Urteil vom Landgericht Aachen - 10 O 70/16
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, als Gesamtschuldner mit der gesondert verfolgten M2 an die Klägerin 26.073,34 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2005 aus 25.359,07 Euro zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um eine Forderung aus einem gekündigten Darlehensvertrag.
3Unter dem 04.07.2002 schlossen der Kläger und die gesondert verfolgte Frau M2 mit der D AG einen Kreditvertrag über einen Nettokreditbetrag von 28.000,00 Euro zuzüglich eines Versicherungsbeitrags von 2.087,60 Euro und einer Bearbeitungsgebühr von 902,63 Euro. Der effektive Jahreszinssatz betrug 16,07 % bei einer Laufzeit von 82 Monaten mit monatlichen Raten à 596,00 Euro und einer Schlussrate von 472,97 Euro. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 6 d.A.) ergänzend Bezug genommen.
42003 wurde die Kreditgeberin in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien umgewandelt, die ……... KGaA.
5Zunächst leisteten der Beklagte und die weitere Darlehensnehmerin die vereinbarten Raten vereinbarungsgemäß, gerieten jedoch ab September 2004 mit ihrer Ratenzahlungsverpflichtung in Rückstand, sodass die Klägerin sie mehrfach zur Rückzahlung der offenen Ratenrückstände aufforderte. Mit Schreiben vom 30.12.2004 wurden der Beklagte und Frau M2 letztmalig unter Fristsetzung binnen 14 Tagen zum Ausgleich der Ratenrückstände aufgefordert, zugleich wurde ihnen die Kündigung im Falle der Nichtzahlung angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinander folgenden Kreditraten und mehr als 5 % des Nennbetrages des Kredits in Rückstand. Dennoch erbrachte der Beklagte keine Zahlungen. Sodann kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 15.02.2005 den streitgegenständlichen Kreditvertrag gegenüber beiden Vertragsparteien und stellte die Gesamtforderung von 26.283,51 Euro fällig. Zugleich wurden der Beklagte und Frau M2 zur sofortigen Zahlung aufgefordert.
6Am 23.02.2005 fielen Auskunftskosten in Höhe von 25,56 Euro für die Ermittlung der Anschrift des Beklagten an.
7Am 17.03.2005, 23.05.2005, 22.06.2005 und 26.07.2005 wurden Zahlungen in Höhe von jeweils 200,00 Euro auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag geleistet sowie am 21.04.2005 eine Zahlung in Höhe von 150,00 Euro.
8Mit Wirkung zum 29.11.2007 trat die Rechtsnachfolgerin der Kreditgeberin (im Folgenden: Zedentin) die streitgegenständliche Forderung an die jetzige Klägerin ab, wobei die Abtretung dem Beklagten mit Schreiben vom 19.06.2015 angezeigt wurde.
9Die Klägerin beziffert ihre Forderung nunmehr auf 26.073,34 Euro, wobei in diesem Betrag ausgerechnete Verzugszinsen für die Zeit vom 16.02.205 bis zum 26.07.2005 in Höhe von 714,27 Euro enthalten sind.
10Mit der am 10.05.2016 zugestellten Klage beantragt die Klägerin nach Maßgabe der Antragsänderung in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2016,
11den Beklagten als Gesamtschuldner mit der gesondert verfolgten M2 zu verurteilen, an sie 26.073,34 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2005 aus 25.359,07 Euro zu zahlen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Er ist der Ansicht, die Forderung sei im Übrigen auch verwirkt, da er mehr als 10 Jahre nichts mehr von der Forderungsinhaberin gehört habe.
15Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16I.
17Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
181. Der Klägerin steht gegen den Beklagten als Gesamtschuldner mit der gesondert verfolgten M2 aus §§ 488 Abs. 1 S. 2, 421, 398 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der noch offenstehenden Darlehensvaluta in Höhe von 25.333,51 Euro zu.
19a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Denn die Zedentin hat ihre Forderung gegen den Beklagten wirksam nach § 398 BGB an die Klägerin abgetreten.
20b) Der Klägerin steht nach erfolgter Abtretung eine fällige Forderung in Höhe von 25.333,51 Euro zu.
21Der Beklagte und Frau M2 sowie die Rechtsvorgängerin der Zedentin waren durch einen unter dem 04.07.2002 geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne der §§ 491, 488 Abs. 1 BGB a.F. (in der Fassung vom 02.01.2002) i.V.m. Art. 229 § 9 Abs. 1 S. 1 EGBGB miteinander vertraglich verbunden. Die Zedentin hat den Darlehensvertrag wirksam gemäß § 498 S. 1 BGB a.F. mit Schreiben vom 15.02.2005 gekündigt. Die Voraussetzungen für eine Kündigung und Gesamtfälligstellung des offenen Saldos lagen vor. Denn zum Zeitpunkt der Mahnung am 30.12.2004 befanden sich der Beklagte und Frau M2 mit der Zahlung der Darlehensraten für die Monate September, Oktober, November und Dezember 2004, mithin mit mehr als zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen im Rückstand. Zudem bestand insgesamt ein Rückstand in Höhe von 2.384,00 Euro, der mehr als 5 % des Nennbetrages des Darlehens von 28.000,00 Euro betrug. Entsprechend § 498 S. 1 Nr. 2 BGB a.F. wurde dem Beklagten im Mahnschreiben vom 30.12.2004 erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags unter Hinweis auf die drohende Kündigung und Gesamtfälligstellung des offenen Saldos im Falle der Nichtzahlung gesetzt. Innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist erbrachte der Beklagte keine Zahlungen.
22c) Zum Zeitpunkt der Kündigung betrug die Darlehensforderung einschließlich der Vertragszinsen 26.283,51 Euro. Einwände gegen die Forderungshöhe hat der Beklagte nicht vorgebracht, sodass das klägerische Vorbringen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
23Diese Forderung ist durch Zahlung in Höhe von 950,00 Euro wegen Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB teilweise erloschen. Denn nach Kündigung wurden fünf Teilzahlungen unter ausdrücklicher Teilungsbestimmung auf den Darlehensvertrag geleistet.
24d) Soweit sich der Beklagte auf die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB beruft, geht dieser Einwand ins Leere.
25Die Verjährung richtet sich grundsätzlich nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, sodass die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist zum 01.01.2006 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 31.12.2009 geendet hätte. Jedoch ist die Verjährungsfrist noch vor ihrem Beginn gemäß § 497 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. (in der Fassung vom 02.01.2002) für 10 Jahre gehemmt worden. Denn der Beklagte und die weitere Darlehensnehmerin befanden sich ab dem 16.02.2005 mit dem Rückzahlungsanspruch im Verzug. Voraussetzung für den Eintritt des Verzugs im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich eine Mahnung, mithin eine an den Schuldner gerichtete Aufforderung des Gläubigers, die geschuldete Leistung zu erbringen; die darin enthaltene Aufforderung zur Leistung muss eindeutig sein (Palandt/Grüneberg, 75. Auflage 2016, § 286 BGB Rn. 16). Eine solche Mahnung war nach dem unbestrittenen klägerischen Vorbringen in dem Kündigungsschreiben vom 15.02.2005 enthalten. Denn mit dem Kündigungsschreiben vom 15.02.2005, welches dem Beklagten nach unbestrittenem Vorbringen noch am gleichen Tag zugegangen ist, hat die Klägerin nicht nur den Gesamtsaldo fällig gestellt, sondern den Beklagten auch zur sofortigen Zahlung der Gesamtforderung aufgefordert, mithin Kündigung und Mahnung in zulässiger Weise in einem Schreiben verbunden. Dementsprechend war die Verjährungsfrist bis zum 15.02.2015 gehemmt, § 209 BGB.
26Nach Ende der Verjährungshemmung begann die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB ab dem 16.02.2015 zu laufen. Insoweit läuft die Verjährungsfrist nach Beendigung der Hemmung sofort weiter bzw. erstmalig an (vgl. Palandt/Ellenberger, aaO, § 199 BGB Rn 41; MüKo/Grothe, 7. Aufl. 2015, § 199 BGB Rn 47 m.w.N.).
27Die Verjährungsfrist ist sodann erneut am 10.05.2016 durch Zustellung der Klageschrift vom 15.02.2016 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die streitgegenständliche Forderung indes noch nicht verjährt.
28e) Gleichsam geht die Berufung auf die Einrede der Verwirkung gemäß § 242 BGB ins Leere. Insoweit hat der Beklagte bereits nicht schlüssig dargelegt, dass er sich aufgrund des Verhaltens der Zedentin bzw. der Klägerin darauf eingerichtet hat, dass diese ihre Forderung nicht mehr geltend machen wird. Allein die etwaige Berufung auf die verstrichene Zeit ist nicht ausreichend.
292. Weiterhin schuldet der Beklagte gemäß §§ 488, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 421, 249 BGB i.V.m. § 398 BGB die Erstattung der Kosten für die Ermittlung der Anschrift des Beklagten in Höhe von 25,56 Euro. Der Beklagte hat gegen die Berechnung der Nebenforderung und deren Berechtigung keine Einwände vorgebracht, sodass der klägerische Vortrag als zugestanden gem. § 138 Abs. 3 ZPO gilt.
303. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ab dem 16.02.2005, da die Zedentin nach unbestrittenem Vorbringen ihre Kündigung mit einer Mahnung verbunden hat und insoweit eine unverzügliche Zahlung verlangt hat. Für den Zeitraum vom 16.02.2005 bis zum 26.07.2005 ergibt sich daher ein bezifferter Zinsbetrag von 714,27 Euro.
31II.
32Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 2, 1 ZPO.
33III.
34Der Streitwert wird auf 25.333,51 Euro festgesetzt.
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