Urteil vom Landgericht Bochum - I-4 O 101/18
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 64.959,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 13.05.2014 bis zum 04.05.2018 und danach in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer ### zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des oben bezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger kaufte am 13.05.2014 bei dem Q Zentrum Recklinghausen einen S Diesel mit der Fahrgestellnummer ### zu einem Kaufpreis von 74.098,73 €
3Das Fahrzeug ist mit einem Sechszylinderdieselmotor mit 3 Litern Hubraum mit einer Leistung von 190 kW ausgerüstet. Der Fahrzeugtyp verfügt über eine EG-Typgenehmigung nach der EU6 Norm.
4Herstellerin des Motors ist die W AG, die diesen Motortyp auch entwickelt hat. Der Motor war mit einer Software zur Beeinflussung des Abgasverhaltens hinsichtlich der Stickoxydwerte (NOx) ausgerüstet. Diese bewirkte die Einhaltung der Grenzwerte auf dem Prüfstand.
5Die Beklagte entwickelte eine Veränderung der Motorsoftware, die als kostenloses Update den Kunden zur Verfügung gestellte und im Oktober 2016 bei dem Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.01.2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs bis zum 13.02.2018 an ihn zurückzuzahlen.
7Bei der Überprüfung des Fahrzeugtyps S Euro 6 3,0 Liter V6 TDI wurde durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Aufgrund der eingebauten Abschalteinrichtung kann es im Betrieb der Fahrzeuge zu erhöhten Stickoxidemissionen kommen. Mit Bescheid vom 16.05.2018 wurde durch das KBA ein verpflichtender Rückruf angeordnet. Der Beklagten wurde aufgegeben, die unzulässigen Abschalteinrichtungen aus den betroffenen Fahrzeugen nach der Freigabe des Maßnahmenpakets durch das KBA zu entfernen. Das von der Beklagten entwickelte zweite Softwareupdate ist vom KBA freigegeben worden. Mit Schreiben vom 07.12.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit: „dass aufgrund einer angeordneten Rückrufaktion von Fahrzeugen des Typs S 3,0-Liter-V6-Diesel (Euro 6) ein Software-Update am Motorsteuergerätvorgenommen werden muss. Hintergrund ist, dass Unregelmäßigkeiten in der Motorsteuerungssoftware dieser Fahrzeuge im Hinblick auf die Funktionsweise des SCR Katalysators festgestellt wurden. Das Kraftfahrt Bundesamt hat daraufhin eine Umrüstung durch ein Software-Update im Rahmen eines Rückrufes angeordnet.“
8Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 36.999 km.
9Der Kläger behauptet, von der Beklagten getäuscht worden zu sein. In dem Fahrzeug sei bei Kauf eine doppelte Abschaltvorrichtung verbaut gewesen. Zum einen seien über eine höhere Abgasrückführungsquote nur für den Rollenprüfstand die Stickstoffdioxidwerte gemindert worden und zum anderen habe eine Leistungsreduzierung stattgefunden, um den Verbrauch und damit die den Kohlendioxidausstoß deutlich nach unten zu senken. B habe die illegalen Abschaltvorrichtungen von W übernommen und die Beklagte wiederum von B. Die Gespräche über eine Kooperation bei den Dieselmotoren zwischen der W AG, der B AG und der Beklagten seien zwischen Herrn H von der B AG, Herrn I von der W AG sowie dem Entwicklungschef bei Q Herrn T geführt worden. Dieser sei über die manipulierte Software in Kenntnis gesetzt worden und habe den damaligen Vorstand der Beklagten I1 informiert. Dieser sei an der Entwicklung und dem Einsatz der illegalen Software beteiligt gewesen.
10Er habe sich aufgrund der falschen Beschaffenheitsangabe sowohl über die Gesetzeskonformität der Motorsteuerungssoftware als auch über die Richtigkeit der von dem Fahrzeug auf dem Prüfstand im NEFZ zu erzielenden Schadstoffwerte, insbesondere den Stickoxidwert geirrt. Das Update wirke sich negativ auf die Dauerhaltbarkeit des Motors aus und führe nicht zu einem mangelfreien Zustand.
11Ursprünglich hat der Kläger Verzugszinsen ab dem 14.02.2018 beantragt und die Nutzungsentschädigung noch nicht beziffert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er die zu zahlende Nutzungsentschädigung beziffert und eine Verzinsung ab Kauf gefordert.
12Der Kläger beantragt nunmehr,
131. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 74.098,73 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 13.05.2014 bis zur Rechtshängigkeit und seither in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer ### unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung von 8.076,51 € zu zahlen;
142. festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 14.02.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
153. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 3.196,34 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2018 zu tragen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen
18Sie ist der Ansicht, es liege weder eine Täuschung vor noch habe der Kläger einen Schaden erlitten. Jedenfalls durch das Update sei das Fahrzeug mangelfrei. Sie bestreitet insbesondere einen Vorsatz ihrer Organe bezüglich einer Täuschung oder Schädigung des Klägers.
19Entscheidungsgründe:
20I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Bochum gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Auch hat der Kläger bzgl. des Feststellungsantrags zu 2) ein Feststellungsinteresse. Denn die Feststellung des Annahmeverzuges ist bedeutend mit Blick auf die Regelungen der Zwangsvollstreckung (§§ 756, 765 ZPO).
21II. Die Klage ist überwiegend begründet.
22A. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 64.959,70 € Schadensersatz Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkws gemäß § 826 BGB.
23Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
241. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger eine Schädigungshandlung in Form einer Täuschung verübt. Eine Täuschung ist jede intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel der Irreführung über Tatsachen. Die Beklagte hat eine manipulierte Software genutzt, um die Typgenehmigung für das Fahrzeug zu erhalten. Die erfolgte Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr beruhte daher nicht auf einer ordnungsgemäßen Prüfung, sondern auf der Manipulation der Motorensoftware. Bringt der Autohersteller einen zum Straßenverkehr zugelassenen Pkw auf den Markt, erklärt er damit jedenfalls konkludent mit, dass die Zulassung nicht durch eine Manipulationshandlung erlangt wurde. Denn nach der Verkehrsauffassung muss ein Kunde beim Kauf eines Pkws erwarten dürfen, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgen und nicht auf einer manipulierten Motorensoftware basieren.
25Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte entgegen ihrer sekundären Darlegungslast nicht dargetan, dass ihr keine eigene originäre Täuschungshandlung vorzuwerfen ist. Zwar hat sie den streitgegenständlichen Motor nicht selbst entwickelt. Doch hat der Kläger Umstände vorgetragen, die dafür sprechen, dass die Beklagte Kenntnis von der Manipulationssoftware der W AG hatte. Ein weitergehender Vortrag kann dem Kläger nicht abverlangt werden. Er kann aus tatsächlichen Gründen keine Kenntnis über die internen Geschäftsstrukturen der Beklagten und der W AG haben. Insbesondere liegt es außerhalb seiner Erkenntnisquellen, wie im Einzelnen die Beklagte über die Entwicklung der Manipulationssoftware durch die W AG informiert war. Es wäre nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast Aufgabe der Beklagten gewesen, dem Vortrag des Klägers entgegenzutreten und dazulegen, dass sie keine Kenntnis von der Umschalteinrichtung des Motors hatte, obwohl sie den Pkw herstellte und gesellschaftsrechtlich derart eng mit der W AG verbunden ist. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Das Gericht geht demnach zu ihren Lasten davon aus, dass die Beklagte Kenntnis von der Softwaremanipulation hatte. Dann hat sie es zumindest unterlassen, die Käufer ihrer Fahrzeuge über das Vorhandensein eines dieser Software zu informierten, womit sie sich die primäre Täuschungshandlung der W AG für ihre eigenen Geschäfte zu Eigen gemacht hat.
262. Die Täuschungshandlung der Beklagten war auch kausal für die Kaufentscheidung des Klägers. Nach der Rechtsprechung genügt bereits die Möglichkeit, dass die Täuschungshandlung für den Entschluss des Getäuschten nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss gehabt haben kann (BGH NJW 1995, 2361 zu § 123 BGB; vgl. auch Sprau, in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 826 Rn. 20).
27Die Beklagte hat über eine Manipulation der Motorensoftware und somit über die ordnungsgemäße Prüfung und Zulassung des Fahrzeugs getäuscht. Sowohl die Eigenschaft des Motors als zentrales Element eines Fahrzeuges als auch die ordnungsgemäße Zulassung als Voraussetzung der Nutzung des Fahrzeuges im Straßenverkehr lassen nur den Schluss zu, dass der Kläger bei Kenntnis der Manipulation das Fahrzeug nicht gekauft hätte. Dabei wäre es auch unerheblich, wenn im Wege der Manipulation in erster Linie die Stickstoffemissionen manipuliert worden wären und der Kläger sich zu diesem Wert keine Gedanken gemacht hätte. Wesentlich ist die Tatsache der Softwaremanipulation, die sich auf den Vorgang der Prüfung des Fahrzeuges und somit auch auf die Typgenehmigung und letztlich die Zulassung auswirkte.
283. Die Beklagte hat den Kläger auch auf sittenwidrige Art und Weise getäuscht. Dies ist der Fall, wenn eine Handlung in ihrem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und dadurch mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist. Hierbei sind Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 2013, 550; Sprau, a.a.O., Rn. 4).
29Beweggrund der Beklagten war allein die Erzielung eines höheren Gewinns. Die Beklagte nutzte bei ihrer Täuschung aus, dass der Endverbraucher darauf vertraut, dass ein Fahrzeug, das von einem Hersteller für den Verkauf freigegeben wurde, die Zulassungsprüfungen ordnungsgemäß durchlaufen hat und dementsprechend die gesetzlich vorgegebenen Werte ohne Weiteres einhält. Die Auswirkungen der durch Täuschung erlangten Typengenehmigung und der sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen treffen auch unmittelbar den Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs, das stets mit dem Makel behaftet ist, von dem Abgasskandal betroffen zu sein.
304. Die Beklagte hat dem Kläger einen Schaden zugefügt.
31a. Auch wenn die Beklagte dem Kläger entsprechend der Differenzhypthese keinen Schaden zugefügt haben sollte, liegt jedenfalls ein normativer Schaden darin, dass der Kläger aufgrund der Täuschungshandlung einen andernfalls ungewollten Vertrag abgeschlossen hat. Ein Schaden ist grundsätzlich durch die Differenzhypothese zu ermitteln. Er liegt vor, wenn die jetzige Vermögenslage des Geschädigten schlechter ist als sie ohne die schädigende Handlung wäre. Das ist zumindest zweifelhaft. Denn durch das Softwareupdate ist die ursprünglich vorhandene illegale Software beseitigt worden. Auch ist zweifelhaft, ob das Softwareupdate greifbare negative Auswirkungen haben wird, sei es bzgl. des Kraftstoffverbrauchs, der CO2-Emissionen, der Motorleistung oder etwaiger eingeschränkter Weiterverkaufsmöglichkeiten. Die Differenzhypothese muss allerdings einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Der Schadensersatz dient dazu, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen. Danach kann ein Schaden auch darin gesehen werden, dass jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist (BGH NJW-RR 2005, 611, 612). Es ist daher anerkannt, dass der Schaden auch darin liegen kann, dass ein – wäre eine Täuschung nicht erfolgt –ungewollter Vertrag abgeschlossen wird (so im Ergebnis auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232). Dann richtet sich der Schaden nach dem negativen Interesse des Geschädigten.
32bb. Hieran ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass der Kläger das erste Update auf den streitgegenständlichen Pkw hat aufspielen lassen und ein zweites, das die illegale Softwaren beseitigt zur Verfügung steht. Denn die Updates ändern nichts an der Tatsache, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat, den er bei Kenntnis der tatsächlichen Sachlage, also ohne entsprechende Täuschungshandlung der Beklagten, nicht abgeschlossen hätte. Außerdem sind die Auswirkungen des Updates noch unklar. Jedenfalls ist das Update nicht in der Lage, den Abschluss eines ungewollten Vertrages für den Kläger zu kompensieren. Denn der Pkw dürfte aufgrund der lang anhaltenden öffentlichen Diskussion und der Kritik an W einen merkantilen Minderwert aufweisen. Ebenso dürfte der Wiederverkaufswert aufgrund der Unsicherheit, ob Manipulationen durch das Update wirklich beseitig wurden und welche Folgen dies für den Pkw hat, verringert sein.
335. Die Beklagte erfüllte auch den subjektiven Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der beteiligten Organmitglieder zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der §§ 831, 31 BGB (Wagner, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 37). Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissens- bzw. Vorsatzelement bei dem jeweiligen Organmitglied oder Mitarbeiter festgestellt werden (Wagner, a.a.O.). Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten des hier beweisbelasteten Klägers. Vorliegend ist jedoch die Beklagte nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast darlegungspflichtig. Dies folgt daraus, dass der Kläger nicht mehr vortragen kann, als er vorliegend getan hat. Der Kläger muss davon ausgehen, dass etwa der damalige Vorstand Kenntnis von dem Einbau der Motoren mit der von der W AG entwickelten Softwaremanipulation hatte. Es ist dem Kläger nicht möglich, hierzu näher vorzutragen, da dies Kenntnis von den internen Strukturen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegender Geschehnisse voraussetzen würde. Insofern obliegt es der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist. Dies hat sie jedoch versäumt (so auch LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16 = VuR 2017, 111; LG Paderborn, Urteil vom 07.04.2017 - 2 O 118/16 und LG Kleve, Urt. v. 31.03.2017, Az. 3 O 252/16 = VuR 2017, 232).
346. Der Kläger ist demnach so zu stellen, wie er ohne Täuschung stehen würde. Ohne die Täuschung hätte der Kläger den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem Kaufpreis von74.098,73 € nicht abgeschlossen. Er hat daher grds. Anspruch auf Rückzahlung dieses Betrages Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkws.
35Der Kläger muss sich jedoch eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Würde er den gesamten Kaufpreis erstattet bekommen, würde er überkompensiert und durch das schadensstiftende Ereignis letztlich bereichert. Dies ist nicht der Zweck des Schadensrechts.
36Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung betrug der Kilometerstand 36.999 km. Ausweislich des Kaufvertrages hat der Kläger den Pkw als Neufahrzeug erworben. Bei einem Kaufpreis von 74.098,73 € und einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km ergibt sich somit nach der bekannten Formel (Multiplikation von Kaufpreis und den gefahrenen Kilometern, dividiert durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung) eine anzurechnende Nutzungsentschädigung i.H.v. 9.139 €. Der Zahlungsanspruch des Klägers reduziert sich somit auf 64.959,70 €.
377. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Verzinsung des zurückzuerstattenden Kaufpreises folgt bis zur Rechtshängigkeit am 04.05.2018 aus § 849 BGB in Höhe von 4% und danach aus §§ 288 I, 291 BGB.
38B. Es war entsprechend des Klageantrags zu 2) festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des streitgegenständlichen Pkws in Annahmeverzug befindet. Der Kläger hat die Beklagte mit dem vorgerichtlichen Schreiben vom 29.01.2018 zur Zahlung von Schadensersatz gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgefordert. Die Beklagte befindet sich demnach seit ihrer Verweigerung im Annahmeverzug.
39C. Der Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt ebenfalls aus § 826 BGB. Der Kläger hat jedoch lediglich einen Anspruch von einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und der Kostenpauschale nach dem Gegenstandswert, hier des Kaufpreises. Der konkrete Sachverhalt bedurfte keiner besonderen Expertise oder eines besonderen Aufwands beim Klägervertreter. Vielmehr verwandte dieser offenbar Textbausteine und passte diese lediglich bezüglich der Umstände des Vertragsschlusses an die Daten des konkreten Kaufvertrages an.
40Mithin betragen die berechtigten Gebühren 2.085,95 €.
41Zu verzinsen ist dieser Betrag ab Eintritt des Verzuges, da die Beklagte bereits mit dem Schreiben vom 29.01.2018 zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten aufgefordert wurde.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
43Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
44Der Streitwert wird auf 74.098,73 EUR festgesetzt.
45Rechtsbehelfsbelehrung:
46Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bochum, Josef-Neuberger-Straße 1, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
47Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
48Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.