Urteil vom Landgericht Bochum - 1 O 267/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin gewährte den Beklagten zur Zeichnung eines Gesellschaftsanteils an der M KG als atypisch stille Gesellschafter ein Darlehen unter der Nummer 21227327 in Höhe von damals 35.000,00 DM gemäß Darlehensvertrag vom 28.11./06.12.1996.
3Der Darlehensvertrag war schriftlich zustande gekommen; mit undatiertem, per Einschreiben und Rückschein am 19.11.1996 zur Post gegebenen Schreiben hat die Klägerin gegenüber den Beklagten ihre grundsätzliche Finanzierungsbereitschaft mitgeteilt, die vorgefertigten Vertragsunterlagen an die Beklagten übersandt und diese ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie - die Klägerin - hinsichtlich der seitens der Beklagten beabsichtigt stillen Beteiligung an der M KG weder eine Prospekt- noch Vertragsprüfung vorgenommen hätte, auch das der Finanzierung zugrunde liegende Geschäft weder rechtlich noch wirtschaftlich geprüft habe, insbesondere eine Bonitätsprüfung nicht vorgenommen habe.
4Die Beklagten unterzeichneten den Darlehensvertrag unter dem 28.11.1996 und sandten diesen an die Klägerin zurück.
5Mit Schreiben vom 09.12.1996 hatte die Klägerin den ihrerseits am 06.12.1996 gegengezeichneten Vertrag mit der Widerrufsbelehrung, dem Sicherheitenblatt als Anlage zum Darlehensvertrag und ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Beklagten zurückgesandt.
6Bezüglich der Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf die Anlage K3 - Blatt 13 ff. d.A.- Bezug genommen.
7Das den Beklagten gewährte Darlehen war zunächst unter Angabe des anfänglichen effektiven Jahreszinssatz zu einem Zinssatz von 7,63 % jährlich bis zum 30.10.2001 festgeschrieben. Die Beklagten zahlten in der Folgezeit die vertraglich vereinbarten Zinsen.
8Nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsfestschreibung (30.10.2001) wurde das Darlehen mit Vereinbarung vom 13.08./18.10.2001 bis zum 30.09.2005 verlängert, wobei die Beklagten wiederum über ihr Widerrufsrecht belehrt worden waren.
9Bis zum 3. Quartal 2003 kamen die Beklagten ihrer Zahlungsverpflichtung nach, dann stellten sie ihre Zahlungen trotz Zahlungsaufforderung durch die Klägerin ein.
10Diese kündigte mit Schreiben vom 12.11.2003 das Darlehen und stellte den Gesamtsaldo von 18.402,19 € zum 13.11.2003 zur Rückzahlung fällig.
11Mit Schreiben vom 05.12.2003 kündigten die Beklagten die bei der B AG abgeschlossene Lebensversicherung und wiesen die Gesellschaft an, den Erlös an die Klägerin auszukehren.
12Am 03.02.2004 wurde der Rückkaufswert in Höhe von 4.020,56 € der Klägerin gutgeschrieben.
13Weiter leisteten die Beklagten am 03.03.2004 eine Teilzahlung in Höhe von 300,-Euro.
14Mit Schreiben vom 16.03.2004 widerriefen die Beklagten alle Erklärungen, die der Klägerin in der Vergangenheit gegenüber abgegeben worden waren, nach dem Haustürwiderrufsgesetz.
15Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen Betrag von 14.081,63 Euro geltend, bezüglich dessen Berechnung auf Seite 5 der Klageschrift verwiesen wird.
16Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei nur finanzierende Bank gewesen, so dass ihr grundsätzlich keine Aufklärungs- und Hinweispflichten oblegen hätten. Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Ausnahmetatbestände lägen hier nicht vor. Sie habe auch vor Abschluss des Darlehensvertrages die Beklagten auf eventuelle Risiken hingewiesen.
17Der Widerruf der Beklagten nach dem Haustürwiderrufsgesetz gehe fehl, da die Beklagten über ihr Widerrufsrecht auf dem Zeichnungsschein ausdrücklich belehrt worden seien. Die Widerrufsfrist von einer Woche nach dem Haustürwiderrufsgesetz in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung sei längst verstrichen gewesen.
18Die vorformulierte Widerrufsbelehrung habe zwar nicht ausdrücklich das Haustürwiderrufsgesetz benannt, erfülle aber alle Kriterien, die nach dem Haustürwiderrufsgesetz (§ 2 Abs. 2 Satz 2) erforderlich gewesen sei.
19Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie gesamtverbindlich 14.081,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 18.402,19 € für die Zeit vom 13.11.2003 bis 02.02.2004, aus 14.381,63 € für die Zeit vom 04.02.2004 bis zum 03.03.2004 und aus 14.081,63 € seit dem 04.03.2004 zu zahlen.
20Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
21Sie tragen zunächst vor, der Vertrag mit der M KG als auch der Darlehensvertrag mit der Klägerin seien in einer Haustürsituation geschlossen worden; es habe ein verbundenes Geschäft vorgelegen. Die Klägerin habe mit der M KG dauerhaft zusammengearbeitet.
22Für das verbundene Geschäft spreche auch, dass die Beklagten eine Abtretung der Rechte aus der Gesellschaftsbeteiligung und aus der neu abgeschlossenen Lebensversicherung zugunsten der Klägerin hätten unterschreiben müssen.
23Ebenfalls von der Klägerin hätten sie ein Formular erhalten, das "Belehrung über das Recht zum Widerruf nach dem Verbraucherkreditgesetz" überschrieben gewesen sei.
24Dieses Formular hätten sie am 28.11.1996 unterzeichnet; zu diesem Zeitpunkt sei es jedoch noch nicht vollständig ausgefüllt gewesen.
25Des Weiteren tragen die Beklagten vor, die Vereinbarung über die Anpassung der Konditionen vom 18.10.2001 stelle keine Novation dar, sondern eine bereits bei dem Abschluss des Vertrages vorgesehene Vertragsänderung.
26Die Klägerin repliziert, ihr sei nicht bekannt, wie die Beteiligung der Beklagten an der M KG zustande gekommen sei.
27Es bestehe auch zwischen der Klägerin und der M KG keine Absprache über die Finanzierung von Beteiligungen und Abwicklungsvereinbarungen.
28Selbst wenn der ursprüngliche Darlehensvertrag in einer Haustürsituation zustande gekommen sein sollte, könne dies im Hinblick auf den neuen Vertrag von 2001 keinerlei Auswirkungen mehr haben.
29Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist nicht begründet; der Klägerin steht gegen die Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.
32Von zunächst entscheidender Bedeutung ist, ob die Parteien im Jahre 2001 einen "neuen" Darlehensvertrag geschlossen haben oder ob der Vertrag im Jahre 2001 lediglich eine Fortschreibung des im Jahre 1996 begründeten Vertragsverhältnisses darstellt.
33Der Klägerin ist insoweit zuzugeben, dass die Laufzeit des ersten Vertrages auf 5 Jahre befristet war, so dass er im Jahre 2001 endete.
34Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien von 1996 sieht jedoch auch vor, dass die Lebensversicherung, die die Beklagten gleichzeitig bei der B Lebensversicherung abgeschlossen haben, der Tilgung des von der Klägerin gewährten Darlehens dienen sollte. Dies ergibt sich aus den Anmerkungen zu Punkt 8 des Darlehensvertrages. Die Klägerin hat sich auch die Rechte der Beklagten aus dem Darlehensvertrag zur Sicherheit abtreten lassen.
35Auch aus dem Schreiben der Klägerin zur "Vertragsverlängerung" im Jahre 2001 ergibt sich, dass die Klägerin selbst die im Jahre 2001 getroffenen Absprachen als "unbürokratische Darlehensverlängerung" ansieht, so dass zwischen den Parteien lediglich eine Änderung des Zinssatzes bei neu vereinbarter Zinsfestschreibung bis zum 30.09.2005 festgeschrieben worden ist.
36Zwar sind bei dieser "Vertragsverlängerung" die Beklagten über das Recht zum Widerruf belehrt worden, auf diese Widerrufsbelehrung kommt es aber im Hinblick auf den so eben ausgeführten Umstand, das es sich nicht um einen neuen Vertrag gehandelt hat, nicht an.
37Maßgeblich ist somit der Kreditvertrag aus dem Jahre 1996, der den Beklagten mit einem Anschreiben (Anlage K 1, Blatt 10 d.A.) zugeleitet worden ist.
38Aus diesem Anschreiben ergibt sich, dass die Klägerin den Abschluss des Darlehensvertrages als verbundenes Geschäft angesehen hat, gleiches ergibt sich aus der dem Darlehensvertrag beigefügten Belehrung über das Recht zum Widerruf nach dem Verbraucherkreditgesetz.
39Diese Belehrung haben die Beklagten mit dem Darlehensvertrag auch erhalten, was sie der Klägerin gegenüber auch bestätigt haben. Aber die Klägerin hat von den Beklagten die komplette Rücksendung aller zugesandten Vertragsunterlagen verlangt; diesem Begehren sind die Beklagten nach Unterzeichnung der jeweiligen Urkunden (Darlehensvertrag, Widerrufsbelehrung) auch nachgekommen. Zwar haben somit die Beklagten zunächst den Erhalt eines Exemplars der Widerrufsbelehrung bestätigt, es ist jedoch nach dem unstreitigen Sachvortrag davon auszugehen, dass der gesamte Vorgang einschließlich dieses Exemplars an die Klägerin zurückgegangen ist. Aus den weiter von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich nämlich, dass die für die Beklagten bestimmten Vertragsdurchschriften diesen erst unter dem 09.12.1996 zugesandt worden sind.
40Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Erklärung der Beklagten unter der Widerrufsbelehrung vom 28.11.1996 falsch ist, die Widerrufsfrist formal lief, obwohl die Beklagten keine Möglichkeit hatten, den Widerruf zu erklären, da ihnen keinerlei Urkunden über den Vertragsschluss vorlagen.
41Die Widerrufserklärung ist des weiteren insoweit fehlerhaft, als die Beklagten unwidersprochen vortragen, das Datum 28.11.1996 sei erst im nachhinein von der Klägerin in den Text eingesetzt worden.
42Des Weiteren enthält die Widerrufsbelehrung unzulässige Zusätze (vgl. dazu BGH vom 12.11.2002, XI ZR 03/01).
43Entsprechend den Ausführungen des BGH in seinem Urteil vom 14.06.2004 (II ZR 395/01) sind die Beklagten nach einem Widerruf gemäß § 1 HaustürWG nicht verpflichtet, der Bank die Darlehensvaluta zurück zu zahlen. Dass es sich vorliegend um ein verbundenes Geschäft gehandelt hat, ergibt sich, wie bereits ausgeführt, zunächst aus dem Zustandekommen des Darlehensvertrages. Dabei geht die Klägerin selbst davon aus, dass es sich um ein verbundenes Geschäft gehandelt hat. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Widerrufsbelehrung.
44Wie bereits ausgeführt, hat sich die Klägerin auch die Rechte aus dem Gesellschaftsanteil der M KG abtreten lassen.
45Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe keine Kenntnis von den Umständen der Geschäftsanbahnung mit der M KG gehabt, ist nach der Rechtsprechung des zweiten Senates die Kenntnis der Klägerin nicht erforderlich; die Haustürsituation ist der den Beitritt finanzierenden Bank jedenfalls dann zurechenbar, wenn sie dem von dem Fond eingeschalteten Vermittler die Anbahnung auch des Kreditvertrages überlässt und wenn aufgrund des Inhalts der Kreditunterlagen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger in einer Haustürsituation geworben worden ist, wovon vorliegend im Hinblick auf die Ortsangaben in dem Darlehensvertrag und die Vertriebsorganisation der M KG auszugehen ist.
46Somit war, wie geschehen, zu erkennen, wobei sich die Kostenfolge aus § 91 ZPO ergibt; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.