Beschluss vom Landgericht Bonn - 37 Qs 18/04
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom ##.05.20## gegen den Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts C vom 15.04.04 (Az.: ## Gs ###/##) wird der Beschluss dahingehend abgeändert, daß die im Beschlagnahmebeschluss unter Ziffer 17 aufgeführte CD- Rom nicht von der Beschlagnahmeanordnung erfasst wird.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
1
Gründe
2I.
3Das Bundeskartellamt ermittelt seit Juni 20## gegen zahlreiche A hersteller wegen des Verdachts von Preis- und Gebietsabsprachen. Mit Antrag vom ##.01.20## begehrte das Bundeskartellamt den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen gegen zahlreiche A hersteller, darunter auch die Beschwerdeführerin. Das· Amtsgericht C erließ am' ##.02.## einen Durchsuchungsbeschluss (Az.: ## Gs ###/## b #) mit dem die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin angeordnet wurde. Den am ##.03.## vollzogenen Durchsuchungsbeschluss hat die Kammer auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom ##.06.20## (37 Os 16/04) aufgehoben.
4Am ##.04.## hat das Amtsgericht C einen Beschlagnahmebeschluss (Az.: ## GS ###/##) hinsichtlich verschiedener bei der Durchsuchung aufgefundener Geschäftspapiere der Beschwerdeführerin erlassen. Gegen diesen Beschlagnahmebeschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom ##.05.20##. Sie ist der Meinung, die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses schlage auf den Beschlagnahmebeschluss durch. Die beschlagnahmten Unterlagen seien zur Beweisführung nicht geeignet.
5II.
6Die Beschwerde ist zulässig, aber im wesentlichen unbegründet.
7Sie hat insoweit Erfolg, als die Beschlagnahme die auf einer CD-Rom gebrannten Unterlagen erfasst, die im angegriffenen Beschluss unter der Ziffer ## aufgeführt sind. Beschlagnahmt werden können nur solche Unterlagen, denen eine potentielle Beweisdeutung zukommt. Dies ist konkret festzustellen. Eine Grobdurchsicht, nach der damit zu rechnen ist, daß sich unter den Unterlagen auch beschlagnahmefähige Beweismittel befinden, reicht nicht dazu aus, die Unterlagen in ihrer Gesamtheit zu beschlagnahmen. Soweit die Daten auf CD-ROM gebrannt worden sind, kann auch nicht einfach der zur Sicherstellung der Unterlagen hergestellte Datenträger beschlagnahmt werden. So ist nach der Rechtsprechung des BGH auf die Durchsicht der Daten auf Datenträgern, die sich in amtlicher Verwahrung befinden § 110 Abs. 1 StPO anwendbar (vgl.: BGH Beschluss vom 14.12.1998 (Az: 2 BGs 306/98, 2 BJs 82/98- 3-2 BGs 306/98 (zitiert nach Juris)). Es muss deshalb eine Durchsicht der einzelnen Datensätze auf ihre Beweisbedeutung erfolgen. Die potentiell beweisbedeutsamen Datensätze sind herauszufiltern und so konkret zu bezeichnen, daß eine Unsicherheit über den Umfang der beantragten Beschlagnahme nicht auftreten kann. Solange die Durchsicht der Unterlagen noch nicht abgeschlossen ist, ist die Durchsuchung noch nicht beendet.
8Eine Herausgabe der von der Beschlagnahme nicht erfassten CD-Rom ist derzeit aber nicht erforderlich. Es war zulässig, die Daten auf CD-ROM zu brennen und vorläufig zur Durchsicht sicherzustellen. Die Durchsicht ist nunmehr zeitnah durchzuführen.
9Im übrigen hat die Beschwerde keinen Erfolg, da den weiteren -in dem angegriffenen Beschluss aufgeführten- Unterlagen schon nach ihrer Bezeichnung im Sicherstellungsprotokoll potentielle Beweisbedeutung in doppelter Hinsicht zukommt.
10Zum einen kommen sie als Beweismittel für die Mehrerlösberechnung in Frage. Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 08.01.2004 (Az.: VI - Kart 48 + 50 OWi) genügt es nicht, den Mehrerlös eines Unternehmens "abstrakt" zu schätzen. Die Schätzung muss vielmehr individuell für den jeweils relevanten Markt erfolgen. Potentielle Beweisbedeutung haben damit alle Unterlagen, die über die Preis- und Mengenentwicklung auf dem jeweils relevanten Markt Aufschluss gegeben können. Dazu gehören auch die sichergestellten Unterlagen.
11Außerdem können die sichergestellten Unterlagen auch als Beweismittel für oder gegen den Verdacht der Fortsetzung des kartellrechtswidrigen Verhaltens nach Erlass des Bußgeldbescheids im Jahr 20## dienen.
12Der Beschlagnahme steht auch kein Beweisverwertungsverbot entgegen. Aus der rechtswidrigen Erlangung eines Beweismittels durch einen Dritten folgt nicht automatisch die Unverwertbarkeit dieses Mittels im Strafverfahren (BGHSt. 27, 355, 357 = NJW 1977, 1390). Es ist vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls, die Art des Verbots abzustellen und eine Abwägung der einander widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BGHSt 19, 325, (329 ff.) = NJW 1964, 1139; BGHSt 27, 355 (357) = NJW 1978,1390; BGHSt 31,304 (307 ff.) = NJW 1983 1570; BGHSt 35,32 (34 f.) = NJW 1988, 1223). Dabei ist zu beachten, daß die Annahme eines Verwertungsverbots einen der wesentlichen Grundsätze des Strafverfahrens einschränkt, nämlich den, daß das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Gegenüber diesem Grundsatz bildet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift (vgl.: BGH in NJW 1990,1801; Gollwitzer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 261 Rdnr. 65) oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (vgl. BGHSt 27, 355 (357) = NJW 1978, 1390; BGHSt 35, 32 (34) = NJW 1988, 1223).
13Die Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung ergibt sich hier aus einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Konkretisierung der Beweismittel dient dazu, den Grundrechtseingriff kontrollierbar zu gestalten und vom Umfang her zu begrenzen. Dem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot kommt damit ein gewisses Gewicht zu. Es ist aber zu berücksichtigen, daß die Beweismittel, deren Beschlagnahme das Amtsgericht angeordnet hat, auch mittels einer rechtmäßigen Durchsuchungsanordnung hätten erlangt werden können. Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen ist damit ein Beweisverwertungsverbot nicht gegeben.
14Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung war bei dieser Sachlage nicht geboten.
15Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 1 StPO. Eine Quotelung (§ 473 Abs. 4 StPO) war nicht angezeigt, da die Beschwerde im wesentlichen unbegründet ist und im übrigen nur vorläufigen Erfolg hat.
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