Urteil vom Landgericht Aachen - 8 O 130/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand :
2Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Vertragsstrafen aus einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung geltend.
3Der Kläger betreibt in der Innenstadt von N ein Ladengeschäft, in welchem er auch Gold ankauft. Die Beklagte betrieb bis kurz vor der mündlichen Verhandlung ebenfalls in der Innenstadt von N innerhalb des dortigen L-Kaufhauses ein Ladengeschäft. Ferner betreibt sie in anderen Städten Ladengeschäfte und unterhält eine Interpretpräsenz unter der Webseite www.XXXXXXXXX.de. In ihrem Ladengeschäft in N und auf ihrer Internetseite bietet sie jeweils den Ankauf von Gold an.
4Im August 2013 stellte der Kläger fest, dass die Beklagte in Werbeflyern mit “Höchstpreisen“ für den Ankauf von Goldschmuck geworben hat. Die von der Beklagten dabei angebotenen Preise lagen jedoch mitunter deutlich unter denen der Wettbewerber. Der Kläger mahnte die Beklagte deswegen mit Anwaltsschreiben vom 26.08.2013 ab und forderte sie auf, entsprechende Werbeaussagen zu unterlassen. Mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2013 gab die Beklagte eine entsprechende Unterlassungserklärung ab, die der Kläger unter dem 04.09.2012 annahm. In der Unterlassungserklärung verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Kläger, „bei Meidung einer für jeden Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden angemessenen und im Streitfall durch das zuständige Amts- oder Landgericht zu überprüfenden Vertragsstrafe es zu unterlassen, mit Höchstpreisen für den Ankauf von Edelmetallen und Schmuck zu werben, wenn tatsächlich keine Höchstpreise gezahlt werden (Bl. 10 d.A.)“
5In der Folgezeit warb die Beklagte sodann sowohl in ihrem Ladengeschäft in N als auch im Internet mit „Goldankauf zu Top Preisen“. Da der Kläger der Auffassung war (und ist), dass die Beklagte wiederum keine „Top Preise“ zahlte, sondern Preise zum Teil deutlich unter denen der Mitbewerber, mahnte er die Beklagte mit Schreiben vom 11.09.2013 erneut ab, rügte einen Verstoß gegen § 5 UWG und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Ferner forderte er die Zahlung von zwei Vertragsstrafen à 5.500,00 € (einmal für die Webseite, einmal für die Verwendung im Ladengeschäft). Hierauf äußerte sich die Beklagte mit Schreiben vom 16.09.2013, in dem unter anderen die Zahlung einer Vertragsstrafe zurückgewiesen wurde.
6In der Folgezeit erwirkte der Kläger am 23.09.2013 gegen die Beklagte vor dem Landgericht Münster – Kammer für Handelssachen - (23 O 101/13) eine einstweilige Verfügung, in der der Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld verboten wurde, im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen im Bereich des Goldankaufs mit der Aussage „Goldankauf zu Top Preisen“ zu werben, wenn dies nicht zutrifft. In einem weiteren Verfahren betreffend die gleichen Parteien wurde durch Urteil des Landgerichts Münster vom 25.04.2014 (23 O 123/13), auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, u.a. ein Unterlassungsanspruch wegen der Werbung für „Goldankauf zu Top Preisen“ für begründet erklärt, nicht jedoch die vom Kläger dort ebenfalls begehrte Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen dieser Werbung.
7Der Kläger meint, zwischen den Parteien bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, auch insoweit, als die Beklagte den Goldankauf per Internet anbiete. Durch die Werbung mit „Goldankauf zu Top Preisen“ habe die Beklagte eine Alleinstellungs-/ Spitzenstellungswerbung betrieben. Dazu behauptet er, vom maßgeblichen Verkehr werde „Top Preis“ im Sinne eines Spitzenpreises verstanden. Er habe nach der streitgegenständlichen Werbung am 10.09.2013 einen Testkauf unternommen, bei dem er festgestellt hätte, dass die Beklagte keinen Top-Preis in diesem Sinne gezahlt habe. Die Konkurrenz habe am Tag des Testkaufs bis zu 11,28 € pro Gramm 333er Gold und damit über 20 % mehr als die Beklagte geboten; hierzu habe er in unmittelbarer zeitlicher Nähe Konkurrenzangebote eingeholt. Er meint, diese Angebote seien, auch wenn diese aus dem Internet stammten, als Vergleichsangebote zu berücksichtigen. Bei der Werbung „Goldankauf zu Top Preisen“ handele es sich um einen kerngleichen Verstoß zu der Werbung mit Höchstpreisen, indem die Beklagte in beiden Fällen im Sinne einer Spitzenstellungsbehauptung vorgebe, höhere Preise zu zahlen als die Mitbewerber. Da die Beklagte nun in leicht abgewandelter Form werbe, sei der Verstoß auch schuldhaft. Die von ihm nach billigem Ermessen angesetzte Vertragsstrafe von jeweils 5.500,00 € sei dem Verstoß nach Art und Umfang angemessen.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte meint, bei ihrer Werbung mit „Top Preisen“ handele es sich noch nicht einmal um Spitzengruppenwerbung. Diese Angabe, mit der nur eine gute Eigenschaft, nicht aber die beste gemeint sei, stelle vielmehr eine substanzlose Anpreisung ohne konkreten Tatsachengehalt dar. Der Kläger habe durch die von ihm vorgelegten Angebote nicht ausreichend dargelegt, dass die Preise der Beklagten im Raum N keine guten Preise darstellten, was aber tatsächlich der Fall sei. Die von der Klägerin vorgelegten Ankaufspreise im Internet seien keine zulässige Vergleichsgrundlage für Goldankaufspreise in einem Ladengeschäft. Ferner sei auch zu berücksichtigen, dass der Goldpreis starken Schwankungen unterliege, so dass schon keine Vergleichbarkeit zwischen den vom Kläger vorgelegten Angeboten mit den Preisen der Beklagten bestehe. Schließlich meint sie, die Vertragsstrafe sei nach Art und Umfang unangemessen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder aus der Unterlassungs- und Vertragsstrafenerklärung vom 02.09.2013 noch aus § 339 S. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vertragsstrafe(n).
15Die Werbung mit „Top Preisen“ verstößt nicht gegen die Unterlassungs- und Vertragsstrafenerklärung vom 02.09.2013, insbesondere liegt kein so genannter kerngleicher Verstoß vor.
16Bei der Werbung mit Höchstpreisen handelt es sich nach herrschender Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, um eine Allein-/ Spitzenstellungswerbung. Dies ist jedoch nach Auffassung der Kammer bei der nunmehr beanstandeten Werbung „Goldankauf zu Top Preisen“ nicht der Fall. Vielmehr hat die Beklagte hiermit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der von ihr gebotene Preis im oberen Preisniveau liegt und somit der Spitzengruppe zuzurechnen ist.
17Aus dem Blickpunkt eines durchschnittlichen Verbrauchers handelt es sich bei der Werbung mit „Goldankauf zu Top Preisen“ entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich um eine reklamehafte Anpreisung, sondern um eine Erklärung mit Tatsachengehalt. Dabei drückt nach dem Duden das aus dem Englischen stammende und mit „Spitzen…“ zu übersetzende Wort “top“ in Verbindung mit Substantiven eine Verstärkung aus (z.B. Top-Terroristin) oder, dass etwas als ausgezeichnet und hervorragend (z.B. Top-Angebot, Top-Lage) bzw. jemand als besonders gut oder erstklassig angesehen wird (z.B. Top-Athlet, Top-Model). In Verbindung mit dem Preis ergibt sich danach als Wortbedeutung, dass ein ausgezeichneter, besonders guter, hervorragender bzw. erstklassiger Preis gezahlt werden soll und durch den „Goldankauf zu Top Preisen“ auch angeboten wird.
18Nach Auffassung der Kammer entspricht dies allerdings nicht dem Aussagewert von einem Höchstpreis. Insoweit hat bereits das Landgericht Münster in dem vorgenannten Urteil vom 25.04.2014 (23 O 123/13) ausgeführt:
19„Wenn mit einem Höchstpreis für ein Altgerät geworben wird, handelt es sich dabei regelmäßig um die Werbung mit Spitzenpreisen, die sich deutlich von den Preisen der Gruppe der Händler unterscheiden, die normal kalkulieren (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1988, 711; OLG Nürnberg, GRUR 1991, 757, 858; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 5 Rn. 7.135).
20Angesichts des klargestellten breiteren Spektrums der Bedeutung des Wortes top in Verbindung mit einem Substantiv hat demgegenüber Werbung mit Top Preisen lediglich den Aussagegehalt, dass der angebotene Preis zum oberen Preissegment gehört.
21Insoweit zieht die Kammer eine Parallele zu der Werbung für den Verkauf mit Produkten. Wird insoweit mit “Tiefstpreisen“ geworben, müssen die geforderten Preise in der Spitzengruppe der Unternehmen liegen, die zu Discountpreisen anbieten (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 5 Rn. 7.133). Wird für den Verkauf von Waren mit “Tiefpreisen“ geworben, müssen sie auch tatsächlich preisgünstig, d.h. im Bereich des unteren Preisniveaus, angeboten werden (vgl. Köhler/Bornkamm aaO, mwN). Die Kammer misst „Top Preisen“ beim Ankauf von Waren eine entsprechende Aussagekraft wie „Tiefpreisen“ bei der Werbung vom Verkauf von Waren (bei).“
22Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Kammer nach eigener Überzeugungsbildung an, ohne dass es hierzu ergänzender Ausführungen bedürfte. Mangels vorliegenden kerngleichen Verstoßes in Bezug auf die streitgegenständliche Unterlassungs- und Vertragsstrafenerklärung vom 02.09.2013 kommt die Zuerkennung der von der Klägerin angesetzten Vertragsstrafe nicht in Betracht.
23Aus den dargelegten Gründen scheidet auch ein Anspruch nach § 339 S. 2 BGB aus. Denn vorliegend sind die Parteien zwar ein Strafversprechen im Sinne der Norm eingegangen; allerdings hat die Kammer durch die streitgegenständliche Werbung mit „Goldankauf zu Top Preisen“ keine Verletzung gerade der gesicherten Verpflichtung - nicht mit Höchstpreisen für den Ankauf von Edelmetallen und Schmuck zu werben, wenn tatsächlich keine Höchstpreise gezahlt werden – feststellen können.
24Abgesehen von der fehlenden Berechtigung des Anspruchs dem Grunde nach wäre die Geltendmachung einer Vertragsstrafe im Übrigen für zwei Verstöße nicht berechtigt, da selbst bei Annahme eines Verstoßes bei den Bildern auf der Internetseite der Beklagten - ein konkretes Wettbewerbsverhältnis insoweit unterstellt – berücksichtigt werden müsste, dass die Fotografien Werbung in der Filiale in N zeigen, so dass insoweit von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen wäre. Schließlich würden auch Bedenken hinsichtlich der Höhe der jeweils geltend gemachten Vertragsstrafe bestehen, die die Kammer einer Billigkeitsprüfung nach §§ 315 Abs. 3, 319 BGB zu unterziehen hätte - insoweit ist das Vorbringen des Klägers zu den nach billigem Ermessen angesetzten Höhe der Vertragsstrafe unsubstantiiert.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
26Der Streitwert wird auf 11.000,00 EUR festgesetzt.
27Rechtsbehelfsbelehrung:
28Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
29a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
30b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
31Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
32Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
33Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
34Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
35C |
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als Einzelrichter |
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Referenzen
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