Urteil vom Landgericht Aachen - 8 O 533/09
Tenor
Es wird festgestellt, dass die auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 16.09.2009 getroffenen Beschlüsse zu Top 7, 8 und 9 nichtig sind.
Es wird festgestellt, dass der auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.03.2010 getroffene Beschluss zu Top 3 nichtig ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Kläger gesamtschuldnerisch zu 43% und die Beklagte zu 57%.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte ist eine Publikums-KG deren Gesellschaftszweck die Errichtung und das Betreiben des B1 in C ist. Die Beklagte, deren Komplementär Herr K1 ist, ist Eigentümerin des sogenannten Stammhauses des B1 und eines Erweiterungsgrundstückes, dem B2. Die B3, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, ist Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks auf dem ein Erweiterungsbau errichtet wird.
3Die vertraglichen Beziehungen der Gesellschafter zu der Beklagten sind geregelt im Gesellschaftsvertrag vom 28.09.2002 mit Änderungen vom 12.07.2006. Wegen des Inhalts des Gesellschaftsvertrages wird auf diesen (vgl. Anlage K3) Bezug genommen. Der Beitritt zu der Beklagten erfolgt für die Anleger über die Treuhandgesellschaft K2. Diese wird seitens der Anleger damit beauftragt den Beitritt bei der Beklagten zu bewirken und gleichzeitig ein Treuhandvertrag zwischen dem Anleger und der Treuhandgesellschaft geschlossen wird. Dem Anleger steht es frei, sich als Kommanditist in das Handelsregister eintragen zu lassen. Der einzige Gesellschafter der Treuhandgesellschaft ist die K3. Bis zum 15.03.2010 ist der Komplementär der Beklagten, Herr K1, einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der K3 gewesen. Am 15.03.2010 sind 80% der Anteile der K3 an Herrn N verkauft worden und am gleichen Tag ist dieser zum Geschäftsführer der K3 ernannt worden. Der Komplementär der Beklagten ist seit diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft.
4In dem Treuhandvertrag zwischen den Gesellschaftern und der K2 ist geregelt, dass die Treuhandgesellschaft die Stimmrechte der nichterschienenen oder nichtvertretenen Gesellschafter auf Gesellschafterversammlungen ausübt. Die Treugeber erhalten vor den Gesellschafterversammlungen einen Stimmzettel zugeleitet, mit dem jeder Gesellschafter, der nicht persönlich oder durch einen bestimmten Vertreter an der Gesellschafterversammlung teilnimmt, der Treuhandgesellschaft Weisungen zur Ausübung seiner Stimmen erteilen kann. Für den Fall, dass der Treugeber weder persönlich noch durch einen Dritten vertreten an der Gesellschafterversammlung teilnimmt sowie der Treuhandgesellschaft keine Weisung zur Ausübung des Stimmrechts erteilt, übt der Treuhandgesellschaft dieses Stimmrecht – entsprechend seiner zuvor mitgeteilten Empfehlung - aus. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Treuhandvertrag (vgl. Anlage K5) Bezug genommen. Im Gesellschaftvertrag ist weiter vorgesehen, dass bei Ausscheiden des Komplementärs der Treuhandkommanditist ermächtigt ist, bis zur nächsten Gesellschafterversammlung einen neuen persönlich haftenden Gesellschafter aufzunehmen. Auch insoweit wird wegen weiterer Einzelheiten auf den Treuhandvertrag Bezug genommen.
5Die Kläger sind Kommanditisten der Beklagten. Der Kläger zu 1) hat sich an der Beklagten mit einem Betrag von 40.000,- DM als Treugeber beteiligt. Der Kläger zu 2) hat sich mit insgesamt 300.000,- € sowie mit 100.612,43 € als Direkt-Kommanditist mit Eintragung in das Handelsregister an der Beklagten beteiligt und daneben den Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft abgeschlossen. Der Kläger zu 3) hat sich durch Abschluss des Treuhandvertrages mit insgesamt 100.000,- DM an der Beklagten beteiligt. Mit Schreiben vom 06.11.2009, zugegangen am 09.11.2009, hat der Kläger zu 3) das Treuhandverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt und die Rückzahlung seiner Beteiligung eingefordert. Auch der Kläger zu 1) hat das Treuhandverhältnis mittlerweile gekündigt.
6Der im B2 gelegene Gastronomie- und Wellnessbereich des B1 ist vermietet an die B4. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH ist der Sohn des Komplementärs der Beklagten.
7Mit Schreiben vom 30.06.2009 teilte die Beklagte in einem Rundschreiben an alle Gesellschafter mit, dass die Mieterin B4 erhebliche Verluste erlitten habe und das man nunmehr zu einer Vereinbarung gekommen sei, wonach die Beklagte und deren Tochtergesellschaft, die B3, auf die Miet- und Pachtzahlungen für die Jahre 2008 und 2009 verzichten werde und die Mieterin im Gegenzug auf Schadensersatzansprüche verzichte. In dem Schreiben wird weiter dargelegt, dass die B4 sich verpflichtet habe, aus sämtlichen künftigen Gewinnen ab 2010 die Verzichtsbeiträge nachholen zu wollen. In den zwischen der Beklagten und der B4 abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtet sich die GmbH eine Spartenbilanz für die mietgegenständlichen Gastronomiebetriebe zu erstellen und von dem Besserungsschein werden die in dieser Spartenbilanz ausgewiesenen Gewinne erfasst.
8Am 17.08.2009 wurde den Gesellschaftern der Beklagten – gemeinsam mit der Einladung zu der ordentlichen Gesellschafterversammlung – der Jahresabschluss der Beklagten (vgl. Anlage B 14) und als Anlage hierzu ein Kurzbericht zur Erläuterung des Jahresabschlusses zugesandt (vgl. Anlage B 15).
9Am 16.09.2009 fand im B1 in C die ordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt. Das Protokoll dieser Gesellschafterversammlung wurde den Klägern zwischen dem 2. und 4. November 2009 zugestellt. Auf der Gesellschafterversammlung wurde u.a. von den Klägern beantragt, die Tagesordnungspunkte 7 (Genehmigung der geschlossenen Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und der B4 über Forderungsverzicht, verbunden mit einem Besserungsschein), 8 (Entlastung des Komplementärs), 9 (Entlastung des Treuhänders) und 10 abzusetzen. Als Begründung wurde angeführt, dass den Gesellschaftern von der Beklagten nicht mitgeteilt worden ist, wie viele Vereinbarungen mit der B4 wann abgeschlossen worden sind und diese auch nicht vorgelegt worden seien. Der Antrag wurde mit 82% der abgegebenen Stimmen abgelehnt. Wegen der weiteren Geschehnisse auf der Gesellschafterversammlung wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 16.09.2009 Bezug genommen (vgl. Anlage B 16). Die Gesellschafter haben – ohne Berücksichtigung der von der Treuhandgesellschaft gemäß § 2 des Treuhandvertrages ausgeübten Stimmen – mit ca. 72% Ja-Stimmen für TOP 7, mit ca. 62% Ja-Stimmen für TOP 8 und mit ca. 70% Ja-Stimmen für TOP 9 gestimmt. Im Vorfeld der Gesellschafterversammlung hatten die Eheleute S - erfolglos - die Herausgabe einer Gesellschafterliste (ausschließlich Namen und Adressen der Treugeber) von der Beklagten verlangt. Die Beklagte, die die Herausgabe mit Schreiben vom 17.07.2009 verweigert hatte, ist mittlerweile rechtskräftig zu der Herausgabe der Gesellschafterliste verurteilt worden.
10Am 17.03.2010 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt. Das Protokoll dieser Gesellschafterversammlung wurde den Klägern zwischen dem 24. und 28. April 2010 zugestellt. Auf dieser Gesellschafterversammlung wurde beschlossen, dass gegenüber der B4 auch für die Jahre 2010 und 2011 auf die Zahlung des Pachtzinses verzichtet wird.
11Die Kläger behaupten, dass der Komplementär der Beklagten die Treuhandgesellschaft rechtlich und wirtschaftlich beherrsche. Auf der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2010 seien 49.518,329 Stimmen von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger vertreten worden. Die B4, die einen weitreichenden Geschäftsbetrieb habe, erwirtschafte auch Gewinne, die nicht auf den Betrieb der Gastronomie im B1 beruhen. Die Kläger sind der Ansicht, dass durch den Gesellschaftsvertrag i. V. m. dem Treuhandvertrag eine Umgehung des für den Komplementär geltenden Verbots Richter in eigener Sache zu sein, erreicht werde. Die Klauseln seien daher gemäß § 242 BGB unwirksam. Die Gesellschafterbeschlüsse seien nichtig, da der Treuhandkommanditist, der unstreitig an den Abstimmungen teilgenommen hat, einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs.4 GmbHG analog unterlegen habe. Jedenfalls seien die Beschlüsse nichtig, da Gesellschaftern zuvor – unstreitig – Auskunft verweigert worden ist.
12Die Kläger beantragen sinngemäß,
13festzustellen, dass § 6 Abs.1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten i. V. m. § 1 Ziff. 5 und § 2 Ziff. 1 des Treuhandvertrages nichtig ist, soweit der Treuhandkommanditist, die Treuhandgesellschaft K2, die Stimmrechte der nichterschienenen oder nichtvertretenen Gesellschafter der Beklagten auf Gesellschafterversammlungen ausübt sowie
14festzustellen, dass § 3 Ziff. 1 letzter Satz, § 9 Ziff. 1, letzter Satz, Ziff. 2 Satz 2 und § 23 Ziff. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten nichtig sind, soweit der Treuhandkommanditist, die Treuhandgesellschaft K2, bestimmt, wer neuer Komplementär wird sowie
15festzustellen, dass die auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 16.09.2009 getroffenen Beschlüsse zu Top 7, 8 und 9 nichtig sind sowie
16festzustellen, dass der auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 17.03.2010 getroffene Beschluss zu Top 3 nichtig ist.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagte behauptet, dass ein Weisungsrecht der K3 gegenüber der K2 nicht bestehe. Die alleinige Geschäftstätigkeit der B4 sei der Betrieb der im B2 gelegenen Nutzfläche. Auf der Gesellschafterversammlung vom 17.03.2010 habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger insgesamt nur Beteiligte mit insgesamt 18.018,459 Stimmen vertreten. Die Annahme des Mietverzichts sei – ohne Berücksichtigung von der Treuhandgesellschaft gemäß § 2 des Treuhandvertrages ausgeübten Stimmen – mit ca. 62 % der Stimmen beschlossen worden. Es habe insgesamt 36.917,412 Nein-Stimmen gegeben. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage schon unzulässig sei, da der Feststellungsantrag Bestimmungen des Treuhandvertrages zum Gegenstand habe und mithin das Rechtsverhältnis der Kläger zu einem Dritten betroffen sei. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, dass durch die Verweigerung der Auskunftserteilung gegenüber den Klägern des beigezogenen Verfahrens die Rechte der hiesigen Kläger nicht betroffen seien.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21Das Gericht hat die Akte des Landgerichts Aachen, Az.: 8 O 466/09 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
241.
25Die Klage ist zulässig, da das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist. Hierbei ist es irrelevant, dass die Beklagte nicht unmittelbarer Vertragspartner der Kläger geworden ist, da, wenn eine Publikumskommanditgesellschaft so organisiert ist, dass sich die Anleger nur mittelbar über einen Treuhänder an ihr beteiligen können, das zusammengehörende Bündel von Gesellschaftsvertrag und Treuhandabrede genauso der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterliegt, wie wenn eine unmittelbare Beteiligung der Anleger an der Publikumsgesellschaft ohne Zwischenschaltung des Treuhänders vorläge (vgl. hierzu ausführlich: BGH, Urt. v. 21.03.1988, Az.: II ZR 135/87). Vorliegend stand es den Klägern zwar frei, sich als Kommanditist im Handelsregister eintragen zu lassen; der Abschluss des Treuhandvertrages ist aber auch in diesem Fall notwendige Voraussetzung des Beitritts gewesen, so dass die Treuhandabrede nicht losgelöst von dem Gesellschaftsvertrag betrachtet werden kann und die von dem Bundesgerichthof entwickelten Grundsätze zur Anwendung gelangen. Die Kündigung des Treuhandvertrages durch die Kläger zu 1) und zu 2) hat keine Auswirkungen auf das vorliegende Feststellungsinteresse da die Kläger weiterhin Gesellschafter der Beklagten geblieben sind.
26Die Anfechtung der Gesellschafterbeschlüsse ist innerhalb der im Gesellschaftsvertrag (§ 14 Ziff. 9) geregelten Anfechtungsfrist von einem Monat erfolgt.
272.
28Die auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 16.09.2009 getroffenen Beschlüsse zu Top 7, 8 und 9 sind nichtig, da Gesellschaftern der Beklagten kurz vor der Gesellschafterversammlung zu Unrecht die Herausgabe einer Gesellschafterliste verwehrt worden ist.
29Die Beklagte ist gegenüber ihren Kommanditisten gemäß § 161 Abs.3 HGB zur Mitteilung der übrigen Treugeber verpflichtet. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 21.02.2011 (Az. 18 U 149/10) ist die Beklagte des hiesigen Verfahrens rechtskräftig verurteilt worden, an zwei Treugeber eine vollständige Liste sämtlicher Gesellschafter/Treugeber der Beklagten, eingetragen im Handelsregister des AG Düren zu HRA 1531, in elektronischer Form (EDV-Datei) oder in Papierform, die ausschließlich die Namen und Anschriften der Gesellschafter/Treugeber der Beklagten beinhaltet, herauszugeben. Es wird insoweit vollumfänglich auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (vgl. Bl. 515 ff. d. beigezogenen Akte), dem sich das Gericht für das hier vorliegende Prozessverhältnis anschließt, Bezug genommen. Dem Auskunftsbegehren zweier Gesellschafter war die Beklagte zuvor nicht nachgekommen und hatte mit Schreiben vom 17.07.2009 die Herausgabe einer solchen Gesellschafterliste verweigert.
30Die im Anschluss hieran ergangenen Gesellschafterbeschlüsse vom 16.09.2009 sind mithin nichtig, da durch die Verweigerung der Auskunft den Gesellschaftern die Möglichkeit genommen worden ist, im Vorfeld der Gesellschafterversammlung einen Meinungsaustausch durchzuführen und die Beschlüsse daher fehlerhaft zustande gekommen sind (vgl. LG Stuttgart, Urt. v. 15.06.2011, Az.: 9 O 283/10). Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere auch wegen der enormen finanziellen Bedeutung der Beschlüsse. So stand die Genehmigung eines Forderungsverzicht in erheblicher Größe (TOP 7) sowie die Entlastung derjenigen die diesen Verzicht gegenüber der B4 erklärt hatten (TOP 8 sowie TOP 9) im Raum. Die Kläger des hiesigen Verfahrens haben sich - ebenso wie die Kläger des Verfahrens LG Aachen, Az.: 8 O 466/09 - der „Schutzgemeinschaft der B5“ angeschlossen und haben schon im Verlaufe der Gesellschafterversammlung vom 16.09.2009 beabsichtigt, die nunmehr angefochtenen Beschlüsse zu Fall zu bringen. Bei Kenntnis der Namen und Anschriften der übrigen Anleger wäre es möglich gewesen, diesen im Vorfeld der Gesellschafterversammlung die eigenen Auffassungen und Argumente darzulegen und so möglicherweise ein Umdenken bei diesen zu bewirken. Die Verweigerung der begehrten Auskunft führt zu einer Beeinträchtigung des Meinungsbildungsprozesses, so dass ein Legitimationsdefizit vorliegt und die getroffenen Beschlüsse nichtig sind (vgl. OLG München, Urt. v. 29.10.2009, Az.: 23 U 1622/09).
31Es ist in den Kernbereich der Informations- und Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter eingegriffen worden. Unerheblich ist hierbei, dass nicht die Kläger des hiesigen Verfahrens die Auskunft begehrt haben, da sich jeder Gesellschafter jederzeit auf die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen berufen kann (vgl. hierzu: Weipert in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 3. Aufl., 2009, § 14 Rdnr. 130 m.w.N.). Jeder einzelne Anleger ist von der Verweigerung der Auskunft betroffen, da ggf. ein Umdenken bei einigen Treugebern stattgefunden hätte und somit die Beschlüsse anders hätten ausfallen können. Auch den Klägern ist ein Meinungsaustausch mit den übrigen Treugebern nicht möglich gewesen. Ein Meinungsaustausch auf der Gesellschafterversammlung selbst ersetzt nicht den einer Gesellschafterversammlung vorausgehenden Dialog, da es nur in diesem möglich ist passive Treugeber zu einem anderen Abstimmungsverhalten zu bewegen. Darüber hinaus ergibt sich der Eingriff in die Rechte der hiesigen Kläger auch daraus, dass sie – wie dargelegt – ebenfalls der „Schutzgemeinschaft der B5“ angehören und daher mit in den Schutzbereich der von den Eheleuten S im Verfahren LG Aachen, Az.: 8 O 466/09, geltend gemachten Rechte fallen. Es kann der Schutzgemeinschaft schon aus Kostengesichtspunkten nicht zugemutet werden für jeden einzelnen Anleger ein gesondertes Auskunftsrecht geltend zu machen.
32Die durch die Beklagte vereitelte Möglichkeit des Meinungsaustauschs ist auch kausal für die Beschlussergebnisse gewesen. Es ist seitens der Beklagten nicht dargelegt worden, dass die Beschlüsse durch die Kläger nicht hätten beeinflusst werden können. Die Kausalität wäre nur dann zu verneinen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Beschlüsse bei ordnungsgemäßer Durchführung der Versammlung ebenfalls zustande gekommen wären. Insoweit muss die Möglichkeit, dass das Beschlussergebnis hätte beeinflusst werden können, nicht nur unwahrscheinlich sein, sondern bei vernünftiger Betrachtung ausgeschlossen sein (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1983, Az.: II ZR 213/82 m.w.N.). Die Kläger haben vorliegend auch dargelegt, dass sie bzw. die „Schutzgemeinschaft der B5“ die übrigen Treugeber angeschrieben hätten, so dass gerade nicht auszuschließen ist, dass sich andere Treugeber der Auffassung der Kläger angeschlossen hätten und ihr Abstimmungsverhalten geändert hätten.
33Aus den dargelegten Gründen sind die Beschlüsse nichtig und es kann dahinstehen, ob auch andere Nichtigkeitsgründe gegeben sind.
343.
35Der auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17.03.2010 getroffene Beschluss zu Top 3 ist aus den dargelegten Gründen ebenfalls nichtig. Das Verfahren vor dem Landgericht Aachen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen und die begehrte Auskunft noch nicht erteilt, so dass das die fehlende Möglichkeit des Meinungsaustausches auch bei der folgenden – außerordentlichen - Gesellschafterversammlung unverändert fortbestanden hat. Es ist nicht erforderlich gewesen erneut die Herausgabe der Namen und Adressen der Gesellschafter/Treugeber zu verlangen, da die die Beklagte in dem unter dem Aktenzeichen 8 O 466/09 geführten Rechtsstreit durchgehend deutlich gemacht hat, dass sie zu der Herausgabe nicht bereit sei. Gegenstand des Beschlusses ist erneut der Verzicht auf erhebliche Mieteinnahmen gewesen, so dass dem Beschluss ebenfalls eine erhebliche finanzielle Bedeutung zugekommen ist.
364.
37§ 6 Abs.1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten i.V.m. § 1 Ziff. 5 und § 2 Ziff. 1 des Treuhandvertrages ist nicht nichtig.
38Grundsätzlich unterliegt der Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 242 BGB, da das wesentlichen Merkmal der Publikumsgesellschaft darin zu sehen ist, dass sie auf die Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl erst noch zu werbender Gesellschafter angelegt ist, die sich nur kapitalistisch an ihr beteiligen und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt werden (vgl. BGH, Urt. v. 21.03.1988, Az.: II ZR 135/87). Aus der unabdingbar vorgegebenen Voraussetzung einen Treuhandvertrag abzuschließen, ergibt sich, dass sich die gerichtliche Inhaltskontrolle neben dem Gesellschaftsvertrag auch auf den Treuhandvertrag bezieht. Die angegriffenen Regelungen halten aber – soweit der Treuhandkommanditist, die Treuhandgesellschaft K2, die Stimmrechte der nichterschienenen oder nichtvertretenen Gesellschafter der Beklagten auf Gesellschafterversammlungen ausübt - der Inhaltskontrolle stand.
39Eine Konstellation in der der Komplementär einer Publikums-KG eine tatsächliche Einflussnahme auf die Treuhandgesellschaft hat und die Treuhandgesellschaft gleichzeitig berechtigt ist, die Stimmen der nichterschienenen und nichtvertretenen Gesellschafter auszuüben, führt nach Auffassung des Gerichts dazu, dass der Komplementär die KG faktisch beherrscht und ist mithin gemäß § 242 BGB unzulässig. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Komplementär direkt zur Stimmabgabe für die nichterschienenen und nichtvertretenen Gesellschafter, oder ob die Stimmabgabe von dem Komplementär über eine Beteiligungsgesellschaft gelenkt wird. Das tatsächliche Ergebnis – die faktische Beherrschung der KG durch den Komplementär – ist identisch.
40Es ist aber nicht ersichtlich, dass eine solche Konstellation vorliegend gegeben ist. Die Treuhandgesellschaft wurde – zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – nicht von dem Komplementär der Beklagten rechtlich und wirtschaftlich beherrscht. Als Urteilsgrundlage ist der Prozessstoff zum Zeitpunkt des Schluss der mündlichen Verhandlung maßgebend (vgl. Vollkommer in: Zöller, 28. Aufl., 2010, § 300 Rdnr. 3 m.w.N.). Unstreitig ist der Komplementär der Beklagten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung weder Geschäftsführer noch Mehrheitsgesellschafter der K3 gewesen. Am 15.03.2010 sind 80% der Anteile der K3 an Herrn N verkauft worden. Am gleichen Tag ist dieser zum Geschäftsführer der K3 ernannt worden und der Komplementär der Beklagten als Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft abberufen worden. Eine rechtliche Einflussmöglichkeit des Herrn K1 auf die Beteiligungsgesellschaft - und damit auch auf die Treuhandgesellschaft – ist, jedenfalls seit dem 15.03.2010, nicht gegeben. Auch eine tatsächliche Einflussmöglichkeit ist seitens der Kläger nicht substantiiert vorgetragen worden. Alleine der Umstand, dass es sich bei dem nunmehrigen Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft, Herrn N, um einen engen Bekannten des Herrn K1 handelt, lässt nicht – ohne weitere Anhaltspunkte - auf eine Einflussmöglichkeit schließen. Auch der Umstand, dass in dem Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft weiterhin unter § 5 Abs.3 geregelt ist, dass der „Geschäftsführer K1 (…) uneingeschränkt ermächtigt (ist), im Namen der Gesellschaft mit sich selbst im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen“, lässt nicht den Rückschluss auf eine Einflussnahme oder Beherrschung zu. Solange der Komplementär der Beklagten nicht Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft ist, ist diese Regelung gegenstandslos und hat keine rechtlichen Auswirkungen. Auch alleine die Gefahr bzw. Möglichkeit, dass Herr K1 nach Rechtskraft erneut Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft werden könnte und somit eventuell Einflussnahme auf die Treuhandgesellschaft nehmen könnte, führt nicht zur Nichtigkeit der Regelungen des Gesellschaftsvertrages und des Treuhandvertrages. Die gewählte rechtliche Konstellation, dass die Treuhandgesellschaft eine Beteiligungsgesellschaft mbH als einzigen Gesellschafter hat, ist an sich unproblematisch. Solange der Komplementär der Beklagten einen geringen Teil an der Beteiligungsgesellschaft hält, ist eine Einflussnahme gerade nicht zu befürchten. Die Ausgestaltung der gesellschaftrechtlichen Regelung mag bis zum 15.03.2010 unzulässig gewesen sein und gegen § 242 BGB verstoßen haben; dies ändert aber nichts daran, dass die gesellschaftsvertraglichen Regelungen selbst nicht zu beanstanden sind.
41Es ist zulässig, dass eine Treuhandgesellschaft – die nicht von dem Komplementär beherrscht wird - die Stimmrechte für die nicht erschienen und nichtvertretenen Gesellschafter ausübt. Den Treugebern steht es frei ihr Stimmrecht bei der Gesellschafterversammlung selbst auszuüben abzugeben sowie sich durch den Treugeber oder einen Dritten vertreten zu lassen. Soweit die Treugeber hiervon nicht Gebrauch machen haben sie dem Treuhänder vertraglich die Vollmacht erteilt, das Stimmrecht auszuüben (vgl. § 1 Ziff. 5 des Treuhandvertrages). Eine solche Regelung ist im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässig und nicht zu beanstanden. Auch steht es jedem einzelnen Treugeber frei jederzeit den Treuhandvertrag zu kündigen und sich als Kommanditist im Handelsregister eintragen zu lassen. Die Treugeber haben mithin eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten; einer dieser Handlungsmöglichkeiten ist es, sich auf der Gesellschafterversammlung von dem Treugeber vertreten zu lassen, so dass dieser - entsprechend der vorherigen Empfehlung – das Stimmrecht ausübt. Die Ausgestaltung der Verträge verstößt nicht gegen § 242 BGB, da das Stimmrecht nicht automatisch an die Treuhänderin fällt, sondern vertraglich bevollmächtigt worden ist. Dass es insoweit keiner schriftlichen Vollmacht bedarf, ergibt sich schon als Gegenschluss aus § 12 Ziff.5 des Gesellschaftsvertrages.
425.
43Auch § 3 Ziff. 1 letzter Satz, § 9 Ziff. 1, letzter Satz, Ziff. 2 Satz 2 und § 23 Ziff. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten sind nicht nichtig.
44Aus den oben dargelegten Gründen kann zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht davon ausgegangen werden, dass der Komplementär der Beklagten bei seinem Ausscheiden Einfluss darauf hat, wer der ihm nachfolgende Komplementär wird. Die in dem Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen beinhaltet darüber hinaus – entgegen der Auffassung der Kläger – gerade keine unbefristete Aufnahmeregellung. Vielmehr ergibt sich aus § 23 Ziff. 3 i. V. m. § 3 Ziff.1 des Gesellschaftsvertrages, dass der Treuhandgesellschaft nur die Befugnis eingeräumt wird bis zur nächsten Gesellschaftsversammlung einen Komplementär zu bestimmen. Durch diese Regelung wird – in nicht zu beanstandener Weise – die Kommanditgesellschaft bis zur nächsten Gesellschafterversammlung i. S. d. § 12 des Gesellschaftsvertrages fortgeführt. Den Treugebern ist es möglich eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, so dass die Zeit bis zur Wahl eines neuen Komplementärs nicht zu lang bemessen ist.
456.
46Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 709 ZPO.
47Streitwert: bis zum 20.05.2010: 50.000,- €
481. Feststellungsantrag: 20.000,- €
493. Feststellungsantrag: 30.000,- €
50danach: 70.000,- €
512. Feststellungantrag: 10.000,- €
524. Feststellungantrag: 10.000,- €
53H |
||
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.