Beschluss vom Landgericht Aachen - 3 T 276/15
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
1
G r ü n d e
2I.
3Das Amtsgericht Aachen bestellte auf Anregung der geschiedenen Ehefrau des Betroffenen (Bl. 1 ff GA) sowie nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 65 ff GA) und Anhörung des Betroffenen (Bl. 87 GA) mit Beschluss vom 25.06.2013 (Bl. 88 f GA) den Beteiligten zu 2) bis längstens zum 24.06.2020 zum Betreuer für den Betroffenen und ordnete gleichzeitig für den Bereich der Vermögenssorge einen Einwilligungsvorbehalt an.
4Mit Beschluss vom 25.09.2013 (Bl. 159 GA) erweiterte das Amtsgericht Aachen die Betreuung auf den Bereich der Gesundheitsfürsorge.
5Nach Einholung eines fachärztlichen Gutachtens (Bl. 180 ff. GA) erweiterte das Amtsgericht Aachen die Betreuung durch Beschluss vom 11.11.2013 (Bl. 195 GA) um die Aufgabenkreise Wohnungs- und Mietangelegenheiten und Angelegenheiten betreffend Post und elektronischer Rechtsverkehr.
6Mit undatiertem Schreiben, welches am 17.09.2014 bei dem Amtsgericht Aachen eingegangen ist, hat der Betroffene die Aufhebung der Betreuung beantragt (Bl. 266 GA). Das Amtsgericht Aachen hat dem Betroffenen erklärt, dass zur Einholung eines weiteren Gutachtens eine Veranlassung nicht gegeben sei und der Betroffene zunächst ein ärztliches Attest übersenden solle. Mit Schreiben vom 22.04.2015 hat der Betroffene diesen Antrag wiederholt (Bl. 279 GA) und ein ärztliches Attest vom 16.04.2015 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 280 f. GA). In dem ärztlichen Attest hat der ausstellende Arzt, Herr P., Diplompsychologe und Arzt für Psychiatrie, ausgeführt, dass keinerlei Hinweise für eine ausreichende, eine gesetzliche Betreuung rechtfertigende Hirnleistungsschwäche bestünden.
7Nach Einholung eines weiteren Gutachtens (Bl. 320 ff. GA) des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herr Dr. O., hat das Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 16.07.2015 (Bl. 346 GA) den Antrag des Betroffenen abgelehnt. Mit Schreiben vom 12.08.2015 hat der Betroffene hiergegen Beschwerde eingelegt (Bl. 363 f. GA). Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass er das Gutachten für falsch halte. Das Amtsgericht Aachen hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 375 GA).
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
9II.
10Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen in formeller Hinsicht unbedenklich.
11In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
12Nach § 1908d Abs. 1 S. 1 BGB ist die Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
13Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers für den Betroffenen liegen weiterhin vor. Nach § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer, soweit ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.
14Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen, denen die Kammer aufgrund ihrer Nachvollziehbarkeit vollumfänglich folgt, besteht bei dem Betroffenen eine anhaltende wahnhafte Störung. Krankheitsbedingt zeigt der Betroffene ein ausgeprägtes, seit Jahren bestehendes Wahnsystem. Es besteht eine ausgeprägte Störung der Kritik- und Urteilsfähigkeit.
15Die Kammer folgt den Feststellungen des Sachverständigen. Herr Dr. O. ist der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als erfahrener und fachlich versierter Sachverständiger bekannt. Sein Gutachten entspricht den Anforderungen des § 280 FamFG; insbesondere hat der Sachverständige Dr. O. den Betroffenen persönlich begutachtet und die ihm vom Amtsgericht gestellten Fragen umfassend beantwortet.
16Zur Regelung der eigenen Angelegenheiten ist der Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage. Es besteht ein Betreuungsbedarf insbesondere für den Bereich der Vermögenssorge, aber auch darüber hinaus. In finanziellen Angelegenheiten neigt der Betroffene bei stark eingeschränkter Einsichts- und Kritikfähigkeit dazu, hochspekulative Finanztransaktionen durchzuführen, wobei er krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, das Risiko, zum Opfer betrügerischer Absichten Dritter zu werden, sachgerecht einzuschätzen. Der Betroffene glaubt weiterhin fest daran, einen Millionen-Kredit aus B. gewährt zu bekommen. So überweist er trotz fehlgeschlagener Auszahlungen von Darlehen noch immer hohe Geldbeträge an Vermittler über b Banken und angebliche f Treuhänder. Zuletzt im Januar 2015 und im August 2015 wollte der Betroffene 950,00 EUR bzw. 660,00 EUR als angebliche Gebühren zahlen, um einen Kredit über 1,5 Millionen EUR bzw. 200.000 EUR gewährt zu erhalten.
17Da der Betroffene krankheits- und behandlungsuneinsichtig ist, ist er nicht in der Lage, andere Hilfen, die die Anordnung einer Betreuung entbehrlich machen können, in Anspruch zu nehmen. Die Ablehnung der Betreuung ist letztlich als krankheitsbedingte Entscheidung zu werten. Nach alledem steht auch die Vorschrift des § 1896 Abs. 1 a BGB, wonach gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden darf, der Einrichtung einer Betreuung nicht entgegen.
18Auch sind die Voraussetzungen des § 1903 BGB für die Einrichtung eines Einwilligungsvorbehaltes im Bereich der Vermögenssorge erfüllt. Danach ordnet das Betreuungsgericht den Einwilligungsvorbehalt an, soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist. Nach der gutachterlichen Einschätzung, der die Kammer auch insoweit uneingeschränkt folgt, ist der Betroffene im Bereich der finanziellen Angelegenheiten nicht dazu in der Lage, seine Entscheidungen von rationalen Erwägungen abhängig zu machen. Es besteht eine Geschäftsunfähigkeit. Es ist weiterhin eine erhebliche Gefahr für das Vermögen des Betroffenen gegeben. Der Betroffene würde ohne Einwilligungsvorbehalt regelmäßig und der Höhe nach noch höhere Beträge auf die angeblichen Gebühren zahlen, da ihm über eine Internetadresse ein millionenschweres Darlehen in Aussicht gestellt worden ist. Hierdurch würde er sich immer weiter verschulden. Die offensichtlich betrügerischen Absichten seiner vermeintlichen Vermittler kann er krankheitsbedingt nicht mehr erkennen. Aus seinem schädigenden Verhalten resultieren bereits erhebliche Schulden. Im Umgang mit seinem Geld ist der Betroffene sehr leicht beeinflussbar. Gleichzeitig ist die krankheitsbedingte Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen für Geschäftspartner nicht unmittelbar erkennbar, weshalb ohne die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes erhebliche Gefahren für das Vermögen und die Person des Betroffenen drohen.
19Schließlich bestehen keine Zweifel an der nach § 1897 Abs. 1 BGB erforderlichen Eignung des Beteiligten zu 2) als Betreuer. Insbesondere liegen auch die in § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB geregelten Voraussetzungen für die Bestellung des Beteiligten zu 2) in seiner Eigenschaft als Berufsbetreuer vor, da andere geeigneten Personen, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung des Betroffenen bereit sind, nicht vorhanden sind.
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
21Beschwerdewert: 5.000,00 € (§ 36 Abs. 2, 3 GNotKG)
Rechtsmittelbelehrung
22Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig, die binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntgabe dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einzulegen und zu begründen ist. Die Rechtsbeschwerde kann nur schriftlich durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt und begründet werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie angehören, vertreten lassen.
23Aachen, 06.10.20153. Zivilkammer
24Dr. W. |
T. |
Dr. Q. |
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Referenzen
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