Beschluss vom Landgericht Bonn - 37 Qs 1-3/98 und 37 Qs 22/98
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) wird als unzulässig verworfen, soweit sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme hinsichtlich der am 25.11.1997 in ihren Geschäftsräumen beschlagnahmten, inzwischen an sie wieder herausgegeben Geschäftsunterlagen (Nr.27, 29 30, 31, 33, 35, 36, 37, 44, 48, 51, 58) begehrt.
Es wird festgestellt, daß der Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts Bonn vom 30.9.1997(51 Gs 885/97) und die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997 (50 Gs 200/97), die die Durchsuchung der Dienst- und Privaträume des Beschuldigten und die Geschäftsräume der Krankenhausverwaltung des Krankenhauses T zum Gegenstand hatte, rechtswidrig sind.
Die Beschlagnahmeanordnungen des Amtsgerichts Bonn vom 29.5.1998 und 1.12.1997 werden aufgehoben.
Die Herausgabe der in Ausführung dieser Beschlüsse erlangten Unterlagen wird - soweit nicht der Beschluß des Amtsgerichts Bonn vom 5.6.1998 entgegensteht angeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.
1
Gründe:
2I.
3Mit Vermerk vom 2.12.1996 hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen den Beschwerdeführer zu 1) als Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren "wegen des Verdachts der Vorteilsannahme u.a." eingeleitet (Az. 24 a 1384/96, vgl. BI.1 Bd. I des Verfahrens 100 Js 27/97 StA Bonn). Das Verfahren wurde aus dem dortigen Umfangsverfahren 24 a Js 22/94, welches sich gegen Ärzte, Verantwortliche von Kliniken sowie gegen Mitarbeiter von Herzklappenherstellern im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf richtet, ausgetrennt und nach Weiterleitung an die Generalstaatsanwaltschaft Köln von dieser zum Zwecke der Übernahme an die Staatsanwaltschaft Bonn abgegeben (BI. 1014 Bd. II d. Verf. 100 Js 27/97), die das Verfahren am 7.1.1997 zuständigkeitshalber übernahm (Az. 100 Js 27/97). Ebenso verfahren wurde hinsichtlich weiterer Beschuldigter, deren Verfahren dem hiesigen örtlichen Zuständigkeitsbereich unterfielen.
4Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Verantwortliche und Mitarbeiter verschiedener Unternehmen (insbes. der Fa. U1. K N Deutschland GmbH, der Fa. V C Deutschland AG und der Fa. O GmbH), mit öffentlich bediensteten Chefärzten von Krankenhäusern, die sich u.a. mit Herzoperationen befassen, Absprachen ausgehandelt zu haben, nach denen den Ärzten bei Abnahme und Zahlung von Herzklappenimplantaten zu überhöhten Preisen hierfür Vergütungen in Form von Geld oder Sachleistungen gewährt wurden. Die Krankenhäuser sollen sodann die um die "Rabatte" überhöhten Preise an die Zahlungspflichtigen, nämlich die Krankenkassen, Krankenversicherungen oder Patienten, weitergegeben haben (vgl. die Begründungen der Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wuppertal Bl. 216- 223 Bd.1 d. Verf. 100 Js 27/97). Im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wuppertal wurden u.a. die Geschäftsräume der o.g. Firmen durchsucht und umfangreich Firmenunterlagen sichergestellt. Nach einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Wuppertal ergab die Sichtung dieser Geschäftsunterlagen, dass von den Firmen Vergünstigungen verschiedener Art, insbes. umsatzabhängige Zahlungen für Studien, Forschungsvorhaben und Reisen an Krankenhäuser, kliniknahe Einrichtungen und Ärzte gewährt wurden, wobei diese "Rückflüsse" in den den Abnehmern gestellten Rechnungen nicht erschienen und damit weder dem zunächst betroffenen Krankenhausbudget noch dem letztendlich Zahlungspflichtigen zugute kamen (vgl. Vermerk vom 9.5.1995, BI. 771 Bd. 2 d. Verf. 100 Js 267/97).
5Die sichergestellten Firmenunterlagen hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal in der. Folgezeit nach Empfängern von Zuwendungen und Rückflüssen ausgewertet und - ausweislich des Vermerks vom 2.12.1996 (BI. 970 Bd. d. Verf. 100 Js 27/97) - für jeden Beschuldigten eine mit "Gesamtzuwendungen" überschriebene Liste erstellt, aus der die noch nicht verjährten Fälle der jeweils "mindestens" erhaltenen Vergütungen. ersichtlich sein sollen. Eine entsprechende Liste hat sie auch unter "H F Krankenhaus T " erstellt: Diese weist je eine Zuwendung im März 1993 und im März 1994 über Beträge von 5.000,-- bzw. 14.442,07 DM, mithin insgesamt 19.442,07 DM aus. Als "Lieferfirma" wird in der Liste für beide Zahlungen die Firma " O " angegeben; unter der Rubrik "Zuwendungsart" finden sich die - von den Zahlungsbelegen Übernommenen - Eintragungen "Spende" bzw. "Sponsoring" (Bl. 971 Bd. II d. Verf. 100 Js 27/97 und die diese Zahlungen betreffenden Belege in dem Beweismittelordner I "Zuwendungen").
6Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat unter dem 19.6.1996 - also noch vor Austrennung des Verfahrens gegen den hier Beschuldigten Prof. H – einen "Vermerk zur Rechtslage" gefertigt (BI. 974-988 Bd. II d.Verf. 100 Js 27/97), der sich im Anschluss an eine Darlegung der gesetzlichen Grundlagen der Krankenhausfinanzierung insbes. mit der Relevanz des Verhaltens der Beteiligten - ohne Namensnennung - aus strafrechtlicher Sicht beschäftigt. In diesem Vermerk werden die angeblichen Vorgänge unter den Straftatbeständen der Vorteilannahme (§ 331 StGB), der Bestechlichkeit (§ 332 StGB), des Betruges (§263 StGB) und der Untreue (§263 StGB) erörtert. Abschließend enthält dieser Vermerk unter Ziffer 8 folgenden Passus:
7"Es ist zumindest fraglich, ob die Beschuldigten die erhaltenen Zuwendungen einer steuerlichen Behandlung unterworfen haben. Die Anregung sei deshalb erlaubt, Kontrollmitteilungen an die zuständigen Finanzämter zu versenden" (Bl. 988 Bd. II d.Verf. 100 Js 27/97).
8Nach Eingang der Akten bei der Staatsanwaltschaft Bonn fand bei dieser am 14.2.1997 unter Beteiligung von Beamten des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D - Steuerfahndungsstelle - eine Besprechung betreffend die - nunmehr. von der Staatsanwaltschaft. Bonn geführten Ermittlungsverfahren gegen hiesige Ärzte und andere Verantwortliche statt, in deren Verlauf die Staatsanwaltschaft Bonn das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D zur Prüfung der Frage, ob neben des Verdachts der Vorteilsannahme U.a. auch der Verdacht der Steuerhinterziehung gegeben sei, um die Durchführung von. Vorermittlungen bat (Bl. 3 d. Verf. AB 74/97 Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D ; soweit im folgenden auf diese Ermittlungsakte Bezug genommen wird, erfolgt die Angabe allein unter dem Aktenzeichen AB 74/97). Um diese Vorermittlungen vornehmen zu können wurde vereinbart, dass die Staatsanwaltschaft Bonn dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D eine Zusammenstellung, die die in Frage kommenden Personen und die jeweiligen Zuwendungen enthalten sollte, zukommen lassen soll, und das Finanzamt an den bei verschiedenen Personen geplanten Durchsuchungen "in Fällen offensichtlicher Verdachtsmomente wegen Steuerhinterziehung" mit eigenen Beamten beteiligt werden soll (BI.3A AB 74/97). In diesen Fällen sollte die Durchsuchungsbegründung zudem auf "... Steuerhinterziehung" erweitert werden.
9Unter dem 5.3.1997 beantragte die Staatsanwaltschaft Bonn in dem gegen den Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahren bei dem Amtsgericht Bonn den Erlass mehrerer Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse, und zwar in einem Fall (Ziffer 1 a des Antrags) "wegen des Verdachts der Vorteilsannahme; Untreue, Steuerhinterziehung u. a." die Anordnung der Durchsuchung betreffend die Wohnung und die Diensträume des. Beschuldigten im Krankenhaus T sowie die Durchsuchung der Geschäftsräume in der Krankenhausverwaltung, insbes. der Buchhaltung, der Abteilung für Beschaffung und der Personalabteilung (BI. 3-7 Ziffer a und b Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn). Der Antrag enthält im Hinblick auf diese geplante Durchsuchung - im Anschluss an eine nicht konkret auf die Person des Beschuldigten bezogene, sondern allgemein gehaltene, die Verdachtsmomente (Abrechnungsweise, "Rückflussverdacht") darstellende Schilderung - folgende Begründung:
10"Seit dem 12.3.1993 hat der Besch. Prof. Dr. H von der Firma O geldwerte Zuwendungen unterschiedlichster Art für Studien, Vorträge, Reisen und Bewirtungen oder sonstige Sachleistungen in Höhe von insgesamt 19.442,07 DM erhalten.
11Insoweit besteht auch der Verdacht, dass der Beschuldigte diese steuerlich erheblichen Tatsachen nicht oder nur teilweise den Finanzbehörden gegenüber angegeben hat".
12Das Amtsgericht Bonn hat durch Beschluss vom 6.3.1997 - antragsgemäß - unter dem einheitlichen Aktenzeichen 50 Gs 200/97 vier Beschlüsse, u.a. den beantragten Durchsuchungsbeschluss betreffend die Wohn-. und Diensträume des Beschuldigten und die Geschäftsräume der Krankenhausverwaltung, erlassen. Die Begründung dieses Beschlusses stimmt mit der des Antrages wortgleich überein. Die weiteren drei unter demselben Aktenzeichen ergangenen Beschlüsse des Amtsgerichts Bonn haben die Anordnung der Beschlagnahme von Bankunterlagen betreffend die Empfängerkonten der beiden o.g. Zuwendungen (Beschluss BI. 11,12 Bd. III und Beschluss Bl.13,14 Bd. III 100 Js 27/97 StA Bonn) und die Durchsuchungsanordnung hinsichtlich des einen Kontoinhabers, des Vereins für L Forschung, (Beschluss BI.15/16 Bd. III), in dem der Beschuldigte "Bevollmächtigter" gewesen sein soll, zum Gegenstand.
13Am 17.3.1997 haben Beamte der "EK Äskulap" sowohl das Büro des Beschuldigten im Krankenhaus T als auch seine Privatwohnung durchsucht und umfangreich Unterlagen sichergestellt. Bei beiden Durchsuchungen waren auch Beamte des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D beteiligt (BI.14, 17, 60 AB 74/97). Die in dem im Büro des Beschuldigten sichergestellten Unterlagen wurden in einem Verzeichnis unter Nr.1-36 aufgelistet (Bl.24 Bd. III dVerf.100 Js 27/97), die in der Wohnung sichergestellten Unterlagen wurden in Beweismittelordnern Nr.1-3 zusammengefasst (s. Sicherstellungsprotokoll BI.28 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn).
14Am 18.3.1997 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D gegen Prof. H als Beschuldigten ein Strafverfahren "wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für einen noch festzustellenden Zeitraum" ein (Vermerk BI.9 d. Verf. AB 74/97); der Beschuldigte soll "Einnahmen, geldwerte Vorteile und. andere Vergünstigungen von den Herstellerfirmen medizinischer Implantate nicht versteuert haben".
15In der Folgezeit sichtete u.a. das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D die sichergestellten Unterlagen und fertigte - jedenfalls hinsichtlich der in dem Büro. aufgefundenen Unterlagen - eine zweiseitige tabellarische Übersicht an, in der auch kurz zu der "steuerlichen Prüfungswürdigkeit" der sich aus den jeweiligen Unterlagen ergebenen Vorgänge Stellung genommen wird (BI.19/20 d. Verf. AB 74/97). Aufgrund der durch die Auswertung der Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse forderte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D anschließend von der Krankenhausverwaltung des Krankenhauses T GmbH und dem Beschuldigten weitere Informationen an, insbes. betreffend sog. Pool - Zahlungen und Pool - Abgaben des Beschuldigten an das Krankenhaus. und Mitarbeiter (Bl.21 und 22 d.Verf. AB 74/97). Es fand daraufhin zunächst eine Besprechung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D mit dem von dem Beschuldigten in steuerlichen Angelegenheiten mandatierten Rechtsanwalt Dr. W statt (Gesprächsvermerk vom 11.6.1997, BI. 25 d. Verf. AB 74/97). Zudem erläuterte Rechtsanwalt Dr. W mit Schreiben vom 30.7.1997 "das Zahlungssystem" seines Mandaten (BI. 52-57 d.Verf. AB 74/97).
16Die Sichtung der sichergestellten Unterlagen durch das Finanzamt. für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D ergab im weiteren, dass sich die komplette Buchführung des Beschuldigten bei seiner Steuerberaterin, der Beschwerdeführerin zu 2), befand und diese zudem "bisher nicht bekannte Treuhandkonten für den Beschuldigten" führe. Zudem sollen sich bei der Sichtung "eine Vielzahl von prüfungsrelevanten Sachverhalten" ergeben haben (vgl. Sachstandsbericht vom 5.9.1997, Bl.60, 61 d. Verf. AB 74/97).
17Am 22./23.9.1997 beantragte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D daher "wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung in nicht rechtsverjährter Zeit, zumindest 1991-1995" bei dem Amtsgericht Bonn den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses für die Geschäftsräume der Beschwerdeführerin zu 2) (BI. 63, 64 d.Verf. AB 74/97). Das Amtsgericht Bonn hat diesen Durchsuchungsbeschluss am 30.9.1997 erlassen (51 Gs 885/97). Der Beschluss enthält folgende Begründung:
18"Es ist zu vermuten, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird.
19Es besteht der Verdacht, dass der Beschuldigte unrichtige Steuererklärungen abgegeben hat und dadurch Steuern verkürzt hat" (Bl. 66, 66a d.Verf. AB 74/97).
20Am 25.11.1997 führten Beamte des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D die Durchsuchung in den Büroräumen der Beschwerdeführerin zu 2) durch und beschlagnahmten die sodann unter Ziffer 1-64 der "Anlage 1 zur Nachweisung vom 25.11.1997" aufgelisteten Unterlagen (Bl. 67 -70 d. Verf. AB 74/97). Auf Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D bestätigte das Amtsgericht Bonn am 1.12.1997 (51 Gs 1057/97, Bl. 74-77 d. Verf. AB 74/97) die Beschlagnahme der anlässlich dieser (zweiten) Durchsuchung sichergestellten Unterlagen.
21Durch Vermerk vom November 1997 (Bl. 91 d. Verf. AB 74/97) hat das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D am 25.11.1997 das gegen den Beschuldigten geführte Strafverfahren "wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung 1991- bis 3/1997" erweitert. Auf. dem Vermerk findet sich der Zusatz: "Der Beschuldigte soll umsatzsteuerpflichtige Einnahmen aus Auftragsforschung nicht zutreffend erklärt haben".
22Mit Schreiben vom 10.12.1997 legte die Beschwerdeführerin zu 2) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde "gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 30.9.1997 und die Beschlagnahmeaktion vom 25.11.1997" (Bl. 83 f d. Verf. AB 74/97) mit dem Antrag ein, die beschlagnahmten Unterlagen sicherzustellen und nicht auszuwerten. Durch weiteren Schriftsatz vom 22.12.1997 (BI. 87 f. d.Verf. AB 74/97) erweiterte die Beschwerdeführerin zu 2) ihre Beschwerde auf den - zwischenzeitlich erlassenen - Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1.12.1997.
23Zur Begründung ihrer Beschwerden führt sie an, dass die Durchsuchung und Beschlagnahme unter Missachtung des in § 97 StPO normierten Beschlagnahmeprivilegs angeordnet bzw. beschlossen worden seien und sämtliche Unterlagen dem unmittelbaren Steuerberatungsbereich zugehören würden. Ergänzend beruft sie sich auf die - im folgenden dargelegte - Beschwerdebegründung des Verteidigers des Beschuldigten (Schreiben vom 7.1.1998, BI.116 d.Verf. AB 74/97).
24Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6.1.1998 (Bl. 97 ff d. Verf. AB 74/97) hat der Beschuldigte gegen den Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1.12.1997, Az. 51 Gs 1057/97 Beschwerde eingelegt und die Herausgabe der in dem Verzeichnis unter Ziffer 1-64 aufgeführten Unterlagen beantragt. In seinem anwaltlichen Schriftsatz vom 30.11.1998 (Bl.193 ff d. Verf. AB 74/97) beantragt er ferner, "festzustellen, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 30.9.1997 (51 Gs 885/97) rechtswidrig ist". Zur Begründung führt der Beschuldigte an, der der Beschlagnahme zugrundeliegende Durchsuchungsbeschluss vom 30.9.1997 habe nicht erlassen werden dürfen, da kein hinreichend konkreter Anfangsverdacht (betr. die Vorwürfe der Vorteilsannahme, der Untreue, des Betruges und der Steuerhinterziehung) bestanden habe. Zudem weise dieser Durchsuchungsbeschluss inhaltliche Unzulänglichkeiten auf, da er den erhobenen Tatvorwurf nicht konkretisiere und die Beweismittel, auf die sich der Tatverdacht begründen soll, nicht angebe. Darüber hinaus würden die beschlagnahmten Unterlagen teilweise nicht von dem in dem Durchsuchungsbeschluss angeführten Tatverdacht erfasst (vgl. die Aufstellung Bl. 111, 112 d. Verf. AB 74/97); ein Teil der Unterlagen sei unter Verstoß gegen § 97 StPO beschlagnahmt worden.
25Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D hat am 14. und 21.1.1998 zu den erhobenen Beschwerden gegen die Beschlüsse vom 30.9.1997 und 1.12.1997 Stellung genommen (BI. 92-95 und 122-128 d. Verf. AB 74/97). Das Amtsgericht hat - unter Nichtabhilfe im übrigen - seinen Beschlagnahmebeschluss vom 1.12.1997 betr. die Asservatennummern 27, 29, 30, 31, 33, 35, 36, 37, 44, 48, 51 und 58 aufgehoben (Bl. 129 d. Verf. AB 74/97), Diese Unterlagen hat das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D zwischenzeitlich herausgegeben.
26Auf Nachfrage der Kammer hat die Beschwerdeführerin zu, 2) ihr Beschwerdebegehren mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.2.1998 dahingehend konkretisiert, dass allein die Beschwerden gegen den Durchsuchungsbeschluss Vom 30.9.1997 und den Beschlagnahmebeschluss vom 1.12.1997 aufrechterhalten werden. Bezüglich der aufgrund der Teilabhilfeentscheidung des Amtsgerichts zwischenzeitlich herausgegebenen Unterlagen beantragt die Beschwerdeführerin zu 2), die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme festzustellen (Bl. 140 d. Verf. AB 74/97).
27Die Kammer hat die Entscheidung über diese Beschwerden auf mehrfache
28Bitte des Verteidigers des Beschuldigten (BI. 135, 141, 157, 172, 178, 181, 184, 186, 188 d.Verf. AB 74/97) in Absprache mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zu 2) im Hinblick auf weitere - im Rahmen des Steuerstrafverfahren - angekündigte Beschwerden des Verteidigers des Beschuldigten (siehe hierzu nachfolgend) zurückgestellt, . um nunmehr einheitlich alle Beschwerden bescheiden zu können.
29Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 6.2.1998 (Bl. 305 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn) hat der Beschuldigte gegen die Sicherstellung der Unterlagen, die anlässlich der ersten Durchsuchungen am 17.3.1997 (hierbei handelt es sich um die bereits erwähnten Durchsuchungen in dem Büro und der Privatwohnung des Beschuldigten in Ausführung eines der vier Beschlüsse des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997, Az. 50 Gs 200/97) mitgenommen wurden, Widerspruch eingelegt und gerichtliche Entscheidung gemäß § 98 Abs.2 Satz 2 StPO beantragt. Die Verfahrensakten wurden am 27.3.1998 von der Staatsanwaltschaft Bonn dem Amtsgericht Bonn mit dem Antrag vorgelegt, die Beschlagnahme der sichergestellten Unterlagen zu bestätigen (BI. 307, 308 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97). Das Amtsgericht Bonn hat diesen Antrag - nach zwischenzeitlich vorgenommener Konkretisierung des Antrages durch die Staatsanwaltschaft Bonn (vgI. BI. 311- 313 und BI. 318, 319 Bd. IV d. Verf. 100 Js 27/97) und des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D (BI. 322-324 Bd. IV d. Verf. 100 Js 27/97) - mit zwei inhaltlich voneinander abweichenden Beschlüssen - beschieden:
301: Unter dem 29.5.1997 hat das Amtsgericht Bonn (Abteilung 50) zum einen in dem Ermittlungsverfahren "wegen des Verdachts der Vorteilsannahme, des Betruges/der Untreue zum Nachteil der Krankenversicherungsträger und des Krankenhausträgers" zur Meidung der Beschlagnahme der Originalunterlagen entsprechend §§ 94, 98 StPO die Herstellung von Fotokopien und deren Beschlagnahme bzgl. der Unterlagen des Sicherstellungsverzeichnisses Nr. 14, 15, 17, 20, 22, 23, 24, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 36 (aus dem Büro), der Nr.3 (Unterlagen aus der Privatwohnung) und bzgl. der Nr. 21 (Notebook, das zwischenzeitlich bereits zurückgegeben worden war, S: BI. 37 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn), die Beschlagnahme der darauf gespeicherten und vor der Rückgabe auf eine CD-Rom gebrannten Daten (s. BI. 26 und 232 Bd. III d.Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn) angeordnet (Az.50 Gs 476/98).
312: Des weiteren hat das Amtsgericht Bonn (Abteilung 51) durch Beschluss vom 5.6.1998 (51 Gs 342/98) in dem Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten "wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung" die Beschlagnahme bzgl. der (Original)Unterlagen des Sicherstellungsverzeichnisses Nr.2, 3, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 17, 18, 19, 20, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36 (Büro) und Ziffer 1 und 3 (Privatwohnung) bestätigt (Bl. 368 373 Bd. IV d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn).
32Die Staatsanwaltschaft Bonn, die seit dem 16.9.1997 von dem seit 18.3.1997 bei dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D gegen den Beschuldigten geführten steuerrechtlichen Ermittlungsverfahren Kenntnis hatte (Bl. 222 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn), hat durch Verfügung vom 29.5.1998 aus ihrem bis dahin einheitlich - d.h. wegen aller in Betracht kommenden Vorwürfe - gegen den Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahren den Vorwurf der Steuerhinterziehung im Hinblick auf das laufende Verfahren des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D aus ihrem Verfahren ausgetrennt (Bl. 329 Bd. IV d. Verf. 100 Js 27/97) und diesen - nunmehr unter dem Aktenzeichen 100 Js 26/98 StA Bonn geführten - Verfahrensteil an das Finanzamt zu deren Ermittlungsverfahren AB 74/97 abgegeben.
33Gegen den von der Abteilung 51 des Amtsgerichts Bonn erlassenen, die Beschlagnahme anordnenden Beschluss vom 29.5.1998 (51 Gs 342/98) hat der Beschuldigte durch anwaltlichen Schriftsatz vom 30.11.1998 Beschwerde eingelegt. Er beantragt, "die Beschlagnahme aufzuheben und die noch im dortigen Gewahrsam befindlichen Gegenstände herauszugeben" (Bl. 222 f d. Verf. AB 74/97). In seinem - bereits oben erwähnten - anwaltlichen Schriftsatz vom 30.11.1998 (Bl. 193 ff d. Verf. AB 74/97) beantragt der Beschwerdeführer im weiteren,
34,,1. festzustellen, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997 (50 Gs 200/97) rechtswidrig ist;
35hilfsweise: festzustellen, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997 (50 Gs 200/97 AG Bonn) rechtswidrig ist, soweit die Durchsuchung wegen des Verdachts einer Steuerstraftat angeordnet worden ist".
36Zur Begründung seiner Beschwerden bringt der Beschwerdeführer - in Ergänzung zu den Ausführungen in dem Schriftsatz vom 6.1.1998 - vor, auch dieser erste Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997, der die Durchsuchung der Wohnung sowie der Diensträume des Beschuldigten zum Gegenstand hatte, sei inhaltlich unzureichend. Zudem habe es auch hinsichtlich dieses Durchsuchungsbeschlusses an jeglichem Anfangsverdacht gefehlt Die Durchsuchungsanordnung" leide an, so schwerwiegenden Verfahrensverstößen, dass die hierbei aufgefundenen Unterlagen als Beweismittel nicht verwertbar seien. Da die der Durchsuchungsanordnung betreffend die Geschäftsräume der Beschwerdeführerin zu 2) zugrundeliegenden Erkenntnisse ausschließlich aus der Auswertung der bei der (ersten) Durchsuchung sichergestellten - und nicht verwertbaren - Unterlagen stammten, seien auch die bei der (zweiten) Durchsuchung im November 1997 bei, der Beschwerdeführerin zu 2) beschlagnahmten Unterlagen nicht verwertbar.
37Das Amtsgericht Bonn hat dieser Beschwerde des Beschuldigten nicht abgeholfen und die Akten der Kammer am 2.12.1998 zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 223 R d. Verf. AB 74/97).
38II.
391. Zuständigkeit der Kammer
40Die Kammer ist als Wirtschaftsstrafkammer insgesamt, d.h. auch soweit der angefochtene erste Durchsuchungsbeschluss vom 6.3.1997 auf den Verdacht der Vorteilsannahme U.a. gestützt ist, zur Entscheidung zuständig, weil dieser auch mit dem Verdacht einer Steuerhinterziehung begründet ist.
412. Zulässigkeit der Beschwerden
42Die von dem Beschuldigten und der Beschwerdeführerin zu 2) erhobenen, gemäß § 304 Abs.1 und 2 StPO statthaften Beschwerden sind, soweit sie sich gegen die am 17.3.1997 und 25.11.1997 durchgeführten Durchsuchungen richten, unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (StrafV 97, 393, 394) zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse ist gegeben.
43Soweit die Beschwerdeführerin zu 2) jedoch darüber hinaus beantragt, die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme hinsichtlich der am 25.11.1997 beschlagnahmten, aufgrund der Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts inzwischen wieder an sie zurückgegebenen Unterlagen festzustellen, ist ihre Beschwerde unzulässig. Ein Rechtsschutzinteresse ist insoweit - auch unter Berücksichtigung der im Jahre 1997 geänderten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - nicht anzuerkennen. In den Fällen der Beschlagnahme ist es dem Betroffenen - im Unterschied zu einer Durchsuchung - möglich, gegen die zugrundeliegende Anordnung Rechtsmittel einzulegen und damit eine Art.19 IV GG entsprechende gerichtliche Überprüfung zu einem Zeitpunkt herbeizuführen, zu dem die Beeinträchtigung noch andauert. Entsprechend ist die Beschwerdeführerin zu 2) vorliegend auch verfahren. Hierdurch ist effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 IV GG gewährleistet. Soweit ein Rechtsschutzinteresse in Ausnahmefällen aufgrund einer Wiederholungsgefahr oder eines eingetretenen Schadens angenommen werden kann, ist ein entsprechender Ausnahmefall vorliegend nicht dargetan.
443. Begründetheit der Beschwerden
45Die Beschwerden sind - soweit sie zulässig sind - auch begründet.
46a) Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 6.3.1997 (50 Gs 200/97), durch den die Durchsuchung der Wohnung und der Diensträume des Beschuldigten angeordnet wurde, ist rechtswidrig.
47Zum einen fehlte es - jedenfalls im Hinblick auf den in der Beschlussbegründung angenommenen Verdacht einer Steuerhinterziehung - an einem gegen den Beschuldigten bestehenden Anfangsverdacht (hierzu unter aa). Darüber hinaus genügt der Beschluss insgesamt, d.h. hinsichtlich seiner gesamten Begründung nicht den inhaltlichen Anforderungen, die an eine Durchsuchungsanordnung zu stellen sind (hierzu unter bb).
48aa) Voraussetzung für eine Durchsuchung gemäß § 102 StPO ist, dass ein durch Tatsachen konkretisierter Verdacht besteht, nach dem der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer einer Straftat in Betracht kommt; vage Hinweise reichen ebenso wenig aus wie Vermutungen (KK-Nack, 3.Aufl., § 102 RZ.1 m. w. N.).
49Entsprechende konkrete Tatsachen, die zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Durchsuchungsbeschlusses am 6.3.1997 den Verdacht begründet haben könnten, der Beschuldigte habe sich einer Steuerhinterziehung schuldig gemacht, sind dem Inhalt der für die Entscheidung der Kammer maßgeblichen Ermittlungsakten nicht zu entnehmen. Sowohl der Antrag auf Erlass dieses Durchsuchungsbeschlusses (BI.4 Bd.3 d. Verf. 100 Js 27/97 StA Bonn) als auch die Durchsuchungsanordnung selbst (Bl. 12 d. Verf. AB 74/97) enthalten lediglich die - unter Ziff. I. wörtlich wiedergegebene - Formulierung, dass ein solcher Verdacht bestehe ("Insoweit...). Auf welche Tatsachen sich dieser angebliche Verdacht stützt, ist nicht ersichtlich.
50Den Ermittlungsergebnissen war bereits nicht zu entnehmen, weshalb der fragliche "Zuwendungsbetrag von insgesamt 19.442,07 DM der persönlichen Besteuerung durch den Beschuldigten unterfallen soll. Aus den bereits damals vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die den Gesamtbetrag ausmachenden beiden Zahlungen an den Verein für L Forschung bzw. auf das Konto der Kongress-Organisation M überwiesen wurden, und zwar für die Durchführung und Vorbereitung eines Symposiums zum Thema Herzklappenerkrankungen. Dafür, dass und ggf. wie diese Mittel. - entsprechend der Formulierung in dem Durchsuchungsbeschluss - dem Beschuldigten persönlich zugeflossen sind und damit u.U. eine persönliche Steuerpflicht ausgelöst haben, ergeben sich aus den vorliegenden Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Durchsuchungsbeschluss basiert insoweit nur auf Vermutungen.
51Die Kammer verkennt nicht, dass das von den Ermittlungsbehörden als möglich angenommene Abrechnungswesen und Rückflusssystem durchaus Anlass dafür bieten kann, vorgenommene Zahlungen auch dahin zu überprüfen, ob sie von den Empfängern steuerrechtlich zutreffend. behandelt wurden. Auch ist denkbar, dass die Mittel denjenigen, denen sie letztendlich zugute kommen sollten, nicht auf direktem Wege, sondern über Dritte zugeflossen sind. Es ist jedoch nicht die Aufgabe einer Beschwerdekammer, im Rahmen einer Entscheidung über die Beschlagnahme sichergestellter Unterlagen, verschiedene Konstellationen zu konstruieren, deren Realitätsgehalt zu überprüfen und hierzu umfangreiche Ermittlungen durchzuführen. Ihre Aufgabe besteht vielmehr darin, auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsstandes zu prüfen, ob dieser die Annahme eines Anfangsverdachtes rechtfertigt und die weiteren für eine Beschlagnahme zu fordernden Voraussetzungen gegeben sind. Dies setzt voraus, dass den Akten ein nachvollziehbarer und auf tatsächliche Umstände gegründeter Sachverhalt zu entnehmen ist, der erkennen lässt, in welche. Richtung die Ermittlungen geführt werden und welches strafbare Verhalten dem Verdächtigen vorgeworfen wird. Allein der Umstand, dass Gelder von Herzklappenherstellern an Dritte gezahlt wurden, reicht für die Annahme eines Anfangsverdachtes - jedenfalls hinsichtlich einer Steuerhinterziehung - nicht aus. Denn hieraus lässt sich eine Besteuerungsverpflichtung des Verdächtigen nicht entnehmen.
52Vorliegend ist zudem nicht ersichtlich, auf welche tatsächlichen Umstände der in dem Antrag und dem Durchsuchungsbeschluss formulierte Verdacht, der Beschuldigte habe "diese steuerlich erheblichen Tatsachen" den Finanzbehörden gegenüber nicht zutreffend angegeben, gestützt werden könnte. Selbst wenn man unterstellt, die Geldmittel seien dem Beschuldigten persönlich zugeflossen, sind den Akten tatsächliche Anhaltspunkte für eine von diesem unterlassene,. unzutreffende steuerliche Erklärung nicht zu entnehmen. Ob das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D entsprechend der - ursprünglich - geplanten Vorgehensweise Vorermittlungen durchgeführt hat, in deren Rahmen es die Steuerakten des Beschuldigten eingesehen hat, ist dem Akteninhalt ebenso wenig zu entnehmen wie das Ergebnis dieser Vorprüfungen. Vielmehr ist nach der späteren Stellungnahme des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D vom 21.1.1998 (Bl. 122f d. Verf. AB 74/97) davon auszugehen, dass solche Vorermittlungen nicht stattgefunden haben, und Grundlage für die Einleitung des Steuerstrafverfahrens gegen den Beschuldigten und auch die Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses - im Hinblick auf den Verdacht einer Steuerhinterziehung - allein die in Ziffer 8 des von der Staatsanwaltschaft Wuppertal gefertigten Vermerks zur Rechtslage enthaltene "Anregung" war, Kontrollmitteilungen an die zuständigen Finanzämter zu senden. Diese Anregung beinhaltet. jedoch - wenn überhaupt - lediglich die für einen Anfangsverdacht nicht ausreichende Vermutung, die erhaltenen Zuwendungen seien einer zutreffenden Besteuerung nicht unterworfen worden; ihr sind jedoch keine auf Tatsachen gestützten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine vorzunehmende Besteuerung auch nur in einem Fall tatsächlich unterblieben ist.
53Soweit das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D in seiner Stellungnahme vom 21.1.1998 ergänzend anführt, es lägen aus "diversen Selbstanzeigen kriminalistische Erfahrungswerte" vor, die den Verdacht einer Steuerhinterziehung begründen würden (Bl. 123 d. Verf. AB 74/97), sind diese behaupteten "Erfahrungswerte" nicht - auch nicht beispielsweise - aktenkundig und daher seitens der Kammer bereits nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon sind weder der Antrag auf Erlass des Durchsuchungsbeschlusses noch der Beschluss selbst auf diese kriminalistischen Erfahrungswerte gestützt. Den Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft Wuppertal ist - jedenfalls soweit sie Bestandteil des gegen den Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahrens geworden sind (Bd.1 und 2 des Verfahrens 100 Js 27/97) - entsprechendes ebenfalls nicht zu entnehmen: vielmehr spricht die Formulierung in Ziff. 8 des angeführten Vermerks dafür, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung einzelner Zuwendungsempfänger gerade - jedenfalls damals - nicht feststellbar waren.
54Im Zusammenhang mit der von der Firma O vorgenommenen Zahlung von 19.442,07 DM bestanden damit - jedenfalls nach dem maßgeblichen Akteninhalt - keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die den gegen den Beschuldigten erhobenen Verdacht der Steuerhinterziehung hätten begründen können.
55bb) Ob - entsprechend dem Rubrum dieses (ersten) Durchsuchungsbeschlusses - von einem gegen den Beschuldigten bestehenden Anfangsverdacht unter dem Gesichtspunkt der "Vorteilsannahme U.a." auszugehen ist, kann dahinstehen. Denn der Durchsuchungsbeschluss weist inhaltliche Unzulänglichkeiten auf, die seine Unwirksamkeit insgesamt zur Folge haben. Offenbleiben kann daher, ob eine Durchsuchungsanordnung unter Vermeidung dieser Unzulänglichkeiten hätte erwirkt werden können.
56Die für die Frage der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung allein maßgebliche Beschlussbegründung ist teilweise allein auf Vermutungen gestützt, im übrigen unzureichend.
57Der Beschuldigte selbst hat - wie bereits ausgeführt - die beiden Zahlungen der Firma O entgegen der Formulierung in der Beschlussbegründung nicht erhalten. Wie diese ihm persönlich zugute gekommen sein sollen, ist der Begründung nicht zu entnehmen. Dass die beiden Zahlungen der Firma O für "Reisen und Bewirtungen" gezahlt wurden, ist gleichfalls fraglich; diese Annahme findet in den Zahlungsbelegen keine Stütze.
58In der Beschlussbegründung wird des weiteren nicht auf die für den Tatvorwurf der §§ 331 und 332 StGB erforderliche Sonderstellung des Täters eingegangen. Entsprechende Ausführungen zur Stellung des Beschuldigten hätten sich jedoch bereits deshalb aufdrängen müssen, weil das Krankenhaus T , in dem der Beschuldigte als Chefarzt tätig, ist, in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird. Des weiteren ist in dem Beschluss eine Tathandlung des Beschuldigten nicht genannt, und zwar weder hinsichtlich der §§ 331, 332 StGB, noch im Hinblick auf den Vorwurf der Untreue oder des Betruges. Wodurch und wen der Beschuldigte getäuscht haben soll, ist der Begründung ebenso wenig zu entnehmen wie eine Missbrauchs- bzw. Treuebruchhandlung im Sinne des § 266 StGB. Ausführungen zum angeblich eingetretenen Schaden enthält der Beschluss auch nicht.
59Hinsichtlich des Vorwurfs der Steuerhinterziehung lässt der Durchsuchungsbeschluss vom 6:3.1997 des weiteren nicht erkennen, auf welchen Zeitraum und welche Steuerart sich der Vorwurf der Steuerhinterziehung bezieht. Er genügt damit nicht den Mindestanforderungen, die aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit an eine Durchsuchungsanordnung, die auf den Verdacht einer Steuerhinterziehung gestützt wird, zu stellen sind (BVerfG, StrafV 1990,483). Weder im Rubrum noch in der Begründung der Durchsuchungsanordnung wird eine Steuerart genannt. Zwar erfolgte die Einleitung des Ermittlungsverfahrens wegen des - angeblich bestehenden - "Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung" (Vermerk des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D , BI. 9 d.Verf. AB 74/97). Diese notwendige und von dem Richter vorzunehmende Spezifikation, die vor allem eine Begrenzung des Umfangs der Zwangsmaßnahme sicherstellen soll, enthält der Beschluss jedoch nicht. Gleiches gilt für die zu fordernde zeitliche Eingrenzung. Die Ermittlungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D erstreckten sich ausweislich des Vermerks über die Einleitung eines Strafverfahrens am 18.3.1997 auf einen "noch festzustellenden" und damit uneingeschränkten Zeitraum. Eine zeitliche Begrenzung erfolgte bis zum Erlass des Durchsuchungsbeschlusses - und auch in diesem selbst - nicht. Zwar wird in der Durchsuchungsanordnung auf Zuwendungen abgestellt, die der Beschuldigte seit dem 12.3.1993 erhalten haben soll. Dass die Durchsuchung durch diese Zeitangabe auf Unterlagen, die lediglich den nachfolgenden Zeitraum betreffen, beschränkt werden sollte und auch beschränkt wurde, ist jedoch nicht feststellbar. Der Wortlaut des Durchsuchungsbeschlusses gestattet die Sicherstellung von Schriftverkehr mit den bezeichneten Firmen und schriftlichen Aufzeichnungen ohne zeitliche Begrenzung. Dementsprechend wurde offenbar auch verfahren. Denn das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D begründete nach Durchsicht der aufgrund dieser ersten Durchsuchung sichergestellten Unterlagen den zweiten Durchsuchungsantrag am 22.9.1197 (BI. 63 d. Verf. AB 74/97) mit einem angeblich gegen den Beschuldigten bestehenden Verdacht der Einkommensteuerhinterziehung "in nicht rechtsverjährter Zeit, zumindest 1991-1995". Diese Umstände bestätigen die Einschätzung, dass die Ermittlungsbehörden zum maßgeblichen Zeitpunkt keinen konkreten Verdacht gegen den Beschuldigten im Hinblick auf eine von diesem begangene Steuerhinterziehung hatten.
60Des weiteren erfolgte das Ersuchen der Ermittlungsbehörde vom 5.3.1997 unter Verwendung eines Formulars, dessen vorgedruckter Inhalt nur unzureichend entsprechend den vorliegenden Umständen des Einzelfalls abgeändert und ergänzt wurde. Die in den Beschluss wörtlich übernommene - unzureichende - Begründung trägt die Anordnung der eingreifenden Zwangsmaßnahme einer Durchsuchung nicht. Auch für den Betroffenen einer Zwangsmaßnahme ist es von entscheidender Bedeutung, dass der gegen ihn erhobene Tatvorwurf hinreichend konkret gefasst ist. Andernfalls ist es ihm nicht möglich, zur Aufklärung der Umstände sachgerecht beizutragen und den gegen ihn erhobenen Verdacht zu entkräften. Die vorliegende Beschlussbegründung, die sich hinsichtlich seiner Person in zwei, Sätzen erschöpft und inhaltlich zudem noch - vermeidbare - Unrichtigkeiten aufweist, ermöglicht diese sachgerechte Verteidigung nicht. Der Beschluss ist daher rechtswidrig.
61b) Gleiches gilt im Ergebnis für den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 30.9.1997 (51 Gs 885/97). Auch dieser Beschluss ist rechtswidrig.
62Die Rechtswidrigkeit dieser zweiten Durchsuchungsanordnung, die sich auf die Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin zu 2) erstreckte, ergibt sich bereits daraus, dass die Beweismittel, nach denen gesucht werden soll, nicht - auch nicht einmal grob - in dem Beschluss nach Art und denkbarem Inhalt benannt wurden. Damit stand es den die Durchsuchung durchführenden Beamten frei, alle auffindbaren, den Beschuldigten betreffenden Unterlagen zu beschlagnahmen, die ihres Erachtens für den - allein im Rubrum genannten - Tatvorwurf von Bedeutung sein könnten. Die in Betracht kommenden Beweismittel sind jedoch, um die Maßnahme entsprechend. den verfassungsrechtlichen Vorgaben begrenzt zu halten, vor der Durchführung der Zwangsmaßnahme von dem Richter in dem Durchsuchungsbeschluss zu, bestimmen (BVerfG NJW 1992, 551,552). Der vorliegend verwandte Begriff der "Unterlagen" wird diesem Erfordernis nicht gerecht. Bei einer auf den Verdacht einer Steuerstraftat gestützten Durchsuchung- der Geschäftsräume des Steuerberaters eines Beschuldigten sind Beweismittel, die nicht von dem Oberbegriff "Unterlagen" erfasst würden, von vornherein nicht zu erwarten.
63Darüber hinaus ist auch die Begründung des Beschlusses vom 30.9.1997 unzureichend. Der gegen den Beschuldigten erhobene Tatvorwurf wird durch sie nicht präzisiert (vgl. hierzu nur KK-Nack, § 102 Rz.6). Vielmehr ist die vorhandene "Begründung" sogar unkonkreter als das Rubrum der Durchsuchungsanordnung, das zumindest die Steuerart und Jahresangaben enthält. Davon, dass eine konkretere Schilderung des Tatvorwurfs zu einer Verletzung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 AO führen kann (Stellungnahme des Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D vom 21.1.1998, BI.124 d. Verf. AB 74/97), ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn - wie hier - gerade die Geschäftsräume des über die steuerlichen Belange unterrichteten Steuerberaters des Beschuldigten durchsucht werden sollen.
64c) Die Beschlagnahmeanordnungen des Amtsgerichts Bonn vom 1.12.1997 (51 Gs 1057/97) und 29.5.1998 (51 Gs 342/98) sind rechtswidrig.
65Nach den den vorliegenden Akten des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D zu entnehmenden Ermittlungsergebnissen bestand gegen den Beschuldigten im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlüsse kein hinreichend konkreter Anfangsverdacht hinsichtlich einer von ihm begangenen Steuerhinterziehung; auch zum heutigen Zeitpunkt ist ein Anfangsverdacht insoweit nicht feststellbar. .
66Ob einer Beschlagnahme der bei dem Beschuldigten und der Beschwerdeführerin zu 2) sichergestellten Unterlagen darüber hinaus ein Verwertungsverbot und/oder § 97 StPO entgegensteht, bedarf daher keiner Entscheidung.
67Bei der Prüfung der Frage, ob gegen den Beschuldigten ein Anfangsverdacht bezüglich einer Steuerhinterziehung besteht oder nicht, hatte die Kammer diejenigen Umstände zu berücksichtigen, auf die das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D bzw. die Staatsanwaltschaft Bonn als die zuständige Ermittlungsbehörden im Steuerstrafverfahren die gerichtliche Entscheidung über ihren Antrag auf Erlass des Beschlagnahmebeschlusses bzw. die Bestätigung der Beschlagnahme erkennbar stützen wollten. Ergänzend hatte sie den weiteren Inhalt der Ermittlungsakten, insbes. die Stellungnahmen des Finanzamtes vom 14.1.1998, 21.1.1998 und 28.5.1998 (Bl. 92 ff und 122 ff d.Verf. AB 74/97 und BI.321 ff d.Verf. 100 Js 27/98) und der Staatsanwaltschaft Bonn vom 27.3.1998,1.4.1998 und 2.4.1998 (Bl. 307 ff, 318 Bd. III und BI. 311 ff, 318,319 Bd. IV d. Verf. 100 Js 27/97) zu berücksichtigen.
68Aus diesen ergab sich kein konkreter Anfangsverdacht hinsichtlich einer dem Beschuldigten vorzuwerfenden Steuerhinterziehung.
69Ein Anfangsverdacht erfordert, dass der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer einer Straftat aufgrund tatsächlicher Umstände in Betracht kommt. Der Straftatbestand einer Steuerhinterziehung liegt nach §370 AO u.a. vor, wenn gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden oder die Behörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Bereits für den Anfangsverdacht einer strafbaren Steuerhinterziehung ist damit zumindest in objektiver Hinsicht ein einem bestimmten Veranlagungszeitraum zuzuordnender steuerpflichtiger Vorgang und eine unzutreffende bzw. unterlassene Erklärung des potentiellen Täters gegenüber den zuständigen Behörden zu fordern. Diese bei den Vorgange müssen sich aus tatsächlichen Umständen ergeben und - aus bereits unter 2 a) genannten Gründen - für die Beschwerdekammer aus den Ermittlungsakten zu entnehmen sein.
70Entsprechendes ist vorliegend nicht der Fall.
71Hinsichtlich der beiden von der Firma O vorgenommenen Zahlungen ist - wie bereits ausgeführt - bereits nicht erkennbar, dass diese dem Beschuldigten persönlich. zugeflossen sind und deshalb von ihm. als Einnahmen hätten erklärt werden müssen oder sogar tatsächlich pflichtwidrig nicht erklärt worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlungsbehörde hinsichtlich dieser "Zuwendungen" in dem Zeitraum nach dem 6.3.1997 weitere Erkenntnisse gewonnen hat, die den Verdacht einer Einkommensteuerhinterziehung hinsichtlich des Beschuldigten rechtfertigen könnten, ergeben sich aus dem Akteninhalt nicht.
72Vielmehr ist - nach Aktenlage - davon auszugehen, dass die Ermittlungen sich. - aufgrund des Inhalts der anlässlich der ersten Durchsuchung sichergestellten Unterlagen - in der Folgezeit dahin richteten,. das Zahlungssystem des Beschuldigten einer steuerlichen Überprüfung zu unterziehen. Ausweislich des Berichts des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D vom 5.9.1997 (BI. 60,61 d. Verf. AB 74/97) sollen sich aus der Sichtung der sichergestellten Unterlagen "eine Vielzahl von prüfungsrelevanten Sachverhalten" ergeben haben; Vergleichbares führt das Finanzamt in der tabellarischen Auswertung der sichergestellten Unterlagen (BI.19, 20 d.Verf. AB 74/97) an. Die "Prüfwürdigkeit" von Unterlagen und Vorgängen reicht jedoch für die Annahme eines Anfangsverdachtes einer Steuerstraftat nicht aus. Denn in diesem Zustand ist noch völlig offen, eben noch zu prüfen, ob steuerrechtlich relevante Umstände unzutreffend erklärt wurden. Eine Beschlagnahme ist damit unzulässig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - bislang kein konkreter Anhaltspunkt für eine begangene Steuerhinterziehung besteht.
73Umstände, die den Verdacht einer Einkommensteuerhinterziehung des Beschuldigten hätten begründen können, sind auch dem weiteren Akteninhalt nicht zu entnehmen. Dass die Beschwerdeführerin zu 2) nicht nur steuerlicher Berater des Beschuldigten ist und dessen Buchführungsunterlagen im Besitz hat, sondern zudem auch treuhänderische Arbeiten für ihn ausführt, Konten verwaltet und geschäftliche Transaktionen ausführt (Begründung des Durchsuchungsantrages vom 22.9.1997, BI.63 f d.Verf. AB 74/97), lässt den Schluss, der Beschuldigte habe Einnahmen unzutreffend erklärt, nicht zu.
74Weitere Umstände, die einen über eine reine Vermutung hinausgehenden Verdacht begründen, bestimmte Zahlungen seien steuerlich unrichtig behandelt worden, enthält die Antragsbegründung nicht. Entsprechendes gilt auch unter Berücksichtigung der Angaben in dem Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D auf richterliche Bestätigung der Beschlagnahme vom 26.11.1997 (BI. 73 d. Verf. AB 74/97). Nach diesen wurden bei der (zweiten) Durchsuchung umfangreiche Unterlagen (Konten,. Buchführungsunterlagen, Belege, Jahresabschlüsse) gefunden, die den Verdacht der Steuerhinterziehung angeblich "erhärten". Konkrete Umstände werden jedoch auch hier nicht genannt. Erkennbar ist weder, auf welche Zahlungsvorgänge sich die Ermittlungen zu diesem Zeitpunkt sachlich und zeitlich bezogen, noch durch welche tatsächlichen Umstände sich die Ermittlungsbehörde zu welchen Prüfungen veranlasst gesehen hat. Die Pauschalität der Angaben in dem Antrag spricht vielmehr dafür, dass die Ermittlungsbehörde auch zu diesem Zeitpunkt den Beschuldigten keiner konkreten Straftat verdächtigt hat.
75Diese Annahme wird auch dadurch bestätigt, dass an keiner Stelle - noch nicht einmal beispielsweise - auf einzelne sichergestellte Unterlagen Bezug genommen wird bzw. nicht ersichtlich ist, dass deren Inhalt mit den Angaben des Beschuldigten in einer seiner Steuererklärungen für ein bestimmtes Jahr verglichen wurde. Diese Vorgehensweise wäre - wie bereits ausgeführt - geeignet, um anschließend einen konkreten Verdacht formulieren zu können.
76Die Kammer war mangels konkreter Anhaltspunkte in der Ermittlungsakte, insbesondere wegen fehlender Bezugnahmen auf die Steuerakten und die sichergestellten Unterlagen nicht befugt, diese im einzelnen durchzusehen und einen - u.U. zu ermittelnden - Verdacht einer Steuerstraftat aus den offenbar ungeklärten Punkten herzuleiten. Es fällt in den alleinigen Aufgabenbereich der zuständigen Ermittlungsbehörden, die Art, die Reihenfolge und den Umfang der Ermittlungen zu bestimmen und durch konkrete Bezugnahmen auf vorhandene Unterlagen deutlich zu machen, welche tatsächlichen Umstände sie verwertet wissen will (vgl. LG Köln, StrafV 1983, 275 f.).
77Auch unter. Berücksichtigung des weiteren Akteninhalts, insbes. den nachfolgenden Stellungnahmen des Finanzamtes vom 14.1.1998 und 21.1.1998 (Bl. 92 fund 122 f d. Verf. AB 74/97), ergibt sich nichts anderes. Die erste Stellungnahme enthält keine tatsächlichen, einen Verdacht begründenden Umstände; die angefügte Aufstellung beinhaltet neben einer schlagwortartigen Beschreibung einzelner sichergestellter Ordner (z.B. "Objektunterlagen Pstraße ## WE Nr.9 E ", "Kontoauszüge X " und "Unterlagen betreffend der einzelnen Vermietungsobjekte, sowie Vermögenssteuerunterlagen 1.1.89 bis 1.1.95") lediglich einen Vermerk dazu, ob einige der Beweismittelordner für das Strafverfahren noch erforderlich oder nicht sind. Welche Bedeutung den in den aufgeführten - und den übrigen nichtaufgeführten - Ordnern enthaltenen Unterlagen nach der Vorstellung der Ermittlungsbehörde zukommen könnte, welcher Verdacht durch die hiernach noch benötigten Unterlagen begründet bzw. -, wenn auch nur möglicherweise- verstärkt werden soll, ist nicht einmal beispielhaft dargetan. Konkrete tatsächliche Umstände, die einen Verdacht einer von dem Beschuldigten begangenen Steuerstraftat begründen könnten, sind der Aufstellung jedenfalls nicht zu entnehmen.
78Gleiches gilt im Ergebnis für die zweite Stellungnahme. Abgesehen davon, dass das ermittelnde Finanzamt - wie bereits ausgeführt - in diesem einräumt, das Ermittlungsverfahren allein aufgrund der Anregung in dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen den Beschuldigten und damit ohne einen - seitens der Kammer nachvollziehbaren - konkreten Anfangsverdacht eingeleitet zu haben, lassen sich auch aus den angeführten, mit Blattzahlen in Bezug genommenen FundsteIlen (hierzu siehe im einzelnen bereits vorstehend) weder ein Anfangsverdacht noch "weitergehende Verdachtsmomente" entnehmen. Wie bereits eingangs ausgeführt mag der Umstand, dass das Zahlungssystem des Beschuldigten (vgl.BI.25 d. Verf. AB 74/97) kompliziert und hinsichtlich der sog. Pool-Zahlungen auffällig ist, in steuerlicher Hinsicht prüfungswürdig erscheinen. Dieser Zustand entspricht jedoch nicht dem eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, in dem - wie bereits mehrfach ausgeführt - Tatsachen vorliegen müssen, die nicht nur ungewöhnlich, unklar oder prüfungswürdig sind; erforderlich ist, dass sie den Verdacht einer Straftat konkretisieren. Dies ist vorliegend - auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Finanzamtes vom 27.5.1998 (diese betrifft die Beschlagnahme der bei der ersten Durchsuchungen sichergestellten Unterlagen, Bl. 322 f d.Verf. 100 Js 27/97)- nicht der Fall..
79Zwar ist dieser Stellungnahme jedenfalls teilweise (z.B. Nr.1, 2, 24) - und in dieser Form erstmals - zu entnehmen, dass der Beschuldigte gewisse Ausgaben steuerlich als Betriebsausgaben geltend gemacht hat. Auf welche Umstände allerdings der hieraus gefolgerte Verdacht gestützt wird, diese steuerliche Behandlung sei unzutreffend, ist nicht erläutert und seitens der Kammer nicht nachvollziehbar. Ferner fehlen diesbezüglich Angaben dazu, in welchen Jahren dies der Fall war und welche Größenordnung dies betrifft.
80Hinsichtlich der im Büro des Beschuldigten beschlagnahmten Unterlagen, die den L Verein betreffen, wird deren Bedeutung für das Strafverfahren damit begründet, es bestehe der Verdacht, der Verein habe ihm zugeflossene Mittel nicht satzungsgemäß verwandt und diese seien damit steuerlich unzutreffend behandelt worden (z.B. Nr. 6, 29, 30 und 31). Auf welche Tatsachen dieser Verdacht gestützt wird, ist nicht nachvollziehbar, zumal jedenfalls die von Beamten der "EK Aeskulap" vorgenommene Sichtung keine direkten oder auch indirekten Hinweise auf eine nicht zweckgebundene Verwendung der Vereinsmittel ergeben hat (Vermerk vom 5.5.1997, BI.44 Bd. III d.Verf. 100 Js27/97).. Abgesehen davon ermittelte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D nicht gegen den Verein wegen des Verdachtes einer Steuerstraftat. Der die Geschäftsräume des Vereins betreffende Durchsuchungsbeschluss vom 6.3.1997 (50 Gs 200/97, BI.15 Bd. III d. Verf. 100 Js 27/97) bezeichnet den Verein ausdrücklich als "Unverdächtigen". Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass und weshalb sich dies in der Folgezeit geändert hat.
81Die übrigen sichergestellten .Unterlagen bedürfen nach der tabellarischen Stellungnahme des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D der Beschlagnahme, da sie "für die steuerliche Beurteilung von Bedeutung sind" (vgl. Nr.18, 19 und 20). Diese pauschale Aussage lässt nicht erkennen, welcher konkrete Verdacht einer Straftat durch den Inhalt dieser Unterlagen - im einzelnen oder auch nur beispielsweise - begründet oder verstärkt werden soll. Es wird weder ein Steuerjahr angeführt, noch auf einzelne Unterlagen Bezug genommen. Der Kammer ist es hiernach nicht möglich, einen konkreten Anfangsverdacht hinsichtlich einer Einkommensteuerhinterziehung nachzuvollziehen.
82Soweit das Finanzamt in dem Vermerk vom November 1997 (Bl. 91 d. Verf. AB 74/97) das gegen den Beschuldigten geführte Strafverfahren auf den Verdacht der Umsatzsteuerhinterziehung 1991 bis 3/97 erweitert hat, und damit nunmehr- offenbar zusätzlich - in diese Richtung ermittelte, ist ein auf tatsächliche Umstände zu stützender Anfangsverdacht den Akten gleichfalls nicht zu entnehmen. Die in dem Vermerk enthaltene "Begründung", nach der der Beschuldigte "umsatzsteuerpflichtige Einnahmen aus Auftragsforschung nicht zutreffend erklärt haben" soll, beinhaltet keine Tatsachen, die einen Anfangsverdacht begründen könnten. Es ist nicht einmal eine Einnahme "aus Auftragsforschung" mit Datum und Summe benannt; welche unzutreffenden Angaben der Beschuldigte in welcher Steuererklärung abgegeben hat, ist gleichfalls nicht angeführt. Für die Kammer ist jedenfalls aufgrund dieser allgemeinen Angabe nicht nachvollziehbar, auf welche Umstände das Finanzamt den angenommen Verdacht stützt und gestützt wissen will.
83Soweit das Finanzamt in der Stellungnahme vom 21.1.1998 hinsichtlich des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung ausführt, das Ermittlungsverfahren sei insoweit aufgrund einer Auskunft des Steuerberaters Herrn Dr. Q anlässlich der Durchsuchung eingeleitet worden, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen, ob das Finanzamt die sich aus dieser Auskunft ergebenden Verdachtsmomente überhaupt - und falls ja anhand welcher Unterlagen und mit welchem Ergebnis - überprüft hat. Für die Kammer nachvollziehbare Ermittlungsarbeiten oder -ergebnisse hinsichtlich dieses Vorwurfs enthalten die vorliegenden Akten jedenfalls nicht.
84Es fällt - wie bereits ausgeführt- nicht in die Kompetenz einer Beschwerdekammer, alle sichergestellten Unterlagen - erstmals - durchzusehen, die hierin enthaltenen Vorgänge im einzelnen mit dem Inhalt der Steuerakten zu vergleichen und so einen - u.U. dann sich ergebenden - konkreten Anfangsverdacht zu ermitteln. Dies ist Aufgabe der Ermittlungsbehörde. Insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Ermittlungsrichtung - offenbar - mehrfach geändert oder auch erweitert wird, und in denen der Komplex "Zahlungsverkehr" vielschichtig ist, bedarf es klarer Aussagen der ermittelnden Behörde dazu, was Gegenstand des erhobenen Verdachts ist und welche tatsächlichen Anhaltspunkte diesen Verdacht belegen oder sogar erweitern. Andernfalls ist der Beschwerdekammer eine Entscheidung darüber, welche Unterlagen für welchen Tatvorwurf als Beweismittel in Betracht kommen und deshalb beschlagnahmt bleiben müssen, nicht möglich.
85Im Interesse aller Verfahrensbeteiligten wäre es wünschenswert, wenn die Ermittlungsergebnisse, die nach Ansicht der Ermittlungsbehörde einen vertretbaren Schluss auf eine Steuerstraftat zulassen und somit Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung über eine Zwangsmaßnahme gemacht werden sollen, zumindest kurz unter Anfügung von Beispielen oder konkreten FundsteIlen unmissverständlich zusammengefasst würden. In komplexen Fällen wie dem, Vorliegenden wäre es zudem angezeigt, die Zusammenfassung nach Steuerarten und Zahlungstyp zu gliedern, damit auch für das nur in den vorgegebenen Grenzen prüfungsberechtigte Gericht erkennbar ist, auf welchen Sachverhalt der Vorwurf gestützt wird und welche Unterlagen weiterhin benötigt werden.
86Schließlich muss den Ermittlungsergebnissen - wenigstens ungefähr - zu entnehmen sein, in welcher Größenordnung sich der angenommene Steuerschaden bewegt. Denn ohne diese Angabe ist der Beschwerdekammer die Prüfung nicht möglich, ob die Zwangsmaßnahme der Beschlagnahme im Verhältnis zu der Schwere des Verstoßes noch angemessen ist (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vgl. hierzu z. B. StrafV 1983, 275, 276).
87Auch hierzu sind den Akten keine Angaben zu entnehmen.
88Die angefochtenen Beschlagnahmeanordnungen des Amtsgerichts Bonn vom 1.12.1997 (51 Gs 1057/97) und 29.5.1998 (51 Gs 342/98) waren daher aufzuheben und die Unterlagen herauszugeben. Hinsichtlich der Unterlagen, die anlässlich der Durchsuchung bei der Beschwerdeführerin zu 2) beschlagnahmt wurden, gilt dies allerdings nur, soweit der - jedenfalls bislang nicht angefochtene - Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 5.6.1998 (50 Gs 476/98) nicht entgegensteht.
89Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 467 Abs.1 StPO. Soweit eine der erhobenen Beschwerde zu einem geringen Teil unzulässig ist, hat das Gericht von einer Anwendung des § 473 Abs.4 StPO abgesehen.
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