Urteil vom Landgericht Bielefeld - 21 S 84/03
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Februar 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bielefeld unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 170,-- Euro, insgesamt also 175,-- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.2.2002 zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 83 % und die Beklagten zu 17 %.
Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 79 % und die Beklagten zu 21 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2Die Berufung ist nur teilweise begründet.
3I.
4Der Kläger hat gegen die Beklagten lediglich Anspruch auf Zahlung weiterer 170,00 € aus §§ 7 I, 17 I 2 StVG a.F., 3 Nr. 1 und 2 PflVG.
51)
6Die Beklagten haben dem Kläger die von diesem gezahlten Kosten für das Schadensgutachten des Dipl.-Ing. N. zu erstatten, soweit sie angemessen sind. Dabei handelt es sich nach dem Ergebnis der vor der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme um 170,00 €. Der Sachverständige S. hat überzeugend ausgeführt, dass für die Erstellung des Schadensgutachtens ein Zeitaufwand von 60 bis 80 Minuten benötigt wurde, der angesichts der Marktgegebenheiten eine Gebühr von 130,00 € bis 170,00 € brutto einschließlich Nebenkosten rechtfertigt. Da dem Sachverständigen bei der Bestimmung seines Honorars mangels normativ verbindlicher Honorarordnung oder Taxe ein gewisses Ermessen zusteht, hält die Kammer eine Gebühr am oberen Rand dieses Rahmens für erstattungsfähig.
7Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm der Sachverständige N. einen Betrag von 426,30 € in Rechnung gestellt und er diesen auch bezahlt hat. Denn mit dieser Zahlung hat der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB verstoßen. Zwar ist der nach einem Unfall hinzugezogene Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, so dass die ihm in Rechnung gestellten Kosten grundsätzlich vom Schädiger zu erstatten sind; den Interessen des Schädigers kann durch die Abtretung evtl. Rückzahlungsansprüche gegen den Sachverständigen in ausreichender Weise begegnet werden. Dies gilt jedoch nicht bei einem Auswahlverschulden des Geschädigten oder bei offenkundiger Unrichtigkeit der Rechnung (Palandt- Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 249, Rn 22; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., Seite 108; Grunsky NZV 2000, 4; OLG Hamm DAR 1997, 275). Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Ausnahmekonstellation vor. Denn der Kläger hat die Rechnung des Sachverständigen N. erst zu einem Zeitpunkt beglichen, als ihm die Klageerwiderung der Beklagten bereits bekannt war, in der ausführlich formelle und inhaltliche Mängel der Rechnung gerügt wurden. Diese Einwände hätten dem Kläger Veranlassung geben müssen, von einer Bezahlung der Rechnung Abstand zu nehmen und die Klage auf Freistellung von der Gebührenforderung umzustellen. Da der Kläger die Rechnung gleichwohl vollständig ausgeglichen hat, kann er nach § 254 II BGB nur Erstattung der angemessenen Kosten verlangen.
82)
9Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung eines restlichen Fahrzeugschadens i.H.v. 350,00 €. Denn bei der Berechnung des Wiederbeschaffungsaufwands ist ein Restwert von 750,00 € und nicht von 400,00 € zugrunde zu legen.
10Grundsätzlich ist der Geschädigte zwar berechtigt, das Unfallfahrzeug umgehend zu dem in einem Schadensgutachten eines anerkannten Sachverständigen ausgewiesenen Restwert zu verkaufen oder in Zahlung zu geben. Weist der Schädiger dem Geschädigten jedoch eine ohne Weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeit nach, ist der Geschädigte im Interesse der Geringhaltung des Schadens nach § 254 II BGB verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen (BGH NJW 2000, 800). Die Beklagte zu 2) hat dem Kläger mit Schreiben vom 18.01.2002 ein derartiges Restwertangebot der Fa. Sa. über 750,00 € mitgeteilt. Streitig ist lediglich, ob der Kläger das Unfallfahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits verwertet hatte. Die Beweislast für mitverschuldensbegründende Umstände liegt bei den Beklagten (BGH NJW 2000, 800). Allerdings ist es Sache des Geschädigten, die Verwertung so konkret darzulegen, dass der Schädiger die Möglichkeit hat, den Beweis der Unrichtigkeit dieser Behauptung zu führen. Andernfalls könnte der Geschädigte durch die pauschale Behauptung, eine Verwertung sei schon vorher erfolgt, Restwertangeboten jegliche Relevanz nehmen. Eine Schutzwürdigkeit des Geschädigten, die Umstände der Verwertung nicht darlegen zu müssen, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Vorliegend hat der Kläger mit Anspruchschreiben vom 16.01.2002 mitteilen lassen, er beabsichtige, das Fahrzeug zu reparieren. Bereits am 22.01.2002 ging ihm dann die Mitteilung der Beklagten über das Restwertangebot zu. Insbesondere angesichts dieses kurzen Zeitraums ist der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug sei schon vorher an einen namentlich nicht bekannten polnischen Aufkäufer veräußert worden, ungenügend. Eine Ergänzung des Sachvortrags ist trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer nicht erfolgt.
113)
12Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Erstattung restlicher Radioumbaukosten in Höhe von 25,00 €. Gegen die Schätzung des Amtsgerichts in Höhe von 50,00 € ist nichts zu erinnern, zumal das Schadensgutachten des Dipl.-Ing. N. keine Angabe zu den Radioumbaukosten enthält.
13II.
14Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 288 I 1 BGB a.F..
15III.
16Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 a I, 92 I, 97 I, 708 Nr. 10 analog, 713 ZPO.
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