Urteil vom Landgericht Bochum - I-8 O 85/09
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.567,88 € nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 18.03.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 7 % und die Beklagte zu 93 %.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die der Klägerin zustehende Vergütung für die von der Beklagten durchgeführten Veranstaltungen Weihnachtsmarkt 2004 – 2007, H 2005 – 2008 und C 2004 und 2005, die die Klägerin mit Rechnungen vom 29.08. und 11.09.2008 entsprechend dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle in dem zuvor durchgeführten Schiedsstellenverfahren Sch-Urh 09/08 abgerechnet hat. Wegen der von der Klägerin gestellten Rechnungen wird auf die Anlagen K 2 bis K 11 zur Klageschrift; wegen des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle vom 09.06.2008 wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift verwiesen.
3Die Klägerin ist der Ansicht, der Tarif U-VK sei mit der Maßgabe anzuwenden, dass es auf die Größe der Veranstaltungsfläche gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Hauswand zu Hauswand ankomme.
4Die Klägerin beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.404,54 € nebst Zinsen in
6Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit
7Klagezustellung zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte wendet sich gegen die Anwendbarkeit des Tarifs U-VK, ohne die von der Klägerin jeweils angesetzte Flächengröße zu bestreiten. Angesichts der Dichte der Beschickung des Weihnachtsmarktes sei die von der Klägerin angesetzte Größe "irreal"; die Beschallung erreiche nur wenige Besucher und sei zudem bloßer Nebenzweck. Sie erziele aus den Veranstaltungen keine geldwerten Vorteile, da sie nur als Agentur für die Stadt Bochum auftrete. Wegen der Forderungen, die Veranstaltungen aus dem Jahr 2004 betreffen, erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Veranstaltungen seien ( unstreitig ) angemeldet gewesen und in der Vergangenheit stets nachträglich berechnet worden. Darüber hinaus sei der GVL-Zuschlag unberechtigt, da bei den Veranstaltungen "H" und "C" nur Live-Musik gespielt worden sei. Beim Weihnachtsmarkt habe es – insoweit unstreitig - auf dem E-Platz nur am 20.11.2004 Live-Musik gegeben.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der dem Gericht überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage ist überwiegend begründet.
14Die Beklagte ist verpflichtet, wegen der streitgegenständlichen Veranstaltungen einen Betrag von 38.567,88 € an die Klägerin zu zahlen.
15Die Kammer folgt in inzwischen ständiger Rechtsprechung der Rechtsauffassung der Schiedsstelle, wonach Stadt- bzw. Straßenfeste und ähnliche Veranstaltungen im Freien nach dem Tarif U-VK I der Klägerin zu vergüten sind, wobei die Größe der Veranstaltungsfläche gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Hauswand zu Hauswand ausschlaggebend ist. Denn mit diesem Parameter lassen sich die für die Festlegung der der Klägerin zustehenden Vergütung entscheidenden geldwerten Vorteile der Werknutzung hinreichend zutreffend ermitteln, wenngleich nicht verkannt werden soll, dass es unter Umständen korrektere und zu mehr Einzelfallgerechtigkeit führende Kriterien zur Bestimmung der aus der Werknutzung folgenden geldwerten Vorteile geben dürfte: Für die Höhe der geldwerten Vorteile der Werknutzung dürfte weniger die Größe einer Fläche als vielmehr deren Ausnutzung den entscheidenden Faktor darstellen. Da indes die Größe einer Fläche jedenfalls auch ein für die aus der Werknutzung folgenden geldwerten Vorteile denkbarer Anhaltspunkt ist, sieht die Kammer keine Veranlassung, insoweit von der Rechtsauffassung der sachkundigen Schiedsstelle abzuweichen. Die Kammer folgt der Schiedsstelle auch darin, dass es angesichts der Erforderlichkeit zur Pauschalierung nicht darauf ankommen kann, von der Veranstaltungsfläche Bereiche von Ständen, Bühnen, Zugängen, Parkplätzen u. ä. abzuziehen, so dass im Ergebnis auch nicht entscheidend ist, welche konkrete Fläche von einzelnen Ständen oder Bühnen aus tatsächlich beschallt wird. Eine Einschränkung nimmt die Kammer lediglich insoweit vor, als sie die Anwendung des Tarifs U-VK nur bei Vorliegen einer einheitlichen Veranstaltung für sachgerecht hält, nicht aber auch dann, wenn nur hier und da vereinzelt Bühnen und Stände etc. mit dazwischen liegenden großen Leerflächen errichtet sind, da dies im Extremfall dazu führen könnte, dass bei einer geringsten Anzahl von Bühnen, Ständen etc. nahezu ein gesamtes Stadtgebiet zur Veranstaltungsfläche werden könnte. Ermittelt sich die der Klägerin zustehende Vergütung allein anhand der Größe der Veranstaltungsfläche, ist nicht erheblich, ob die Beschallung Haupt- oder Nebenzweck einer Veranstaltung ist sowie ob und in welcher Höhe die Beklagte Einnahmen aus der Veranstaltung erzielt.
16Unter Zugrundelegung der jeweils unstreitigen Flächengrößen von 2.562 qm für den E-Platz betreffend die Veranstaltungen Weihnachtsmarkt und C sowie von 3.493 qm für die Veranstaltung H ergeben sich folgende Einzelansprüche der Klägerin, wobei die Kammer entsprechend dem Vortrag der Klägerin jeweils die Nettobeträge in Ansatz gebracht hat:
17Weihnachtsmarkt 2004:
182.562 qm/1 Tag 359,40 €
19gezahlt: 211,69 €
20147,71 €
21Weihnachtsmarkt 2005:
222.562 qm/36 Tage 13.158,00 €
23gezahlt: 1.491,75 €
2411.666,25 €
25Weihnachtsmarkt 2006:
262.562 qm/36 Tage/inkl. GVL-Zuschlag 14.640,12 €
27gezahlt: 1.968,32 €
2812.671,80 €
29Weihnachtsmarkt 2007
302.562 qm/31 Tage/inkl. GVL-Zuschlag 12.739,76 €
31gezahlt: 2.123,03 €
3210.616,73 €
33H 2005
343.493 qm/1 Tag 426,30 €
35gezahlt: 50,50 €
36375,80 €
37H 2006
383.493 qm/1 Tag 431,20 €
39gezahlt: 56,32 €
40374,88 €
41H 2007
423.493 qm/1Tag 435,70 €
43gezahlt: 56,84 €
44378,86 €
45H 2008
463.493 qm/1 Tag 441,20 €
47gezahlt: 57,52 €
48383,68 €
49C 2004
502.562 qm/3 Tage 1.078,20 €
51gezahlt: 77,38 €
521.000,82 €
53C 2005
542.562 qm/3 Tage 1.096,50 €
55gezahlt: 145,15 €
56951,35 €
57insgesamt: 38.567,88 €
58Unbegründet ist die Klage, soweit die Klägerin mit ihr für die Veranstaltung Weihnachtsmarkt 2004 Vergütung für 6 Veranstaltungstage auf dem E-Platz begehrt. Denn die Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass es auf dem E-Platz nur am 20.11.2004 eine Veranstaltung mit Live-Musik gegeben habe. Diesem Vorbringen, das im Einklang mit der Anmeldung der Veranstaltung bei der Klägerin steht (Bl. 55 d. A. ), ist diese nicht entgegen getreten. Für den Weihnachtsmarkt 2004 könnten weitere Vergütungsansprüche der Klägerin daher nur für Veranstaltungen auf dem Platz "B" zustehen. Zu deren Berechnung ist die Kammer mangels Angaben zur Größe des Platzes "B" nicht in der Lage.
59Ebenfalls unbegründet ist die Klage im Hinblick auf den für die Veranstaltungen H und C begehrten GVL-Zuschlag, da es insoweit an substantiiertem Vorbringen der Klägerin fehlt, nachdem die Beklagte im Hinblick auf diese Veranstaltungen die Berechtigung dieses Zuschlags bestritten hat. Gegen die Berechtigung des GVL-Zuschlags für die Veranstaltungen Weihnachtsmarkt 2006 und 2007 hat die Beklagte demgegenüber keine Einwände erhoben.
60Schließlich sind die das Jahr 2004 betreffenden Vergütungsansprüche der Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht verjährt, § 102 Satz 2 UrhG i. V. m. § 852 BGB.
61Die Klage war demgemäß wegen der einen Betrag von 38.567,88 € übersteigenden Klageforderung abzuweisen.
62Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 291 BGB.
63Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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