Urteil vom Landgericht Aachen - 1O 541/11
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 15.509,92 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2012 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des bei der Beklagten abgeschlossenen obligatorischen Darlehensvertrages über einen Nennbetrag in Höhe von 16.380,- € zu einem Nominalzinssatz von 4,20 % bei einer Laufzeit bis zum 20.12.2012 freizustellen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N1 im Nennwert von 35.000,- € resultieren und die ohne die Zeichnung nicht eingetreten wären (negatives Interesse).
4. Die Verurteilung gemäß den Anträgen 1 – 3 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebotes des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N1 im Nennwert von 35.000,- € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückabwicklung eines Kapitalanlagevertrages und eines Darlehensvertrages aufgrund Widerrufs, hilfsweise Schadensersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten aus einem Darlehensverhältnis sowie wegen Prospektfehlern im Rahmen eines Kapitalanlage-Beratungsvertrags.
3Der Kläger zeichnete am 02.12.2004 einen Anteil an dem N2 - im Folgenden „N2“ - in Höhe von 35.000,- €, der ihm von einem selbständigen Finanzberater vermittelt worden war. Ein Teilbetrag der Einlage in Höhe von 16.380,- € wurde durch die Beklagte finanziert, was bereits Teil des gesamten Anlagekonzepts war. Der Kläger zahlte die restliche Zeichnungssumme zzgl. Agio in Höhe von 1 % des Eigenanteils, insgesamt 19.178,50 €, aus seinem Eigenkapital an die Fondsgesellschaft.
4In der „Beitrittvereinbarung/Darlehensvertrag“ heißt es auf Seite 3 oben, linke Spalte:
5„Gesetzliches Widerrufsrecht
6Maßgeblicher Bestandteil dieses Zeichnungsscheins sind die Belehrungen über ein etwaiges gesetzliches Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht besteht nur unter den im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen; ein vertraglich begründetes Widerrufsrecht besteht nicht.
7(…)
8Empfangsbestätigung
9Ich bestätige, die Vertragsunterlagen inkl. Beteiligungsprospekt sowie die beiden Widerrufsbelehrungen erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben.
10(Unterschrift des Klägers)“
11Die Widerrufsbelehrungen befinden sich auf Seite 105 des Fondsprospekts und sind mit „Widerrufsbelehrung – Muster –„ überschrieben. Darin heißt es:
12„Widerrufsbelehrung Nr. 1 zur Beitrittsvereinbarung (…)
13Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung des Widerrufs genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
14B
15Fax: (..) Email: (..)
16Die B handelt als Empfangsvertreter für die N1“
17Daneben befindet sich eine Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag (Anlage K 2, Bl. 82 d. A.; Anlage B 14).
18Der Prospekt wurde dem Kläger übergeben. Weitere Widerrufsbelehrungen wurden nicht erteilt.
192005 und 2010 erhielt der Kläger Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 3.668,58 €.
20Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Juli 2011 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages und forderte die Beklagte auf, der Rückabwicklung zuzustimmen und ihre Schadensersatzpflicht aufgrund Pflichtverletzung anzuerkennen.
21Die Beklagte ist die 100 %-ige Tochter der M. Diese ist wiederum zu 50 % an der Emittentin des Fonds, der I , beteiligt.
22Bei der Fondskonstruktion sollte die Beklagte einen Teil der Lizenzzahlungen durch einen „Schuldbeitritt“ absichern. Hierdurch sollte das Risiko der Anleger auf 25 % der Kommanditeinlage begrenzt werden. Der Prospekt ging dabei davon aus, dass die Anleger die Einlage gem. § 15a EStG steuerlich absetzen konnten und Einnahmen als solche aus einem Gewerbebetrieb zu versteuern hatten (§ 15 EStG). Zum damaligen Zeitpunkt wurden die Verluste der Anleger auch wie gewünscht anerkannt. Zwischenzeitlich hat es bzgl. eines anderen Medienfonds durch die Finanzverwaltung München eine geänderte Rechtsauffassung dahin gegeben, dass aufgrund der von einer Bank gewährten „Garantie“ keine Verluste anzuerkennen seien, weshalb der Kläger nunmehr befürchtet, dass bereits gewährte Steuervorteile nachträglich aberkannt werden können. Das Finanzgericht München ist in erster Instanz der geänderten Auffassung der Finanzverwaltung zu diesem Fonds nicht gefolgt. Das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
23Der Kläger stützt sein Rückabwicklungsbegehren auf den erklärten Widerruf und meint hierzu, dass die Belehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt und die Widerrufsfrist daher nicht abgelaufen sei. Die Belehrung sei zum Einen irreführend hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist und des Widerrufsadressaten. Außerdem sei die Belehrung, die sich auf Seite 105 des Prospekts befindet, schlecht auffindbar gewesen und hebe sich drucktechnisch auch nicht von den sonstigen Passagen des Prospekts ab. Die Empfangsbestätigung im Zeichnungsschein (bezogen auf die Belehrung) sei unwirksam.
24Hinsichtlich des geltend gemachten Rückabwicklungsanspruchs als Schadensersatz vertritt der Kläger die Auffassung, die Beklagte habe ihm gegenüber aufgrund eines konkreten Wissensvorsprungs eine Aufklärungspflicht gehabt, da sie nicht allein Kreditgeberin gewesen sei, sondern aufgrund ihrer personellen Verflechtung mit der Emittentin und der Tatsache, dass sie an der Fondskonstruktion auch durch den „Schuldbeitritt“ beteiligt war, quasi als Partei des finanzierten Geschäfts anzusehen sei. Sie sei selbst in die Planung des Anlagemodells einbezogen gewesen.
25Da die spezielle Konstruktion des Fonds aber zu besonders hohen Risiken für die Anleger geführt habe, weil der „Schuldbeitritt“ eben aus den Anlegergeldern habe finanziert werden müssen, weshalb überhaupt nur 20 % des Kommanditkapitals für die Filmproduktion verwendet worden seien, 80 % hingegen direkt an die Beklagte überwiesen worden seien, habe hierüber eine Aufklärung erfolgen müssen. Ebenso habe die Beklagte gewusst, dass die Fondskonstruktion steuerrechtlich noch gar nicht gesichert gewesen sei, weshalb auch darüber habe aufgeklärt werden müssen, dass steuerliche Vorteile evtl. gar nicht (endgültig) gegeben sind.
26Des Weiteren vertritt der Kläger die Ansicht, dass der Prospekt fehlerhaft sei, weil auf Seite 15 angegeben sei, dass im worst case der Anleger ein maximales Verlustrisiko von 25 % der Kommanditeinlage inkl. Agio nach Steuern habe. Das Totalverlustrisiko sei verschleiert worden. Die Kosten für den Schuldbeitritt seien nicht ausgewiesen. Zu den steuerlichen Aspekten verschweige der Prospekt das Risiko, dass die Verluste nicht anerkannt würden.
27Der Kläger beantragt,
28die Beklagte zu verurteilen,
291. an den Kläger 15.509,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit dem 02.12.2004 bis zur Rechtshängigkeit und ab Rechtshängigkeit Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
302. den Kläger von allen Verbindlichkeiten bezüglich des bei der Beklagten abgeschlossenen obligatorischen Darlehensvertrages über einen Nennbetrag in Höhe von 16.380,- € zu einem Nominalzinssatz von 4,20 % mit einer Laufzeit bis zum 20.12.2012 freizustellen;
313. den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 35.000,- € resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären.
324. Die Verurteilung gemäß den Anträgen 1. - 3. erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger Am 02.12.2004 gezeichneten N2 im Nennwert von 35.000,- € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte,
33hilfsweise
34Die Verurteilung gemäß den Anträgen 1. – 3. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 35.000,- € an die Beklagte.
353. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung hinsichtlich der vom Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 35.000,- € sowie der Annahme der Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet,
36hilfsweise
37Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der vom Kläger am 02.12.2004 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 35.000,- € in Verzug befindet.
384. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.999,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2011 an den Kläger zu zahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie vertritt die Auffassung, der Widerruf sei verfristet und der Inhalt des Prospekts sei fehlerfrei und nicht zu beanstanden. Eine Aufklärungspflicht sei mangels überlegener Kenntnis nicht gegeben. Die – falsche – Auffassung der Münchner Finanzverwaltung zu dieser Fondskonstruktion sei damals nicht absehbar gewesen. Das Steuerkonzept sei vielmehr extern geprüft und für zutreffend erachtet worden.
42Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Steuervorteil des Klägers von dem behaupteten Schaden in Abzug gebracht werden müsse.
43Hilfsweise erhebt sie Widerklage mit dem Antrag,
44festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, sämtliche Steuervorteile, die er im Zusammenhang mit der Beteiligung an der N2 erzielt hat, an die Beklagte auszukehren, sobald und soweit ihm über diese Steuervorteile bestandkräftige Steuerbescheide vorliegen und nach Abzug einer etwaigen Besteuerung von Beträgen, die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits zugesprochen werden sollten, verbleiben.
45Der Kläger beantragt,
46die hilfsweise Widerklage abzuweisen.
47.
48Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf den Beteiligungs- und Darlehensvertrag und den Emissionsprospekt einschließlich Widerrufsbelehrungen, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe
50Die zulässige Klage hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Lediglich hinsichtlich des entgangenen Zinsgewinns, der Feststellung des Verzugs und der vorgerichtlichen Anwaltskosten unterliegt sie der Abweisung.
51I.
52Der klägerseits erklärte Widerruf der Beteiligungs- und Darlehenserklärung greift durch. Der Widerrruf konnte am 27.07.2011 noch erklärt werden, weil mangels wirksamer Widerrufsbelehrung des Klägers die Widerrufsfrist gemäß § 355 BGB bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu laufen begonnen hatte.
531.
54Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Widerrufsbelehrung im Hinblick auf den Widerrufsempfänger ordnungsgemäß ist. Dies kann jedoch dahin stehen.
55Jedenfalls nämlich war eine hinreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrungen für den Kläger vorliegend nicht gegeben. Zum Einen musste dieser den Prospekt bis Seite 105 durchforsten, um die Belehrungen zu finden, zum Anderen musste er dann aber nicht mal sicher sein, dass das die für ihn geltenden Belehrungen waren, denn diese sind mit „Muster“ überschrieben, was suggeriert, dass die für den Anleger geltende Belehrung so oder anders aussehen könnte. Ein durchschnittlicher Anleger musste daher bei Durchsicht des Prospekts angesichts dieser Überschrift davon ausgehen, dass er bei oder nach Vertragsunterzeichnung noch eine konkrete Widerrufsbelehrung bekam, die dann für ihn ab deren Zugang Geltung erlangen würde. Eine solche weitere Belehrung wurde jedoch unstreitig nicht erteilt. Auch seitens der Beklagten wird insoweit lediglich das im Beteiligungsprospekt befindliche „Muster“ vorgelegt.
56Diese ist im Verhältnis zum Rest des Prospekts auch nicht drucktechnisch hervorgehoben, sondern kann auch noch leicht überblättert werden, da nicht sofort ins Auge fällt, dass es sich bei Seite 105 um Widerrufsbelehrungen handelt.
572.
58Auch über den Fristbeginn wurde der Kläger nicht hinreichend aufgeklärt. In der Muster-Belehrung ist als der früheste Fristbeginn der „Erhalt dieser Belehrung“ genannt.
59Es ist jedoch möglich – und bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch rechtzeitige Übergabe des Prospekts sogar zu erwarten -, dass zwischen Prospektübergabe und Zeichnung der Anlage mehrere Wochen lagen, was zur Folge hatte, dass der Verbraucher die im Prospekt befindliche Widerrufsbelehrung bereits längere Zeit vorliegen hatte, bevor er überhaupt die widerrufbaren Willenserklärungen abgab.
60Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (GBH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08; BGH, WM 2009, 350, 351, Tz. 14; BGH, WM 2002, 1989, 1991).
61Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist, davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, a. a. O.).
62Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie bei einem unbefangenen durchschnittlichen Kunden das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist könne bereits mit dem Zugang des Prospekts zu laufen beginnen, jedenfalls aber mit Abgabe der eigenen Willenserklärung zum Fondsbeitritt und zum Darlehensvertrag beginnen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger seine Willenserklärungen in einem Formular abgab, das bereits mit „Beitrittsvereinbarung/Darlehensvertrag“ überschrieben war. Für den unbefangenen Leser musste damit der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung der Fondsgesellschaft und der Beklagten um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde.
63Wann und unter welchen Voraussetzungen die Widerrufsfrist im konkreten Fall tatsächlich zu laufen begann, erschließt sich dem Anleger nicht ohne Umstände.
643.
65Die Rückabwicklung des Vertrages beinhaltet die Rückgewähr der erhaltenen Leistungen Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsbeteiligung. Ein
66Anbot zur Übereignung der Anteile und Übertragung aller Rechte hieraus auf die Beklagte ist bislang – auch mit Schreiben vom 27.07.2011 – noch nicht erfolgt. Dementsprechend befindet sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung auch nicht in Verzug, so dass der entsprechende Feststellungsantrag abzuweisen war.
674.
68Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus § 291 BGB.
69II.
70Zudem hat der Kläger Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung zukünftiger (insbesondere steuerlicher) Nachteile, die ohne die Zeichnung der Anlage nicht entstanden wären, wie beispielsweise Säumniszinsen und –zuschläge.
71III.
72Der Kläger hat keinen Anspruch auf entgangenen Zinsgewinn in Höhe von 4 %. Der Kläger hat nicht substantiiert dargetan, dass er eine alternative Anlage zu einem derartigen durchschnittlichen Zinssatz gezeichnet hätte, zumal es dem Kläger auch um die Steuerersparnis gegangen sein dürfte und die entsprechenden Anlageformen i.d.R. keinen sicheren Zinsgewinn auswerfen.
73IV.
74Vorgerichtliche Anwaltskosten sind ebenfalls nicht zu ersetzen. Für den Widerruf bedurfte es keiner anwaltlichen Tätigkeit. Vertragsgestaltende Maßnahmen kann ein Verbraucher problemlos selbst vornehmen.
75Dass sich die Beklagte bei Tätigwerden der Anwälte bereits in Verzug befand, ist nicht dargetan.
76V.
77Die Hilfswiderklage der Beklagten unterliegt vollumfänglich der Abweisung.
78Es kann nach Auffassung der Kammer keinen sachlichen Unterschied machen, ob die Rückabwicklung der Anlage aufgrund Widerrufs oder aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nach Aufklärungspflichtverletzung folgt. Auch bei einer Rückabwicklung nach Widerruf müssen die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof zur Anrechenbarkeit von Steuervorteilen aufgestellt habe, gelten.
79Vorliegend ist – anders als bei der Rückabwicklung beispielsweise geschlossener Immobilienfonds in bestimmten Konstellationen - unstreitig, dass der Kläger die Beträge, die er durch die Rückabwicklung erhält, wiederum als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern hat. Dass durch die Zeichnung der Anlage der Kläger ungewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt hätte, die durch die nunmehrige Versteuerung nicht kompensiert werden, hat die Beklagte nicht dargetan. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger vorliegend außergewöhnliche Vorteile gerieren konnte.
80VI.
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
82Streitwert:
83Klageantrag zu 1): bis 20.530,00 €
84Klageantrag zu 2): 16.380,00 €
85Klageantrag zu 3): 1.000,00 €
86Klageantrag zu 4): -
87Klageantrag zu 5): 350,00 €
88Klageantrag zu 6). -
89Hilfswiderklage: -
90Insgesamt: 38.260,00 €
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