Urteil vom Landgericht Aachen - 12 O 394/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt Schadensersatz für Beschädigungen, zu denen es im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme auf in seinem Eigentum stehenden Grundstücken gekommen sein soll.
3Die Staatsanwaltschaft Köln führt unter dem Az. 102 Js 116/11 (=505 Gs 1815/11 AG Köln) ein Ermittlungsverfahren u.a. gegen einen Herrn M und weitere Beschuldigte wegen Verdachts des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Im Rahmen dieses Verfahrens kam es aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 8.12.2011 am 21.12.2011 auf den Grundstücken S 15-17 sowie S-Weg in N5, bei denen es sich um aneinander grenzender Eckgrundstücke handelt, zu Durchsuchungsmaßnahmen. Auf dem Grundstück Am S 15-17 wird der sog. G-Club von der N GmbH, vert. durch den Geschäftsführer Martin H, betrieben. Der Kläger bewohnt neben den Zeugen Q und Barbara L das P, dort ist auch die von ihm betriebene T2 GmbH geschäftsansässig. Im Rahmen der Ermittlungsmaßnahme wurden auch das Wohnhaus des Klägers sowie zwei im Garten befindliche Wohnwagen durchsucht. Im Wohnhaus des Klägers wurde im ersten Obergeschoss der Zeuge N3, der Mitglied der Hells Angels ist, angetroffen. Dieser gab an, Gast des Klägers zu sein und in dem Gebäude ein Zimmer zu bewohnen. Im Ankleidezimmer des Wohnhauses wurde eine Tabelle mit Mitgliederangaben der Hells Angels aufgefunden, die nach Angaben des Klägers gegenüber den eingesetzten Beamten dem Zeugen N3 gehörte.
4Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke S 15-17 sowie S-Weg. Mit dem Anlass der seiner Ansicht nach rechtswidrigen Durchsuchungsmaßnahme sowie mit der Person des Antonio Seron M stehe er in keiner Weise in Verbindung. Auch habe er keine Kenntnisse über den Betrieb des „Sauna Clubs“ oder eine Tätigkeit der Hells Angels im Zusammenhang mit demselben. Mit dem Zeugen N3 sei er seit 1984 befreundet, wobei dieser zum damaligen Zeitpunkt nichts mit den Hells Angels zu tun gehabt habe. Die im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahme eingesetzten Polizeibeamten hätten massive Beschädigungen an den in seinem Eigentum stehenden Gebäuden verursacht. So sei die zweiflügelige Aluminium-Hoftoranlage des P-Weg "umgefahren" worden, andere Türen seien eingetreten und aufgebrochen worden. Feuerschutztüren seien aufgesprengt, Fenster eingeschlagen und teilweise an den Rahmen aufgebrochen worden. In auf dem Gelände befindliche Wohnwagen seien Beamte mittels eines Rammbocks eingedrungen. Die Rasenfläche beider Objekte sei vollständig zerstört worden, Zeltbahnen der Firma T2 GmbH sein zerschnitten worden. Insgesamt sei ihm – wie sich aus verschiedenen Angebote zur Instandsetzung ergebe - ein Gesamtschaden i.H.v. 58.652,10 € entstanden.
5Der Kläger beantragt sinngemäß,
6das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 58.652,10 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2012 sowie zur Freistellung des Klägers an die Rechtsanwälte X & G, F, 1761,08 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (10.10.2012) zu zahlen.
7Das beklagte Land beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Es bestreitet das Eigentum des Klägers an den genannten Grundstücken sowie seiner Eigenschaft als Vermieter mit Nichtwissen.
10Das beklagte Land bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass die in den Kostenvoranschlägen aufgeführten Gegenstände durch die Durchsuchungsmaßnahme beschädigt wurden und die aufgeführten Kosten zur Schadensbehebung erforderlich sind. Das beklagte Land behauptet, auf der Grundlage des Gewerberaummietverhältnisses sei der jeweilige Mieter zur Instandsetzung eventueller Schäden verpflichtet; der Kläger habe daher keine Vermögenseinbuße erlitten. Zudem dienten verschiedene Positionen offensichtlich der Behebung ereignisunabhängiger Vor- und Gebrauchsschäden. Der Kläger habe auch während der Durchsuchungsmaßnahme hinsichtlich eines Risses in der Scheibe der Haustür eingeräumt, dass dieser schon zuvor vorhanden gewesen sei. Das Zylinderschloss der Hauseingangstür sowie die „Drückergarnituren Edelstahlrosette“ seien bei der Maßnahme jedenfalls nicht beschädigt worden, gleiches gelte für die Verglasung des Turmfensters, da dort kein Beamter eingestiegen sei. Ein Hochbett sowie eine Holztür im Hobbyraum seien nicht beschädigt worden.
11Der Kläger selbst lebe (was insofern unstreitig ist) in unmittelbarer Nachbarschaft und beherberge (ebenfalls unstreitig) den Zeugen N3, der, wie sich anlässlich der Durchsuchung gezeigt habe, über eine Mitgliederliste der Hells Angels und über Bargeldeinnahmen aus dem Saunaklub verfügt habe; denn nach Angaben des Zeugen befanden sich in bei ihm aufgefundenen Briefumschlägen Firmengelder des „G-Clubs“. Zudem habe der eingesetzte Beamte N festgestellt, dass auch der Zeuge N3 die Zahlenkombination des privaten Tresors des Klägers kenne. Diese Tatsachen würden belegen, dass der Kläger von dem Betrieb des Bordells und die Überwachung durch die Hells Angels Kenntnis habe. Das beklagte Land ist der Ansicht, der Kläger müsse sich deshalb jedenfalls die Kenntnis zurechnen lassen, dass in einem in seinem Eigentum stehenden Gebäude ein Saunaklub betrieben werde, welcher auf der Grundlage eines wirksamen Beschlusses zu durchsuchen gewesen sei. Eine Haftung scheide aus, da die Durchsuchungsmaßnahme rechtmäßig und die Hinzuziehung von Spezialeinsatzkräften sowie die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen in Anbetracht der Bewachung des Bordells durch Mitglieder der „Hells Angels“ zum Schutze anwesender Prostituierter, Freier und der eingesetzten Beamten verhältnismäßig gewesen sei.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche des Klägers gegen das beklagte Land sind auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivorbringens nicht ersichtlich.
15I. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Zwar hat das beklagte Land das Eigentum des Klägers hinsichtlich der beschädigten Gebäudeteile zulässig mit Nichtwissen bestritten, § 138 IV ZPO. Denn unter Berücksichtigung des wechselseitigen Parteivorbringens kann nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass das beklagte Land oder seine Vertreter (vgl. Zöller-Greger, 29.A., § 138, Rn. 15) positive Kenntnis von den Eigentumsverhältnissen erlangt haben. Die Eigentümerstellung des Klägers ist jedoch jedenfalls durch die im Rahmen des Verhandlungstermins vom 05.03.2013 vorgelegten Grundbuchauszüge, Bl. 63 ff. d.A., hinreichend nachgewiesen.
16II. Das beklagte Land ist passivlegitimiert. Die Tatsache, dass die Klage nicht gegen das Land Nordrhein-Westfalen, sondern gegen die Kreispolizeibehörde gerichtet wurde, ist unschädlich; insofern war lediglich eine Rubrumsberichtigung vorzunehmen. Die nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Parteibezeichnung ist als Teil der Prozesshandlung der Auslegung zugänglich. Die Bezeichnung der beklagten Partei in der Klageschrift ist für die Parteistellung im Prozess nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizumessen ist. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung erkennbar, d.h. aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners, durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (vgl. hierzu Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 05.12.2007 – Az.: 7 U 102/07, zitiert nach juris, m.w.N.).
17Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist hier festzustellen, dass das Land NRW, vertreten durch den Landrat des Rhein-Erft-Kreises als Kreispolizeibehörde, verklagt war.
18III. Die gegen das Land NRW gerichtete Klage ist indes nicht begründet, da Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche des Klägers vorliegend nicht ersichtlich sind.
191. Ansprüche nach den Vorschriften des StrEG scheiden von vornherein aus, da sich die Strafverfolgungsmaßnahme nicht gegen den Kläger richtete; nach der klaren Wortlautfassung des § 2 StrEG sind entschädigungsberechtigt nur der Angeklagte, Angeschuldigte und Beschuldigte. Diese Personen sind zu entschädigen, wenn sie freigesprochen werden, das Verfahren eingestellt wird oder das Strafgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt. Dritten gewährt das StrEG hingegen keinen Anspruch, auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.04.2011 – 4 U 314/10).
202. Ansprüche nach dem PolG NRW sind ebenfalls tatbestandsmäßig nicht erfüllt. Die Entschädigungsvorschriften des Polizeigesetzes gelten nur bei präventiv polizeilichem Handeln im Rahmen der Gefahrenabwehr, nicht hingegen, wenn – wie vorliegend – repressives Handeln im Zuge von Strafverfolgungsmaßnahmen in Rede steht (vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.).
213. Auch Ansprüche des Klägers aus Amtshaftung, § 839 BGB, Art. 34 GG, scheiden unter Berücksichtigung des wechselseitigen Parteivorbringens aus. Denn vorliegend ist davon auszugehen, dass die Durchsuchungsmaßnahme nicht rechtswidrig, sondern rechtmäßig erfolgt ist.
22Zunächst ist insoweit festzustellen, dass der diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Kläger die Rechtswidrigkeit lediglich pauschal und substanzlos behauptet hat. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass in dem Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 08.12.2011 fälschlicher Weise nicht die B, sondern die B-B-Straße und 8 angegeben ist. Der Beschluss vom 08.12.2011 stellte eine Ergänzung des Beschlusses vom 01.12.2011 des Amtsgerichts Köln dar. Diesem kann eindeutig entnommen werden, dass Gegenstand der Durchsuchung die Geschäfts- und Nebenräume des Bordellbetriebs „G-Club“ waren. Auch aus der angegebenen Adresse Am S 15-17 wird deutlich, dass es um die Durchsuchung der an die N GmbH vermieteten Räumlichkeiten ging. Da die S-Weg an diese unmittelbar angrenzen, war jedenfalls im Wege der Auslegung eindeutig zu ermitteln, dass die weiteren im Eigentum des Klägers stehenden Objekte Gegenstand der Durchsuchung sein sollten. Dafür, dass die Durchsuchung hingegen tatsächlich auf ein Objekt in der B-Straße in Düren erstreckt werden sollte, ergeben sich aus dem Inhalt der Beschlüsse vom 01.12. und 08.12.2011 keinerlei Anhaltspunkte. Die Falschbezeichnung „B-Straße“ stellt eine offensichtliche Unrichtigkeit dar, die jederzeit berichtigt werden könnte und der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung jedenfalls nicht entgegen steht.
23Darüber hinaus entfaltete der Durchsuchungsbeschluss für die handelnden Polizeibeamten und auch für die Entscheidung der Kammer Tatbestandswirkung, d.h. er ist zu beachten und zugrunde zu legen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 28.06.2012 – 1 U 8/12 m.w.N.) und damit auch keiner inhaltlichen Überprüfung zugänglich. Etwas anderes würde dann gelten, wenn der Kläger seinen Amtshaftungsanspruch auf eine Amtspflichtverletzung des Ermittlungsrichters stützen würde; dies ist indes seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Für die Entscheidung über eine Amtspflichtverletzung der Polizei kommt es auf die Rechtmäßigkeit richterlichen Handelns nicht an (vgl. OLG Naumburg a.a.O.).
24Auch die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchungsmaßnahme ist nicht ermessensfehlerhaft und somit nicht amtspflichtwidrig; jedenfalls hat der Kläger entsprechende Umstände nicht dargetan.
25Ein ermessensfehlerhaftes Vorgehen kann auch den unstreitigen Tatsachen nicht entnommen werden; so findet bei Durchsuchungsmaßnahmen typischerweise ein überraschendes, auch gleichzeitiges Eindringen mehrerer Polizeibeamter statt, um eine Beseitigung von Beweismitteln zu verhindern. Das beklagte Land hat zudem unbestritten vorgetragen, dass jedenfalls der Verdacht bestand, dass der auf dem Gelände befindliche Saunaclub von Mitgliedern des Rockerclubs „Hells Angels“ bewacht werde; Umstände, die einen solchen Verdacht ausgeschlossen hätten, hat der Kläger auch bis zuletzt nicht dargetan. Ein gewisser Bezug des Rockerclubs zu der Örtlichkeit hat sich im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahme auch unstreitig (allein durch die Tatsache, dass der Zeuge N3 an der Örtlichkeit wohnhaft war) bestätigt. Vor dem Hintergrund, dass Mitglieder der Hells Angels für ihre Gewaltbereitschaft bekannt sind, erscheint ein plötzliches, gewaltsames Eindringen auch ohne entsprechende Vorwarnung der auf dem Gelände aufhältigen Personen zum Schutz von Leben und Gesundheit eingesetzten Polizeikräfte auch unter Einsatz von Gewalt gegen unbewegliche Sachen (wie etwa die beschädigten Türen) nicht völlig unverhältnismäßig. Dies gilt insbesondere auch in Anbetracht der Bedeutung der Maßnahme, namentlich vor dem Hintergrund, dass Anlass der Durchsuchung ein Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung war, die Durchsuchung also der Aufklärung gewichtiger Straftaten und letztlich auch dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter diente.
264. Der hiernach allenfalls noch in Betracht kommende Anspruch des Klägers aus enteignendem Eingriff ist ebenfalls tatbestandsmäßig nicht erfüllt.
27Grundsätzlich hat der Staat hat auch solche Nachteile zu entschädigen, die Dritten durch gegen andere gerichtete rechtmäßige Strafverfolgungsmaßnahmen entstehen, wenn diese Eingriffe die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreiten, der dem betroffenen Eigentümer daraus entstehende Nachteil sich als entschädigungspflichtiges Sonderopfer für die Allgemeinheit darstellt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08.05.2007 – 16 U 276/06). Entscheidendes Merkmal für die Abgrenzung zwischen hinzunehmenden Belastungen, denen in einem Rechtsstaat im allgemeinen Strafverfolgungsinteresse alle Bürger in gleicher Weise unterworfen sind, und nicht mehr zumutbaren Eingriffen in die allgemeine Rechtspositionen des Dritten, bildet somit die sog. Sonderopferlage (vgl. OLG Naumburg a.a.O.).
28Von einem Sonderopfer kann aber nur die Rede sein, wenn die Beeinträchtigung auf einer Verletzung des Gleichheitssatzes beruht. Wer sein Eigentum dagegen freiwillig der Gefahr preisgibt, hat die damit verbundenen nachteiligen Folgen selbst zu tragen (vgl. auch Wöstmann, in: Staudinger, BGB, 2012, § 839, Rn. 477).
29Eine Überschreitung der Sonderopferschwelle ist vorliegend zu verneinen. Denn der Kläger hatte jedenfalls Kenntnis von dem Bordellbetrieb, der sich auf dem von ihm bewohnten und vermieteten Gelände befand - wenn es sich auch, wie der Kläger ausführt, ggfls. um keinen „typischen“ Bordellbetrieb gehandelt haben mag, da keine Prostituierten auf dem Gelände übernachten. Der Kläger hat bereits in der Replik (Bl. 44 d.A.) eingeräumt, das Objekt S an die „N GmbH, vert. d. d. Geschäftsführer N4“, also an den Betreiber des Bordells, vermietet zu haben. Aus dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung überreichten Exemplar des „Pachtvertrags“ vom 01.12.2011 ergibt sich, dass der Kläger auch jederzeit freien Eintritt zu den verpachteten Räumlichkeiten „ohne Zahlung eines Entgelts“ (Bl. 94 d.A.) hatte; auch insofern wird ihm die konkrete Nutzung des vermieteten Geländes nicht verborgen geblieben sein. Letztlich hat der Kläger jedoch auch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2013 eingeräumt, dass es sich um einen Bordellbetrieb handelte. Deshalb sei er auch vor dem Rat der Stadt N5 gegen die geplante Sexsteuer eingetreten, da er bei der entsprechenden Höhe keine Chancen mehr gehabt habe, die kostenintensiv umgebauten Räumlichkeiten zu vermieten.
30Dem Kläger war überdies bekannt, dass der Zeuge N3, der auf dem gleichen Gelände in dem auch von dem Kläger bewohnten Hausgrundstück ein Zimmer hatte, Mitglied des Rockerclubs „Hells Angels“ war, dessen Mitglieder häufig als Beschuldigte im Rahmen von Ermittlungsmaßnahmen im Rotlichtmilieu, auch gerade im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Menschenhandels, in Erscheinung treten.
31Derjenige, der ein Gelände, auf dem er auch selbst wohnhaft ist, an einen Bordellbetrieb vermietet und der zudem bewusst Verbindungen zu jedenfalls einem Mitglied der Hells Angels unterhält, welches ebenfalls auf dem fraglichen Areal wohnhaft ist, nimmt jedoch nach Ansicht der Kammer bewusst und billigend eine Situation in Kauf nimmt, die die Gefahr von Durchsuchungsmaßnahmen mit sich bringt. Diese Situation führt vorliegend dazu, dass es Gründe gibt, das Eigentum des Klägers anders zu behandeln – insbesondere auch im Vergleich zu dem Eigentum eines solchen Vermieters, der keine oder lediglich eine sehr oberflächliche Kenntnis von der Person des Mieters der in seinem Eigentum stehenden Wohnung hat, etwa, weil er diesen lediglich kurz bei einer Wohnungsbesichtigung und anschließend bei der Mietvertragsunterzeichnung trifft.
32Darüber hinaus überschreiten die Schäden des Klägers die Sonderopferschwelle aber auch aus anderen Gründen nicht. Denn mit der Vermietung hat er durch die Überlassung zum vertragsgemäßen Gebrauch die Kontrolle und Einflussmöglichkeit über die Verwendung der in seinem Eigentum stehenden Gebäude freiwillig im Wesentlichen aufgegeben und es dem Mieter überlassen, was er dort einbringt und tut. Von da an waren die Räumlichkeiten in ihrer Beziehung zum Gemeinwesen auch und vor allem durch das Nutzungsverhalten des Mieters geprägt. Der damit regelmäßig verbundenen Gefahr von Missbräuchen oder auf den Mieter zurückgehender Beschädigungen stand der – ausweislich des Pachtvertrags vom 01.12.2011 nicht unerhebliche - Vorteil des Mietzinses gegenüber. Realisiert sich die Gefahr in Form von Durchsuchungen der Polizei, ist dies deswegen kein Sonderopfer (vgl. OLG Naumburg a.a.O.).
335. Darüber hinaus kommt ein Ersatzanspruch des Klägers auch deshalb nicht in Betracht, weil – worauf seitens des beklagten Landes zutreffend hingewiesen worden ist - auch der geltend gemachte Schaden nicht schlüssig ist. So fehlt es zum einen an jeglichem substantiierten Vortrag zum Wert der beschädigten Gegenstände. Der Kläger hat Alter, Zeitwert, Neupreis bzw. Hersteller der beschädigten Türen nicht dargelegt, so dass auch eine Schätzung nicht möglich ist. Zum anderen ist jedenfalls die Position „Aluminium-Hoftoranlage“ doppelt geltend gemacht – einmal durch Vorlage des Kostenvoranschlags, einmal durch Vorlage der Reparaturrechnung. Nicht schlüssig ist der Schaden zudem, soweit der Kläger Ersatz für die beschädigten PVC Planen der T2 GmbH begehrt, da allenfalls diese insofern Anspruchsinhaberin sein dürfte.
34Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
35Streitwert: 58.652,10 Euro.
36Prof. Dr. N2 |
K |
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