Urteil vom Landgericht Bonn - 2 O 341/04
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger 12.133,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2004 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um Gewährleistungsansprüche anlässlich eines Grundstückskaufs.
3Die Beklagten waren Eigentümer des Grundstücks B, das mit einem Haus, Baujahr 1880, bebaut ist. Im Jahr 1997 ließen die Beklagten den Dachstuhl des Hauses durch den Zeugen H untersuchen. Bei der Begutachtung untersuchte der Zeuge H mehrere zugängliche Holzsparren des Dachstuhls. Was der Zeuge hierbei feststellte, ist zwischen den Parteien umstritten, jedenfalls fand er Zeichen eines bereits zurückliegenden Hausbockbefalls. Einen dringenden Sanierungsbedarf wegen einer drohenden Einsturzgefahr sah der Zeuge H nicht.
4Im Jahre 1999 verkauften die Beklagten das Haus durch notariell beurkundeten Kaufvertrag des Notars C vom 17.06.1999 an die Kläger zum Kaufpreis von 750.000,00 DM. Die Untersuchung im Jahr 1997 erwähnten die Beklagten weder während der Vertragsverhandlungen noch beim Abschluss des Vertrages. Gemäß § 3 Ziff. 1 des notariellen Vertrages wurde die Haftung der Beklagten für sichtbare oder unsichtbare Sachmängel ausgeschlossen. Zugleich sicherten die Beklagten in § 3 Ziff. 1 Satz 3 des Vertrages zu, dass ihnen keine verdeckten Mängel bekannt seien. Im Jahr 2000 fand die Mieterin der Dachgeschosswohnung des Hauses, Frau X, einen Hausbockkäfer. Aus diesem Grunde wurde im Juni 2000 der Zeuge H erneut mit der Begutachtung des Hauses beauftragt. Der Zeuge H fand Ausfluglöcher des Hausbocks am Konstruktionsholz.
5Die Kläger sind der Ansicht, der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei unwirksam, weil die Beklagten verschwiegen hätten, dass ein Hausbockbefall vorgelegen habe. Hierzu behaupten sie, dass das Dach von Hausbockkäfern befallen sei und der Befall bereits im Jahr 1999 vorgelegen habe. Die Beklagten hätten hiervon bei Vertragsschluss Kenntnis gehabt. Schon bei der Untersuchung des Daches durch den Zeugen H im Jahr 1997 sei der Befall festgestellt worden. Hierüber seien die Beklagten von dem Zeugen auch unterrichtet worden. Die erforderlichen Sanierungskosten würden sich auf mindestens 12.133,02 € belaufen.
6Die Kläger beantragen,
7die Beklagten zu verurteilen, an sie 12.133,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagten beantragen,
9die Klage abzuweisen.
10Sie behaupten, es läge kein Lebendbefall mit Hausbockkäfern vor. Jedenfalls hätte sie 1999 keine Kenntnis von einem Hausbockbefall gehabt. Im Jahr 1997 habe kein Lebendbefall von Hausbock vorgelegen. Jedenfalls habe der Zeuge H einen solchen nicht festgestellt. Vielmehr sei ihnen gesagt worden, es läge ein nicht mehr virulenter Altbefall vor. Sie sind der Ansicht, dass wegen des Altbefalls nichts habe unternommen werden müssen, insbesondere habe bei Vertragsschluss kein offenbarungspflichtiger Mangel vorgelegen. Im Hinblick auf die erforderlichen Sanierungskosten behaupten sie, dass diese 4.154,89 € nicht übersteigen würden.
11In der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Beweisantrag gestellt, die Bauteile 2 A, 6 A, 7 B und 9 A (Bl. 209 der Akte 2 OH 20/01) darauf zu untersuchen, dass in den Bauteilen kein vitaler Befall mit der Hausbocklarve vorhanden ist und 1997 auch nicht vorhanden war.
12Zwischen den Parteien war bereits ein selbständiges Beweisverfahren, Az. 2 OH 20/01, anhängig. Die Akte 2 OH 20/01 ist zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und H sowie durch Anhörung des Sachverständigen E. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 17.11.2004 und vom 16.02.2005 verwiesen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15I. Die zulässige Klage ist begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 12.133,02 € gemäß den §§ 463 S. 2, 1, 459 Abs. 1, 433 BGB a.F.
161. Gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden.
172. a) Zur Zeit des Gefahrübergangs im November 1999 war das verkaufte Grundstück nicht frei von Sachmängeln. Das Dach des Hauses war fehlerhaft im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB. Ein Fehler in diesem Sinne liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Kaufsache von dem Zustand abweicht, den die Vertragsparteien bei Abschluss des Kaufvertrages gemeinsam, gegebenenfalls auch stillschweigend vorausgesetzt haben. Lässt sich im konkreten Fall nicht feststellen, welchen Zweck die Parteien vorausgesetzt haben, liegt ein Fehler vor, wenn der tatsächliche Zustand der Kaufsache von dem gewöhnlichen Zustand derartiger Sachen abweicht. (Palandt-Putzo, BGB, 61. Auflage, § 459 Rn. 8). Der notarielle Kaufvertrag vom 17.06.1999 lässt keine Rückschlüsse zu, welche Vorstellung die Parteien über dem Zustand des Daches hatten. Aus § 3 des Vertrages (dort S. 7) ergibt sich lediglich, dass man von einer mangelfreien Kaufsache ausging. Der gewöhnliche Zustand eines Hauses ist der, dass die tragende Holzkonstruktion nicht von Hausbockkäfern befallen ist. Lag ein Befall in der Vergangenheit vor, kann man erwarten, dass dieser fachmännisch beseitigt worden ist. Denn ein Hausbockbefall wirkt sich in mehr oder weniger starkem Umfang auf die Tragfähigkeit des Daches aus, da die Holzbalken von innen zerfressen werden und damit an Tragkraft verlieren. Vor diesem Hintergrund lag bereits ein Mangel darin begründet, dass 1997 – unstreitig – vor längerer Zeit das Dach von Hausbockkäfern befallen war und dieser Befall bzw. die hierdurch hervorgerufenen Schäden zu keinem Zeitpunkt beseitigt worden waren.
18Es sei an dieser Stelle betont, dass somit auch nach dem Beklagtenvortrag, wonach seit 1997 kein Lebendbefall vorgelegen habe, von einem Mangel auszugehen ist. Denn wenn tatsächlich 1997 das Dach nicht von Hausbockkäfern befallen gewesen ist, müssen die durch den Sachverständigen E festgestellten Schäden denknotwendig von dem Altbefall stammen.
19b) Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass 1997 auch ein Lebendbefall mit Hausbock vorlag. Die Kammer ist hiervon derart überzeugt, dass sie keine vernünftigen Zweifel hat. Es wird auf das Gutachten des Sachverständigen E verwiesen, der festgestellt hat, dass in den Sparren 2 A, 6 A, 7 B und 9 A mit großer Wahrscheinlichkeit ein akuter Lebendbefall vorhanden ist (2 OH 20/01, Bl. 209). An der Schlüssigkeit der Feststellung hat die Kammer keine Bedenken. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Gutachter sein Ergebnis in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2005 nachvollziehbar begründen konnte und bekräftigte, dass 1997 in jedem Falle ein Lebendbefall vorgelegen hat. Ein Lebendbefall folgt zum einen aus der hellen Farbe des vom Sachverständigen E vorgefundenen Holzmehls. Entscheidend ist daneben zu beachten, dass der Sachverständige bei der Untersuchung das frische Holzmehl auf dem Boden unter den bezeichneten Sparren gefunden hat. Es kann somit noch nicht lange Zeit dort gelegen haben, da es anderenfalls – wie der Sachverständige E zutreffend ausgeführt hat - eine dunklere Farbe angenommen hätte. Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass zur Zeit der Begutachtung durch den Sachverständigen E die Hausbockkäfer schon entflogen waren, müssen diese jedenfalls noch kurze Zeit vorher in den Sparren vorhanden gewesen sein. Damit steht auch fest, dass das Holz bereits 1997 von Hausbockkäferlarven befallen war. Das Gericht übernimmt insoweit die von dem Sachverständigen E und vom Zeugen H unabhängig voneinander getroffene Aussage, dass Hausbocklarven in alten Hölzern zwischen 10 und 15 Jahren benötigen, um zu schlüpfen. An der Richtigkeit dieser – im Übrigen von den Beklagten auch nicht widersprochenen - Aussage hat das Gericht keine Bedenken. Da es sich um 120 Jahre altes Holz handelt, muss der Befall schon im Jahr 1997 vorgelegen haben. Der Hausbockbefall hat auch zu nennenswerten Schäden in der Holzkonstruktion geführt. Tragende Balken haben ihre Tragkraft verloren. Auf das Gutachten des Sachverständigen E wird verwiesen (Bl. 129 d.A. sowie Bl. 210 der Akte 2 OH 20/01).
20Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer keine Veranlassung, den von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2005 gestellten Beweisantrag weiter zu verfolgen. Gemäß § 412 ZPO kann das Gericht eine neue Begutachtung anordnen, wenn es das bereits erstellte Gutachten für ungenügend erachtet. Aus den oben dargelegten Gründen hält die Kammer das Gutachten des Sachverständigen E für ausreichend.
21c) Schließlich lag zur Zeit des Vertragsschlusses ein Mangel nicht nur in dem tatsächlichen Befall mit Hausbock, sondern auch schon in dem Verdacht, dass die Dachkonstruktion von Hausbockkäfern befallen sein könnte. Es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass auch schon der Verdacht eines schwerwiegenden Fehlers der Kaufsache selbst einen Fehler darstellen kann (BGH NJW-RR 2003, 772). Dies ist darin begründet, dass der Verkehr gemeinhin Sachen, bei denen der Verdacht einer schwerwiegenden Mangelhaftigkeit besteht, einen geringeren Verkehrswert beimisst, mag dieser Verdacht auch in Wahrheit unbegründet sein. Solange dieser Verdacht nicht beseitigt ist, haftet dieser der Sache an und beeinträchtigt die Eignung zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung (LG Bonn NJW 2004, 74). Der Befall mit Hausbock stellt nach Auffassung der Kammer einen schwerwiegenden Fehler dar. Dies folgt daraus, dass die Käfer erheblichen Schaden anrichten können, indem sie das Dachgebälk von innen zerfressen und damit die Tragkraft der Holzbalken mitunter erheblich mindern.
223. Die Fehler haben die Beklagten arglistig verschwiegen.
23a) Es bestand ein Fehler, über den die Beklagten hätten aufklären müssen. Eine Aufklärungspflicht besteht hinsichtlich solcher Mängel, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (Palandt-Putzo, BGB, 61. Auflage, § 463 Rn. 12 i.V.m. § 123 Rn. 5b). Dabei kann auch der bloße Verdacht eines schwerwiegenden Fehlers einen Fehler darstellen, über den der Verkäufer den Käufer aufklären muss, will er nicht – unter den weiteren Voraussetzungen der Norm – nach § 463 S. 2 BGB a.F. haften (BGH NJW-RR 2003, 772). Eine solche Aufklärungspflicht bestand hinsichtlich der drei zuvor festgestellten Mängel (Altbefall, Verdacht auf Lebendbefall, Lebendbefall). Insbesondere war über den Verdacht des Lebendbefalls aufzuklären. Zwar muss nicht über jeden noch so entfernten Verdacht aufgeklärt werden. Die Aufklärungspflicht besteht aber jedenfalls dann, wenn eine Aufklärung redlicherweise erwartet werden kann (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 242 Rn. 37). Daraus folgt, dass sich der Verdacht in ausreichendem Maße erhärtet haben muss. Hiervon ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszugehen. Der Zeuge H hatte bereits 1997 konkrete Anhaltspunkte auf einen Lebendbefall gefunden. Dies folgte aus den vorgefundenen frischen Ausfluglöchern sowie aus dem beim Anbeilen vorgefundenen staubigen, weißen Holzmehl. Hinsichtlich der Würdigung der Aussage des Zeugen wird auf die unten stehenden Ausführungen verwiesen (Punkt I 3 b).
24Aus der Entscheidung des Kammergerichts vom 23.02.1989 (NJW-RR 1989, 972) folgt kein anderes Ergebnis. Der vom Kammergericht entschiedende Fall war anders als der vorliegend zu entscheidende gelagert. Das Kammergericht hat entschieden, dass über einen zurückliegenden Hausbockbefall nicht unbedingt aufgeklärt werden müsse, da ein solcher, wenn dies fachmännisch geschehe, zuverlässig beseitigt werden könne. Aufgrund eines früheren Befalls müsse daher nicht unbedingt der Verdacht bestehen, der alte Befall könne wieder akut werden. Vorliegend ist der vom Zeugen H 1997 festgestellte Altbefall jedoch zu keiner Zeit von den Klägern fachmännisch beseitigt worden. Ein entsprechender Vertrauenstatbestand lag nicht vor.
25Soweit das Kammergericht entschieden hat, dass über einen unerheblichen Hausbockbefall nicht aufgeklärt werden müsse, hält die Kammer diese Voraussetzung vorliegend für nicht gegeben. Im Fall des Kammergerichts betrugen die Sanierungskosten nur 1,63 % des Kaufpreises. Die vom Sachverständigen E ermittelten Sanierungskosten belaufen sich auf 12.133,02 € und betragen damit 3,16 % des Kaufpreises in Höhe von 750.000,-DM. Die Kammer ist der Auffassung, dass bei dieser Größenordnung eine Aufklärungspflicht bestand. Bei den Klägern handelte es sich um Privatleute. Schon aufgrund der psychologischen Komponente, die bei einem Hauskauf vorliegt, macht es für den Käufer einen wesentlichen Unterschied, ob noch Reparaturkosten in Höhe von über 12.000,- € anfallen werden. Aus dem gleichen Grunde ist es auch als für den Kaufentschluss auch wesentlich anzusehen, wenn nur der Verdacht eines Lebendbefalls vorliegt. Dies gilt umso mehr, wenn ungeklärt ist, auf welches Ausmaß der Lebendbefall geschätzt wird und die möglichen Folgekosten damit vollkommen ungewiss sind.
26Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.10.1964 (NJW 1965, 34) folgt kein anderes Ergebnis. Hiernach muss über einen Hausbockbefall jedenfalls dann aufgeklärt werden, wenn die angerichteten Schäden einen nicht unerheblichen Umfang erreicht haben. Weder hat der Bundesgerichtshof entschieden, unter welchen Umständen von einem erheblichen Befall auszugehen ist, noch wurde die Frage geklärt, ob auch über den bloßen Verdacht eines Hausbockbefalls aufgeklärt werden muss.
27b) Die Beklagten handelten auch arglistig. Arglist setzt Vorsatz oder jedenfalls bedingten Vorsatz in dem Sinne voraus, dass der offenbarungspflichtige Verkäufer das Vorliegen des Mangels für möglich hält, dies indes in Kauf nimmt und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. (KG NJW-RR 1989, 792; OLG Celle NJW-RR 1987, 848; LG Bonn NJW 2004, 74, 75; Palandt-Putzo, BGB, 61. Auflage, § 463 Rn. 12 i.V.m. § 123 Rn. 2, 11). Damit erfasst das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, bei denen es an einer betrügerischen Absicht fehlt, die vielmehr auf bedingten Vorsatz - im Sinne eines (bloßen) "Für Möglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH NJW 1994, 253, 254; OLG Celle, NJW-RR 1997, 848).
28Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagten von dem Zeugen H nicht nur darüber aufgeklärt wurden, dass ein Altbefall vorlag, sondern auch der konkrete Verdacht eines Lebendbefalls bestand. Der Zeuge hat letzteres eindeutig bekundet. Seine Aussage ist glaubhaft. Umfangreich konnte er schildern, unter welchen Umständen das damalige Gespräch stattfand. Rahmen- und Kerngeschehen wurden von dem Zeugen gleichermaßen umfangreich geschildert. Die Aussage war in sich geschlossen und widerspruchsfrei. Plausibel konnte er erklären, weshalb er nur den Verdacht auf einen Lebendbefall hatte. Soweit der Zeuge sich an bestimmte Vorgänge nicht mehr einwandfrei erinnern konnte, stellte er dies klar. Das Aussageverhalten des Zeugen ist auch konstant. Soweit seine Aussage anhand früherer Äußerungen nachprüfbar ist, ergeben sich keine Abweichungen. So deckt sich die in der mündlichen Verhandlung gemachte Aussage mit seiner im Oktober 2000 erfolgten schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Kläger zu 1) (vgl. 2 OH 20/01, Bl. 78). Sie stimmt auch mit dem Vortrag des Beklagten zu 1) überein, wonach der Zeuge ihm am 06.09.2000 – also noch vor der oben angesprochenen Stellungnahme – gegenüber erklärt habe, dass 1997 kein akuter Befall habe festgestellt werden können und sofortige Maßnahmen nicht erforderlich gewesen seien. Dies besagt aber nicht, dass der Zeuge H auch nicht auf den Verdacht eines Lebendbefalls hingewiesen hat. Auch die damalige Interessenlage spricht letztlich dafür, dass die Beklagten über den Verdacht des Lebendbefalls aufgeklärt wurden. Wirtschaftlich wäre es für den Zeugen günstig gewesen, wenn die Beklagten sich entschlossen hätten, die Schäden des Altbefalls zu beseitigen bzw. dem Verdacht auf Lebendbefall näher nachzugehen. In diesem Fall hätte sich der Zeuge erhoffen können, erneut von den Beklagten beauftragt zu werden. Dies steht auch mit dem Vortrag der Beklagten zu 2) im Einklang. Nach ihrem damaligen Eindruck legte der Zeuge H es darauf an, Nachweise von Holzschädlingen zu finden.
29Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Zeuge H bewusst die Unwahrheit gesprochen hätte. Soweit die Firma H GmbH (vgl. Kostenvoranschlag vom 21.03.2001, Bl. 57) von den Klägern mit den Sanierungsarbeiten beauftragt werden sollten, folgt hieraus nicht die Unglaubwürdigkeit des Zeugen, zumal nicht feststeht, dass die Kläger die H GmbH beauftragen werden. Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen H spricht, dass er nicht ausschließlich zugunsten der Kläger ausgesagt hat. So hat er durchaus eingeräumt, seinerzeit keinen sofortigen Handlungsbedarf gesehen zu haben und nur auf den Verdacht eines Lebendbefalls hingewiesen zu haben (Bl. 86 f.). Zu keinem Zeitpunkt stellte er in Abrede, einen sicheren Nachweis für einen Lebendbefall nicht gehabt zu haben. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Zeuge in problematischen Punkten ausweichend geantwortet hat.
30Dem Ergebnis der Beweiswürdigung steht die Aussage des Zeugen X nicht entgegen. Dieser konnte nur mit Sicherheit sagen, dass der Zeuge H im Jahr 1997 einen Altbefall festgestellt hatte, über die Feststellung eines Lebendbefalls hatte er keine Erinnerung. Zu beachten ist ferner, dass der Zeuge X nicht während des gesamten Gesprächs zwischen dem Zeugen H und dem Beklagten zu 1) anwesend war und somit den gesamten Inhalt des Gesprächs nicht wiedergeben kann.
31Zur vollen Überzeugung steht auch fest, dass die Beklagten über die Notwendigkeit von Sanierungsarbeiten aufgeklärt wurden. Hierfür spricht zum einen die Aussage des Zeugen H. Danach hatte man 1997 zwar nicht über konkrete Maßnahmen gesprochen (Bl. 89), auch hatte er 1997 keinen sofortigen Handlungsbedarf gesehen (Bl. 86). Dennoch will er auf die Notwendigkeit späterer Arbeiten hingewiesen haben (Bl. 88). Die Aussage ist auch in diesem Punkt glaubhaft, auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Demgegenüber ist die Einlassung der Beklagten, man sei nach dem Gespräch davon ausgegangen, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien, nicht plausibel. Der Beklagte zu 1) hat zunächst vorgetragen, nach den Angaben des Zeugen H im Jahr 1997 seien keine sofortigen Maßnahmen erforderlich gewesen (Bl. 128). Dies steht im Widerspruch zu seinem späteren Vortrag – der erst auf konkreten Vorhalt der Kammer erfolgte –, wonach der Zeuge H davon gesprochen habe, dass überhaupt kein Handlungsbedarf bestanden habe (Bl. 128). Dieser Schluss des Beklagten zu 1) ist nicht nachvollziehbar. Denn wenn wegen eines Altbefalls überhaupt kein Handlungsbedarf besteht, ist unklar, weshalb der Zeuge H davon gesprochen haben soll, dass lediglich kein sofortiges Handeln erforderlich ist. Ein Widerspruch besteht auch mit der Erklärung des Beklagten zu 1), der Zeuge H habe gesagt, es seien alle Sachen erledigt, wenn ein Dachausbau stattfände. "Man könne dies dann machen." Demnach hatte der Zeuge also doch auf die – wenn auch nicht sofortige, dann jedenfalls spätere – Notwendigkeit von Sanierungsarbeiten hingewiesen.
32Schließlich muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel jedenfalls für möglich hielten.
334. Nach dem Vorstehenden haben die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Demnach können sie verlangen, so gestellt zu werden, als wenn der Fehler bei Vertragsschluss nicht vorgelegen hätte. Da der Fehler vorliegend auch in dem Verdacht des Lebendbefalls besteht, können die Kläger die durch den Befall hervorgerufenen Sanierungskosten ersetzt verlangen. Diese betragen ausweislich des vom Sachverständigen E erstellten Gutachtens 12.133,02 €. Die Kammer folgt nicht dem Gutachten des Sachverständigen I, der zunächst Beseitigungskosten in Höhe von 8.126,15 DM ermittelt hat. Sie geht davon aus, dass der Sachverständige E die höhere Sachkunde aufweist, da dieser im Gegensatz zu dem Sachverständigen I über den Sachkundenachweis für bekämpfende Holzschutzmaßnahmen verfügt.
34Bedenken, dass die vom Sachverständigen E ermittelten Kosten erforderlich und angemessen sind, sieht die Kammer nach dem in der mündlichen Verhandlung erläuterten Gutachten nicht. Der Sachverständige konnte nachvollziehbar begründen, welche Rechnungen er den einzelnen Kostenpositionen zugrunde gelegt hat. Ebenso sieht die Kammer keinen Anlass, an den zugrunde gelegten Maßen zu zweifeln, auch wenn diese zum Teil dem Kostenvoranschlag der H GmbH (Bl. 57 ff.) widersprechen. Der Sachverständige E hat erklärt, die einzelnen Flächen selbst ausgemessen zu haben.
35Im Hinblick darauf, dass dem Rechtsstreit das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen ist, hat die Kammer auch keine Bedenken, den Klägern bereits jetzt die in dem Betrag von 12.133,02 € enthaltene Mehrwertsteuer zuzusprechen.
365. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
37II. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 2 ZPO.
38Streitwert: 12.133,02 €
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