Urteil vom Landgericht Bonn - 6 S 133/87
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 17. Februar 1987 – 7 C 425/85 - wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.053,35 DM nebst 4 % Zinsen aus 2.900,-- DM seit dem 22. Juni 1961, aus 649,09 DM seit dem 10. September 1985 und aus 504,26 DM seit dem 07. Januar 1986 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Berufung und Anschlussberufung im Übrigen werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 48 %, der Beklagte zu 52 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 60 %, dem Beklagten zu 40 % auferlegt, mit Ausnahme der Urteilsgebühren, die der Kläger zu 28 % und der Beklagte zu 72 % tragen.
Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.
1
Entscheidungsgründe :
2Die Berufung, mit der der Beklagte die amtsgerichtliche Entscheidung insoweit angreift, als er zur Zahlung des Mietzinses für die Monate April bis einschließlich Juni 1985 (1.800,-- DM) sowie zum Schadensersatz wegen Beschädigung von Fassadenplatten des Hauses infolge der Anbringung und des Herabstürzens eines Vogelhäuschens (645, -- DM) verurteilt worden ist, ist teilweise begründet.
3Das gleiche gilt für die Anschlussberufung des Klägers, die sich gegen die Versagung des Anspruchs aus der Nebenkostenabrechnung 1985 (210,90 DM) sowie der Heizkostenabrechnung 1984/85 (530,16 DM) wendet.
4Dem Kläger steht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung in Höhe von 645,-- DM wegen Beschädigung der Außenisolierung seines Hauses durch Anbringung eines Vogelhäuschens sowie Herabstürzen desselben nicht zu.
5Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger die Richtigkeit seines Vortrages durch die Aussage seiner Ehefrau nicht zu beweisen vermocht. Aus der Aussage der Zeugin A ergibt sich nicht, daß der Beklagte zur Befestigung des Vogelhäuschens - wie der Kläger behauptet - in den Isolierplatten der Außenfassade gebohrt hat, Der Vortrag des Beklagten für die Anbringung sei ein bereits vorhandenes Loch in eine Fassadenplatte benutzt worden, ist von dem für die seinen Anspruch stützenden Tatsachenbehauptungen beweispflichtigen Vorbringen mithin nicht widerlegt worden. Auch hat die Zeugin nicht bekundet, daß sie das Herabfallen des Vogelhäuschens und die hierbei erfolgte Beschädigung der tiefer gelegenen Fensterbank beobachtet habe. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz insoweit auf Befragen ausdrücklich klargestellt, dass die Beschädigung der Fensterbank eine reine Schlussfolgerung daraus sei, dass man das Vogelhäuschen auf dem Boden gefunden habe.
6Dies reicht nach Auffassung der Kammer für die Annahme der Beschädigung der Fensterbank gerade durch den Sturz des Vogelhäuschens nicht aus, zumal aus den vorgelegten Fotos keine Beschädigung der fraglichen Fensterbank derart ersichtlich ist, dass andere mögliche Schadensursachen von vornherein auszuschließen wären.
7Demgegenüber ist die Kammer im Ergebnis wie das Amtsgericht der Auffassung, daß dem Kläger auch für die Monate April bis einschließlich Juni 1985 der geltend gemachte Mietzinsanspruch aus § 535 Satz 2 BGB zusteht. Der Beklagte konnte mit Schreiben vom 27. Januar 1985 firstgerecht nur zum 30. Juni 1985 die Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen, da für die Berechnung der Kündigungsfrist nach § 565 Abs. 2 BGB die gesamte Wohnzeit des Beklagten im Hause des Klägers seit dem 01. Dezember 1979 zu berücksichtigen ist.
8Bei einem Wohnungswechsel des Mieters innerhalb des Hauses ist es streitig, ob sich die Dauer der Überlassung nach der Besitzzeit der letzten zu kündigenden Wohnung richtet (vgl. LG Düsseldorf ZMR 1969, 243; 310; AG Düsseldorf MDR 1968, 846; AG Dortmund MDR 1964, 923; AG Hamburg MDR 1970, 240; Palandt-Putzo, BGB, 46. Auflage, § 565 Anm. 2 b) aa); Münchner Kommentar-Voelskow, BGB, § 565 Rdz. 17) oder ob die gesamte Mietzeit in dem Hause unabhängig von der jeweiligen Wohnung maßgebend ist (vgl. LG Kaiserslautern ZMR 1970, 184; AG Oberhausen ZMR 1965, 248; AG Kassel ZMR 1966, 48; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumkündigungsschutzgesetze, 4. Auflage, Rdz. B 649; Sternel, Mietrecht, 2. Auflage, RDz. IV 25; Bodie ZMR 1966, 244 f) Dabei kann allerdings dahinstehen, ob vorlegend ein neuer, Mietvertrag zwischen den Parteien begründet oder lediglich der Leistungsinhalt des alten Mietvertrages ausgetauscht worden ist; denn § 565 Abs. 2 BGB stellt nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses eines bestimmten Vertrages, sondern auf die Überlassung „des Wohnraums“, also auf den tatsächlichen Vorgang der Besitzeinräumung ab.
9Der Wortlaut des § 565 Abs. 2 BGB spricht- zwar für die zuerst genannte Meinung; denn hiernach kommt es auf die Überlassung „des“ Wohnraums an, womit nur der zu kündigende Wohnraum gemeint sein kann. Da der Gesetzgeber den Fall des Wohnungswechsels eines Mieters im gleichen Hause offensichtlich nicht bedacht hat, liegt eine Regelungslücke vor, die unter Berücksichtigung des Zwecks der gestaffelten Kündigungsfristen des § 565 aus. 2 BGB und der zwischen den Parteien bestehenden Interessenlage zu schließen ist. Die Schutzvorschriften des § 565 Abs. 2 BGB beruhen darauf, daß der Mieter sich im Laufe der Jahre ganz auf seine Wohnung eingestellt und diese zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse gemacht hat. Dieser sogenannte „Heimgedanke“ erschöpft sich jedoch nicht in dem nur tatsächlichen Besitz an der Wohnung. Er ist auch Auswirkung der Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß bei einem Umzug im Hause die Umgebung für den Mieter dieselbe bleibt und er nach wie vor im selben Umfang wie zuvor das Haus und dessen Einrichtungen (Keller, Speicher etc.) benutzen kann. Der Umzug innerhalb desselben Hauses bedeutet für den Mieter keinen Bruch bestehender Bindungen; die bisherigen Beziehungen werden vielmehr kontinuierlich fortgesetzt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank a.a.O.). Eine sachgerechte Lösung sieht die Kammer deswegen nur darin, dass ein Wohnungswechsel innerhalb desselben Hauses bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 565 Abs. 2 BGB ohne Bedeutung ist. Dies gilt allerdings - wie auch im Übrigen die Regelung des § 565 Abs. 2 BGB - gleichermaßen für beide Parteien des Mietvertrages und nicht nur – wie der Beklagte meint zu Gunsten des Mieters.
10Dem Kläger stehen mithin auch die Mieten für die Monate April, Mai und Juni 1985 noch zu.
11Die Anschlussberufung hat nur insoweit Erfolg, als der Kläger aus der Heizkostenabrechnung 1984/85 die Zahlung eines Betrages von 504,26 DM von dem Beklagten verlangen kann; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
12Die vorgenannte Heizkostenabrechnung ist ordnungsgemäß erstellt und inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Berechnung der Gradtagsanteile begegnet im Hinblick auf den zutreffend zu Grunde gelegten Abrechnungszeitraum keinen Bedenken. Auch hat der Kläger entgegen der Behauptung des Beklagten Stromkosten nicht doppelt, sowohl in der Heizkostenabrechnung als auch in der Abrechnung des Allgemeinstroms berechnet; der in der Heizkostenabrechnung aufgeführte Betrag von 203,04 DM entspricht der Hälfte des in der Jahresabrechnung des S vom 29. September 1985 enthaltenen Betrages von insgesamt 407,08 DM. Abzuziehen von dem in der Heizkostenabrechnung ausgeworfenen Endbetrag von 1.354,26 DM sind allerdings insgesamt fünf Heizkostenvorauszahlungen des Beklagten in Höhe von 170,-- DM, d. h. insgesamt 850,-- DM, so dass ein von dem Beklagten noch zu zahlender Betrag von 504,26 DM verbleibt. Denn den in der Abrechnung berücksichtigten Heizkostenvorauszahlungen des Beklagten für die Monate November und Dezember 1984 sowie Januar 1985 sind die vom Amtsgericht rechtskräftig dem Kläger zuerkannten Vorauszahlungen für die Monate Februar und März 1985 hinzuzurechnen.
13Eine Forderung aus der Nebenkostenabrechnung 1985 hat der Kläger demgegenüber auch in der Berufungsinstanz nicht schlüssig dargetan. Der geltend gemachte Betrag von 210,90 DM ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, da eine Nebenkostenabrechnung nicht vorgelegt worden ist.
14Die Entscheidung über die Zinsen beruht, auf § 291 ZPO.
15Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus §§ 92 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO.
16Streitwert für das Berufungsverfahren ( Berufung 2.445,-- DM + Anschlussberufung 3.276,03 DM):
17Bis zur teilweisen Rücknahme der Anschlussberufung: 5.721,03 DM
18Danach: 3.175,16 DM (Berufung 2.445,-- DM + Anschlussberufung 730,16 DM)
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