Urteil vom Landgericht Arnsberg - 2 O 262/15
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu einer Höhe von 250.000,00 € oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten es zu unterlassen, die Berufsbezeichnung Architekt insbesondere auch in der Form „Arch. Dipl. Ing. (TU)“ zu führen.
Der Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht als Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung einer E-Mail Signatur geltend.
3Mit Zeugnis der technischen Universität Berlin vom 15. Juni 1978 bestand der Beklagte die Diplomhauptprüfung in der Studienrichtung Architektur. Seit 1978 ist der Beklagte selbstständig und firmiert seit dieser Zeit unter der Bezeichnung „Planungsbüro U“. Er war jahrelang Mitglied der Architektenkammer, beendete seine Mitgliedschaft jedoch nach Streitigkeiten mit dem Versorgungswerk der Kammer.
4Bereits im Jahre 2003 führten die Parteien vor dem Landgericht Arnsberg unter dem Aktenzeichen 2 O 283/03 einen Rechtsstreit um die Verwendung einer E-Mail-Adresse und um die Verwendung des Begriffes Architektur. Der Beklagte verwendete seinerzeit die Bezeichnung „Dipl.-Ing. (TU) für Architektur und Stadtbau“. Die Verwendung dieser Bezeichnung durch den Beklagten ist gemäß Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 29.10.2003 und Urteil des OLG Hamm vom 13.05.2004 zulässig.
5Mit E-Mail vom 03.03.2015 verwendet der Beklagte nunmehr die Bezeichnung „Arch.Dipl.Ing. (TU)“.
6Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 31.03.2015 den Beklagten auf, diese Bezeichnung zu unterlassen. Der Beklagte wurde aufgefordert bis zum 15. April 2015 eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 15.05.2015 ließ die Klägerin die Aufforderung wiederholen. Zudem wurde der Beklagte zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.171,67 EUR sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Bearbeitungskosten i.H.v. 135 EUR aufgefordert. Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die Ablichtungen der E-Mail (Bl. 4 der Akten), des Schreibens vom 31. März 2015 (Bl. 5 ff. der Akten) sowie auf des Schreibens vom 15.05.2015 (Bl. 8 ff. Akten) Bezug genommen.
7Die Klägerin ist der Ansicht, die Abkürzung „Arch.“ lege die Annahme nahe, dass es sich bei dem Beklagten um einen Architekten handele. Die betroffenen Verkehrskreise würden zu dieser Annahme neigen. Falls die Abkürzung „Arch.“ Architektur stehen sollte, hätte es nahe gelegen, diese anzufügen, statt diese voranzustellen.
8Die Klägerin beantragt,
91)
10den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Berufsbezeichnung Architekt zu führen insbesondere auch in der Form „Arch. Dipl. Ing. (TU)“ oder eine ähnliche Bezeichnung zu führen,
112)
12dem Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,00 € oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen ihn festgesetzt wird,
133)
14den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.306,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 135,00 € seit dem 16.04.2015 und aus 1.171,67 € seit dem 28.05.2015 zu zahlen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er ist der Ansicht dass er nicht unzulässigerweise die Berufsbezeichnung Architekt benutze. Lediglich die Benutzung dieser Berufsbezeichnung sei durch § 2 (1) BauKaG geschützt. Eine Irreführung finde nicht statt. Der Beklagte habe eine Regelstudienzeit von zehn Semestern absolviert und die Gesamtnote „sehr gut“ erzielt.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache im Wesentlichen Erfolg.
20Die Klägerin ist klagebefugt gemäß §§ 13 Abs. 1 UWG und § 9 Nr. 1 BauKaG NW, den Beklagten auf Unterlassung der Verwendung der genannten Bezeichnung in Anspruch zu nehmen. Denn zu den ihr übertragenen Aufgaben gehört es, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren, insbesondere auch einen gegen § 2 BauKaG NW verstoßenden, nicht rechtmäßigen Gebrauch der Berufsbezeichnung zu verhindern; denn dabei handelt es sich um eine legitime öffentliche Aufgabe, die unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit der Klägerin übertragen werden konnte, (so auch BGHZ, Urt. v. 27.01.1980 AZ I ZR 41/78).
21In der Sache hat die Klage Erfolg. Gegen den Beklagten besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der E-Mail Signatur gemäß § 2 Abs. 1 BauKaG NW. Nach der genannten Norm darf die Berufsbezeichnung „Architekt“ führen, wer in die Architektenliste der jeweiligen Fachrichtung oder die Stadtplanerliste eingetragen ist oder wem die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung nach § 6 BauKaG NW zusteht. Der Beklagte gehört unstreitig nicht zu dem in § 2 Abs. 1 BauKaG NW genannten Personenkreis. Er ist nicht Architektenliste eingetragen, nachdem er aus der Kammer ausgetreten ist und verfügt auch sonst nicht über eine der in § 2 Abs. 1 BauKaG NW genannten Berechtigungen. Hiernach ist er zur Unterlassung der Verwendung der E-Mail Signatur, unabhängig von seiner Qualifikation auf dem Gebiet der Bauplanung, verpflichtet.
22Die Regelung hat auch den gemäß § 1 UWG notwendigen Wettbewerbsbezug. Denn das Erfordernis, sich in die Architektenliste eintragen zu lassen, um die Berufsbezeichnung „Architekt“ führen zu dürfen, dient dem Verbraucherschutz, der einen selbständigen Schutzzweck i.S.d. § 1 UWG darstellt. Dadurch soll dem Publikum gegenüber gewährleistet sein, dass es nicht nur auf einen fachkundigen, sondern auch auf einen beruflich integeren Berufsangehörigen trifft. Das wird insbesondere bei den Umständen, aus denen gemäß § 4 Abs. 6 und 7 BauKaG eine Eintragung in die Architektenliste versagt werden kann, deutlich (OLG Hamm Urt. v. 13.05.2004 – 4 U 140/03).
23Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen diese Regelung nicht. Sie bedarf auch keiner verfassungskonformen, einschränkenden Auslegung. Dies ist in der Rechtsprechung geklärt. Die Regelung ist mit dem Grundgesetz, insbesondere mit den Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es handelt sich insoweit um eine Berufsausübungsregelung, der weder Bedeutung für den Zugang zum Architektenberuf noch für Art und Weise der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten zukommt. Die Regelung ist vielmehr dem Grunde nach geeignet und erforderlich, um einen Titelschutz zu gewährleisten (OLG Düsseldorf 2 b Ss (Owi) 128/02 – (Owi) 72/92; BVerfG NJW-RR 1997,50; BVerfG BauR 2000,1143).
24Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine unbefugte Führung der Bezeichnung „Architekt“ bereits vorliegt, wenn der Eindruck erweckt wird, der Betroffene sei als Architekt tätig. Dieser Eindruck kann auch durch die Verwendung des Wortes „Architektur“ entstehen (vgl. hierzu BGH MDR 1980, MDR Jahr 1980 Seite 910 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28. Juli 1999, 13 U 61/99, in Juris Nr. KORE548369900; LG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 1991, 34 O 73/91, in Juris Nr. KORE580449200; LG Freiburg i.Br., Beschluss vom 21. Februar 2001, 12 O 156/00, in Juris Nr. KORE402022001; LG Heidelberg, Urteil vom 18. Dezember 2001 in Juris Nr. KORE563582002; siehe hierzu auch Prinz in Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, herausgegeben von Sangenstedt, 1999, Abschnitt D I Rdnr. 6). Dazu kann auch die Verwendung von Abkürzungen wie „Archt.“ ausreichen (OLG Düsseldorf aaO).
25Durch die Verwendung der Bezeichung „Arch.Dipl.Ing. (TU)“ hat der Beklagte den Eindruck erweckt, als Architekt tätig zu sein, obwohl er nicht in die Architektenliste eingetragen ist. Der Beklagte hat die Abkürzung „Arch.“ der Berufsbezeichnung gerade vorangestellt. Die Bezeichnung erweckt den Eindruck einer zusammenhängenden Berufsbezeichnung. Die Abkürzung „Arch.“ ist bei objektiver Betrachtungsweise nicht als Kennzeichnung für das Wort „Architektur“, sondern für die Berufsbezeichnung „Architekt“ zu verstehen. Die Auslegung ist naheliegend, da der Beklagte ein Planungsbüro betreibt. Insbesondere macht der Beklagte nicht mehr durch die Verwendung des Wortes „für“ (Architektur) deutlich, dass er lediglich auf seine akademische Qualifikation und sein Tätigkeitsfeld hinweisen will.
262.
27Die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten begründen sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Der Beklagte war vor Beauftragung der Klägervertreter unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert worden. Der eigene im Rahmen der Rechtsverfolgung entstandene Aufwand ist der Klägerin dagegen nicht gemäß § 9 UWG zu erstatten (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30 Aufl., § 9 Rdnr. 1.29).
28II.
29Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 92 Abs. 2 ZPO einerseits und aus § 709 ZPO andererseits.
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Referenzen
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