Urteil vom Landgericht Bonn - 3 O 192/05
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.600,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.06.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Die am 18.01.1926 geborene Klägerin unterhält bei der beklagten Bank seit dem Tod ihres Mannes am 12.07.2002 dessen bei der Geschäftsstelle in F geführtes Girokonto mit der Nummer 1....., zu dem sie mehrere, mit der Kontonummer vorcodierte ec-Schecks besaß. Am 23.09., 01.10. und 27.11.2002 sowie an einem von den Parteien nicht näher genannten weiteren Tag vor dem 14.10.2002 wurden fünf dieser Schecks mit den Endnummern 479, 482, 481, 480 und 478 mit einem Gesamtbetrag von 7.000,00 bei der Geschäftsstelle der Beklagten in L sowie bei einem Fremdinstitut in M vorgelegt und zulasten des Girokontos der Klägerin durch Barauszahlung sowie durch Überweisung auf ein Konto bei einem Fremdinstitut eingelöst. Die Beklagte trug am 15.10.2002 eine Sperre der Schecks der Klägerin in ihr Kontoführungssystem ein. Nach Einlösung eines weiteren am 17.10.2002 vorgelegten Schecks mit der Endnummer 477 schrieb die Beklagte den zunächst belasteten Scheckbetrag dem Girokonto der Klägerin wieder gut. Am 23.12.2002 nahm die Beklagte in ihrer Geschäftsstelle in L eine Kontovollmacht über das Girokonto der Klägerin zugunsten deren Enkels, des Zeugen U, entgegen. Am 06., 13., 15., 16. und 20.01.2003 wurden Barbeträge in Höhe von insgesamt 14.750,00 zulasten des Girokontos der Klägerin an den Zeugen U ausgezahlt. Am 17.01.2003 führte die Beklagte einen Überweisungsauftrag des Zeugen U zulasten des Girokontos der Klägerin in Höhe von 350,00 aus. Die Klägerin widerrief die Kontovollmacht am 23.01.2003. Der Zeuge U wurde aufgrund seines Geständnisses rechtskräftig wegen Betrugs und Urkundenfälschung betreffend der hier streitgegenständlichen Scheckeinlösungen, Barauszahlungen und der Überweisung verurteilt. Auf seine Bewährungsauflage zur Schadenswiedergutmachung zahlte er 500,00 an die Klägerin.
3Die Klägerin behauptet, der Zeuge U habe die Schecks anlässlich eines Besuchs bei ihr entwendet und gefälscht. Auch die Kontovollmacht habe der Zeuge U gefälscht. Die in Höhe von 2.000,00 ursprünglich auf die Einlösung des am 17.10.2002 vorgelegten Schecks mit der Endnummer 477 gestützte Klage stützt die Klägerin nach Hinweis der Beklagten auf die Wiedergutschrift des entsprechenden Einlösungsbetrags nunmehr auf die unstreitige Einlösung des weiteren Schecks mit der Endnummer 480 in gleicher Höhe am 14.10.2002.
4Die Klägerin beantragt sinngemäß,
5die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.100,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung am 10.06.2005 zu zahlen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Die Beklagte rügt den Klageantrag als falsch, weil die Klägerin das heute noch bestehende Girokonto ursprünglich als ehemals bestehendes Festgeldkonto bezeichnet hat. Sie widerspricht der Auswechslung des der Klage zugrundeliegenden Sachverhalts von der Einlösung des Schecks mit der Endnummer 477 in die Einlösung des Schecks mit der Endnummer 480. Die Beklagte bestreitet die Überweisung vom 17.01.2003 als unsubstantiiert. Schließlich bestreitet sie, dass der Zeuge U auf seine Bewährungsauflage lediglich 500,00 an die Klägerin gezahlt habe. Sie beruft sich auf die angebliche Echtheit der Schecks und der Kontovollmacht, hilfsweise auf ein Verschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens, im Übrigen auch auf eine Genehmigungswirkung nach Ziffer 7 (2) der von ihr vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auf Verwirkung. Sie meint, die Klägerin habe die Scheckvordrucke grob fahrlässig aufbewahrt. Diese habe die Scheckverfügungen nicht rechtzeitig nach Erhalt des übersandten Kontoauszugs vom 02.10.2002 und des ausgedruckten Kontoauszugs vom 10.10.2002 beanstandet und auch zuvor die Kontobewegungen nicht sorgfältig genug geprüft. Sie selbst so die Behauptung der Beklagten sei im Massengeschäft, zumal bei Vorlage gegenüber einem Fremdinstitut zur Überprüfung der Berechtigung des Scheckeinreichers nicht in der Lage gewesen.
9Das Gericht hat die Akte 57 Ds ..... des Amtsgerichts Leverkusen auszugsweise beigezogen und hat durch Vernehmung der Zeugen U und T Beweis erhoben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Sitzungsprotokoll vom 28.10.2005 und den Inhalt der Beiakte verwiesen.
10E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
11Die Klage ist zulässig und bis auf die anzurechnende Zahlung des Zeugen U in Höhe von 500,00 begründet.
12I. Der Klageantrag ist zulässig, weil die Bezeichnung des streitgegenständlichen Bankkontos in der Begründung an der Zulässigkeit des auf Zahlung gerichteten Antrags nach § 253 ZPO nichts ändert. Bei der Auswechslung einer der streitgegenständlichen Schecks handelt es sich um eine sachdienliche Klageänderung nach § 263 ZPO, weil sie einen weiteren Rechtsstreit wegen der einen Scheckeinlösung vermeidet.
13II. 1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Darlehensvertrag, unregelmäßigem Verwahrungsvertrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§ 700 Abs. 1, 488 BGB oder §§ 667, 675 Abs. 1, 676 f BGB einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 21.600,00 , im Übrigen jedoch keinen Anspruch. Den zunächst auf Wiedergutschrift belasteter Beträge gerichteten Anspruch darf der Kontoinhaber auch unmittelbar auf Auszahlung des jeweiligen Kontoguthabens geltend machen (vgl. BGH, NJW 2001, 3190), soweit wie hier durch Vorlage der Kontoauszüge unbestritten vorgetragen das Konto ein Guthaben aufwies. Die einzelnen Kontobelastungen infolge von Scheckeinlösungen in Höhe von insgesamt 7.000,00 , infolge von Barauszahlungen in Höhe von insgesamt 14.750,00 und infolge der Überweisung vom 17.01.2003 in Höhe von 350,00 hat die Klägerin durch Vorlage der Scheckkopien, der Auszahlungsscheine und der Kontoauszüge dargelegt. Dabei ist der Beklagten das Bestreiten der Überweisung vom 17.01.2003 als kontoführendes Institut nach § 138 Abs. 4 ZPO verwehrt. Der hiernach in Höhe von 22.100,00 entstandene Auszahlungsanspruch ist in Höhe der Zahlung des Zeugen U von 500,00 nach §§ 362 Abs. 1, 267 Abs. 1 BGB erfüllt. Die Zahlung ist nach § 366 Abs. 2 Alt. 4 BGB auf die am 24.09.2002 infolge der Vorlage des Schecks mit der Endnummer 479 über 500,00 am 23.09.2002 bei der Geschäftsstelle der Beklagten in L vorgenommene Belastungsbuchung zu verrechnen. Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Zeuge U lediglich 500,00 an die Klägerin gezahlt habe, ist sie für den insoweit erhobenen Erfüllungseinwand darlegungs- und beweisfällig geblieben, sodass der Auszahlungsanspruch insgesamt noch in Höhe 21.600,00 besteht.
142. Gegenüber diesem Auszahlungsanspruch der Klägerin hat die Beklagte keinen in das Kontokorrent einzustellenden Aufwendungsersatzanspruch in gleicher Höhe nach §§ 670, 675 Abs. 1, 676 f BGB, weil die Scheckeinlösungen, die Barauszahlungen und die Überweisung ohne wirksamen Auftrag der Klägerin vorgenommen wurden. Ungeachtet einer aufgrund der Genehmigungswirkung nach Ziffer 7 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten möglicherweise anzunehmenden Beweislastumkehr zugunsten der Beklagten, hat die Klägerin bewiesen, dass sie die streitgegenständlichen Schecks und die Kontovollmacht, aufgrund der die Barauszahlungen an den Zeugen U und die Überweisung durch den Zeugen U vorgenommen wurden, nicht selbst unterschrieben hat. Dies steht aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen U zur Überzeugung des Gerichts fest. Dieser hat eingeräumt, die Schecks verfälscht und zu Geld gemacht und hinterher, nachdem er die von ihm gefälschte Kontovollmacht vorgelegt habe, auch Barabhebungen mit der Vollmacht sowie die Überweisung vom 17.01.2003 vorgenommen zu haben. Diese Bekundungen des Zeugen stimmen mit dem Geständnis überein, welches zu seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Betrugs und Urkundenfälschung geführt hat. Anhaltspunkte dafür, dass er sich zu Unrecht selbst belastet und deswegen eine unrichtige strafrechtliche Verurteilung in Kauf genommen hat, sind nicht erkennbar. Soweit er im Rahmen seiner ersten polizeilichen Vernehmung sich noch abweichend eingelassen hatte, hat er dies erkennbar und zugestandenermaßen nur zur Abwendung der weiteren Strafverfolgung getan. Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken des Zeugen U mit der Klägerin zum Nachteil der Beklagten bestehen nicht, zumal die Klägerin nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung jedenfalls heute zu einem derartig zielgerichteten Verhalten nicht in der Lage zu sein scheint. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen U spricht schließlich, dass er von sich aus umfassend und detailreich die damaligen Abläufe geschildert, diese nachvollziehbar in die zeitlichen und persönlichen Zusammenhänge eingebunden und auch auf Nachfrage vertiefend mitgeteilt hat. Die hiernach bewiesene Fälschung der Schecks und der Kontovollmacht wird auch nicht durch einen Vergleich der Unterschrift der Klägerin auf der in der Beiakte befindlichen Personalausweiskopie mit den Unterschriften auf den Scheckkopien widerlegt. Die Beklagte hat die Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens bereits nicht beantragt. Die Unterschriften weichen aber ohnehin bereits bei erster Betrachtung durch das Gericht in wesentlichen Punkten voneinander ab, so hinsichtlich der Schreibweise der Anfangsbuchstaben des Vor- und des Nachnamens, der Umlautstriche und der Buchstabenabstände, sodass es für einen Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten an einem wirksamen Auftrag der Klägerin jedenfalls fehlt.
153. Die Beklagte hat gegen die Klägerin auch keinen in das Kontokorrent einzustellenden Schadenersatzanspruch in Höhe der Belastungsbuchungen wegen Verletzung von Pflichten aus dem Giroverhältnis nach § 280 Abs. 1 BGB.
16a) Insbesondere hat die Klägerin nicht gegen ihre Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung von vorcodierten Scheckvordrucken verstoßen. Unbestritten und vom Zeugen U glaubhaft bestätigt hat sie die Vordrucke in der Schublade in einem kleinen Schrank im Wohnzimmer aufbewahrt, was nach dem Umständen eine ausreichende Sicherung gegen die Gefahr der Entwendung und Fälschung darstellte. Denn ein außenstehender Täter hätte erst in die Wohnung einbrechen müssen, um in die Nähe des Aufbewahrungsortes zu gelangen, ohne dass ihm dieser sofort aufgefallen wäre. Auch ein Täter aus dem persönlichen Umfeld der Klägerin, der mit ihrem Wissen und Wollen etwa auch nachts sich in der Wohnung aufhielt, hätte nicht ohne erhebliche krimineller Energie sich Zugang zu den Vordrucken verschaffen können. Er hätte wie es auch der Zeuge U anschaulich bekundet hat die Wohnung gezielt durchsuchen müssen. Zur Abwendung der allgemeinen Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung des Gastrechts durch Familienangehörige ist ein Bankkunde ohne besonderen Anlass im Einzelfall nicht verpflichtet. Hier hatte die Klägerin aber vor der nachgewiesenen Entwendung der Scheckvordrucke durch den Zeugen U keinen Anlass, ihrem Enkel zu misstrauen und deswegen die Vordrucke außerhalb ihrer Wohnung aufzubewahren, da dessen damalige Betäubungsmittelabhängigkeit und die naheliegende Gefahr von Beschaffungsdelikten auch im familiären Umfeld für sie nicht erkennbar waren, sodass mangels abweichenden Vorbringens der Beklagten zum konkreten Aufbewahrungsort der Scheckvordrucke nicht von einer unsorgfältigen Aufbewahrung der Scheckvordrucke durch die Klägerin ausgegangen werden kann.
17b) Auch hat die Klägerin nicht gegen ihre Pflicht zur rechtzeitigen Meldung einer missbräuchlichen Verwendung der vorcodierten Scheckvordrucke und zur Erwirkung einer Schecksperre verstoßen. Vielmehr hat die Klägerin rechtzeitig nach Erhalt des Kontoauszugs vom 02.10.2002 die bis dahin erfolgten missbräuchlichen Verfügungen beanstanden und für eine Schecksperre sorgen lassen. Den Kontoauszug wird die Klägerin frühestens nach dem Feiertag am 03.10.2002 am darauffolgenden Werktag, Freitag, 04.10.2002, möglicherweise auch erst danach per Post erhalten haben, sodass sie sich frühestens an jenem Freitag, möglicherweise auch erst am darauffolgenden Montag, 07.10.2002, oder noch später bei der Beklagten melden konnte. Ungeachtet der möglicherweise insoweit die Beklagte treffenden Darlegungs- und Beweislast hat die Klägerin durch die glaubhafte Aussage des Zeugen T bewiesen, dass die Beklagte noch an dem Tag, an dem die Klägerin den Kontoauszug vom 02.10.2002 erhalten hatte, telefonisch und am Folgetag durch den Zeugen T persönlich über die missbräuchliche Verwendung der Scheckvordrucke informiert worden ist. Seine Bekundungen waren detailreich, konnten auf Nachfrage vertieft werden und fügten sich in die damaligen Gesamtzusammenhänge ein, ohne dass eine Tendenz zur Begünstigung der Klägerin in der Aussage erkennbar war. Wenn demgegenüber die Beklagte behauptet, die Schecksperre sei bei ihr erst am 15.10.2002 in das System eingepflegt worden, mag dies stimmen, beruht dann jedoch auf internen Abläufen bei der Erfassung von Geschäftsvorfällen. Auch der Ausdruck des Kontoauszugs vom 10.10.2002 am Kontoauszugsdrucker widerlegt die taggleiche Meldung bei der Beklagten nicht, sondern legt vielmehr nahe, dass die Klägerin den Kontoausdruck vom 02.10.2002 eben erst am 10.10.2002 in Händen gehalten hat. Dass die Klägerin gegenüber der Beklagten die für sie nach Erhalt des Kontoauszugs vom 02.10.2002 möglicherweise naheliegende Täterschaft des Zeugen U aus familiärer Rücksichtnahme nicht offenbart hat, war nicht pflichtwidrig, zumal die zeitlich davorliegenden Scheckverfügungen nicht mehr rückgängig zu machen waren und die zeitlich danach liegenden Scheckverfügungen allein auf der Außerachtlassung der Schecksperre durch die Beklagte beruhen. Betreffend die am 14.10.2002 verbuchte Verfügung durch den Scheck mit der Endnummer 480 ist jedenfalls eine kausale Pflichtverletzung der Klägerin nicht ersichtlich, weil schon der tatsächliche Vorlagetag nicht vorgetragen, die rechtzeitige Schecksperre nach Erhalt des Kontoauszugs vom 02.10.2002 jedenfalls bewiesen ist. Dass die Beklagte diesen Scheck möglicherweise trotz bestehender Schecksperre bzw. Meldung vorherigen Scheckmissbrauchs eingelöst hat, liegt angesichts der unstreitigen Scheckeinlösungen trotz eingerichteter Schecksperre für die am 17.10.2002 und 27.11.2002 vorgelegten Schecks nahe. Schließlich war die Klägerin aus dem Giroverhältnis nicht zur ständigen Überwachung der Bewegungen auf dem Konto auch außerhalb der regelmäßigen Übersendung von Kontoauszügen verpflichtet, solange wie hier vor Erhalt der jeweiligen Kontoauszüge für sie Auffälligkeiten nicht erkennbar waren.
18c) Weiter hat die Klägerin im Zusammenhang mit den missbräuchlichen Barauszahlungen an den Zeugen U und der missbräuchlichen Überweisung vom 17.01.2003 nicht gegen ihre Pflichten aus dem Giroverhältnis verstoßen. Auch insoweit hat sie am 23.01.2003 rechtzeitig nach Erhalt des Kontoauszugs die Kontovollmacht widerrufen und insoweit die zwischenzeitlichen missbräuchlichen Bar- und Überweisungsverfügungen des Zeugen U beanstandet. Auch die Vorlage der gefälschten Kontovollmacht am 23.12.2002 beruht nicht auf einer Pflichtverletzung der Klägerin. Dass sie etwa durch unsorgfältige Aufbewahrung ihres nach den Angaben des Zeugen U von diesem entwendeten Personalausweises gegen Pflichten aus dem Giroverhältnis verstoßen hat, hat auch die Beklagte nicht vorgetragen, sodass insgesamt für einen Schadenersatzanspruch der Beklagten wegen Pflichtverletzung durch die Klägerin kein Raum bleibt.
194. Der Auszahlungsanspruch der Klägerin ist nicht durch eine Genehmigungswirkung nach Ziffer 7 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin rechtzeitig nach Zugang der Rechnungsabschlüsse über das Girokonto Einwendungen gegen deren Unrichtigkeit erhoben hat, zumal die Beklagte Rechnungsabschlüsse betreffend die streitgegenständlichen Verfügungen einschließlich einer Belehrung über Folgen verspäteter Einwendungen nicht vorgelegt hat. Die Klägerin kann ein möglicherweise darauf begründetes Saldoanerkenntnis jedenfalls kondizieren, weil das Saldoanerkenntnis nachweislich nicht der materiellen Rechtslage entspräche und für eine Leistung des Saldoanerkenntnisses in Kenntnis der rechtlichen und tatsächlichen Nichtschuld keine Anhaltspunkte vorliegen.
205. Der Auszahlungsanspruch der Klägerin ist schließlich nicht verwirkt im Sinne von § 242 BGB. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat, und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, NJW 1982, 1999). Hier fehlt es schon an dem erforderlichen Umstandsmoment. Die Klägerin hat bereits durch das Anwaltsschreiben vom 03.02.2003 zu erkennen gegeben, dass sie die Angelegenheit auch in zivilrechtlicher Hinsicht prüfen und verfolgen lassen wolle, wenn auch die Beklagte zunächst nur zur Übersendung von Unterlagen ersucht worden ist. Nachvollziehbar ist weiter, dass sie mit der gerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten durch Klageschrift vom 26.04.2005 bis nach der Klärung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ihres Enkels durch Urteil vom 18.06.2004 zugewartet hat, zumal dieser erst durch Beschluss vom 30.06.2005 wegen unterbliebener Schadenswiedergutmachung zu der vorbehaltenen Strafe verurteilt worden ist. Auf zwischenzeitliche Verfügungen im Kontokorrentverhältnis auf dem Girokonto kann die Beklagte sich nicht berufen, weil diese nicht zu einer Genehmigungswirkung nach Ziffer 7 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten geführt haben und für eine neben dieser Sonderregelung stehende Verwirkung von Ansprüchen des Kunden gegen die Bank regelmäßig kein Raum bleibt.
21Die Zinsforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.
22Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1 (Teilklageänderung und Teilerfüllung), 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
23Streitwert: bis 25.000,00 .
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