Urteil vom Landgericht Bonn - 2 O 506/04
Tenor
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt,
1.
die Zwangsvollstreckung in das Grundstück E , eingetragen im Grundbuch von Z des Amtsgerichts X, Blatt 2....., zu dulden und zwar aus der in Abt. III Nr. 2 eingetragenen Grundschuld über 18.000,00 DM (9.203,25 EUR) und aus der in Abt. III Nr. 5 eingetragenen Grundschuld über 6.000,00 DM (3.067,75 EUR) nebst eingetragener Zinsen,
2.
zu Gunsten der Klägerin die Eintragung von Grundschulden im Grundbuch von Z des Amtsgerichts X, Blatt 2....., Abt.III
Rang 3: 10.225,84 EUR
Rang 4: 5.112,92 EUR
Rang 6: 10.225,84 EUR
Rang 7: 17.895,21 EUR.
jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 zu bewilligen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 66.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin war Eigentümerin zu ½ eines Grundstücks in Z (Grundbuch von Z, Blatt 2.....). Die andere Hälfte stand im Eigentum einer Miterbengemeinschaft, an der die Klägerin mit weiteren drei Miterben beteiligt war.
3Über das Grundstück wurde vor dem Amtsgericht X ein Teilungsversteigerungsverfahren durchgeführt (Az. 2 K .....). Der Verkehrswert des Grundstückes wurde mit 290.000 DM festgesetzt. Im zunächst anberaumten Termin vom 22.8.2000 wurde dem Angebot der Beklagten (50.000 DM) der Zuschlag versagt. Im zweiten Termin vom 13.02.2001 erfolgte der Zuschlag auf das nunmehr erhöhte Angebot der Beklagten (91.000 DM). Der Zuschlag stand u.a. unter der Bedingung, dass die im Grundbuch eingetragenen Rechte III/2 III/7 mit einem Kapitalwert von 109.000 DM bestehen bleiben.
4Es waren folgende Grundschulden eingetragen:
5Abt. III Nr. 2: Grundschuld über 18.000 DM für die I AG
6Abt. III Nr. 3: Grundschuld über 20.000 DM für die Stadtsparkasse L
7Abt. III Nr. 4: Grundschuld über 10.000 DM für die Stadtsparkasse L
8Abt. III Nr. 5: Grundschuld über 6.000 DM für die I AG
9Abt. III Nr. 6: Grundschuld über 20.000 DM für die Stadtsparkasse L
10Abt. III Nr. 7: Grundschuld über 35.000 DM für die Stadtsparkasse L
11Auf die in Abt. III Nrn. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden zugunsten der I verzichtete diese mit Erklärung vom 18.08.1999. Die Grundschulden wurden nicht gelöscht.
12Die in Abt. III Nr. 3, 4, 6 und 7 zugunsten der Stadtsparkasse L eingetragenen Grundschulden wurden aufgrund der Löschungsbewilligungen der Sparkasse vom 14.05.2001 am 28.06.2001 gelöscht, nachdem die Klägerin in vollem Umfang Zahlungen an die Sparkasse geleistet hatte.
13Die Miterbengemeinschaft setzte sich im Herbst 2003 vor dem Amtsgericht L auseinander (Az. 35 VI ....., 35 UR I .....). U.a. wurde geregelt, dass die Klägerin die allein Berechtigte bezüglich der Geltendmachung und Einziehung von Zahlungsansprüchen gegen die Beklagte sein soll, die aus § 50 ZVG oder aus einem anderen Rechtsgrund folgen. Die Ansprüche wurden vorsorglich an die Klägerin abgetreten.
14Mit der am 25.10.2004 eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 55.730,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 zu verurteilen. Auf Hinweis der Kammer vom 04.01.2005 hat sie folgende Hilfsanträge gestellt: Hinsichtlich der in Abt. III Nrn. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden hat sie Duldung der Zwangsvollstreckung verlangt, hinsichtlich der übrigen Grundschulden hat sie Zahlung von 43.459,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diese Hilfsanträge nunmehr als Hauptanträge gestellt.
15Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie hinsichtlich der zugunsten der Bausparkasse eingetragenen Grundschulden einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung besitzt. Es bestehe immer noch eine Fremdgrundschuld zu ihren Gunsten.
16Sie ist weiter der Ansicht, dass hinsichtlich der vor ihrer Löschung in Abt. III Nr. 3, 4, 6 und 7 eingetragenen Grundschulden ein Zahlungsanspruch nach § 50 Abs. 1 ZVG bzw. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB bestehe. Dieser folge daraus, dass die den Grundschulden zugrundeliegenden Forderungen ausgeglichen seien. Hilfsweise bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Bewilligung von Grundschulden an diesen Stellen.
17Die Klägerin beantragt nunmehr,
181. a. die Beklagte zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück, eingetragen im Grundbuch von Z des Amtsgerichts X, Blatt 2..... zu dulden und zwar aus der in Abt. III Nr. 2 eingetragenen Grundschuld über 18.000,00 DM (9.203,25 EUR) und aus der in Abt. III Nr. 5 eingetragenen Grundschuld über 6.000,00 DM (3.067,75 EUR) nebst eingetragener Zinsen,
19b. weiterhin an sie 43.459,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 zu zahlen.
202. hilfsweise zu Ziff. 1 b. sinngemäß,
21die Beklagte zu verurteilen, zu Gunsten der Klägerin im Grundbuch von Z des Amtsgerichts X, Blatt 2....., in Abt. III folgende Grundschulden, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 zu bewilligen:
22Rang 3: 10.225,84 EUR
23Rang 4: 5.112,92 EUR
24Rang 6: 10.225,84 EUR
25Rang 7: 17.895,21 EUR
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie behauptet, sie habe der Klägerin nach dem ersten gescheiterten Versteigerungstermin 20.000,00 DM "verdeckt" auf den Versteigerungsbetrag gezahlt, damit sich die Klägerin mit einer späteren Zuschlagserteilung an die Beklagte einverstanden erkläre. Die Klägerin habe die Absicht gehabt, diesen Betrag im Rahmen der Erbauseinandersetzung für sich allein zu vereinnahmen, ohne dass die Miterben von dieser Vorabzahlung Kenntnis gehabt hätten. Zunächst sei nur eine Zahlung von 10.000,00 DM vereinbart gewesen. Die Klägerin habe dann nachträglich mehr verlangt. Anfangs sei nur ein Verrechnungsscheck zur Sicherheit hingegeben worden (und zwar vom Zeugen G an den Zeugen H). Am 13.02.2001 habe die Klägerin dann gegen Rückgabe des Schecks die betreffende Summe in bar erhalten.
29Die Klägerin wendet hiergegen ein, die Beklagte habe nach dem Versteigerungstermin Einrichtungsgegenstände des Hauses verkauft und der Klägerin hierfür den erzielten Kaufpreis übergeben; dies erkläre die Zahlung von 20.000,00 DM.
30Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32Die zulässige Klage ist im Hauptantrag zu 1.a. und im Hilfsantrag zu 2. begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
33Die Klägerin kann die Duldung der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der in Abt. III Nrn. 2 und 5 eingetragenen Grundschulden nach §§ 1192, 1147 BGB verlangen.
34Die in Abt. III Nrn. 2, 5 eingetragenen Grundschulden bestehen weiterhin. Mit dem Verzicht seitens der Bausparkasse als Inhaberin der Grundschulden sind kraft Gesetzes Eigentümergrundschulden der damaligen Eigentümer entstanden, §§ 1191, 1168 BGB (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 64. Auflage 2005, § 1191 Rdnr. 8). Mit Erteilung des Zuschlages im Rahmen der Zwangsversteigerung wurden aus dieser Eigentümergrundschuld dann Fremdgrundschulden ebenfalls zugunsten der früheren Eigentümer (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 233).
35Die Klägerin kann den Anspruch aus §§ 1192, 1147 BGB aufgrund der in der Erbauseinandersetzung getroffenen Regelungen alleine geltend machen. Zwar haben die Erben die Klägerin dem Wortlaut nach als alleinige Berechtigte nur zur Geltendmachung und Einziehung von Zahlungsansprüchen aus § 50 ZVG und anderen Rechtsgründen ermächtigt. Allerdings ist die Vereinbarung in einem weiter gehenderen Sinne zu verstehen (§§ 133, 157 BGB). Ihr Sinn und Zweck ist es, der Klägerin umfassend die Ansprüche zuzuweisen, die sich aus den Rechtsverhältnissen des Grundstückes ergeben, die im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung stehen. Das ergibt sich u.a. daraus, dass die Vereinbarung nicht nur auf einen ganz konkreten Anspruch bezogen ist, sondern auch alle sich noch ergebenden Ansprüche einbezieht. Die Nennung nur von Zahlungsansprüchen versteht die Kammer nur beispielhaft und nicht abschließend.
36Der mit dem Antrag zu 1.b. geltend gemachte Zahlungsanspruch besteht dagegen nicht.
37Ein Zuzahlungsanspruch nach § 50 Abs. 1 ZVG hinsichtlich der in Abt. III Nr. 3, 4, 6 und 7 eingetragenen Grundschulden scheidet aus. Die Norm setzt voraus, dass eine bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Grundschuld nicht besteht. Maßgeblicher Zeitpunkt des Nichtbestehens der im geringsten Gebot berücksichtigten Grundschulden ist das Wirksamwerden des Zuschlags (Steiner/Eickmann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Bd. 1, 9. Auflage 1984, § 50 Rdnr. 5). Die Löschung der zugunsten der Sparkasse L eingetragenen Grundschulden am 28.06.2001 erfolgte jedoch erst nach der Zuschlagserteilung vom 13.02.2001. Das Erlöschen von Rechten nach Zuschlagserteilung löst keine Zuzahlungspflicht aus.
38Einem auf § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 2 BGB gestützten Zahlungsanspruch steht entgegen, dass die Beklagte durch die Löschung der Grundschulden auf Kosten der Klägerin nur eine für sie vorteilhafte Grundbuchposition, nicht aber die Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt hat. Die Grundschulden bestehen trotz ihrer Löschung weiter. Mit den Zahlungen der Klägerin auf die Grundschulden sind zugunsten der früheren Eigentümer kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuches Eigentümergrundschulden entstanden. Durch die Erteilung des Zuschlages an die Beklagte wurden hieraus Fremdgrundschulden. Wertersatz, also Zahlung kann nur im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB verlangt werden, dessen Voraussetzungen sind aber nicht dargetan.
39Erfolg hat dagegen der Hilfsantrag zu Ziff. 2.
40Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Grundschulden an den im folgenden näher bezeichneten Positionen aus § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 2 BGB.
41Infolge der Löschung der Grundschulden am 28.06.2001 hat die Beklagte eine vorteilhafte Rechtsstellung in der Form erlangt, dass das Grundbuch an den entsprechenden Rangstellen ohne belastende Eintragungen ist. Wie dargelegt, bestehen die Grundschulden trotz der Löschung weiter.
42Der Vermögensvorteil der vorteilhaften Rechtsstellung ist kondizierbar, obwohl wegen des Fortbestands als Fremdgrundschulden eine Rechtsänderung nicht eingetreten ist (vgl. Lorenz, in: Staudinger, BGB, 1999, § 812 Rdnr. 74; Mühl, in: Soergel, 10 Aufl. (1969), § 812 Rdnr. 192). Der Anspruch geht auf Wiederherstellung der Buchposition (vgl. BGH, NJW 1973, 613 (614)).
43Die Klägerin kann die Einräumung der Rangpositionen verlangen, die die Grundschulden vor der Löschung hatten. Es kann nicht etwa eine Grundschuld in Höhe von 43.459,81 EUR auf Rang 3 eingetragen werden. Vielmehr ergibt sich die folgende Aufteilung:
44Rang 3: 10.225,84 EUR
45Rang 4: 5.112,92 EUR
46Rang 6: 10.225,84 EUR
47Rang 7: 17.895,21 EUR
48Der Anspruch auf Eintragung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2001 folgt ebenfalls aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Klägerin kann Wiederherstellung des Zustandes verlangen, der vor der Löschung bestanden hat. Für die Grundschulden waren Zinssätze zwischen 10% und 15% eingetragen. Der begehrte Zinssatz liegt nicht darüber.
49Der Anspruch auf Bewilligung der Grundschulden steht der Klägerin aufgrund der im Rahmen der Erbauseinandersetzung getroffenen Regelung alleine zu. Die Regelung ist, wie dargelegt, weit auszulegen. Der Bewilligungsanspruch steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geltendmachung von in der Vereinbarung ausdrücklich enthaltenen Zahlungsansprüchen. Er ist in dieser Konstellation notwendige Voraussetzung für die Geltendmachung eines Zahlungsanspruches.
50Der Vortrag der Beklagten zur verdeckten Zahlung von 20.000,00 DM ist unerheblich. Es ist bereits nicht erkennbar, inwiefern er dem Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung oder auf Bewilligung einer Grundschuld entgegenstehen soll.
51Eine Teilerfüllung nach § 362 BGB scheidet aus, da auf den "Versteigerungsbetrag" geleistet werden sollte, also auf die 91.000 DM. Ein Zusammenhang zu den ins geringste Gebot aufgenommenen dinglichen Belastungen besteht nicht. Eine auf den Versteigerungsbetrag bezogene erfüllende Wirkung sollte der Zahlung gerade nicht zukommen. Die Kammer geht davon aus, dass der Betrag zusätzlich - eben "verdeckt" gezahlt werden sollte. Die Beklagte war gegenüber dem Amtsgericht ohnehin verpflichtet, die volle Summe von 91.000,00 DM zu zahlen. Insofern ist nicht ersichtlich, in welcher Weise eine Anrechnung erfolgen sollte. Die Beklagte trägt überdies selber vor, dass sie davon ausging, dass die Klägerin den Betrag im Rahmen der Erbauseinandersetzung für sich alleine vereinnahmen werde und die Miterben von dieser Vorabzahlung keine Kenntnis gehabt hätten. Insofern war eine Beweiserhebung entbehrlich.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die in dem Fallenlassen des ursprünglichen Hauptantrages liegende teilweise Klagerücknahme hat ebenso wenig Auswirkungen auf die Kostenentscheidung wie das Teilunterliegen mit dem Hauptantrag zu 1.b. Allen Anträgen liegt das identische wirtschaftliche Interesse zugrunde.
53Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
54Streitwert: 55.730,82 EUR (§ 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG)
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