Urteil vom Landgericht Bonn - 4 S 157/88
Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen vom 02.08.1988 – 21 C 305/87- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7.7.1987 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) tragen der Kläger 55 % und der Beklagte 45 %.
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
2Entscheidungsgründe:
3Der zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufung konnte ein Teilerfolg nicht versagt bleiben.
4Der Kläger kann nach § 463 BGB von dem Beklagten Zahlung von 1.700,-- DM verlangen, weil dieser ihn sowohl über den Zeitraum des früheren Betriebes des verkauften PKW G-H als auch über dessen vormalige Benutzung als Testwagen bei der Firma G arglistig getäuscht hat.
5In beiden Fällen handelt es sich um Mängel des Fahrzeuges im Sinne des § 459 BGB. Zum einen gingen die Vorstellungen des Klägers bei Vertragsabschluss aufgrund der Angabe des Erstzulassungsdatums 13.2.1986 dahin, daß der Wagen kurz vorher allenfalls zum Zwecke der Überführung vom Herstellerwerk gefahren worden war. Tatsächlich war er jedoch unstreitig schon Anfang Februar 1985 in Betrieb genommen worden und wies zum Zeitpunkt der Erstzulassung ausweislich des zwischen der Firma G und dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrages vom 7.2.1986 bereits einen Kilometerstand von 11.227 km auf. Die somit um mindestens ein Jahr verlängerte Nutzungsdauer und die dadurch verursachten Verschleißerscheinungen bedingen zwangsläufig eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der allgemeinen Wertschätzung. Darüber hinaus war der PKW bei der Firma G zumindest zum Test eines neuartigen Getriebes eingesetzt worden, das vor dem Verkauf an den Beklagten durch das serienmäßige Getriebe ersetzt wurde. Es mag zwar zutreffen, daß die Firma G während der Testzeit keine besonders verschleiß-und ermüdungsintensiven Untersuchungen angestellt hat, wie der Beklagte behauptet. Gleichwohl haftete dem Wagen allein aufgrund der bloßen längeren Benutzung als Testfahrzeug ein zusätzlicher Mangel an. Denn die atypische, nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Fahrzeug mehr als gewöhnlich strapazierende Art der Vorbenutzung als Testobjekt wirkt sich ähnlich wie etwa bei einem Fahrschulwagen ( vgl. OLG Nürnberg MDR 1985,672) wesentlich auf seine Bewertung durch den Markt aus. Dieser schätzt ein Testfahrzeug schon wegen der Möglichkeit übermäßiger Beanspruchung wertmäßig deutlich geringer ein als ein Fahrzeug, das von privater Hand normal benutzt worden ist. Die Kammer schließt sich insoweit im Gegensatz zum Amtsgericht der Entscheidung des OLG Köln vom 31.10.1985 - 12 U 55/ 85- an und sieht sich hierin durch den Sachverständigen C bestärkt, der ausgeführt hat, daß allein schon die vormalige Benutzung eines Fahrzeuges als Dienstwagen nach der Marktbewertung regelmäßig zu einem Preisabschlag von ca. 1o % führt.
6Auch die weiteren Voraussetzungen des § 463 BGB sind erfüllt. Der Beklagte hat die beiden Mängel des Fahrzeuges bei Vertragsabschluss nicht lediglich verschwiegen, weshalb es nicht darauf ankommt, ob ihn insoweit eine Aufklärungspflicht traf. Er hat den Kläger vielmehr durch sein Handeln bewusst über die Mängel getäuscht. Soweit es die längere Dauer der Vorbenutzung des Wagens angeht, ergibt sich dies schon aus der Angabe des Erstzulassungsdatums im Kaufvertrag. Diese Erklärung konnte ohne zusätzliche Erläuterung vom Kläger nur dahin verstanden werden, daß der PKW erst kurz vorher -wie üblich- zum Zwecke der Überführung vom Herstellerwerk in Betrieb genommen worden sei. Ferner steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, daß der Beklagte auf ausdrückliches Befragen der Ehefrau des Klägers versichert hat, daß es sich nicht um einen Testwagen handele, obwohl ihm die Art der Vorbenutzung zugegebenermaßen bekannt war. Die Zeugin A hat sowohl vor dem Amtsgericht als auch bei ihrer erneuten Vernehmung vor der Kammer bekundet, als früherer Sekretärin eines mit dem Vorserienbau befassten Mitarbeiters der Firma G seien ihr bei der Besichtigung des Fahrzeuges die andersartigen Blinker aufgefallen. Sie habe deshalb den Beklagten gefragt, ob der Wagen aus dem Vorserienbau stamme, was dieser verneint habe. Die Kammer hat keinen Anlass, den Wahrheitsgehalt dieser Aussage in Zweifel zu ziehen. Die Zeugin hat einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Für die Richtigkeit ihrer Aussage spricht zudem, daß sie die weitere Behauptung ihres Ehemannes, der Beklagte habe ihm zugesichert, für den Wagen bestehe noch eine zweimonatige Herstellergarantie, nicht bestätigt hat. Im übrigen ist bei den Kaufverhandlungen unstreitig über den Vorserienbau bei der Firma G gesprochen worden. Wenn der Zeugin aber, wie ferner unstreitig ist, Abweichungen des Wagens gegenüber der Normalaustattung aufgefallen sind und sie über gewisse Erfahrungen im Vorserienbau verfügte, dann drängt es sich geradezu auf, dass sie nach der früheren Benutzung des Fahrzeuges gefragt und der Beklagte ihr hierauf eine eindeutige Antwort gegeben hat.- Da der Beklagte nach Überzeugung der Kammer auch wusste, dass Art und Dauer der Vorbenutzung des PKWs zumindest für die Preisvorstellungen des Klägers von maßgeblicher Bedeutung waren, handelte er arglistig. Im Hinblick darauf kann die von ihm erhobene Verjährungseinrede nicht durchgreifen (§ 477 BGB).
7Der somit dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch des Klägers ist auch nicht gemäß § 460 BGB ausgeschlossen. Dem Beklagten ist nämlich nicht der ihm obliegende Beweis gelungen, daß der Kläger die Art der Vorbenutzung des Wagens vermittels des Wissens seiner Ehefrau positiv gekannt hat. Die zum Beweis dieser Tatsache benannte Zeugin A hat vielmehr im Gegenteil bekundet, der Beklagte habe ihre diesbezüglichen Verdachtsgründe zerstreut. Aufgrund der Fahrgestellnummer des Wagens sei sie nicht auf den Gedanken gekommen, daß er im Bereich des Vorserienbaues eingesetzt worden sein könnte.
8Nach § 463 BGB kann der Kläger als sog. kleinen Schadensersatz Ersatz des Wertunterschiedes zwischen mangelfreier und mangelhafter Sache verlangen. Der Sachverständige C hat hierzu nachvollziehbar und von den Parteien unbeanstandet ausgeführt, der Marktwert des PKWs habe unter Berücksichtigung der Sonderausstattung zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Kläger bei 17.600, -- DM gelegen. Unter Zugrundelegung des Kaufpreises von 19.300,-- DM, den der Kläger als wert, der mangelfreien Sache ansetzt, ergibt sich ein vom Beklagten zu erstattender Minderwert von 1.700,-- DM.
9Aufgrund der Fristsetzung zur Zahlung bis zum 6.7.1987 befand sich der Beklagte seit dem 07.07.1987 mit der Zahlung im Verzuge, weshalb der Kläger seit diesem Zeitpunkt gemäß § 288 BGB 4 % Zinsen auf die Hauptforderung beanspruchen kann.
10Die Kostenentscheidung beruht, auf § 92 ZPO.
11Gegenstandswerts 3.800,-- DM.
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