Urteil vom Landgericht Arnsberg - 5 S 96/92
Tenor
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg auf die mündliche Verhandlung vom 22.10.1993 durch
für Recht er¬kannt:
1
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.03.1992 verkündete Urteil des Amtsgerichts Brilon (Aktenzeichen: 2 C 546/91) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
2Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und seine Ehefrau P1 zur gesamten Hand 1.498,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.09.1991 zu zahlen.
3Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung sowie die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
4Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
6Entscheidungsgründe
7Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache zum Teil Erfolg. Sie führt zu einer Verurteilung der Beklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Die Anschlussberufung der Beklagten war zurückzuweisen.
8Das Amtsgericht hat den verstorbenen Ehemann der Beklagten zu Recht zur Zahlung verurteilt. Der verstorbene Ehemann der Beklagten und damit diese als Rechtsnachfolgerin sind dem Kläger gem. § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 303 StGB zum Schadensersatz verpflichtet.
9Das Gericht folgt der Wertung des Amtsgerichts, dass der verstorbene Ehemann der Beklagten noch im Jahr 1990 widerrechtlich drei Bäume auf dem Grundstück des Klägers abgesägt hat. Der verstorbene Ehemann der Beklagten hat selbst zugestanden, einen der hier streitigen Bäume im Jahr 1990 gekappt zu haben. An die weiteren streitigen Bäume will der verstorbene Ehemann der Beklagten nach eigenem Bekunden zum einen im Jahre 1989 und zum anderen vor ca. 12 bis 15 Jahren Hand angelegt haben. Diese Darstellung des Beklagten ist durch die Beweisaufnahme widerlegt worden. Hierbei folgt das Gericht zunächst – wie das Amtsgericht – dem Zeugen Z1, der bekundet hat, im Juli 1990 an drei Bäumen im Garten des Klägers frische Schnittstellen festgestellt zu haben. Die Aussage des Zeugen Z1 ist detailreich. Der Zeuge gibt die Örtlichkeiten und die Schäden an den betroffenen Bäumen zutreffend wieder, wovon sich das Gericht im Rahmen eines am 22.10.1993 durchgeführten Ortstermines selbst überzeugen konnte. Die Angaben dieses Zeugen werden gestützt durch die Ausführungen sowohl des Sachverständigen S1 als auch der Sachverständigen S2. Der Sachverständige S1 hat in seinem Gutachten vom 25.02.1992 ausdrücklich festgestellt, dass die vorhandenen Schnittstellen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Jahre 1990 stammen. Auch die Sachverständige S2 hat ausgeschlossen, dass einer der vorhandenen Bäume bereits vor langer Zeit beschädigt worden ist. Diese Aussagen habend die Sachverständigen im Ortstermin bestätigt. Weitere Beweisaufnahmen zum Zeitpunkt des Absägens der Bäume bedurfte es nicht. Insbesondere bedurfte es nicht der Vernehmung des im Schriftsatz des Beklagten vom 04.08.1992 benannten Zeugen Z2. Dieser war zur Frage benannt, dass der "zweite Baum" im Herbst 1989 entfernt worden sei. Nachdem durch die vorliegenden Sachverständigengutachten die Einlassung des Beklagten, einer der Bäume sei bereits vor ca. 12 bis 15 Jahren abgesägt worden, eindeutig widerlegt worden ist und zum anderen nach der Darstellung der Sachverständigen S2 – worauf noch einzugehen sein wird – einer der streitigen Bäume wegen einer Vorschädigung im Rahmen der Schadensberechnung nicht zu berücksichtigen war, hätte es am Beklagten gelegen, den Beweisantritt zu konkretisieren.
10Der genaue Zeitpunkt, zu dem im Jahr 1990 die Bäume seitens des verstorbenen Ehemannes der Beklagten abgesägt worden sind, kann hier letztlich dahinstehen, nachdem der Voreigentümer des Grundstücks seine entsprechenden Schadensersatzansprüche mit Schreiben vom 29.07.1992 an den Kläger und seine Ehefrau abgetreten hat. Der Voreigentümer war jedenfalls seit dem 09.02.1990 in das Grundbuch eingetragen.
11Der verstorbene Ehemann der Beklagten kann sich auch nicht darauf berufen, dass Frau P2, die bis zum 09.02.1990 Eigentümerin des Grundstücks war, in das Absägen der Bäume eingewilligt hat. Zum einen würde eine seitens der Frau P2 gegebene Einwilligung nicht die späteren Eigentümer des Grundstücks binden. Zum anderen soll auch nach dem Vortrag der Beklagten die entsprechende Einwilligung der P2 vor ca. 15 Jahren gegeben worden sein. Aus einer damit ca. im Jahre 1975 gegebenen Einwilligung konnte der verstorbene Ehemann der Beklagten jedoch im Jahre 1990 keine Rechte mehr zu den von ihm vorgenommenen massiven Eingriffen in die Gestaltung des Nachbargrundstücks herleiten. Selbst wenn Frau P2 in der Vergangenheit auch das Auslichten der Bäume durch den verstorbenen Ehemann der Beklagten geduldet haben sollte, hätte vor dem erneuten Absägen von Bäumen, das einen erheblichen gestalterischen Eingriff darstellte, eine erneute ausdrückliche Genehmigung des Grundstückseigentümers eingeholt werden müssen. Dies ist hier nicht geschehen.
12Die Beklagte ist daher aufgrund des Eingriffes ihres verstorbenen Ehemannes in das Eigentum des Klägers zum Schadensersatz verpflichtet. Schadensersatz ist für die zerstörten Bäume nach der in der Rechtsprechung anerkannten "Methode Koch" zu leisten. Aus der dagegen seitens des Beklagten zitierten Entscheidung des Landgerichts Bielefeld (NJW-RR 1992, 26) ergibt sich nichts Gegenteiliges. In dem der Entscheidung des Landgerichts Bielefeld zugrunde liegenden Fall waren nicht – wie hier – Bäume zerstört, sondern lediglich beschnitten worden, so dass das Landgericht die anerkannte Methode nicht angewandt hat. Hier sind jedoch Bäume zerstört worden, so dass grundsätzlich der Schaden nach der Methode Koch festgestellt werden kann (vgl. BGH NJW 1975, 2061; Palandt, § 249 Anm. 5 b).
13Bei der Anwendung der genannten Methode folgt das Gericht zunächst den seitens der Sachverständigen S2 ermittelten Werten. Das Gericht ist der Ansicht, dass ein Geschädigter nicht – wie dies der Sachverständige S1 annimmt – auf konkrete Billigangebote bestimmter Baumschulen verwiesen werden kann. Vielmehr kann auch bei Zerstörung von Bäumen ein Geschädigter grundsätzlich die "normalen Herstellungskosten" verlangen. Das Gericht folgt nach Inaugenscheinnahme des klägerischen Grundstücks der Sachverständigen S2 zudem weiterhin dahingehend, dass bei der Berechnung der Pflanzgrößen von 200 bis 250 cm auszugehen ist. Der Rückgriff auf kleinere Setzlinge ist dem Kläger nicht zumutbar. Der Zeitraum, der benötigt würde, damit kleinere Setzlinge die beabsichtigte Funktion (Sichtschutz) erreichen und sich der vorhandenen, sehr hoch gewachsenen Bepflanzung anpassen, wäre unzumutbar lang. Danach war hier insgesamt von den seitens der Sachverständigen S2 ermittelten Werten auszugehen. Dass bei der Ermittlung dieser Werte Fehler unterlaufen sind, ist seitens der Beklagten nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Somit ist bezüglich einer der abgesägten Fichten von einem Zeitwert von 1.240,00 DM und bezüglich der abgesägten Douglasie von einem Zeitwert von 1.573,00 DM auszugehen. Der dritte seitens des verstorbenen Ehemannes der Beklagten abgesägte Baum war nach den überzeugenden Darstellungen der Sachverständigen S2 aus der Wertberechnung auszuschließen, da dieser im Zeitpunkt, als er gekappt worden ist, bereits stark vorgeschädigt war.
14Von den genannten Baumwerten war jedoch ein Minderungsbetrag von 50 % abzusetzen. Insoweit folgt das Gericht der Sachverständigen S2 nicht, die die Berücksichtigung jeglicher Minderung ablehnt. Zwar mag dem Ansatz der Sachverständigen zu folgen sein, dass es auf die konkrete Entwicklung eines Baumes nicht ankommt, solange dieser die ihm seitens des Grundstückseigentümers zugedachte Funktion erfüllt. Hier war jedoch aufgrund der Ortsbesichtigung festzustellen, dass die hier streitigen Bäume keine derart wesentliche Funktion für das Grundstück des Klägers erfüllten, dass deren nach der Methode Koch ermittelter voller Zeitwert zu ersetzen wäre. Zunächst war festzustellen, dass die Grundstücksgrenze keine einheitliche Bepflanzung aufweist. Insbesondere wechseln sehr hoch gewachsene Bäume mit Ziersträuchern ab, wobei zwischen den einzelnen Baumgruppen erhebliche Abstände bestehen. Innerhalb dieser sehr uneinheitlichen Bepflanzung erfüllten die zerstörten Bäume nur eine untergeordnete Funktion. So befand sich die zerstörte Fichte am Rande der Bepflanzung, die zerstörte Douglasie war in dichtem Abstand zwischen zwei weitere Bäume gepflanzt, die kräftig entwickelt waren und dadurch den zerstörten Baum im Wuchs zurückbleiben ließen. Die Funktion der zerstörten Douglasie kann nunmehr ohne weiteres durch die benachbarten Bäume übernommen werden, die sich durch den Wegfall des abgesägten Baumes nunmehr stärker entfalten können. Aufgrund der geschilderten untergeordneten Funktion der zerstörten Bäume waren die seitens der Sachverständigen S2 angenommenen Zeitwerte in Höhe von insgesamt 2.813,00 DM um 50 % zu kürzen, so dass sich eine berechtigte Schadensersatzforderung in Höhe von 1.406,50 DM ergibt. Weiterhin war seitens der Beklagten die für die Entfernung der Baumstümpfe ermittelten Kosten in Höhe von 92,00 DM zu erstatten, so dass die Beklagte insgesamt zur Schadensersatzleistung in Höhe von 1.498,50 DM verpflichtet ist.
15In der genannten Höhe war die Beklagte zu verurteilen. Im übrigen war die Klage abzuweisen.
16Zinsen konnten dem Kläger nur in gesetzlicher Höhe seit Zustellung des Mahnbescheides zuerkannt werden, da ein früherer Verzugseintritt nicht dargelegt und eine Zinsbescheinigung erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung eingereicht worden ist.
17Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92, 97 ZPO.
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