der Zeugin T2 auch davon überzeugt, dass der Angeklagte sie töten wollte. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
248Der Angeklagte hatte ein Motiv zur Tötung, da er spätestens nach dem Streit am frühen Morgen des 15. Januar 2006 wusste, dass die Zeugin T2 ihn bei der Polizei anzeigen und dies fast unweigerlich zur Aufdeckung seiner sexuellen Übergriffe führen würde. Andererseits wäre die Aufdeckung dieser Taten praktisch unmöglich gewesen, wenn die Zeugin T3 keine Angaben bei der Polizei hätte machen können. Hinzu kam, dass der Angeklagte durch die Loslösung der T2 seine letzte Bezugsperson im realen Leben ohnehin verloren hätte.
249Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Angeklagte der Zeugin T2 tatsächlich Insulin spritzte. Der sachverständige Zeuge S2, der die Zeugin T2 nach ihrem Auffinden als Notarzt behandelte, sowie der rechtsmedizinische Sachverständige S4 haben in der Hauptverhandlung übereinstimmend davon berichtet, dass der niedrige und bis zum Eintreffen im Krankenhaus noch weiter sinkende Blutzuckerspiegel bei der Zeugin T2 zwar ein Indiz für die Gabe von Insulin sei, aber auch auf die Nahrungskarenz, von der sie berichtet hat, zurückzuführen sein könne. Aus medizinischer und insbesondere rechtsmedizinischer Sicht sei daher eine Insulinverabreichung letztlich nicht nachgewiesen. Aus den äußeren Umständen ist die Kammer jedoch davon überzeugt, dass der Angeklagte der Zeugin T2 Insulin verabreichte. Bei zwei Vernehmungen, nämlich bei seiner ersten verantwortlichen Vernehmung bei der Polizei und später bei der ermittlungsrichterlichen Vernehmung, gab der Angeklagte an, dass er der Zeugin T2 eine Spritze verabreicht habe. Beides hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung bestätigt; ebenso haben dies die Zeugen S3 bzw. T7 bekundet. Im Badezimmer wurden außerdem Ampullen sowie Einwegspritzen vorgefunden, an denen sich nach der toxikologischen Untersuchung, von denen der Sachverständige F4 berichtet hat, Insulin befand, zu dessen Wirksamkeit jedoch keine Feststellungen mehr getroffen werden konnten. Das Aufziehen einer Spritze, das stattgefunden haben muss, weil ansonsten an den Spritzen kein Insulin vorgefunden worden wäre, macht jedoch nur dann Sinn, wenn dies der T2 tatsächlich verabreicht wurde. Wenn er die Zeugin, wie sich der Angeklagte eingelassen hat, über die Verabreichung lediglich hätte täuschen wollen, hätte es eines Aufziehens der Spritze gar nicht bedurft. Dann hätte er nämlich die Ampullen unmittelbar ins Waschbecken entleeren und sie neben die Spritzen auf dem Boden des Badezimmers legen können. Hinzu kommt, dass nach den übereinstimmenden Schilderungen der Zeuginnen T2 und I1 das Wasser in der Badewanne sehr warm war, was nach den Schilderungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen S4 angesichts des angeregten Kreislaufs eine Verteilung des Insulins und auch der übrigen Medikamente im Körper förderte. Dies war dem Angeklagten aufgrund seiner medizinischen Ausbildung auch bekannt.
250Die Kammer ist angesichts seines Motivs, der toxikologisch nachgewiesenen Verabreichung von Flunitrazepam und Diazepam, der Beibringung von Insulin sowie der Verbringung der Zeugin in die Badewanne davon überzeugt, dass der Angeklagte sie töten wollte. Die Kammer geht zwar davon aus, dass der Angeklagte um die eingeschränkte Wirkung des Insulins aufgrund der langjährigen unsachgemäßen Lagerung wusste. Von einer völligen Wirkungslosigkeit ist aber nach den überzeugenden Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen S4 nicht auszugehen, da die Wirkung des Insulins im Laufe der Jahre zwar nachhaltig abnimmt, aber nie völlig aufgehoben wird. Wenn auch der Angeklagte, wovon die Kammer zu seinen Gunsten ausgeht, nicht von einer tödlichen Insulindosis ausging, so stellte er sich doch einen von ihm in Gang gesetzten Geschehensablauf vor, der zum Tod der Zeugin T2 führen sollte. Sie hätte entweder wegen ihres benommenen Zustandes nach der Medikamentengabe in der Badewanne ertrinken sollen oder sie hätte sich aus Angst vor Krämpfen seinem Rat folgend in der Badewanne die Pulsadern aufschneiden sollen. In beiden Fällen hätte die Tat angesichts der überdosierten Benzodiazepine, die nach dem Auffinden der Leiche von T2 unweigerlich festgestellt worden wären, und/oder angesichts der geöffneten Pulsadern wie ein Selbstmord durch T2 ausgesehen.
251Um selbst im Zusammenhang mit der Tötung der T2 nicht in Verdacht zu geraten, sei es wegen der Verabreichung der Medikamente, sei es wegen des Zulassens der Selbsttötung, musste die Tat so aussehen, als hätte auch der Angeklagte sich das Leben nehmen müssen. Tatsächlich wurde im Rahmen der toxikologischen Untersuchung seiner Blutprobe ebenfalls eine - wenn auch wesentlich geringere Dosis - Benzodiazepine vorgefunden. Dies spricht zur Überzeugung der Kammer dafür, dass der Angeklagte, der jedenfalls aufgrund seiner Ausbildungen um die Möglichkeiten entsprechender Analysen wusste, durch die Einnahme der Medikamente belegen wollte, dass auch er aus dem Leben hatte scheiden wollen. Dafür spricht auch der im Forum seiner F1 eingestellte Abschiedsbrief. Wenn der Angeklagte tatsächlich der Zeugin T2 nur die Schönheit des Lebens durch einen von ihm inszenierten und schließlich gescheiterten Selbstmord hätte vor Augen führen wollen, so hätte es des Abschiedsbriefes nicht bedurft. Die Kammer ist davon überzeugt, dass entgegen der Einlassung des Angeklagten die Zeugin T2 an dem Verfassen der Abschiedsnachricht nicht beteiligt war. Zum einen hat sie dies in ihrer Vernehmung selbst verneint. Ihre Bekundungen auch in diesem Punkt sind aus den genannten Gründen glaubhaft. Zum anderen ist die Abschiedsnachricht eben nicht so formuliert, als stamme sie vom Angeklagten und T2 gemeinsam. Die Abschiedsnachricht trägt nur seine Alias-Unterschrift. Nur er macht im eigenen Namen Vorschläge für seine Nachfolge als F1nleiter. Im Falle eines gemeinsamen Verfassens hätte dies im Wortlaut der Nachricht deutlicher zum Ausdruck kommen müssen. Die allein vom Angeklagten verfasste Nachricht sollte zur Überzeugung der Kammer daher ausschließlich dem Zweck dienen, zu einem späteren Zeitpunkt Mitspieler auf den vermeintlichen Doppelselbstmord aufmerksam zu machen, was zur Auffindung eines benommenen Angeklagten und einer toten T2 hätte führen sollen.
252Der Angeklagte wusste auch, dass seine Nachricht am frühen Morgen des 15. Januar 2006 kaum gelesen werden würde. Da die Mitspieler regelmäßig bis spät in die Nacht spielen, war eine Entdeckung des Abschiedsbriefs bereits am Vormittag eher unwahrscheinlich. Tatsächlich war es allein die Zeugin L-X, die zufällig bereits am frühen Morgen das Forum der F1 besuchte und auf die Abschiedsnachricht stieß. Angesichts des Motivs des Angeklagten, der glaubhaften Bekundung der Zeugin T2, dass sie sich am Morgen des 15. Januar 2006 nicht das Leben nehmen wollte und angesichts der Inszenierung des Angeklagten, die aus den genannten Gründen nur so zu erklären ist, dass bei einem Auffinden von einem einseitig fehlgeschlagenen Selbstmord ausgegangen werden sollte, ist die Kammer davon überzeugt, dass er die Zeugin T2 töten wollte.
253Der Wortlaut der Kurzmitteilung, die die Zeugin T2 am frühen Morgen des 15. Januar 2006 an den Zeugen L sandte, spricht ebenfalls nicht für die Schilderung des Angeklagten. Zwar hätte es aus rationaler Sicht nahe gelegen, einen Notruf abzusetzen. Angesichts der Situation, in der sich die Zeugin befand und wegen des Einflusses der Medikamente hält es die Kammer aber für nochvollziehbar, dass die Zeugin nicht auf die Idee eines Notrufs kam, was sie in ihrer Vernehmung berichtet hat. Sie hat vielmehr ebenso nachvollziehbar bekundet, dass sie sich gerade hilfesuchend an den Zeugen L gewandt habe, weil allein dieser um ihr komplexes Verhältnis zum Angeklagten wusste und damit nur er in der Lage war, eine kurze Nachricht ohne längere Erklärungen zu verstehen. Auch der Wortlaut spricht nicht gegen den Wunsch der Zeugin, gerettet zu werden. Zwar trägt sie nicht explizit ihren Wunsch nach der Verständigung von Rettungskräften vor. Auch dies ist jedoch wegen der Gesamtumstände nachvollziehbar, zumal ihr der Angeklagte zuvor mitgeteilt hatte, ihr Tod sei unausweichlich.
254Gegen diesen Tötungsvorsatz spricht auch nicht die Erwägung, dass der Angeklagte mit Rücksicht auf seine medizinischen Vorkenntnisse und die Vielzahl der noch in seiner Wohnung verbliebenen Medikamente die Zeugin T2 unschwer und sicherer auf andere Weise hätte töten können. Bei einer Verabreichung tödlich wirkender Medikamente oder gar bei einer Gewaltanwendung wäre er nämlich möglicherweise wegen eines Tötungsdelikts in Verdacht geraten. Einen solchen Verdacht hätte er nur dadurch ausräumen können, wenn die Tat tatsächlich, am besten noch durch die eigene Hand der Zeugin T2, als fehlgeschlagener Doppelselbstmord angesehen worden wäre.
255IV.
256Das Verhalten des Angeklagten erfüllt in den Fällen 3, 4 und 5 der Anklage den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen gemäß § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie denjenigen der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da er der Zeugin eine gesundheitsschädliche Substanz beigebracht und ihr körperliches Wohlbefinden nicht unerheblich beeinträchtigt hat. Durch die Gabe dieser Medikamente in den Fällen 3 und 4 der Anklage war die Zeugin auch widerstandslos, weil sie sich den Übergriffen des Angeklagte nicht entziehen konnte. Insbesondere war sie nicht in der Lage, das Bett zu verlassen. Im Fall 5 der Anklage war sie aufgrund des Schlafes nach vorheriger Verabreichung des Beruhigungsmittels nicht in der Lage, die Rasur im Intimbereich zu verhindern.
257Das Verhalten des Angeklagten am Morgen des 15. Januar 2006 erfüllt den Straftatbestand des versuchten Mordes gemäß § 211 StGB sowie denjenigen der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der Angeklagte handelte, um die vorher von ihm begangenen sexuellen Übergriffe zu verdecken. Darüber hinaus nutzte er die Arg- und Wehrlosigkeit von T2 bewusst zu seinem Angriff gegen deren Leben aus, weil sie sich eines Angriffs auf ihre körperliche Unversehrtheit nicht versah. Sie ging insbesondere nicht davon aus, dass ihr der Angeklagte erneut Beruhigungsmittel verabreichen würde. Vielmehr hat er ihr vorgespiegelt, ihr ein Aufputschmittel zu verabreichen.
258Der Angeklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte dafür, dass zu irgendeinem Zeitpunkt des Tatgeschehens seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit aufgehoben oder auch nur erheblich vermindert hätte sein können, haben sich im Rahmen der Hauptverhandlung nicht ergeben. Insoweit stützt die Kammer ihre Feststellungen auf die überzeugenden und ohne weiteres nachvollziehbaren Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen K2, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Forensische Psychiatrie (DGPPM), die der Kammer aus einer ganzen Reihe von Schwurgerichtsverfahren als kompetente und unvoreingenommene Sachverständige bekannt ist. Auch dieses Verfahren hat keinen Anlass geboten, an ihrer Fachkunde und ihrer Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Vorbereitet und ergänzt wurden ihre Ausführungen durch die ebenfalls einleuchtenden Darlegungen des Sachverständigen T8, der der Kammer anschaulich über die testpsychologische Untersuchung des Angeklagten berichtet hat.
259Beide Sachverständigen haben übereinstimmend, einmal aus testpsychologischer Sicht, einmal aus psychiatrischer Sicht, die Persönlichkeit des Angeklagten dahin eingeschätzt, dass er über eine selbstbewusste und robuste Persönlichkeit verfügt, die aber auch durch manipulative Komponenten gekennzeichnet ist. Aus einer gewissen Selbstüberschätzung neige der Angeklagte dazu, seine manipulativen Fähigkeiten zu einer raschen Bedürfnisbefriedigung einzusetzen. Diese Charakterzüge seien aber, so insbesondere die psychiatrische Sachverständige K2, weit davon entfernt, den Grad einer Persönlichkeitsstörung und damit einer anderen schweren seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB zu erreichen. Für eine aktive Dissozialität gebe es ebenfalls keine Anzeichen. Auch die Anforderung für eine Spielsucht seien nicht erfüllt. Zwar habe er sich in den vergangenen Jahren zunehmend isoliert und sei ebenfalls zunehmend verwahrlost. Die dahinterstehende Persönlichkeit des Angeklagten sei jedoch nicht pathologisch gestört, was sich insbesondere dadurch ausdrücke, dass seine Tendenz zum Spielen sich nicht beherrschend auf sonstige Alltagsaktivitäten ausgewirkt hätte. Vielmehr sei es ihm insbesondere möglich gewesen, seinen Lebensrhythmus beispielsweise nach den Zeiten zu orientieren, in denen er T2 zur Schule brachte und sie von dort abholte. Auch konnte er über mehrere Tage auf einer Spielemesse - gemeinsam mit der Zeugin T2 - noch im Herbst 2005 für den Zeugen C1 arbeiten, was ebenfalls gegen eine manifeste Spielsucht und eine Dissozialität spricht. Die Sachverständige hat außerdem überzeugend darauf hingewiesen, dass die vom Angeklagten begangenen sexuellen Handlungen bei weitem nicht die Anforderungen erfüllen, die an eine sexuelle Devianz oder Perversion zu stellen sind.
260Anhaltspunkte für eine Tatbegehung im Zustand einer krankhaften seelischen Störung bestehen ebenfalls nicht. Sowohl bei den Sexualdelikten als auch bei der versuchten Tötung am Morgen des 15. Januar 2006 finden sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen im Rahmen der gebotenen Handlungsanalyse keine Hinweise auf eine forensisch relevante Berauschtheit. Im Zusammenhang mit den Sexualdelikten haben weder der Angeklagte noch die Zeugin T2 von dem Konsum berauschender oder die Steuerungsfähigkeit sonst beeinträchtigender Mittel durch den Angeklagten berichtet. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Im Zusammenhang mit der versuchten Tötung stand der Angeklagte zwar unter dem Einfluss von Benzodiazepinen. Dieser Einfluss war aber weder allein noch im Zusammenhang mit der Verarbeitung des kurz zuvor mit der Zeugin T2 erlebten Konflikts geeignet, seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. Der rechtsmedizinische Sachverständige S4 sowie der toxikologische Sachverständige F4 haben übereinstimmend darauf hingewiesen, dass die beim Angeklagten festgestellten Blutwerte im therapeutischen Bereich gelegen hätten. Nach der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen K2 ist damit allein eine relevante Beeinträchtigung nicht verbunden gewesen. Auch in Kombination mit der Konfliktbearbeitung war eine erhebliche Beeinträchtigung der Informationsverarbeitung nicht gegeben. Dagegen spricht nach ihrer überzeugenden Einschätzung das durchweg folgerichtige Verhalten im Rahmen eines mehraktigen und komplexen Geschehensablaufs, in dessen Verlauf es ihm insbesondere möglich war, längere E-Mails und Kurznachrichten über ein Mobiltelefon zu versenden.
261Diese Ergebnisse der Handlungsanalyse sprechen auch gegen eine Tatbegehung im Zustand einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung. Insbesondere hat sich der Angeklagte nicht unmittelbar nach der Eröffnung durch T2, sie werde zur Polizei gehen, spontan zu einer Tat hinreißen lassen. Gegen eine solche Tatbegehung im Zustand eines hochgradigen Affekts spricht entscheidend, dass er vielmehr mit der Begehung zuwartete und einen komplexen Geschehensablauf inszenierte, an dessen Ende der Tod seines Opfers stehen sollte.
262Die forensisch-psychiatrische Sachverständige hat schließlich auch keine Anhaltspunkte für ein psychotisches Wahnerleben oder eine andere psychiatrische Erkrankung beim Angeklagten feststellen können. Auch nach dem Eindruck der Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung war er frei von jedwedem Wahnempfinden. Er war vielmehr in der Lage, auf Fragen adäquat zu antworten. Die fehlende Konstanz seiner Einlassung in einigen Punkten sowie vorgegebene Gedächtnislücken seien, so die Sachverständige überzeugend, kein Ausdruck von Psychotik oder Rauschempfinden, sondern Ergebnis der Einlassungsfreiheit.
263V.
264Im Rahmen der Strafzumessung war zur Ahndung der sexuellen Übergriffe in den Fällen 3, 4 und 5 der Anklage jeweils von dem gemäß § 179 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmen von Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren auszugehen. In keinem der Fälle hat die Kammer gemäß § 179 Abs. 6 StGB einen minder schweren Fall angenommen, weil die strafmildernd zu berücksichtigenden Aspekte die Strafschärfungsgesichtspunkte jedenfalls nicht so deutlich überwiegen, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens eine unverhältnismäßige Härte bedeuten würde.
265Innerhalb dieses Strafrahmens hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht wesentlich vorbestraft war und dass er das Rahmengeschehen mit zahlreichen sexuellen Handlungen eingeräumt hat. Strafmildernd hat die Kammer weiterhin berücksichtigt, dass er sich seit etwa neun Monaten und erstmalig in Untersuchungshaft befindet. Strafmildernd war auch zu berücksichtigen, dass wegen der inzwischen vollständigen Verbüßung der gegen ihn vormals verhängten Geldstrafe mit dieser keine Gesamtstrafe mit den Fällen 3 und 4 gebildet werden konnte, was wegen der zeitlich unsicheren Einordnung sonst zu seinen Gunsten geboten gewesen wäre. In den Fällen 3 und 4 hat die Kammer weiter strafmildernd berücksichtigt, dass die von ihm begangenen sexuellen Handlungen am untersten Rand dessen anzusiedeln sind, was im Rahmen der Tatalternativen des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen vorstellbar wäre.
266Strafschärfend musste jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte die Fälle 3, 4 und 5 der Anklage jeweils in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung beging. Zu berücksichtigen war weiter, dass er die Zeugin über einen langen Zeitraum durch Medikamente und gefälschte E-Mails manipulierte. Diese beiden Aspekte sprachen auch entscheidend gegen einen minder schweren Fall des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen. Die Kammer hat weiter berücksichtigt, dass auch die Rasur im Fall 5 der Anklage zwar einen gravierenderen Eingriff als das vorherige Streicheln darstellt, dass diese Handlung aber immer noch im unteren Bereich der vorstellbaren Tatalternativen anzusiedeln ist.
267Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungserwägungen hielt die Kammer für die Fälle 3 und 4 der Anklage jeweils eine Einzelstrafe von
268einem Jahr
269und für den Fall 5 eine Einzelstrafe von
270einem Jahr und sechs Monaten
271für tat- und schuldangemessen.
272Zur Ahndung der versuchten Tötung im Fall 7 der Anklage war von der in § 211 StGB angedrohten lebenslangen Freiheitsstrafe auszugehen. Da die Tat das Versuchsstadium nicht überschritten hat, hat die Kammer von der gemäß § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Milderungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, so dass der Strafrahmen sich auf eine Freiheitsstrafe zwischen drei Jahren und 15 Jahren reduzierte. Von der Möglichkeit der Milderung hat die Kammer insbesondere deshalb Gebrauch gemacht, weil die Zeugin T2 die Tat inzwischen ohne größere körperliche Komplikationen überwunden hat.
273Innerhalb des sich danach eröffnenden Strafrahmens hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten erneut berücksichtigt, dass er nicht wesentlich vorbestraft ist, dass er etwa neun Monate und erstmalig die Untersuchungshaft verspürt und dass er zumindest das äußere Rahmengeschehen eingeräumt hat. Strafmildernd hat die Kammer weiterhin berücksichtigt, dass sich der Angeklagte in der Tatsituation durch die Ankündigung der Zeugin, die sexuellen Übergriffe zur Anzeige zu bringen, in einer bedrängten Situation sah. Weiter hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte noch immer emotional sehr an die Zeugin T2 gebunden war.
274Strafschärfend musste sich jedoch auswirken, dass der Angeklagte zwei Mordmerkmale und darüber hinaus tateinheitlich den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht hat.
275Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hielt die Kammer zur Ahndung der versuchten Tötung im Fall 7 der Anklage eine Einzelstrafe von
276acht Jahren und sechs Monaten
277für tat- und schuldangemessen.
278Im Rahmen der gebotenen Gesamtstrafenbildung hat die Kammer die vorstehend beschriebenen Strafzumessungserwägungen erneut geprüft und gegeneinander abgewogen. Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte über einen sehr langen Zeitraum die Zeugin systematisch manipulierte und sie damit immer wieder seinen Übergriffen ausgesetzt war.
279Unter Berücksichtigung dieser Aspekte hielt die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
280zehn Jahren
281für tat- und schuldangemessen.
282VI.
283Gegen den Angeklagten war gemäß § 70 StGB ein Berufsverbot anzuordnen, da er seinen Beruf als Krankenpfleger zur Entwendung der Medikamente missbraucht hat, die er - unter Missbrauch seiner im Rahmen seines Berufes erworbenen Kenntnisse - dazu nutzte, eine Person widerstandsunfähig zu machen und sie sexuell zu missbrauchen. Da er auch zuvor bei der Zeugin T1 seine medizinischen Kenntnisse vorgab, um diese im Rahmen einer vermeintlichen Therapie zum Geschlechtsverkehr zu bewegen, besteht angesichts der im übrigen von der psychiatrischen Sachverständigen aufgezeigten Persönlichkeit des Angeklagten die Gefahr, dass er im Falle einer erneuten Tätigkeit in einem Heil- oder Hilfsberuf seine damit verbundenen Möglichkeiten erneut missbrauchen wird.
284Das Berufsverbot war auf Lebenszeit auszusprechen, weil nach der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen K2 der Missbrauch seiner beruflich eröffneten Möglichkeiten in seiner Persönlichkeit angelegt und die damit einhergehenden Defizite nicht therapierbar sind. Sie hat ihm in Einklang mit den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung eine Tendenz zur Selbstüberschätzung kombiniert mit einer Tendenz zu manipulativem Verhalten zur raschen Bedürfnisbefriedigung attestiert. Da diese Charakterzüge auch nach Auffassung der Kammer überdauernd in der Persönlichkeit des Angeklagten angelegt sind, konnte eine zeitliche Befristung des Berufsverbotes den Gefahren, die daraus resultierten, dass der Angeklagte erneut in einem Heil- oder Hilfsberuf tätig werden würde, nicht vorbeugen. Die Tendenz zur Selbstüberschätzung wurde im übrigen im Rahmen der Hauptverhandlung in einem Dialog augenfällig, den der Angeklagte über die Messung des Blutzuckerspiegels bei der Zeugin T2 mit dem Notarzt führte. So zweifelte er dessen Ergebnisse der Blutzuckeruntersuchung unter Hinweise auf andere Bestimmungsverfahren im Rahmen der Notfallmedizin an. Den Hinweis des Notarztes, dass er im Rettungswagen eine erneute Bestimmung vorgenommen habe, wie dies zuvor in seiner Äußerung vom Angeklagten angemahnt worden war, quittierte der Angeklagte mit der Äußerung, dass er dies nicht glaube, er wisse es besser.
285VII.
286Soweit dem Angeklagten im Fall 6 der Anklage vorgeworfen wurde, in der Nacht zum 15. Januar 2006 mit der Zeugin T2, die unter dem Einfluss sedierender Medikamente gestanden habe, den Geschlechtsverkehr durchgeführt zu haben, war er aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Die Kammer hat zwar festgestellt, dass es auch in dieser Nacht zu einem kurzfristigen Eindringen des Angeklagten mit seinem Glied in die Scheide der T2 kam. Diese stand jedoch nach ihren eigenen Angaben nicht unter dem Einfluss sedierender Medikamente. Auch war sie nicht widerstandsunfähig, was sich bereits daraus ergibt, dass sie den Angeklagten unmittelbar von sich wegstieß.
287VIII.
288Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465, 467 StPO.
289
O2 | F5 | G2 |
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