Urteil vom Landgericht Aachen - 9 O 150/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von Versicherungsprämien.
3Die Parteien waren durch drei Lebensversicherungsverträge miteinander verbunden.
4- 5
Den Vertrag mit der Vertragsnummer XXXXXXXXX (im Folgenden: Vertrag Nr. 93) schlossen die Parteien aufgrund des Antrags des Klägers vom 16.04.1997 mit Wirkung zum 01.07.1997. Die Beitragszahlung sollte zum 30.06.2036 enden. Der Beitrag belief sich auf monatlich 200 DM (entspricht 102,26 €). Den Versicherungsschein vom 06.06.1996 übersandte die Beklagte mit einem Begleitschreiben gleichen Datums an den Kläger. Unstreitig waren dem Versicherungsschein die Allgemeine Versicherungsbedingungen AVB KL 04.97 und die zum Vertrag gehörenden Verbraucherinformationen der Beklagten beigefügt.
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Der Vertrag mit der Vertragsnummer XXXXXXXXX (im Folgenden: Vertrag Nr. 38) gründet auf dem Antrag des Klägers vom 05.08.1997. Die Laufzeit des Vertrages war vom 01.09.1997 bis zum 31.05.2015 vereinbart. Der Beitrag sollte monatlich 100 DM (entspricht 51,13 €) betragen. Mit Begleitschreiben vom 06.06.1996 übersandte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschein gleichen Datums . Hinsichtlich dieses Vertrages ist streitig, ob der Kläger entgegen seinem eigenhängig unterzeichneten Empfangsbekenntnis im Antragsformular die Allgemeine Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen erhalten hat. Der Kläger bezieht sich insofern auf Seite 5 des Versicherungsscheins, wonach die Allgemeine Versicherungsbedingungen der Beklagten zum vertragsgegenständlichen Tarif 1FL60 erst zusammen mit dem Versicherungsschein übersandt worden sein sollen
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Den Vertrag mit der Vertragsnummer XXXXXXXXX (im Folgenden: Vertrag Nr. 36) schlossen die Parteien aufgrund des Antrags des Klägers vom 13.07.1999 mit Wirkung zum 01.09.1999. Die Pflicht des Klägers zur Zahlung des monatlichen Beitrags von 600 DM (entspricht 306,38 €) sollte zum 31.08.2032 enden. Den Versicherungsschein vom 18.08.1999 übersandte die Beklagte mit einem Begleitschreiben gleichen Datums an den Kläger. Auch hier macht der Kläger entgegen seinem Empfangsbekenntnis auf dem Antragsformular geltend, die Versicherungsunterlagen nicht bereits mit dem Antragsformular, sondern erst mit dem Versicherungsschein erhalten zu haben.
Der Antrag zum Vertrag Nr. 93 enthält auf der letzten Seite unmittelbar über der Unterschriftenzeile eine Belehrungen folgenden Inhalts
9„Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins vom Versicherungsvertrag zurücktreten oder ihm widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung oder des Widerspruchs.“
10Die vom Kläger unterzeichneten Antragsformulare zu den Verträgen Nr. 38 und Nr. 36 enthalten jeweils auf der letzten Seite unmittelbar über der Unterschriftenzeile identische Belehrungen über ein Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers. Diese Belehrungen lauten:
11„Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung.“
12Der Kläger kündigte alle drei Verträge im Mai bzw. November 2005, woraufhin die Beklagte die Verträge abrechnete und an den Kläger die Rückkaufwerte in Höhe von insgesamt 23.686,91 € auszahlte. Mit drei anwaltlichen Schreiben vom 14.12.2009 widersprach der Kläger ungeachtet der zuvor ausgesprochenen Kündigungen allen drei Verträgen. Der Bevollmächtigte des Klägers forderte die Beklagte auf, die Differenz zwischen den jeweiligen Rückkaufswert und den jeweils geleisteten Prämien zu zahlen zuzüglich Zinsen. Daraus ergibt sich folgende Gesamtabrechnung der drei Verträge:
13Summe aller eingezahlten Prämien 38.104,19 €abzgl. Rückkaufswert 23.686,91 €Differenz 14.417,28 €zzgl. Zinsen auf alle Prämien 22.897,85 €Klageforderung 37.315,13 €
14Der Kläger ist der Ansicht, alle Verträge seien nach dem sogenannten Policenmodel zustande gekommen. Die Beklagte sei verpflichtet, sämtliche auf die Verträge gezahlten Beiträge (Prämien) zurückzuzahlen, weil die Verträge (von Anfang an) nicht wirksam zustande gekommen seien. Dies folge aus der Unvereinbarkeit der nach Maßgabe von § 5 a VVG a.F. durchgeführten Vertragsschlüsse mit gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. § 5 a VVG a.F. gestatte, dass allgemeine Versicherungsbedingungen und sonstige Vertragsinformationen erst mit der Annahme eines Angebots des Versicherungsnehmers durch den Versicherer übermittelt und zum Gegenstand des Versicherungsvertrages gemacht werden. Wolle sich der Versicherungsnehmer auf die ihm jetzt erst bekannt gemachten Inhalte nicht einlassen, sei er gezwungen, den Versicherungsvertrag innerhalb der von § 5 a VVG a.F. bestimmten Fristen zu widerrufen. Dies verstoße gegen Artt. 35, 36 der sogenannten "Lebensversicherungsrichtlinie" vom 05.11.2002 in Verbindung mit deren Anhang III, die vorschrieben, dass dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages u.a. die Modalitäten der Ausübung des Widerrufs- und Rücktrittsrechts mitzuteilen seien. Durch § 5 a Abs. 1 VVG werde bewirkt, dass der Versicherungsnehmer dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages binnen einer Frist von 14 Tagen widersprechen müsse, nachdem er erfahren habe, dass der Vertrag abgeschlossen worden sei. Schon der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht führe dazu, dass ein nach dem Policen-Modell geschlossene Vertrag von Anfang an unwirksam sei.
15Die (rückwirkende) Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages ergebe sich jedenfalls daraus, dass - ungeachtet des Ablaufs aller in § 5 a VVG a.F. genannten Fristen - den Versicherungsverträgen durch die Rechtsanwaltsschreiben vom 14.12.2009 widersprochen worden sei. Die Versäumung der Frist von einem Jahr nach Zahlung der ersten Prämie nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. sei ebenfalls im Hinblick auf den Verstoß gegen die dem nationalen Recht vorrangige Regelung in Art. 36 Abs. 1 der Lebensversicherungsrichtlinie irrelevant. Über dieses Rücktrittsrecht müsse der Versicherungsnehmer belehrt werden. Ohne eine vor Vertragsschluss erfolgte entsprechende Belehrung über das Widerspruchsrecht begännen die Widerspruchsfristen nach § 5 a VVG a.F. nicht zu laufen mit der Folge, dass der Widerspruch zeitlich unbefristet ausgeübt werden könne.
16Schließlich vertritt der Kläger die Auffassung, ihm stehe nach Maßgabe der sogenannten „Kickback“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen die Beklagte gemäß § 280 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe der geleisteten Prämien zu. Die Beklagte habe ihn als Verbraucher beim Vertragsschluss nicht darüber informiert, dass sie von den Fonds, in die sie die Prämien der Versicherungsnehmer investiere, Rückvergütungen (sog. Kick-backs) erhalte. Dadurch sei es ihm (dem Kläger) bei Vertragsschluss nicht möglich gewesen zu überblicken, in welchem Umfang durch derartige Rückvergütungen das Eigeninteresse der Beklagten am Vertragsschluss beeinflusst worden sein mag. Die zu Aktienfonds und Medienfonds ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auf Versicherungsprodukte entsprechend anwendbar. Entsprechend der Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens im Falle einer Aufklärung sei davon auszugehen, dass der Versicherungsvertrag nicht geschlossen worden wäre und daher Prämien nicht gezahlt worden wären.
17Der Kläger beantragt,
181. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 37.315,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
192. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 2.063,22 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
20Der Kläger regt - unter Konkretisierung von Fragestellungen - hilfsweise an,
21die Sache gemäß Art 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte hält die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge für anfänglich wirksam. Sie vertritt die Ansicht, die mit den Schreiben vom 14.12.2009 erklärten Widersprüche seien gemäß § 5 a VVG a.F., der nicht gegen Europarecht verstoße, verfristet. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Pflicht zur Aufklärung über Prämienrückvergütungen bestehe nicht. Die sog. Kick-back-Rechtsprechung zum Kapitalanlagerecht lasse sich auf Versicherungsprodukte nicht übertragen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Parteivorbringens zur Tatsachen- und Rechtslage wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27I.
28Die zulässige Klage ist unbegründet.
291. Antrag zu 1 (Rückforderung von Prämien nebst Zinsen)
30Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Rückzahlung von Prämien und Zinsleistungen in Höhe von insgesamt 37.315,13 €.
31a) Anspruch auf Rückzahlung von Prämien
32aa) Ein Anspruch auf Rückzahlung von Prämien ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Die Prämien sind stets und dauerhaft mit Rechtsgrund gezahlt worden. Die hier in Rede stehende Versicherungsverträge ist weder ipso iure wegen Verstoßes gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, noch wegen fristgerechter Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 5 a Abs. 1 VVG a.F. (von Anfang) unwirksam gewesen.
33Die streitgegenständlichen Versicherungsverträge waren nicht von Anfang an wegen Verstoßes gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, namentlich wegen Verstoßes gegen Art. 36 der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.11.2002 über Lebensversicherungen (im Folgenden: Richtlinie 2002/83/EG) in Verbindung mit deren Anhang III unwirksam. Die genannten Bestimmungen schreiben vor, dass dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages u.a. die Modalitäten der Ausübung des Widerrufs- und Rücktrittsrechts mitzuteilen sind.
34(1) Auch ein nach Maßgabe von § 5 a VVG a.F. nach dem sogenannten Policenmodell bewirkter Vertragsschluss wird der Zielsetzung der Richtlinie 2002/83/EG gerecht. Nach § 5 a Abs. 1 (S. 2), Abs. 2 S. 1 VVG a.F. gilt ein Lebensversicherungsvertrag auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers und seiner weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, sofern der - entsprechend belehrte - Versicherungsnehmer dem Vertrag nicht binnen 14 Tagen nach Überlassung der Klauselwerke widerspricht. Die Zielsetzung von Art. 36 der Richtlinie 2002/83/EG, den Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss über die Versicherungsbedingungen zu unterrichten, wird auch durch einen Vertragsschluss nach dem Policenmodell erreicht. Denn nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum, der die Kammer folgt, ist der Vertrag bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist schwebend unwirksam (OLG Köln VuR kompakt 2010, 181; OLG Frankfurt VersR 2005, 631; OLG Düsseldorf VersR 2001, 837; Prölss, in: Prölss/Martin, 27. Aufl. 2004, § 5 a Rn. 9; Römer, in: Römer/Langheid, 2. Aufl. 2003, § 5 a Rn. 24; Schwintowski, in: Berliner Kommentar zum VVG, 1999, § 5 a Rn. 78; jeweils m.w.N.). Der Vertrag kommt entsprechend § 184 Abs. 1 BGB rückwirkend zustande, wenn der Versicherungsnehmer ihm nicht innerhalb der Widerspruchsfrist widerspricht (Prölss, a.a.O., § 5 a Rn. 10; Römer, a.a.O., § 5 a Rn. 25 m.w.N.). Da die Widerspruchsfrist erst mit Übermittlung der Verbraucherinformation zu laufen beginnt, gewährleistet das Policenmodell, dass der Versicherungsnehmer an seine mit dem Versicherungsantrag abgegebene Willenserklärung erst nach Übermittlung der Verbraucherinformation gebunden ist. Das Ziel der Richtlinien ist somit auch beim Vertragsschluss nach § 5 a VVG a.F. erreicht (Prölss, a.a.O., § 5 a Rn. 7; Lorenz, VersR 1995, 616).
35(2) Ohne Bedeutung ist, ob der Kläger über das Widerspruchsrecht nach § 5 a Abs. 1 VVG a.F. überhaupt und gegebenenfalls zutreffend belehrt worden ist. Bei unterbliebener oder fehlerhafter Belehrungen verfristet das Widerspruchsrecht mit Ablauf der in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. normierten Ausschlussfrist von einem Jahr nach Zahlung der ersten Prämie. Damit wurden die hier in Rede stehenden Verträge in den Jahren 1998 bzw. 2000 rückwirkend wirksam. Die erst in 2009 erklärten Widersprüche kamen damit mehrere Jahre zu spät.
36Zwar ist ein nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. begründeter Vertragsschluss mit dem Inhalt von Art. 36 der Richtlinie 2002/83/EG nicht in Einklang zu bringen. Gleichwohl ist von der rechtlichen Maßgeblichkeit von § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. im vorliegenden Fall auszugehen.
37(a) Zweifelhaft ist bereits, ob den Richtlinien, auf die sich der Kläger beruft, eine horizontale Direktwirkung zwischen Privatrechtssubjekten zukommt. Grundsätzlich sind europäische Richtlinien zwischen Privatpersonen nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen einer Umsetzung in nationales Recht. Insofern sieht Art. 249 Abs. 3 EGV bzw. Art. 288 Abs. 3 AEUV ein zweistufiges Rechtssetzungsverfahren vor. Zwar erkennt der EuGH in ständiger Rechtsprechung eine unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinienbestimmungen in eng begrenzten Ausnahmefällen – insbesondere auch im Falle der nur unzulänglichen Umsetzung einer Richtlinie – an. Das bei § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG aber nicht der Fall. Dazu müsste die Richtlinienbestimmung inhaltlich unbedingt und genau gefasst sein. Die hier in Rede stehenden Richtlinienbestimmungen besagen jedoch nur, dass dem Verbraucher vor Vertragsschluss Informationen zu übermitteln sind. Sie regeln jedoch nicht, welche Rechtsfolgen die unterbliebene Übermittlung nach sich zieht. Für eine Regelung wie § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. ist daher Raum.
38(b) Im übrigen darf nach dem Kontext, in dem Art. 36 der Richtlinie 2002/83/EG steht, angenommen werden, dass durch diese Regelung den Mitgliedstaaten keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht gemacht werden sollten, sondern lediglich Vorgaben für die Regelung der Versicherungsaufsicht. Die Zielsetzung der Richtlinie 2002/83/EG wird in den ihr vorangestellten Erwägungen dahin formuliert, dass Unterschiede zwischen dem Aufsichtsrecht der verschiedenen Mitgliedsstaaten beseitigt werden sollen (vergleiche Erwägung 2 der Richtlinie 2002/83/EG). Ferner ergibt sich aus Erwägung 44, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarktes im Versicherungssektor sein soll. Die den Mitgliedstaaten gelassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmensverpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, soll eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer darstellen. Diesen Vorgaben für die Regelung der Versicherungsaufsicht hat der Gesetzgeber durch die Umsetzung in § 10 a VAG Genüge getan (Oberlandesgericht Köln VuR kompakt 2010, 181, Oberlandesgericht Frankfurt VersR 2005, 631).
39(3) Nach alledem bestehen gegen ein wirksames Zustandekommen des Versicherungsvertrages keine europarechtlichen Bedenken.
40bb) Ein Anspruch des Klägers auf Prämienrückzahlung ergibt sich auch nicht als Schadensersatzforderung gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB.
41Ein solcher Anspruch kann nicht mit Erfolg auf pflichtwidriges Verschweigen von Rückvergütungen der den Lebensversicherungsverträgen wirtschaftlich zugrunde liegenden Fonds (sog. „Kick-Back“-Zahlungen) gestützt werden. Die Beklagte war gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet, ihn vor dem Vertragsschluss über derartige Kick-Backs zu unterrichten. Zu Unrecht geht der Kläger davon aus, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kick-Back-Zahlungen bei Fondsanlagevermittlungen auf Versicherungsprodukte entsprechend anwendbar ist. Nach dieser Rechtsprechung muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält (BGH NJW 2007, 1876). Verletzt die Bank diese Aufklärungspflicht, macht sie sich gegenüber dem Anleger schadensersatzpflichtig. Diese Grundsätze sind jedoch auf den Abschluss fondsgebundener Lebensversicherungen nicht anwendbar (LG Köln v. 7.7.2010, 26 O 609/09 - juris -). Wenngleich der Kunde beim Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung durch die Auswahl des mit dem Vertrag verbundenen Investmentfonds auf die Ausgestaltung seiner Vermögensanlage Einfluss nehmen kann, schließt er ausschließlich einen Vertrag mit dem Versicherer ab. Vermittelt dagegen ein Finanzdienstleister einen Investmentfonds, wird die Kapitalanlagegesellschaft zum Vertragspartner des Kunden, der selbst Fondsanteile erwirbt. Der Kunde hat in diesem Fall ein Interesse an der Offenlegung etwaiger Kick-Back-Zahlungen, um entscheiden zu können, ob das angebotene Produkt tatsächlich seinem Interesse dient oder dem Interesse der Bank an einer hohen Rückvergütung.
42b) Mangels Hauptanspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von bereits kapitalisierten Zinsen bzw. als Nebenforderung der Ansprüche auf Prämienrückforderung in Höhe von 7 % dem 05.01.2010 geltend gemachten Zinsen zu.
432. Antrage zu 2 (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten)
44Mangels vorgerichtlich geltend zu machenden Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
45II.
46Das erkennende Gericht sieht sich aus den genannten Gründen nicht dazu veranlasst, entsprechend der Anregung des Klägers das Verfahren gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV auszusetzen und die vom Kläger in seinem Antrag gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen. Als erstinstanzliches Gericht ist es hierzu gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV auch nicht verpflichtet.
47III.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sowie auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
49IV.
50Der Streitwert wird auf 37.315,13 € festgesetzt.
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Referenzen
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