Urteil vom Landgericht Aachen - 12 O 300/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Rückerstattung einer von ihr unter Vorbehalt vorgenommenen Kreditrückzahlung aus dem Finanzierungssystem L1.
3Ab 1985 hatte der Finanzberater L1 zwischen Kommunen und kommunalen Gesellschaften lang und kurzfristige Kredite vermittelt, wobei die Kreditgeber höhere als bankübliche Anlagezinsen erhielten und die Kreditnehmer Zinsen in geringerer Höhe als banküblich zu zahlen hatten. Hierbei ging L1 in einer Vielzahl von Fällen in der Weise vor, dass er jeweils mit der geldgebenden Kommune die Gewährung einer sog. Termingeldeinlage in Sinne eines Kurzzeitkredites an eine andere Kommune vereinbarte, die ihrerseits bei Entgegennahme der Auszahlung allerdings davon ausging, es handele sich dabei um die Erfüllung einer anderweitigen Verpflichtung beteiligter Dritter, in der Regel einer weiteren Kommune oder kommunalen Einrichtung. In einigen Fällen erweckte L1 bei den geldnehmenden Kommunen allerdings den Eindruck, dass er persönlich Darlehensgeber sei und die Auszahlung der geldgebenden Kommune daher auf seine Darlehensgewährungsverbindlichkeit erfolge, wodurch er die betroffenen Kommunen dazu veranlasste, Zins und Tilgungsleistungen in der Folgezeit direkt an ihn zu erbringen. Die geldgebenden Kommunen wiederum erhielten das Geld zum vereinbarten Rückzahlungstermin auf Veranlassung L1s von dritten Kommunen zurück, die ihrerseits davon ausgingen, damit Kredite an Kommunen zu valutieren, die zuvor von den nun geldnehmenden Gemeinden Darlehen erhalten gehabt und daher die Anweisung zur Auszahlung an diese Kommunen zur Befreiung von ihrer Rückzahlungsverbindlichkeit erteilt hätten. Unmittelbare Kontaktaufnahmen zwischen den beteiligten Kommunen erfolgten in der Regel jeweils nicht.
4Da die Klägerin im Jahr 1993 Bedarf an der Umschuldung eines Darlehens in Höhe von 2,9 Mio. DM hatte, für welches die Zinsbindungsfrist am 30.03.1993 auslief, holte sie sich von diversen Banken und Sparkassen sowie auch von dem ihr bereits aus früheren Geschäften bekannten Finanzberater L1 Angebote ein. Aufgrund der günstigsten Konditionen des Angebotes L1 mit einer 10jährigen Kreditlaufzeit und Verzinsung von 6,63% beschloss der Gemeinderat der Klägerin am 30.03.1993 entsprechend einer hierauf gerichteten Verwaltungsvorlage die Vornahme der Umschuldung unter Inanspruchnahme dieses Angebotes. Am 01.04.1993 wurde dem Konto der Klägerin der Betrag von 2,9 Mio. DM gutgeschrieben, und zwar aufgrund einer Überweisung der Beklagten unter dem Verwendungszweck "gemäß Vereinbarung". Diese ging bei Vornahme dieser durch L1 veranlassten Überweisung allerdings davon aus, damit der Klägerin eine mit 8,25 % zu verzinsende Termingeldeinlage bis zum 14.04.1993 zur Verfügung zu stellen. Auch in diesem Fall kam es zu keinerlei unmittelbarer Kontaktaufnahme zwischen den Parteien. Zum Zeitpunkt der Rückzahlungsfälligkeit der von der Beklagten vermeintlich gewährten Termingeldeinlage veranlasste L1 die Stadt G, an die Beklagte den Betrag von 2,9 Mio. DM zzgl. Zinsen von 8.693,58 DM zu überweisen, wobei er bei dieser den Eindruck erweckte, es handele sich um eine - lediglich an die Beklagte im Wege der Kreditablösung auszuzahlende - Darlehensgewährung an die Klägerin. In der Folgezeit ließ L1 der Klägerin einen Tilgungsplan und diverse Schuldendienstmitteilungen zukommen. Bis zum Bekanntwerden der Machenschaften L1s im Jahr 2000 zahlte die Klägerin an diesen als Zins- und Tilgungsleistungen insgesamt zumindest 867.807,40 DM.
5Nachdem das Finanzsystem L1s aufgedeckt worden war, trafen die Klägerin und die Beklagte am 13.06./27.06.2002 eine Rückzahlungsvereinbarung, in der sich die Klägerin unter Vorbehalt der Rückforderung nach § 812 BGB zur Rückzahlung u.a. des aus dem streitgegenständlichen Sachverhalt erlangten Betrages von 2,9 Mio. DM nebst Kapitalnutzungszinsen bis zum 02.05.2000 und anschließender Verzugszinsen ab dem 03.05.2000 verpflichtete. Eine entsprechende Zahlung erfolgte am 30.06.2002. Mit Anwaltsschreiben vom 14.08.2003 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Kleve vom 30.07.2003, das ebenfalls ein Rückabwicklungsbegehren der Klägerin aus dem Finanzierungssystem L1, dort allerdings mit der Klägerin als geldgebender Gemeinde, betraf und in dem eine Rückabwicklung im Verhältnis der Kommunen untereinander verneint worden war, zur Rückzahlung des vereinbarungsgemäß unter Vorbehalt erstatteten Kreditbetrages von 2,9 Mio. DM (= 1.482.746,40 €) zuzüglich Zinsen von 4 % p.a. aus der Zeit vom 03.05.2000 bis 30.08.2003 in einer Gesamthöhe von 1.677.150,93 € bis zum 30.08.2003 auf.
6Die Klägerin behauptet, über ihren damaligen Kämmerer T entsprechend dem diesbezüglichen Gemeinderatsbeschluss vom 30.03.1993 am 31.03. oder 01.04.1993 mit L1 persönlich einen Darlehensvertrag zu den Konditionen des von diesem zuvor abgegebenen Angebotes mündlich geschlossen zu haben. Ein schriftlicher Darlehensvertrag existiere insoweit ebenso wenig wie ein Schuldschein oder eine sonstige sich auf den Vertrag beziehende Urkunde. Aufgrund des Vertragsabschlusses mit L1 sei sie bei Eingang des von der Beklagten genau zu dem vereinbarten Auszahlungstermin überwiesenen Betrages in Höhe der vereinbarten Darlehenssumme davon ausgegangen, dass es sich herbei um eine Zahlung zur Erfüllung der Darlehensgewährungsverbindlichkeit L1s ihr gegenüber durch die Beklagte auf entsprechende Anweisung L1s gehandelt habe, wobei sie eine entsprechende Refinanzierung L1s bei der Beklagten als Hintergrund hierfür vermutet habe. Sie ist der Ansicht, nach den Gesamtumständen hiervon auch habe ausgehen zu dürfen, weswegen die Zahlung der Beklagten sich als eine Leistung einerseits der Beklagten an L1 und andererseits durch L1 an sie darstelle, die auch in diesen Verhältnissen jeweils rückabzuwickeln seien. Da der Beklagten daher ein Kondiktionsanspruch nicht ihr, sondern allein L1 gegenüber zustehe, sei die vereinbarungsgemäß erfolgte Rückzahlung durch sie rechtsgrundlos gewesen und könne daher gemäß dem Vorbehalt dieser Vereinbarung von ihr zurückverlangt werden.
7Mit ihrer Klage beansprucht die Klägerin in erster Linie die Zahlung des in ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 14.08.2003 geltend gemachten Betrages von 1.677.150,93 € zzgl. Verzugszinsen ab dem 01.09.2003. Darüber hinaus begehrt sie im Wege der Stufenklage Auskunft und anschließende Zahlung bezüglich der Kapitalnutzungen, die die Beklagte zwischen dem 01.07.2002 und dem 01.09.2003 aus dem von ihr am 30.06.2002 unter Vorbehalt zurückgezahlten - von ihr in diesem Zusammenhang ebenfalls mit 1.677.150,93 € bezifferten - Betrag gezogen habe.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen,
10- an sie 1.677.150,93 € zuzüglich Verzugszinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2003 zu zahlen;
- a) ihr Auskunft darüber zu erteilen, welche Kapitalnutzungen sie durch ersparte Soll- und/oder Habenzinsen aus 1.677.150,93 € in der Zeit vom 01.07.2002 bis zum 30.08.2003 erzielt hat;
b) den sich aus der Auskunftserteilung ergebenden Kapitalnutzungsbetrag an sie zu bezahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Ansicht, zurecht von der Klägerin die Rückzahlung des Darlehensbetrages nebst Zinsen aufgrund eines ihr zustehenden Bereicherungsanspruchs gegenüber der Klägerin erhalten zu haben, da sie sich keineswegs auf einen Rückgriff gegenüber L1 verweisen lassen müsse. Im Hinblick auf die insoweit maßgeblichen Umstände bestreitet sie den Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen der Klägerin und L1 persönlich, zumindest aber habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass ihre – der Beklagten – Zahlung auf eine persönliche Schuld L1s erfolgt sei.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.12.2006 (Bl. 425ff d.A.) Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Die Klage ist nicht begründet.
19Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten aus § 812 Abs. 1 BGB als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage nicht zu. Denn die vereinbarungsgemäß im Jahr 2002 erfolgte Rückzahlung des Kreditbetrages nebst Zinsen durch die Klägerin an die Beklagte ist mit Rechtsgrund erfolgt. Die Beklagte hatte ihrerseits einen diesbezüglichen Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB gegenüber der Klägerin, da diese den Darlehensbetrag von 2,9 Mio. DM ohne Rechtsgrund durch eine Leistung der Beklagten erlangt hatte.
20Durch die Überweisung der Beklagten in Höhe der 2,9 Mio. DM hatte die Klägerin einen entsprechenden Wert, nämlich ihren Auszahlungsanspruch in dieser Höhe gegenüber ihrer kontoführenden Bank, erlangt. Ein Rechtsgrund hierfür war nicht gegeben. Soweit die Beklagte damit auf eine vermeintliche eigene Darlehensauszahlungsverbindlichkeit gegenüber der Klägerin leisten wollte, ist ein diesbezüglicher Darlehensvertrag zwischen den Parteien unstreitig nie zustande gekommen. Aber auch ein Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und L1, wie er von dieser vorgetragen wird, kommt unabhängig von der Frage des tatsächlichen Abschlusses eines solchen Vertrages als Rechtsgrundlage für die Überweisung der Beklagten nicht in Betracht, da unstreitig die Beklagte von einem solchen Vertrag keinerlei Kenntnis hatte und hierauf die von ihr vorgenommene Zahlung nicht gerichtet war. Im übrigen stand einem rechtswirksamen Vertragsabschluss durch die Klägerin bezüglich eines langfristigen Darlehensvertrages über 2,9 Mio. DM auch bereits die Nichteinhaltung der nach den Gemeindeordnungen erforderlichen Schriftform für Geschäfte, die nicht der laufenden Verwaltung zuzuordnen sind, entgegen. Aufgrund der gezielten und zweckgerichteten Zuwendung der Überweisung von der Beklagten an die Klägerin hat diese das hieraus Erlangte auch aufgrund einer Leistung im Sinne des § 812 I 1, 1. Alt. BGB erlangt, wobei diese Leistung nach den Gesamtumständen auch als eine solche der Beklagten an die Klägerin und nicht etwa als eine Leistung L1s an diese zu qualifizieren ist mit der Folge, dass sie auch im Verhältnis der Parteien untereinander zu kondizieren war.
21Soweit zwischen Leistendem und Leistungsempfänger unterschiedliche Vorstellungen über die Person des Leistenden bestehen, kommt es im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung darauf an, wie der Zuwendungsempfänger aus objektiver Sicht, dem sog. Empfängerhorizont, die Zahlung verstehen musste und durfte (Palandt-Sprau 66. Aufl. 2007 § 812 Rdnr. 41 m.w.N.). Maßgeblich ist mithin hier, wie sich die Überweisung der Beklagten aus Sicht der Klägerin unter objektiver Betrachtungsweise dargestellt hat. Dabei kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme schon nicht festgestellt werden, dass die Klägerin bei Erhalt der Überweisung überhaupt tatsächlich entsprechend ihrem Vorbringen die Vorstellung hatte, dass es sich hierbei um eine Leistung L1s gehandelt hätte, die lediglich auf dessen Anweisung seitens der Beklagten auf seine eigene Auszahlungsverbindlichkeit erbracht worden sei. Der Zeuge T, der als damaliger Kämmerer der Klägerin für diese die Darlehensverhandlungen geführt hatte und auf dessen Kenntnisstand und Verständnis als Vertreter es mithin gemäß § 166 Abs. 1 BGB ankommt, hat den Vortrag der Klägerin, für diese einen Vertrag mit L1 persönlich abgeschlossen zu haben, nicht bestätigt. Vielmehr hat er – unter der gleichzeitigen Bekundung, sich an die damaligen Vorgänge konkret bezüglich der hier streitgegenständlichen Darlehensverhandlungen nicht erinnern zu können – erkennbar werden lassen, sich bei den Geschäften mit L1 grundsätzlich über die Person des jeweiligen Darlehensgebers letztlich keine abschließenden Gedanken gemacht zu haben. Auch auf wiederholten Vorhalt der Verwaltungsvorlage für den Ratsbeschluss über den Darlehensvertrag vom 22. März 1993 (Bl. 24 d.A.), die er nach eigenen Angaben selbst formuliert hatte, hat er mehrfach erklärt, hieraus eine eindeutige Angabe über einen Vertragsabschluss mit L1 persönlich nicht entnehmen zu können. Im Rahmen seiner Bestätigung häufigerer Darlehensgeschäfte der Klägerin unter Beteiligung der "Firma Finanzberatung L1" konnte er zudem einen Vertragsabschluss mit L1 persönlich für keinen Einzelfall konkret erinnern. Dass es ihm bei den Geschäften mit L1 - bei denen ja in der Regel die Auszahlung der Darlehen durch eine andere Kommune erfolgte als diejenige, an die später seitens der geldempfangenden Gemeinde die Rückzahlung vorgenommenen wurde - letztlich grundsätzlich nicht darauf angekommen sei, genau zu wissen, wer Darlehensgeber war, hat er dabei vielmehr damit begründet, dass es vornehmlich um die Beschaffung "billigen Geldes" gegangen sei und auf allen Seiten ja auch öffentlich-rechtliche Körperschaften beteiligt gewesen seien. Damit kann schon ein beabsichtigter Vertragsabschluss der Klägerin mit L1 persönlich, auf den sich ihre Vorstellung, die Überweisung der Beklagten erfolge in Erfüllung der persönlichen Verbindlichkeit L1s überhaupt nur begründen könnte, jedenfalls nicht positiv festgestellt werden. Selbst wenn ein solches Verständnis auf Klägerseite bezüglich des Inhalts der Darlehensvereinbarung vorgelegen haben sollte, würde sich jedoch auch daraus eine entsprechende Vorstellung ihrerseits, bei der Überweisung habe es sich um die Auszahlung der Darlehensvaluta durch L1 selbst auf dessen Anweisung hin gehandelt, nicht rechtfertigen lassen. Unstreitig enthielt weder die Überweisung der Beklagten noch eine zwischen der Klägerin und L1 vorgenommene Absprache irgend einen Hinweis darauf, dass die ggf. von L1 auszuzahlende Darlehenssumme über die Beklagte zur Verfügung gestellt werde und dass es sich dementsprechend bei der Überweisung der Beklagten um diese Darlehensauszahlung L1s handele. Die Klägerin leitet die Berechtigung ihrer diesbezüglich behaupteten Vorstellung allein aus dem Umstand ab, dass der Betrag genau in der mit L1 vereinbarten Höhe und zu dem mit ihm vereinbarten Fälligkeitstermin bei ihr einging. Ergänzend weist sie insoweit darauf hin, dass sie von einer anderen Motivation für die Zahlung der Beklagten insofern nicht habe ausgehen können und müssen, als insbesondere der tatsächlich von der Beklagten verfolgte Leistungszweck - Auszahlung einer eigenen Darlehensvaluta aufgrund einer Kurzkreditgewährung der Beklagten an sie - ohne jegliche vorherige Kontaktaufnahme zwischen den Parteien und Abschluss eines entsprechenden Darlehensvertrages für sie weder zu erkennen noch zu erwarten gewesen sei. Dem mag außerhalb des Finanzierungssystems L1 durchaus gefolgt werden, da es in der Tat kaum vorstellbar erscheint, dass Gemeinden ohne jede vorherige Vertragsvereinbarung allein auf Veranlassung eines Dritten Millionenbeträge als Darlehen an andere Kommunen überweisen, bezüglich derer die Darlehensvereinbarung und Rückzahlungsverpflichtung der empfangenden Kommune sich dann allein aus dem unterbleibenden Widerspruch und der Entgegennahme des Geldes ergeben sollen. In dem System L1 ist dies aber genau so über Jahre hinweg und auch von der Klägerin selbst bereits zuvor so gehandhabt worden, wie sich zum einen aus der Aussage des Zeugen T ergibt sowie zum anderen aus den von der Klägerin selbst in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Oberlandesgerichts Braunschweig (Anlagen K 12 [Bl. 48ff d.A.] und K 14 [Bl. 54ff d.A.]), ausweislich derer die Klägerin in identischer Weise bereits im Jahr 1988 selbst entsprechende Termingeldeinlage-Auszahlungen an die Stadt Emmerich und die Stadt Salzgitter über 2,55 Mio. bzw. 5,4 Mio. DM ohne jede vorherige Kontaktaufnahme mit diesen Städten und Abschluss diesbezüglicher Darlehensverträge vorgenommen hatte. Insofern konnte zwar die Klägerin durchaus berechtigterweise davon ausgehen, dass die Zahlung der Beklagten - wie auch die früher von ihr vorgenommenen Überweisungen - tatsächlich auf Veranlassung L1s erfolgte, nicht jedoch, dass damit eine persönliche Schuld L1s erfüllt werden sollte. Denn gerade wenn in allen anderen, der Klägerin bis dahin bekannten Fällen stets nur Kommunen bzw. kommunale Gesellschaften Beteiligte der über L1 zustande gekommenen Darlehensgeschäfte gewesen waren und der Zeuge T als damaliger Kämmerer der Klägerin hierin – ausweislich seiner Bekundungen – gerade auch einen Grund für sein mangelndes Klärungsbedürfnis bzgl. der konkreten Person des jeweiligen Darlehensgebers gesehen hat, musste sich die Situation bei einer erstmaligen persönlichen Beteiligung L1s selbst als Darlehensgeber grundsätzlich anders darstellen und hätte erheblicher Anlass für eine weitergehende Klärung bestanden. Es wäre daher Sache der Klägerin gewesen, bei Erhalt des Geldbetrages von der Beklagten statt von L1 selbst, spätestens aber vor Erbringung der Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber L1 auf eine Klarstellung hinsichtlich der Person des Rückzahlungsberechtigten hinzuwirken. Da somit schon aus objektiver Sicht der Klägerin diese nicht von einer wirksamen Anweisung L1s bzw. einer schuldbefreienden Leistung der Beklagten i.S.d. § 267 BGB als Dritte für L1 ausgehen durfte, kommt es auf die weitere Frage nicht mehr an, in welchem Verhältnis aus Vertrauensschutz- und Risikoerwägungen bei Dreipersonenverhältnisses im Falle einer vermeintlichen (von dem Leistungsempfänger - im Unterschied zu hier - zurecht angenommenen), tatsächlich aber fehlenden oder unwirksamen Anweisungserteilung die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu erfolgen hat.
22Der damit den Rechtsgrund für die vereinbarungsgemäße Rückzahlung des Darlehensbetrages nebst Zinsen bildende Bereicherungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin war auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Bereicherung im Umfang der von der Klägerin an L1 erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gem. § 818 Abs. 3 BGB eingeschränkt. § 818 Abs. 3 BGB beschränkt den Bereicherungsanspruch auf dasjenige, was als Bereicherung noch vorhanden ist und dient damit dem Schutz des gutgläubigen Empfängers (Palandt-Sprau a.a.O. § 818 Rdnr. 27). Diesem Schutz- und Interessenausgleichsgedanken entspricht es, dass für die Anerkennung eines Wegfalls der Bereicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Empfang der rechtsgrundlosen Leistung und dem Vermögensverlust gefordert bzw. eine Beschränkung des Bereicherungsanspruchs nur durch solche Vermögensnachteile und Aufwendungen angenommen wird, die der gutgläubige Bereicherte im Vertrauen auf die Beständigkeit des vermeintlichen Vermögenszuwachses gemacht hat (vgl. Palandt-Sprau aaO. § 818 Rdnr. 30 m.w.N.). Die von der Klägerin ohne jede Absicherung etwa durch Nachfrage bei der Beklagten als Auszahlende der Darlehensvaluta vorgenommenen Zins- und Tilgungsleistungen an L1 persönlich können aber entsprechend den vorstehenden Ausführungen weder als adäquat-kausal noch als im berechtigten Vertrauen auf eine Darlehensauszahlung durch L1 selbst vorgenommen bewertet werden. Eine Schutzwürdigkeit der Klägerin ist gerade bezüglich der Vornahme dieser Zahlungen allein auf die diesbezügliche Aufforderung L1s durch Übersendung entsprechender Tilgungspläne und Schuldendienstmitteilungen hin nicht zu erkennen. Die Rückzahlung des gesamten Kreditbetrages einschließlich zwischenzeitlich gezogener Kapitalnutzungen gem. §§ 812, 818 Abs. 1 BGB an die Beklagte ist daher insgesamt mit Rechtsgrund erfolgt und nicht von der Klägerin ihrerseits kondizierbar.
23Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
24Streitwert:
25bis 1.750.000,00 €
26(Klageantrag zu 1.: 1.677.150,93 €
27Klageantrag zu 2.: bis 70.000,00 €
28[geschätzte rd. 4 % Zinsen für 1 Jahr aus 1.677.150,93 €])
29Prof. Dr. N Dr. L H
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Referenzen
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