Urteil vom Landgericht Bonn - 1 O 194/04
Tenor
1a)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin zwei Drittel aller Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass alle 904 Glasdachelemente über den drei Ausstellungshallen des Museums J , C , durch solche Glasdachelemente ausgewechselt werden, die statt der unterhalb der Ausblendprismenplatte angeordneten Floatglasscheibe eine Scheibe aus weißem Einscheibensicherheitsglas (ESG) haben, abzüglich der Mehrkosten, die die Klägerin für die Herstellung des Glasdachs hätte aufwenden müssen, wenn anstelle der Floatglasscheibe eine Scheibe aus ESG eingebaut worden wäre.
Im Übrigen wird die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 1a) abgewiesen (nämlich soweit sie vollen (d.h. hundertprozentigen) Schadensersatz von der Beklagten zu 1) begehrt, soweit sie auch Schadensersatz für die 26 Glasdachelemente des Sheddachs verlangt und soweit sich der Klageantrag zu 1) auch gegen die Beklagten zu 2) bis 7) richtet.
1b)
Der Klageantrag zu 1b) wird abgewiesen.
2)
Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif.
3)
Auf die Widerklage der Beklagten zu 1) wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte zu 1) 3.361,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.05.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen
4)
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) bis 7) werden der Klägerin auferlegt (einschließlich der ihnen im selbständigen Beweisverfahren 1 OH 2/97 LG Bonn entstandenen Kosten).
Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
5)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte zu 1) (wegen der Widerklage) und für Beklagten zu 2) bis 7) (wegen der Kosten) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d :
2Gegenstand der Klage sind Mängel des Glasdachs über den Ausstellungshallen des Museumsbaus " J " in C . Die Liegenschaft steht im Eigentum der Klägerin und ist dem K , einer Stiftung aus dem Vermögen der Klägerin, zur Nutzung als Museumsgebäude überlassen. Bereits seit dem Jahr 1997 hat vor der Kammer ein umfangreiches selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Mängel und deren Ursachen stattgefunden (1 O 2/97 LG Bonn).
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 1) primär "großen Schadensersatz" nach § 13 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B, hilfsweise Zahlung der Nachbesserungskosten. Von den Beklagten zu 2) bis 8), welche als Architektengemeinschaft (Beklagte zu 2 bis 7) und als Fachplaner (Beklagter zu 8) für die Klägerin tätig waren, begehrt sie Schadensersatz für behauptete Planungsfehler und/oder Fehler bei der Objektüberwachung.
4I.
5Vertragliche Bindungen der Beteiligten ( = schriftliche Verträge):
6Verträge zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zu 2):
7Unter dem 28.03.1988 / 08.04.1988 (vorgelegt als Anlage K 12, Bl. 246 ff. GA) schlossen die Klägerin und die Streitverkündete zu 2) einen Vertrag, welcher die "tageslichttechnische Planung und Beratung für die Baumaßnahme" zum Gegenstand hatte. Konkret vorgesehen war das Aufstellen der HU-Bau nach F 2.1. RBBau sowie detaillierte lichttechnische Untersuchungen. Unter dem 09.09.1991 / 03.09.1991 trafen die Klägerin und die Streitverkündete zu 2) eine schriftliche Vertragserweiterung (vorgelegt als Anlage K 12, Bl. 256 ff. GA), in der die Streitverkündete zu 2) weitere dort in § 3 näher umschriebene Aufgaben übernahm, insbesondere auch die "Technische Prüfung der Angebotsvarianten (Glasdächer)" und die "Ausführungsplanung für die Glasdächer (2-lagiges System)". Wegen der Einzelheiten wird auf den jeweiligen Vertragsinhalt verwiesen.
8Vertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2) bis 7):
9Unter dem 16.03.1989 / 09.03.1989 beauftragte die Klägerin die Beklagten zu 2) bis 7), welche sich ihrerseits als Architektengemeinschaft zusammenschlossen, mit Architektenleistungen (Grundleistungen) gemäß § 15 HOAI, Leistungsphasen 3 bis 8 (bzw. Teilen davon) (vgl. im Einzelnen den als Anlage K 3 vorgelegten Vertrag).
10Verträge zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1):
11Mit der Beklagten zu 1) schloss die Klägerin unter dem 25.09.1990 einen Bauvertrag betreffend die "Stahlkonstruktion und Verglasung Dach", welcher im Januar 1991 um einen weiteren Auftrag erweitert wurde (vgl. im Einzelnen die beiden als Anlage K 2 vorgelegten Verträge). Die Beklagte zu 1) schaltete ihrerseits bei der Erfüllung ihres Auftrags u.a. die Streitverkündete zu 1) als Subunternehmerin ein. Die Anwendbarkeit der VOB wurde vereinbart.
12Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 8):
13Unter dem 13.05.1991 / 06.05.1991 schloss die Klägerin mit dem Beklagten zu 8) einen "Ingenieurvertrag - Fachberatung Fassade und Glasdach", welcher u.a. eine Fachberatung für die Glasdachkonstruktion einschließlich einer Mitwirkung bei der Objekt- (Bau-) Überwachung zum Gegenstand hatte (vgl. im Einzelnen den als Anlage K 9 vorgelegten Vertrag).
14Vertrag zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zu 3):
15Die Streitverkündete zu 3) plante die Blitzschutzanlage und hat jedenfalls nach der Behauptung der Beklagten zu 2) und 3) insoweit auch die Objektüberwachung übernommen (der diesbezügliche Vertrag ist nicht vorgelegt). Ausgeführt wurde die Blitzschutzanlage von der Fa. V .
16II.
17Das Vorbringen zum Klageantrag zu 1 a):
18Die Dachkonstruktion über den Ausstellungshallen II bis V besteht aus tonnenförmig gebogenen Stahlträgerprofilen, auf denen Halterungen aus Aluminium-Strangpressprofilen zur Aufnahme der 904 Glaseinheiten des Dachs aufgeständert sind. Zur Ausführung gelangte eine Bauweise, bei der sich die einzelne ca. 80 kg schwere Glaseinheit aus mehreren Schichten zusammensetzt. Von außen nach innen betrachtet sind dies ein 9,8 mm starkes Einscheibensicherheitsglas (ESG), ein 34 mm Scheibenzwischenraum mit zweilagig eingebauten Prismen der Herstellerin T AG (Streitverkündete zu 1), 6 mm Floatglas, 10 mm Scheibenzwischenraum mit Argongasfüllung und 8,8 mm Verbundsicherheitsglas (VSG).
19Das Dach oberhalb der Ausstellungsebene I ist ein Faltdach (sog. "Sheddach"), dessen Glaselemente identisch aufgebaut sind.
20Seit der Fertigstellung am 30.04.1991 (Tag der Abnahme) kommt es zunehmend zu Glasbrüchen innerhalb der Elemente. Zu Beginn des selbständigen Beweisverfahrens 1 OH 2/97 LG Bonn im Jahr 1997 waren 28 Elemente beschädigt, bei einer Schadensaufnahme im Juni 2001 insgesamt 70 Elemente und bei Einreichung der Klage im Mai 2004 insgesamt 94 Elemente. In einem nicht vorbehaltenen Schriftsatz vom 20.03.2007 lässt die Klägerin vortragen, dass im Laufe dieses Rechtsstreits kontinuierlich weitere Scheiben zerbrochen sind, inzwischen seien es 117 Glaselemente (Stand: 06.03.2007).
21In der Planungs- und Ausschreibungsphase war ursprünglich ein anderer Aufbau der Glaselemente vorgesehen gewesen. In der "Haushaltsunterlage-Bau" (HU-Bau) waren 3 Prismen sowie eine innenliegende ESG-Scheibe geplant. Dieser Aufbau beruhte auf einem Gutachten der Streitverkündeten zu 2) zur Lichtdurchlässigkeit des Glasdachs und zur Auswirkung auf die konservatorische Belastung der Exponate.
22Am 27.04.1989 wurde das Glasdachkonzept zwischen Vertretern der Klägerin, den Beklagten zu 2) und 4) sowie einem Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2) erörtert. Zur Sprache kam dabei aufgrund eines von Mitarbeitern der Klägerin erstellten Fragenkatalogs auch die Temperaturbeständigkeit der Prismen und der mittleren Scheibe im Glaspaket. Zur Glasscheibe verhielt sich die folgende Frage:
23"Bei mittlerer Scheibe Gefahr des Glasbruchs (bei Aufwärmung)...; wie wird das vermieden? Innere Scheibe kann Wärme nicht abgeben" (vgl. Frage 3.12 des Fragenkatalogs zum Glasdachkonzept vom 26.04.1989, vorgelegt mit der Anlage K 4).
24Im Gesprächsprotokoll vom 27.04.1989 ist vermerkt, dass dazu der Beklagte zu 2) erklärt habe, es werde gegenwärtig gemeinsam mit den Herstellern überlegt, ob die mittlere Glasscheibe entfallen könne (vgl. Ziffer 3.3 des Gesprächsvermerks vom 27.04.1989, vorgelegt als Anlage K 4).
25Bei einer weiteren Besprechung am 07.06.1989, an welcher auch Vertreter der Streitverkündeten zu 1) (Fa. T AG) als damals einziger Herstellerin solcher Prismenlagen sowie die Fa. U (Glasherstellerin) beteiligt waren, wurde vom Beklagten zu 2) erläutert, dass nach neueren Überlegungen die mittlere Glasscheibe entfallen könne, weil sie aus Wärmeschutzgründen nicht notwendig sei.
26Im Juni 1990 erfolgte sodann die öffentliche Ausschreibung. Im Titel 6.3 des diesbezüglichen Leistungsverzeichnisses wurde ein dreilagiges Prisma beschrieben. Die mittlere Scheibe und die Argonfüllung waren (im Gegensatz zu der in der HU-Bau vorgesehenen Planung) nicht mehr vorgesehen. Diese Ausschreibung, an welcher sich auch die Beklagte zu 1) beteiligte, wurde indessen wegen eines zu hohen Submissionsergebnisses und der dadurch bedingten haushaltsmäßigen Unterdeckung aufgehoben. Es wurde sodann ein Verhandlungsverfahren mit einzelnen Bietern eingeleitet.
27Unter dem 26.07.1990 unterbreitete sodann die Fa. T AG den Beklagten zu 2) und 3) drei Alternativangebote zu den Glaselementen. Ein erstes entsprach der früheren Ausschreibung. In einem Alternativangebot wurde eine ähnliche, preiswertere Konstruktion mit einem nur zweilagigen Prismensystem angeboten. In beiden Fällen wurde jeweils Bezug genommen auf lichttechnische Berechnungen des Büros M (Streitverkündete zu 2).
28In einer dritten Alternative, die schließlich zur Ausführung gelangte, fehlte dieser Hinweis auf lichttechnische Berechnungen des Büros M . Diese Alternative sah nun wiederum eine (mittlere) Scheibe vor, welche allerdings abweichend von der ursprünglichen Planung (HU-Bau) nicht aus ESG-Glas, sondern aus "6 mm Floatglas mit Silberschicht" bestand. Parallel mit diesem Angebot der Fa. T AG schrieb die Beklagte zu 1) unter dem 31.07.1990 an die Beklagten zu 2) und 3) und erklärte, dass sich Verbilligungsmöglichkeiten von insgesamt 1,6 Mio. DM ergeben könnten. Im Auftragsfalle würde sie, die Beklagte zu 1) mit den Firmen U und T bei der Verglasung "sehr eng zusammen arbeiten". Mit einem weiteren Schreiben vom 21.08.1990 unterbreitete die Beklagte zu 1) der Klägerin wiederum zu Händen des Beklagten zu 2) ein Angebot, in welchem sie ihrerseits zwei Alternativangebote unterbreitete, wobei der Glasaufbau identisch ist mit den beiden Alternativangeboten der Fa. T AG vom 26.07.1990.
29Unter dem 21.09.1990 erstellten die Architekten der Klägerin (nunmehr die Beklagten zu 4) bis 7) ein neues Auftragsleistungsverzeichnis, in welchem nunmehr unter Ordnungsziffer 6.3 ein Glasaufbau mit 2 Prismenlagen und einer 6 mm Floatglasscheibe aus Float-Weißglas vorgesehen war (Anlage K 8 b).
30Ende September 1990 erhielt die Beklagte zu 1) von der Klägerin den ersten Auftrag zur Konstruktion, Lieferung und Montage der 904 Elemente über dem Tonnendach. Im Januar 1991 wurde der Auftrag um das Falt- bzw. Sheddach erweitert. Beiden Verträgen liegt unter anderem die Geltung der VOB/B zu Grunde.
31Für den eingetretenen Glasbruch macht die Klägerin die Beklagten zu 1) bis 7) verantwortlich.
32Sie macht sich hierbei im wesentlichen die Feststellungen und die Auffassung des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. N zu eigen und behauptet ihrerseits, dass der Glasbruch auf die innerhalb der Paneele auftretenden Temperaturen bzw. Temperaturunterschiede zurückzuführen sei. Die hier zum Einbau gekommene 6 mm-Floatglasscheibe sei für die gewählte Paneelen-Konstruktion ungeeignet. Floatglas habe nur eine Temperaturwechselbeständigkeit von maximal 40°C bzw. 40 Kelvin (K). Bei Verwendung einer (mittleren) ESG-Scheibe mit einer wesentlich höheren Temperaturwechselbeständigkeit von ca. 200 K wären die Schäden nicht aufgetreten.
33Auch die Architekten (Beklagten zu 2 bis 7) hätten die Schäden mit verursacht. Ihnen sei vorzuwerfen, dass sie den Änderungsvorschlag der Beklagten zu 1) in die Leistungsbeschreibung übernommen hätten, ohne zuvor hinreichend zu prüfen, ob dieser Vorschlag zur Herbeiführung des Leistungserfolges geeignet war. So gehöre es zum Kenntnisstand eines durchschnittlichen Architekten und Ingenieurs, dass Floatglas nur eine beschränkte Temperaturwechselbeständigkeit aufweise.
34Unabhängig davon hätte den Beklagten zu 2) bis 7) gegenwärtig sein müssen, dass die Problematik eines Glasbruchs in den Vorgesprächen vor der ersten Ausschreibung bereits angesprochen worden und nur deswegen nicht ausdiskutiert worden sei, weil diese Schicht nach damaligem Planungsstand voraussichtlich habe entfallen sollen. Hätten die Beklagten zu 2) bis 7) gegenüber der Klägerin Bedenken angemeldet, so hätte diese eine weitere Untersuchung veranlasst und bei dem dann zu erwartenden Untersuchungsergebnis eine ESG-Scheibe statt einer Floatglas-Scheibe gewählt.
35Die Streitverkündete zu 2) behauptet, dass sie ausschließlich als "Lichtplanerin" in das Bauvorhaben eingebunden gewesen sei. Nur in dieser Funktion sei sie mit ihrem Spezialwissen "Sonderfachmann" gewesen. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Lichtverhältnisse für die drei großen Ausstellungshallen mit dem tonnenförmigen Glasdach so zu gestalten, dass das einfallende Tageslicht in seiner ständigen natürlichen Veränderung unter Berücksichtigung der Transparenz zwischen Innenraum und Außenraum in seiner Dynamik erhalten bleibe, gleichzeitig aber die eher störenden Begleiterscheinungen (Wärmeeinstrahlung durch die Sonne, Blendungserscheinungen, Objektgefährdungen durch die Sonne) so in den Griff zu bekommen, dass sich einerseits die Besucher wohl fühlen und anderseits die Ausstellungsobjekte bestmöglich dargestellt werden könnten und dass nicht zuletzt Objektgefährdungen durch Strahlung unterbunden werden würden.
36Auf dieser Grundlage sei von ihr sodann ein Lichtkonzept für die Ausstellungshalle mit Tageslicht entwickelt worden, das dann auch die Grundlage für den fast 7 cm starken Glasaufbau geliefert hätte.
37Nur auf dieser Basis als Lichtplanerin sei sie auch bei den weiterführenden Besprechungen vom April 1989 und Juni 1989 zugegen gewesen. An der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses sei sie nicht beteiligt gewesen.
38Auch der "Zusatzauftrag" vom 03.09.1991 habe sich nur auf die tageslichttechnische Planung und Beratung bezogen. Soweit in diesem Vertrag von einem "Erstellen der Ausschreibungsunterlagen für die Glasdächer" und von bauphysikalischen und mechanischen Anforderungen die Rede sei, so sei dies "reichlich weit formuliert" und habe nun zu "gezielten Fehlinterpretationen der Beklagten" geführt.
39III.
40Das Vorbringen zum Klageantrag zu 1 b):
41Insoweit begehrt die Klägerin von allen 8 Beklagten Schadensersatz für aufgetretene Undichtigkeiten der ersten (äußeren) Entwässerungsebene. Sie beruft sich hierbei auf die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. N im selbständigen Beweisverfahren, wonach die Undichtigkeiten auf nicht bzw. nicht ordnungsgemäß abgedichtete Bohrlöcher, Profilstöße und Dichtprofile und auf die Verwendung ungeeigneter Dichtungsmaterialien zurückzuführen seien (Gutachten vom 01.07.2002, dort Seite 13). Der Beklagten zu 1) sei insoweit ein Ausführungsfehler anzulasten und den übrigen Beklagten (Architekten bzw. dem Fachingenieur) ein Fehler bei der Objektüberwachung.
42IV.
43Das Vorbringen zum Klageantrag zu 2):
44Insoweit begehrt die Klägerin von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 8) Schadensersatz für aufgetretene Undichtigkeiten der zweiten (inneren) Entwässerungsebene. Auch insoweit macht sie sich die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. N im selbständigen Beweisverfahren zu eigen, wonach diese Undichtigkeiten des Dachs über den Ausstellungsebenen II bis IV/V darauf zurückzuführen seien, dass vertikalen Bolzen (jeweils 2 Stehbolzen), auf denen die Glaselemente lagern, für das Gewicht der Glaselemente zu gering dimensioniert seien. Bei einigen Glaselementen sei auch nur ein Bolzen eingebaut. Infolge ihrer Unterdimensionierung kippten die Bolzen nach unten weg, so dass die Verglasungseinheiten auf den schrägen Dachebenen nach unten rutschen würden. Hierdurch würden die ursprünglich runden Bohrungen unplanmäßig zu "Langlöchern", und die Dichtprofile, die die Bolzen umschlössen, versagten. In der Folge könne das Niederschlagswasser, das infolge der ebenfalls undichten ersten Entwässerungsebene auf die zweite gelange, unkontrolliert in die Ausstellungsräume des Museums eindringen.
45Die Klägerin beantragt,
461.)
47festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass
48a)
49alle 904 Glasdachelemente über den drei Ausstellungshallen sowie alle 26 Glasdachelemente des Sheddachs des Museums " J ", C , durch solche Glasdachelemente ausgewechselt werden, die statt der unterhalb der Ausblendprismenplatte angeordneten Floatglasscheibe eine Scheibe aus weißem Einscheibensicherheitsglas (ESG) haben, abzüglich der Mehrkosten, die die Klägerin für die Herstellung des Glasdachs hätte aufwenden müssen, wenn anstelle der Floatglasscheibe eine Scheibe aus ESG eingebaut worden wäre;
50b)
51festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 8) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass auf dem Glasdach über den Ausstellungsebenen und auf dem Sheddach jeweils auf der ersten Dachentwässerungsebene alle Bohrungen in der äußeren Deckschale (Klemmprofile) sowie alle Profilstöße und äußeren Dichtprofile abgedichtet werden.
522.
53festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 8) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche vom Klageantrag Ziffer 1.a) und b) nicht umfasste Schäden zu ersetzen, die der Klägerin dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass die Stehbolzen, auf denen die 904 Glaselemente über den Ausstellungsebenen II bis IV/V aufgelagert sind, verstärkt oder gegen andere Stehbolzen oder Vorrichtungen ausgetauscht werden, die aufgrund ihrer Anzahl, ihrer Materialeigenschaften und Konstruktion geeignet sind, das Gewicht der Glasdachelemente von je rund 80 kg/m² zu tragen.
54Hilfsweise, für den Fall, dass ein Verschulden der Erstbeklagten verneint werden sollte, beantragt die Klägerin zu den Ziffern 1. und 2.,
55die Erstbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.112.918,81 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz als abrechenbaren Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung beim Glasdach des J in C zu leisten.
56Die Streitverkündeten zu 2) und 3), welche jeweils dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten sind, schließen sich den Anträgen der Klägerin an.
57Die Beklagten zu 1) bis 8) beantragen,
58die Klage abzuweisen.
59Die Streitverkündete zu 1), welche dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten zu 1) beigetreten ist, beantragt,
60die Klage gegen die Beklagte zu 1) abzuweisen.
61Widerklagend beantragt die Beklagte zu 1),
62die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) 10.083,59 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.05.2004 zu zahlen.
63Die Klägerin beantragt,
64die Widerklage abzuweisen.
65Die Beklagte zu 1) vertritt die Auffassung, für die Glasbrüche nicht verantwortlich zu sein. Sie meint, insoweit von der Gewährleistung frei zu sein, weil der Mangel auf die Leistungsbeschreibung zurückzuführen sei und ihr auch keine Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B zur Last falle (§ 13 Nr. 3 VOB/B).
66Insbesondere habe sie das zur Verwendung gekommene Glas nicht von sich aus vorgeschlagen, sondern sei einer entsprechenden Aufforderung der Klägerin vom 21.08.1990 nachgekommen. Dem sei -insoweit unstreitig- der Vorschlag der Streitverkündeten zu 1) vom 20.07.1990 vorausgegangen, der von dieser der Klägerin unmittelbar, nämlich zu Händen ihrer Architekten, unterbreitet worden war.
67Darüber hinaus behauptet die Beklagte zu 1), zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zu 1) sei bereits lange vor Auftragserteilung ein selbständiger Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Streitverkündete zu 1) habe der Klägerin Gutachten über die von ihr vorgeschlagenen Produkte zur Verfügung gestellt und sie lange vor Auftragserteilung beraten. Damit stünde die Streitverkündete zu 1) eindeutig im "Lager" der Klägerin.
68In gleicher Weise habe sich die Klägerin bei der Vorbereitung des neuen, schließlich zur Ausführung gelangten Leistungsverzeichnisses von der Streitverkündeten zu 1) beraten lassen.
69Ungeachtet dessen sei die Klägerin in Person der ausschreibenden und vergebenden (damaligen) Bundesbaudirektion (jetzt Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung) selbst in hohem Maße fachkundig und darüber hinaus von hochkarätigen Architekten und Fachplanern beraten gewesen, mit der Folge, dass sie, die Beklagte zu 1), sich auf die Richtigkeit und Geeignetheit der ausgeschriebenen Konstruktion habe verlassen können und dürfen.
70Soweit im Bereich der Entwässerungsrinnen Ausführungsmängel gerügt und teilweise vom Sachverständigen festgestellt worden seien, lägen jedenfalls die Voraussetzungen des von der Klägerin primär geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht vor. Im übrigen sei die Beklagte zu 1) jederzeit bereit, die insoweit festgestellten Mängel zu beseitigen. Die Nachbesserungsarbeiten wären jedoch technisch und wirtschaftlich nutzlos, wenn die Klägerin, wie von ihr angekündigt, die Glasscheiben vollständig austauschen werde. Sinnvollerweise würden die Ausführungsmängel an den Entwässerungsrinnen uno actu mit dem Austausch der Glaselemente vorgenommen.
71Ihre Widerklage stützt die Beklagte zu 1) darauf, dass sie von der Klägerin am 08.10.1996 mit dem Austausch eines gebrochenen Isolierglas-Elements beauftragt worden sei und diesen Auftrag auch durchgeführt hat. Im Auftragsschreiben hieß es bereits:
72"Die Vergütung erfolgt je nach Ausgang der gemeinsamen Untersuchung der Schadensursache vor Ort....".
73Die Beklagte zu 1) nahm diesen Auftrag unter dem 14.10.1996 an, und zwar zu einem Werklohn von 19.722,05 DM brutto (jetzt 10.083,95 €). Nach Durchführung der Arbeit anlässlich des Ortstermins des Sachverständigen Dipl.-Ing. N am 21.07.1990 erstellte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 13.08.1997 ihre Rechnung, deren Zahlung sie schließlich im Jahre 2004 unter Fristsetzung zum 26.05.2004 anmahnte. Da die Parteien weiterhin über die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) streiten, streiten sie dementsprechend auch über die Berechtigung der Widerklage.
74Die Streitverkündete zu 1) wendet ein, die aufgetretenen Glasbrüche stellten lediglich eine "optische Beeinträchtigung" dar, welche keinesfalls die vollständige Erneuerung des Glasdachs rechtfertige.
75Im Übrigen habe sie selbst von den ihr vorgeschlagenen Varianten die ersten beiden favorisiert, welche gar keine mittlere Scheibe vorgesehen hätten. Diese Maßnahme sei aus ihrer Sicht für die Verbesserung der Wärmedurchgangswerte (k-Wert und g-Wert) gar nicht erforderlich gewesen. Wenn die Klägerin gleichwohl in Abstimmung mit ihren Architekten, dem Glaslieferanten sowie den Sonderfachleuten (Streitverkündete zu 2 und Beklagten zu 8) die Variante mit der mittleren Glasscheibe gewählt habe, so treffe eine Haftung allenfalls diese Beteiligten.
76Die Beklagten zu 2) bis 7) lehnen ihre Verantwortlichkeit für den Glasbruch mit der Begründung ab, sie seien als Architekten-Arbeitsgemeinschaft (lediglich) mit der Objektplanung und Objektüberwachung beauftragt gewesen. Für die Fassadenkonstruktion und die Glasdachkonstruktion inklusive deren Abdichtung habe die Klägerin von Anfang an den Beklagten zu 8) und mit der Lichtplanung die Streitverkündete zu 2) als Sonderfachleute beauftragt. Zur Lichtplanung habe auch die Planung des Glasaufbaus gehört.
77Vor dem Hintergrund, dass die Streitverkündete zu 2) als Fachplanerin von vornherein mit der Streitverkündeten zu 1), der Fa. T AG, als damals einziger Herstellerin solcher Prismenplatten zusammen gearbeitet habe, treffe die Architekten auch keine Prüf- und Hinweispflicht. Ein Objektplaner dürfe die Planung eines Sonderfachmanns keineswegs eigenmächtig ändern. Vielmehr beschränke sich die Aufgabe der Architekten als Objektplaner bei der Einschaltung von Sonderfachleuten auf die architektonische Gestaltung.
78Auch für die Undichtigkeiten (Klageantrag zu 1b) seien sie, die Beklagten zu 2) bis 7), nicht verantwortlich. Soweit partiell Ausführungsfehler vorlägen, die evtl. darauf zurückzuführen seien, dass die Beklagte zu 1) die Verschraubungen in den Profilen zu stark angezogen habe, hätten diese Fehler im Rahmen der Objektüberwachung nicht festgestellt werden können. Abgesehen hiervon sei auch insoweit mit dem Beklagten zu 8), welchem auch die Objektüberwachung mit übertragen worden sei, ein Sonderfachmann zuständig gewesen. Überdies habe der Sachverständige Dipl.-Ing. N festgestellt, dass aufgrund von Bohrungen, welche zur Befestigung von Laschen für die elektrische Leitung bei Blitzeinschlag dienten, vermehrt Feuchtigkeit durch die äußere Entwässerungsebene eindringen könne. Auch diese Arbeiten seien nicht von den Architekten sondern von der Streitverkündeten zu 3) (als der Fachplanerin für die Blitzschutzanlage) zu planen und zu überwachen gewesen.
79Der Beklagte zu 8) vertritt die Auffassung, dass er keineswegs die Bauüberwachung "als solche" übernommen habe. Vielmehr habe er nach dem Inhalt seines Vertrags die örtliche Bauleitung der Architekten lediglich unterstützen sollen. Dieser Pflicht sei er nachgekommen, indem er vorab u.a. Hinweise zur Montage erteilt habe. Auf keinen Fall sei es seine Aufgabe gewesen, die Montage vor Ort ständig zu überwachen, zumal allen Beteiligten klar gewesen sei, dass er schon im Hinblick darauf, dass sich sein Büro in der Nähe von I befindet, nicht ständig vor Ort habe anwesend sein können. Zudem verweist auch er insoweit auf eine mögliche Verantwortung der Streitverkündeten zu 3).
80Soweit ihm auch Planungsfehler angelastet würden, sei durch das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens keineswegs festgestellt, dass die Undichtigkeiten (in der äußeren Entwässerungsebene) auf eine systematische Fehlplanung und nicht auf Ausführungsfehler im Einzelfall zurückzuführen seien. Keineswegs würden die Stehbolzen, wie vom Sachverständigen angenommen, "nach unten wegkippen", und es sei auch nicht richtig, dass durch das Verrutschen der Glaselemente aus runden Bohrlöchern "Langlöcher" geworden seien. Vielmehr seien nach dem Inhalt des Protokolls vom 06.05.1991 (vorgelegt als Anlage B 8-5) bereits bei der Montage Langlöcher im Bereich der Bohrlöcher festgestellt worden .
81Die Streitverkündete zu 3) tritt den Ausführungen der Beklagten (zur äußeren Entwässerungsebene) entgegen und trägt vor, dass sie für eventuell in diesem Bereich vorgekommene Ausführungsfehler nicht verantwortlich sei. Die Blitzschutzanlage sei -insoweit unstreitig- nicht von ihr sondern von der Fa. V errichtet worden.
82Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
83Das Gericht hat Beweis erhoben durch Verwertung der im selbständigen Beweisverfahren 1 OH 2/97 eingeholten schriftlichen Gutachten und Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. N sowie im Verlaufe dieses Rechtsstreits durch Einholung eines weiteren schriftlichen Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. N sowie durch zweimalige mündliche Anhörung des Sachverständigen in den Verhandlungsterminen vom 12.09.2005, welcher an Ort und Stelle mit einer Besichtigung des Daches durchgeführt wurde, und am 05.03.2007. Wegen des Ergebnisses wird auf die Beweissicherungsgutachten vom 29.10.1998, 26.09.2000, 01.07.2002 und 02.12.2003, auf das in diesem Rechtsstreit ergänzend eingeholte schriftliche Gutachten vom 28.04.2006 sowie auf die Vernehmungsprotokolle vom 12.09.2005 (Bl. 331 ff. GA) und vom 05.03.2007 (Bl. 492 ff. GA) verwiesen.
84E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
85Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 1a) nur gegen die Beklagte zu 1) und insoweit auch nur zum Teil begründet. Der Klageantrag zu 1b) ist unzulässig bzw. unbegründet, und der Klageantrag zu 2) ist derzeit noch nicht zur Entscheidung reif. Im Einzelnen gilt Folgendes:
86I.
87Zum Klageantrag zu 1 a):
88Mit dem Klageantrag zu 1 a) begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass alle 904 Glaselemente sowie alle 26 Glaselemente des Sheddachs des Museums " J " durch anders konstruierte Elemente ersetzt werden, abzüglich der "Sowiesokosten", welche die Klägerin für eine ordnungsgemäße Herstellung des Glasdachs ohnehin hätte aufwenden müssen.
89A.
90(Mit-)Haftung der Beklagten zu 1) für den Mangel an 904 Glasdachelemente des Tonnendachs
91Dieser Antrag hat Erfolg, allerdings nur gegen die Beklagte zu 1) (und nicht gegen die Beklagten zu 2) bis 7)) und nur im Hinblick auf die 904 Glasdachelemente des Tonnendachs (und nicht hinsichtlich der 26 Glasdachelemente des Sheddaches) und im Hinblick einer der Klägerin anzulastenden mitwirkenden Verursachung nur mit einer Quote von zwei Dritteln.
92Auf das streitige Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) sind die in Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB aufgeführten Gesetze in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden. Die VOB/B ist zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) in der Fassung vom 19.07.1990 (VOB/B-1990) vereinbart worden. Denn der zwischen diesen Parteien geschlossene Vertrag ist im September 1990 und damit vor dem 01.01.2002 und noch vor der Veröffentlichung der VOB 1992 (am 27.11.1992) zustande gekommen.
93Der Klägerin steht mit den eingangs erwähnten Einschränkungen gegen die Beklagte zu 1) der geltend gemachte sogenannte "große Schadensersatzanspruch" nach § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B zu.
94a) Mangelhafte Leistung
95Die von der Beklagten zu 1) gelieferten und eingebauten 904 Glasdachelemente über den Ausstellungsebenen II bis V sind mangelhaft. Bei rund 100 der insgesamt 904 Elemente des tonnenförmigen Daches ist die mittlere Floatglasscheibe bereits unstreitig zerbrochen, und insoweit liegt zweifellos ein Mangel der von der Beklagten zu 1) zu erbringenden Leistung vor.
96Aber auch die weiteren rund 800 Glaselemente, bei denen es bisher nicht zu einem Bruch der innen liegenden Floatglasscheibe gekommen ist, sind mit einem Konstruktionsfehler behaftet und damit mangelhaft und auszuwechseln. Nach den eindeutigen Ergebnissen der im selbständigen Beweisverfahren (Aktenzeichen 1 OH 2/97 LG Bonn) sowie im Verlaufe dieses Rechtsstreits eingeholten Gutachten und Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. N beruhen die bereits eingetretenen Glasbrüche auf thermischer Belastung. Dies steht für den Sachverständigen zweifelsfrei fest aufgrund eines für einen thermischen Bruch jeweils typischen sichelförmigen Bruchverlaufs und der einseitigen Ausmuschelung im Kantenbereich des Bruchspiegels (vgl. insbesondere die Zusammenfassung auf Seite 23 des Ergänzungsgutachtens vom 28.04.2006). Die Möglichkeit eines mechanischen Bruchs, etwa aufgrund einer fehlerhaften Statik des Daches (wie z.B. mangelhafte "Aufhängung" bzw. Auflagerung der einzelnen Glaselemente), ist damit ausgeschlossen.
97Ursache für den damit festgestellten "thermischen Bruch" sind nach dem Ergebnis der Gutachten Luftdruck und Temperaturschwankungen, aufgrund derer sich das Volumen im Scheibenzwischenraum der Isolierglaselemente verändert. Aufgrund dieses Doppelscheiben- oder Isolierglaseffekts, heute als "Klimalasten" bezeichnet, biegen sich die Scheiben entsprechend durch.
98Begünstigt werden die innerhalb des Glaselements eintretenden Temperaturschwankungen nicht lediglich durch das natürliche Sonnenlicht und die Luftaußentemperatur, sondern auch durch die Spiegelflächen der beiden eingebauten Prismen. Diese führen nach den weiteren überzeugenden und auch insoweit für die Kammer nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zusätzlich zu punktuellen Temperaturerhöhungen innerhalb der Scheibenelemente ("Brennglas-Effekt").
99Diese Temperaturschwankungen und Änderungen vermochte das in der Mitte des Glaselements eingebaute (einfache) Floatglas, welches nach der DIN 1259 Teil 2 vom September 1986 lediglich eine Temperaturbeständigkeit von 40 Kelvin (K) hat, in den bereits beschädigten Elementen offensichtlich nicht auszuhalten, mit der Folge, dass dieses Floatglas zerbrach.
100Von diesen Zusammenhängen ist die Kammer nach Einholung der schriftlichen sowie zweimal mündlich ergänzten Sachverständigengutachten überzeugt. Dabei ist sich die Kammer durchaus bewusst, dass ein streng mathematischer Nachweis des hier festgestellten Ursachenzusammenhangs nicht geführt ist. So haben die unter der Leitung des Sachverständigen bei dem L in S an einem Isolierglaselement durchgeführten Untersuchungen und Messungen bei einer mittleren Einstrahlintensität von 910 Watt/qm geringere Temperaturunterschiede ergeben, und an anderer Stelle seines Gutachtens, etwa was den sogenannten Brennglaseffekt angeht, spricht der Sachverständige davon, dass die Spiegelflächen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" die Temperaturerhöhungen zur Folge haben.
101Indessen ist ein hier nicht geführter mathematischer Nachweis zur Überzeugung des Gerichts von den Ursachenzusammenhängen nach § 286 ZPO auch gar nicht erforderlich.
102Soweit die Beklagten insbesondere im Anhörungstermin vom 12.09.2005 und auch in den folgenden Schriftsätzen, die aus den Messergebnissen des Instituts für Fenstertechnik in S gefolgerten Ursachenzusammenhänge kritisieren, wird dabei vor allem übersehen, dass bei den dort festgestellten und dokumentierten geringeren Temperaturunterschieden zwischen den einzelnen Glasscheiben, welche den Wert von 40 K nicht erreichten, die Floatglasscheibe auch gar nicht zerbrochen ist: Dies war, wie der Sachverständige ergänzend ausführte, auch gar nicht Sinn und Zweck dieses Versuches. Vielmehr sollte dadurch nur dokumentiert werden, dass zwischen den einzelnen Elementen überhaupt erhebliche Temperaturunterschiede auftreten.
103Damit bleibt es auch unter Würdigung dieser Einwände dabei, dass jedenfalls andere Ursachen für den Bruch ausgeschlossen sind, mit der Folge, dass der festgestellte thermische Bruch im Ergebnis nur durch zu hohe Temperaturschwankungen und Temperaturunterschiede innerhalb der Isolierglaskonstruktion verursacht worden sein kann. Und hierfür wiederum gibt es überzeugende technische Gründe, nämlich einerseits, dass das Glasdach im besonderen Maße der Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist und darüber hinaus die eingebauten Prismen zu einer Erhöhung der Innentemperatur führen und hierdurch die bisher eingetretenen Schäden an rund 100 Elementen entstanden sind.
104Dieser Fehler hätte vermieden werden können, insbesondere dadurch, dass man anstelle der mittleren (einfachen) Floatglasscheibe mit einer Temperaturwechselbeständigkeit von lediglich 40 K ein Einscheibensicherheitsglas (ESG) mit einer wesentlich höheren Temperaturbeständigkeit von 150 K verwendet hätte.
105Dieser somit festgestellte Konstruktionsfehler liegt bei allen 904 Glaselementen des Tonnendaches vor, so dass jedes einzelne von ihnen mit einem Mangel behaftet ist, ungeachtet der Tatsache, dass bisher bei lediglich rund 100 Elementen die mittlere Floatglasscheibe wirklich zerbrochen ist.
106- Wesentlicher Mangel
Dieser Konstruktionsfehler stellt auch einen wesentlichen Mangel dar, welcher die Gebrauchsfähigkeit des einzelnen Elements erheblich beeinträchtigt.
108Ohne Erfolg wendet die Streitverkündete zu 1) (Fa. T AG) insoweit ein, der Mangel, und zwar auch die bereits aufgetretenen Glasbrüche, führten lediglich zu einer optischen Beeinträchtigung, welche die vollständige Erneuerung des Glasdaches nicht rechtfertige. Dieser Einwand stößt bei Gericht zunächst insofern auf Verwunderung, weil es gerade die Streitverkündete zu 1) gewesen ist, die mit Angebot vom 26.07.1990 (vorgelegt als Anlage K 7) gerade die jetzt ausgewählte Konstruktion (als eine von drei Alternativen) vorgeschlagen und angeboten hat. Ungeachtet dessen ist der Einwand, es läge lediglich eine optische Beeinträchtigung vor, auch durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Denn die mittlere Floatglasscheibe hat durchaus auch eine technische und nicht lediglich eine optische Funktion. Sie dient insofern der Wärmedämmung, als sie den unteren Teil der Paneele, welcher mit einem Edelgas (Argon) gefüllt ist, vom oberen Teil der Paneele luftdicht abschließt. Wenn die mittlere Floatglasscheibe zerbricht, so kann sich das Argon-Gas verflüchtigen und in der gesamten Paneele verbreiten, mit der Folge, dass die Wärmedämmfunktion beeinträchtigt ist. Bereits dies ist ein wesentlicher, die Gebrauchstauglichkeit der Paneele erheblich beeinträchtigender Mangel, zumal die Einhaltung bestimmter Wärmedämmwerte (sogenannter k-Wert) im Baurecht zwingend vorgeschrieben ist.
109Ungeachtet dessen ist das aufwändige Glasdach, welches einerseits für eine Tageslichtatmosphäre im Museum sorgen soll, andererseits durch die eingebauten Prismen auch eine Sonnenschutzfunktion hat, auch ein wesentlicher Teil architektonischer Baukunst, so dass auch vor diesem Hintergrund Glasscherben in einer Paneele, welche für den Museumsbesucher von unten sichtbar sind, eine wesentliche Beeinträchtigung des Gesamteindrucks darstellen.
110Auch dem Einwand der Beklagten zu 1), es sei ihr jedenfalls nicht zuzumuten, alle 904 Elemente auszutauschen, da sich an den meisten Elementen ein Schadensbild bisher nicht zeige, vermag die Kammer nicht zu folgen.
111Einerseits wurde bereits dargestellt, dass sämtliche Elemente den selben Konstruktionsfehler enthalten, der die latente Gefahr mit sich birgt, dass weitere Glasscheiben zerbrechen. Dies hat auch der Sachverständige in seiner im Termin vom 05.03.2007 abgegebenen Abschätzung nicht auszuschließen vermocht.
112Die bereits aufgetretenen Schäden verteilen sich zudem nahezu über die gesamten Dachflächen der Ausstellungsbereiche AE II bis AE V. Wie die von der Klägerin als Anlage K 1 und vom Sachverständigen als richtig bestätigte grafische Aufstellung zeigt, treten die Glasbrüche nahezu in sämtlichen Achsenbereichen des Daches auf. Es lässt sich insoweit keinerlei Systematik erkennen. Die Schäden treten sowohl in den äußeren Paneelen als auch in der Mitte des Daches auf, und auch die geografische Lage der einzelnen Elemente (Himmelsrichtung) scheint keine erkennbare Rolle zu spielen. Auch vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls der Klägerin nicht zuzumuten, sich auf den Austausch der bisher beschädigten Elemente einzulassen. Denn die Gefahr, dass bei weiteren Elementen dasselbe Schadensbild eintritt, ist weiterhin latent. Und der Austausch eines jeden einzelnen Elementes bedarf stets eines relativ großen Aufwandes, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass jedes einzelne Element rund 80 kg schwer ist, mit der Folge, dass es nicht einfach von Menschenhand vom Dach getragen werden kann, sondern jeweils der Einsatz technischen Gerätes erforderlich ist.
113- Zurechenbarer Mangel
Die Beklagte hat den Mangel auch zu vertreten. Nach § 4 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Im Streitfall ist die Beklagte zu 1) sowohl für die Planung als auch für die Herstellung der Glaselemente verantwortlich. Soweit sie sich hierfür Unternehmern (Streitverkündete zu 1) = Fa. T AG sowie der Fa. U ) bediente, haftet sie hierfür über § 278 BGB wie für eigenes Verschulden. Wie der Sachverständige Dipl.-Ing. N hierzu überzeugend ausgeführt hat, handelte es sich bei der eingebauten Verglasungseinheit um ein neues Produkt unüblicher Art, welches nicht durch technische Baubestimmungen definiert werden kann. Aufgrund dieses komplexen Aufbaus wäre es erforderlich gewesen, durch entsprechende Versuche die Gebrauchstauglichkeit, Verwendbarkeit und Haltbarkeit näher zu untersuchen, etwa durch Herstellung eines "Prototyps", an dem dann weitere Untersuchungen hätten durchgeführt werden können. All dies ist nicht geschehen. So ist bis heute völlig unklar, welchen Einfluss der Randverbund (höhere oder niedrigere Temperatur) und die Dichtstoffe auf die Gebrauchstauglichkeit haben. Auch die Ableitung von Temperaturen aufgrund der massiven Tragprofile ist nicht untersucht, ebenso wenig die Frage, welches Temperatur-Beharrungsverhalten durch die eingebauten KS-Prismen entsteht. Die Nichtbeachtung all dieser Grundsätze muss sich die Beklagte zu 1) als Verschulden anrechnen lassen.
115Die Beklagte zu 1) kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Haftungsbefreiung nach § 13 Nr. 3 VOB/B berufen. Nach dieser Vorschrift ist ein Auftragnehmer von der Gewährleistung für diese Mängel frei, wenn ein Mangel auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnung des Auftraggebers, oder auf die von diesem vorgeschriebenen Stoffe zurückzuführen ist.
116Abgesehen davon, dass der Beklagten zu 1) eine Haftungsbefreiung nach dieser Vorschrift schon deshalb verwehrt ist, weil sie jedenfalls eine ihr nach § 4 Nr. 3 obliegende Mitteilung über die zu befürchtenden Mängel unterlassen hat (vgl. § 13 Nr. 3, letzter Halbsatz VOB/B), liegen auch die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift im Streitfall nicht vor.
117In tatsächlicher Hinsicht bleibt insoweit allerdings festzustellen, dass die Klägerin bereits vor Auftragserteilung an die Beklagte zu 1) mit der Streitverkündeten zu 1), der Fa. T AG, Kontakt aufgenommen hat, und diese sodann unter dem 26.07.1990 dem planenden Architekten der Klägerin (Beklagten zu 2) drei Vorschläge für den Aufbau des Glaselements unterbreitet hat. Dieser Vorschlag wurde von der Beklagten zu 1) unter dem 04.09.1990 aufgegriffen und als eigener Vorschlag unterbreitet. Zuvor hatte sie bereits mit Schreiben vom 31.07.1990 gegenüber den Architekten der Klägerin angekündigt, sie werde im Auftragsfalle mit den Firmen T und U "sehr eng zusammen arbeiten". Daraufhin haben die Architekten der Klägerin unter dem 21.09.1990 ihr Auftrags-Leistungsverzeichnis entsprechend geändert und in der Leistungsbeschreibung den Glasaufbau so vorgesehen, wie ihn die Streitverkündete zu 1) unter dem 26.07.1990 vorgeschlagen hatte. Mit diesem Inhalt, das heißt unter Bezugnahme auf dieses abgeänderte Leistungsverzeichnis, ist dann der Beklagten zu 1) unter dem 25.09.1990 der Auftrag erteilt worden.
118Bei diesem Sachverhalt liegen die Voraussetzungen des § 13 Nr. 3 VOB/B nicht vor. Die Befreiung von der Gewährleistungsfrist nach dieser Vorschrift setzt eine eindeutige Anordnung oder ein entsprechendes Vorschreiben durch den Auftraggeber voraus, welches dem Auftragnehmer keine Wahl lässt, sondern unbedingt befolgt werden muss (BGHZ 91, 206 ff.). Eine derartige bindende Anweisung liegt dagegen nicht vor, wenn der Auftraggeber einen bestimmten Baustoff nur vorschlägt (BGHZ 91, 206 ff.) oder mit der Verwendung durch den Auftragnehmer lediglich einverstanden ist (BGH, BauR 1975, 421 und BauR 2005, 1314 ff.).
119Von einer Befreiung kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Allein in der unstreitigen Tatsache, dass die Klägerin schon vor Auftragserteilung an die Beklagte zu 1) mit der Streitverkündeten zu 1), welche die Prismen herstellen sollte, Kontakt aufgenommen hat, stellt keine solche Anordnung dar. Diese Kontaktaufnahme ist vielmehr im Streitfall als reine Akquisition zu bewerten. Jedenfalls haben die Klägerin und die Streitverkündete zu 1) insoweit übereinstimmend vorgetragen, dass zwischen ihnen insoweit keinerlei vertraglichen Beziehungen bestanden hätten. Soweit die Beklagten dem gegenüber gleichwohl einwenden wollen, die Fa. T AG sei bereits im vorvertraglichen Stadium Fachplanerin oder Fachberaterin der Klägerin gewesen, kann die Kammer hiervon nicht ausgehen. Jedenfalls vermochten die Beklagten hierfür keinen geeigneten Beweis anzutreten. Im Streitfall steht darüber hinaus sogar das Gegenteil fest, nämlich dass es die Beklagte zu 1) war, welche mit ihrem Angebotsschreiben vom 04.09.1990 den Vorschlag der Fa. T AG aufgegriffen und als eigenes abweichendes Angebot unterbreitet hat.
120Auch der Umstand, dass die planenden Architekten der Klägerin den Vorschlag der Streitverkündeten zu 1) vom 26.07.1990 schließlich in ihr entsprechend abgeändertes Leistungsverzeichnis vom 21.09.1990 übernommen haben, stellt keine eindeutige Anordnung oder ein Vorschreiben einer Leistung im Sinne des § 13 Nr. 3 VOB/B dar. Vielmehr handelt es sich dabei um eine bloße Abschrift des Angebots der Beklagten zu 1) vom 04.09.1990. Insofern hatte die Beklagte nur das auszuführen, was sie selbst vorgeschlagen bzw. angeboten hat (vgl. hierzu auch BGH BauR 2005, 1314 ff. mit weiteren Nachweisen).
121d) Weitere Voraussetzungen des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B
122Auch die für den "großen Schadensersatzanspruch" notwendigen weiteren Voraussetzungen des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B liegen vor.
123Der Mangel an den Glaselementen beruht sowohl auf grober Fahrlässigkeit der Beklagten zu 1) als auch auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik (§ 13 Nr. 7 Abs. 2 a und b VOB/B).
124Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt. Dabei kann ein besonders gewichtiger objektiver Pflichtenverstoß den Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden nahe legen (BGH BauR 1989, 109). Es wurde bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt , dass es sich bei der eingebauten Verglasungseinheit um ein neues Produkt unüblicher Art handelt, welches von den Beklagten bzw. ihren Erfüllungsgehilfen (Subunternehmerin T AG und Fa. U ) geplant und hergestellt wurde, ohne dass zuvor weitere Versuche hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit, Verwendbarkeit und Haltbarkeit des Elements durchgeführt worden sind. Auf die obigen Ausführungen zum "Verschulden" wird verwiesen. Dieses Unterlassen stellt zugleich einen besonders schwer wiegenden Pflichtenverstoß dar, welcher zugleich auch den Schluss auf ein gesteigertes Verschulden zulässt.
125Damit ist zugleich ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik anzunehmen. Darunter sind für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen bestimmte bautechnische Regeln zu verstehen, welche in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen und in den für ihre Anwendung maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Kreis der Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig erkannt sind (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, Teil B, Rdnr. 151 zu § 4 VOB/B). Wer, wie hier, neue Bauweisen anwendet, ist nicht nur verpflichtet, besonders sorgfältig zu arbeiten, sondern er ist auch für den versprochenen Leistungserfolg verantwortlich (BGH BauR 1987, 681). Gibt es für eine Neukonstruktion, wie hier, noch keine Erfahrungswerte und keine allgemeine Zulassung, dann ist ein Auftragnehmer im besonderen Maße verpflichtet, sich den notwendigen Erfahrungsstand zu verschaffen bezüglich der angewandten Methoden und der verwendeten Baustelle. Unterlässt er dies, dann verstößt er insoweit gegen die anerkannten Regeln der Baukunst.
126e) "Mitverschulden"
127Die Beklagte zu 1) haftet indessen nicht allein für die festgestellten Mängel. Vielmehr muss sich die Klägerin die mitwirkende Verursachung der Streitverkündeten zu 2) (Fa. M GmbH) nach § 254 BGB anrechnen lassen.
128Grundsätzlich muss sich ein Bauherr das Planungsverschulden eines Architekten oder Sonderfachmanns nach den §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen, wenn der Architekt oder Sonderfachmann Pflichten oder Obliegenheit verletzt, die in seinem Aufgabenbereich liegen, und hierdurch der Mangel mitverursacht worden ist.
129aa) "Mitverschulden" wegen fehlerhafter Planung der Streitverkündeten zu 2)
130Dies ist hier der Fall. Die Streitverkündete zu 2) war von der Klägerin durch Vertrag vom 08.04.1988 / 28.03.1988 nicht lediglich mit der tageslichttechnischen Planung und Beratung für die Baumaßnahme, insbesondere für das Aufstellen der "Haushaltsunterlage–Bau" (HU-Bau) beauftragt worden. Vielmehr wurde sie durch eine Vertragserweiterung vom 09.09.1991 / 03.09.1991 in § 3 dieser Vertragserweiterung mit "zusätzlichen Leistungen des Auftragnehmers" beauftragt. Darunter fielen nach dem ausdrücklichen Inhalt dieses Vertrags das Erstellen der Ausschreibungsunterlagen für die Glasdächer, einschließlich bauphysikalischer Forderungen, ferner entwicklungstechnische und messtechnische Arbeiten für die Systemanpassung (Glasdächer), insbesondere die Änderung des Systementwurfs vom 3-lagigen Prismenaufbau auf 2-lagigen Systemaufbau, die technische Prüfung der Angebotsvarianten (Glasdächer) sowie die konkrete Ausführungsplanung für die Glasdächer (2-lagiges System) und auch die Berechnung der geometrischen Lage der Prismengläser, bezogen auf die einzelnen Neigungswinkel des Glasdaches (vgl. die Abschnitte 3.2.1 a, 3.2.2 a, 3.2.3 a und 3.2.4 a der Vertragserweiterung).
131Die Kammer übersieht nicht, dass diese Vertragserweiterung erst im September 1991 und damit erst nach Fertigstellung des Daches, die unstreitig bereits am 30.04.1991 (Tag der Abnahme) erfolgte, schriftlich fixiert wurde. Gleichwohl ist die Kammer davon überzeugt, dass dieser Vertragsinhalt exakt die Aufgaben wiedergibt, die die Streitverkündete zu 2) mit der Klägerin vorab bereits mündlich verbindlich getroffen hat. Dies schließt die Kammer daraus, dass die Streitverkündete zu 2) auch nach Fertigstellung ihres ersten Auftrags (Erstellen der HU-Bau, deren Fertigstellung bereits zum April 1988 geschuldet war) unstreitig weiter beratend für die Klägerin tätig blieb und an weiteren Gesprächen, insbesondere am 27.04.1989 und 07.06.1989, teilgenommen hat. Dass dies alles ohne vertragliche Grundlage geschehen sein soll, was die Streitverkündete zu 2) im Übrigen selbst nicht einwenden will, ist nicht anzunehmen.
132Bei diesem Sachverhalt können sich die Klägerin und die Streitverkündete zu 2) nicht mit Erfolg darauf berufen, die Streitverkündete zu 2) sei nur für die "Lichttechnik" (und nicht für die Glaskonstruktion) zuständig gewesen. Es wurde bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, dass auch gerade die eingebauten Prismenlagen zu den erheblichen Temperaturunterschieden zwischen den einzelnen Elementen führten. Als verantwortlicher Planerin der einzelnen Prismenlagen und ihrer Ausrichtung war es deshalb auch gerade die Pflicht und die Aufgabe der Streitverkündeten zu 2), sich über die physikalischen Folgen dieser Konstruktion Gedanken zu machen, insbesondere zu bedenken, dass eine Brechung des Lichts nicht nur den gewünschten Sonnenschutzeffekt sondern auch eine Hitzeentwicklung innerhalb des Glaselements zur Folge haben kann. Diese Aufgabe hat die Streitverkündete zu 2) nicht erfüllt. Sie hat sich vielmehr nach heutiger eigener Darstellung um diesen Aufgabenbereich gar nicht gekümmert, weil sie sich dafür nicht zuständig fühlte.
133bb) Kein Mitverschulden" wegen fehlerhafter Planung der Beklagten zu 2) bis 7)
134Demgegenüber muss sich die Klägerin nicht auch noch, wie die Beklagte zu 1) einwenden will, ein Verschulden ihrer Architekten (Beklagten zu 2 bis 7) anrechnen lassen. Denn der Mangel fällt nicht in deren Verantwortungsbereich. Ein Architekt ist nur insoweit Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer, als es um die Verpflichtung geht, dem Auftragnehmer einwandfreie Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen sowie die Leistungen der einzelnen Unternehmer während der Bauausführung zu koordinieren (vgl. BGH NJW 1972, 447). Derartige Pflichten haben die Beklagten zu 2) bis 7) nicht verletzt. Insbesondere brauchten sie, nachdem die Streitverkündete zu 1) (Fa. T AG) als Herstellerin der Glaselemente mit unterstellt besonders fachkundigem Ingenieurwissen einen Vorschlag über den Aufbau der Paneelen unterbreitet hatte und die Klägerin ihrerseits die Streitverkündete zu 2) darüber hinaus, wie dargestellt, als Fachplanerin beauftragt hatte, keine eigenen Untersuchungen zur Geeignetheit und Haltbarkeit der vorgesehenen Glaselemente anzustellen. Sie durften vielmehr darauf vertrauen, dass diesen beiden Streitverkündeten aufgrund übergeordneten Fachwissens bei der Planung und Herstellung und Glaselemente keine Fehler unterlaufen (vgl. hierzu OLG Köln, 19. Zivilsenat, NJW-RR 1992, 1500 zur Haftungsabgrenzung Architekt/Bodengutachter; ähnlich OLG Köln, 27. Zivilsenat, NJW-RR 1994, 1110 zur Haftungsabgrenzung Architekt/Heizungsingenieur sowie OLG Köln, 22. Zivilsenat, BauR 1988, 241 zur Haftungsabgrenzung Architekt/Statiker).
135Vor diesem Hintergrund muss ein Architekt nur bei Zweifeln an der Richtigkeit der Planung des Sonderfachmanns und offensichtlich handgreiflichen Fehlern eingreifen (vgl. OLG Köln, BauR 1988, 241). Derartige Zweifel brauchten den Beklagten zu 2) bis 7) hier nicht aufzukommen. Festzuhalten bleibt insoweit allerdings, dass ihnen durchaus bewusst war, dass es bei Verwendung eines 2-lagigen Prismas durchaus zu einem Temperaturgefälle im Bereich eines Prismas kommen kann. Dies bezeugen die von der Klägerin vorgelegten, vom Beklagten zu 2) verfassten Gesprächsvermerke vom 27.04.1989 und 07.06.1989 (Anlagen K4 und K5). In dem ersten Vermerk vom 27.04.1989 haben die Architekten in Person des Beklagten zu 2) unter Ziffer 2.5. festgehalten, dass die Temperaturbeständigkeit eine Rolle spiele und zuvor bereits die im System auftretenden Temperaturen im Raumfahrt-Institut in Köln gemessen worden seien. An diesem Gespräch hat ausweislich der Teilnehmerliste auch schon ein Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2) teilgenommen. Im folgenden Gespräch vom 07.06.1989, an dem darüber hinaus auch Mitarbeiter der Firmen T AG und U teilgenommen haben und dessen Protokoll auf den Vermerk vom 27.04.1989 ausdrücklich Bezug nimmt, spielte der Scheibenaufbau erneut eine Rolle, wenn auch eher unter dem Aspekt der Wärmedämmung. Bei diesem Gespräch hat der Beklagte zu 2) ausgeführt, dass die mittlere der drei Glasscheiben "nach neueren Überlegungen" entfallen könne. Wenn nach alledem trotz dieses Problembewusstseins die näher an der Sache stehenden Fachingenieure (Streitverkündete zu 1 und 2) später gleichwohl einen Aufbau mit einer Floatglasscheibe von geringer Temperaturwechselbeständigkeit planten, so durften sich die Architekten darauf verlassen, dass diese Sonderfachleute auch die Tauglichkeit dieser Konstruktion überprüft haben.
136cc) Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile
137Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile führt nach Ansicht der Kammer zu einer überwiegenden Haftung der Beklagten zu 1), wobei eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 für angemessen erscheint. Hauptverursacher war die Beklagte zu 1), welche der Klägerin mit Schreiben vom 04.09.1990 das entsprechende Angebot der Fa. T AG unterbreitete (zwei Alternativen), wovon dann eine zur Ausführung kam. Demgegenüber kann der Streitverkündeten zu 2) (lediglich) angelastet werden, dass sie diese Konstruktion im Rahmen der ihr vertraglich aufgegebenen Ausführungsplanung nicht auf ihre Geeignetheit überprüfte. Damit wiegen die Versäumnisse der Beklagten zu 1), die sich ihrerseits das Verschulden der Streitverkündeten zu 1) anrechnen lassen muss, nach Einschätzung der Kammer doppelt so schwer wie die Versäumnisse der Streitverkündeten zu 2), welche sich die Klägerin anrechnen lassen muss.
138f) Zum Schaden
139aa) "Sowieso"-Kosten
140Nach alledem schuldet die Beklagte zu 1) der Klägerin den sog. "großen Schadensersatz" nach § 13 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B. Die Klägerin hat allerdings von dem Gesamtschaden die anfallenden "Sowieso"-Kosten zu tragen, welche bei ordnungsgemäßer Planung ohnehin entstanden wären. Darunter fallen hier insbesondere die Mehrkosten, welche angefallen wären, wenn jedes einzelne Glaselement von vornherein mit einem Einscheibensicherheitsglas (und nicht mit einer Floatglasscheibe) bestückt worden wäre. In Befolgung dieses Grundsatzes hat die Klägerin ihren Feststellungsantrag bereits eingeschränkt, und diese Einschränkung war in den Tenor zu übernehmen.
141bb) Kein Abzug "neu für alt"
142Dagegen ist ein Abzug für die mit der vorgesehenen Erneuerung des Glasdaches zu bewirkende erheblich längere Lebensdauer der Werkleistung nicht gerechtfertigt. Zwar unterliegt ein solcher Vorteil grundsätzlich einer Ausgleichspflicht. Eine Anrechnung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn dieser Vorteil -wie hier- ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruht und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Ein Auftragnehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung oder des Schadensersatzes erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht (vgl. KG, Baurecht 1978, 410 und BGHZ 91, 206 ff.).
143B.
144Keine Verantwortung der Beklagten zu 1) für die 26 Glasdachelemente des Sheddachs
145Soweit die Klägerin darüber hinaus auch Schadensersatz für alle 26 Glasdachelemente des Sheddachs begehrt, ist die Klage dagegen unbegründet. Insoweit lässt sich nämlich ein Mangel nicht feststellen.
146Unstreitig sind im Bereich des sogenannten Sheddaches noch keine Glaselemente bzw. Teile davon zersprungen. Die Glaselemente des Sheddaches haben zwar unstreitig denselben Aufbau wie die Glaselemente des tonnenförmigen Daches. Gleichwohl kann nicht festgestellt werden, dass die 26 Elemente des Sheddaches deshalb ebenfalls an einem Konstruktionsfehler leiden, welcher die latente Gefahr in sich birgt, dass auch dort zukünftig Scheiben zerbrechen.
147Es spricht jedenfalls vieles dafür, dass die mehr senkrecht angeordneten Elemente des Sheddaches nicht so stark der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind wie die 904 Glasdachelemente, welche den oberen Abschluss des gewölbten tonnenförmigen Daches über den Ausstellungshallen II bis V bilden. Da die bisher aufgetretenen Schäden auf Hitzeentwicklung, insbesondere auf erhebliche Temperaturunterschiede zwischen den einzelnen Elementen, zurückzuführen sind, spielt die Sonneneinstrahlung mithin eine besondere Rolle. Dieser sind die Scheiben des Sheddaches nicht in gleicher Weise ausgesetzt, so dass insoweit ein Mangel nicht feststellbar ist.
148C.
149Keine Verantwortung der Beklagten zu 2) bis 7)
150Soweit mit dem Klageantrag zu 1) auch die Feststellung einer Haftung der Beklagten zu 2) bis 7) begehrt wird, ist die Klage unbegründet. Ein allein in Betracht kommender Anspruch aus den §§ 635, 421 BGB a.F. besteht nicht. Denn ein Mangel des Architektenwerks ist nicht festzustellen. Die hier festgestellten Mängel an der Konstruktion der Glaselemente sind nur dann auch Mängel des Architektenwerkes, wenn sie durch eine objektiv mangelhafte Erfüllung der Architektenaufgaben verursacht worden sind. Beanstandete Einzelleistungen des Architekten müssen also immer zu einem Mangel des Architektenwerkes geführt haben (vgl. BGH, Baurecht 1989, 97 m.w.N.).
151In diesem Sinne ist das Architektenwerk der Beklagten zu 2) bis 7) im Streitfall nicht mangelhaft. Es wurde bereits in anderem Zusammenhang unter dem Stichwort "kein Mitverschulden der Klägerin wegen fehlerhafter Planung der Beklagten zu 2) bis 7), vgl. oben A., e), bb) im Einzelnen ausgeführt, dass der festgestellte Mangel nicht in den Verantwortungsbereich der planenden Architekten fällt. Insbesondere brauchten die Beklagten zu 2) bis 7) vor dem Hintergrund, dass sich sowohl die Streitverkündete zu 1) als auch die Streitverkündete zu 2) als Sonderfachleute mit der Planung und der Ausführung der Glaselemente beschäftigten, keine eigenen Prüfungen zu unternehmen. Auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
152Auch Fehler bei der Objektbewachung, welche im Rahmen der oben geprüften Mitverantwortung der Klägerin keine Rolle spielen würden und dort dementsprechend noch nicht angesprochen worden sind, sind insoweit (was die Glaskonstruktion und den Glasbruch angeht) nicht ersichtlich.
153II.
154Zum Klageantrag zu 1b):
155Mit diesem Klageantrag begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagten zu 1) bis 8) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass auf dem Glasdach über den Ausstellungsebenen und auf dem Sheddach jeweils auf der ersten Dachentwässerungsebene alle Bohrungen in der äußeren Deckschale (Klemmprofile) sowie alle Profilstöße und äußeren Dichtprofile abgedichtet werden.
156a)
157Dieser Antrag war in erster Linie (soweit er das Glasdach über den Ausstellungsebenen betrifft) als unzulässig abzuweisen, weil ein nach § 256 ZPO notwendiges Interesse der Klägerin an der Feststellung dieses Sachverhalts nicht gegeben ist.
158Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Klägerin durch unstreitig bestehende und von der Beklagten zugestandene Undichtigkeiten ein weiterer Schaden entstehen kann, der vom Klageantrag zu Ziffer 1a) nicht schon erfasst wäre. Denn mit dem oben zu Ziffer 1a) befürworteten und für notwendig gehaltenen kompletten Austausch aller 904 Elemente des Tonnendaches werden bei ordnungsgemäßer Ausführung dieser Arbeiten zwangsläufig auch Undichtigkeiten der ersten Entwässerungsebene beseitigt. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Klägerin oben zu Ziffer 1a) kein voller Schadensersatz sondern aufgrund eines "Mitverschuldens" lediglich eine Quote von 2/3 zugesprochen worden ist. Auch vor diesem Hintergrund kann die Klägerin nicht etwa Ersatz von einem Drittel der erforderlichen Abdichtungskosten verlangen. Nachdem sich die Klägerin erklärtermaßen für den kompletten Austausch des Glasdachs entschieden hat, widerspräche es dem Grundsatz von Treu und Glauben, von der Beklagten zu 1) gleichwohl Nachbesserung und/oder Schadensersatz hinsichtlich der Undichtigkeiten zu verlangen, wenn das Dach ohnehin aus anderen, von der Klägerin mit zu vertretenden Gründen vollständig saniert wird.
159b)
160Auch soweit die Klägerin die Feststellung einer Schadensersatzpflicht aller Beklagten für bereits entstandene Schäden begehrt, ist ihr Antrag unzulässig. Sofern ein Schaden der Klägerin insoweit überhaupt messbar ist, etwa durch Personaleinsatz für provisorische Abdichtungsmaßnahmen und für das "Auffangen" hereintropfenden Regenwassers, hätte dieser beziffert werden können und müssen.
161c)
162Soweit sich der Klageantrag zu 1b) auch gegen die Beklagten zu 2) bis 8) richtet, ist er jedenfalls auch unbegründet. Es ist bereits zweifelhaft, dass diese Undichtigkeiten überhaupt einen Mangel des Bauwerks darstellen, weil infolge der Undichtigkeiten lediglich die zweite Entwässerungsebene mit erhöhter Feuchtigkeit belastet wird, welche planmäßig dort eintretende Feuchtigkeit abführen soll (was allerdings wegen eines Mangels der zweiten Entwässerungsebene tatsächlich nicht gewährleistet ist, vgl. Gutachten vom 01.07.2000, dort Seite 13 unten). Jedenfalls sind diese Undichtigkeiten der ersten Entwässerungsebene auf Ausführungsfehler der Beklagten zu 1) zurückzuführen (vgl. Gutachten vom 01.07.2000, dort Seite 20 unter Ziffer IV). Insofern ist ein Planungsverschulden der Beklagten zu 2) bis 8) ausgeschlossen, und auch Fehler bei der ihnen ebenfalls übertragenen Objektüberwachung vermag die Kammer nicht zu erkennen, zumal weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass die Abdichtung der Bohrlöcher, durch welche das Niederschlagswasser eindringen kann, eine besonders kritische und schadensträchtige Arbeit ist, die der ständigen Aufsicht durch den objektüberwachenden Architekten oder Sonderfachmanns bedurft hätte.
163d)
164Soweit die Klägerin den Klageantrag zu 1b) ausdrücklich auch auf Undichtigkeiten des Sheddaches stützt, mag zwar ein Feststellungsinteresse gegeben sein, weil dem Antrag auf komplette Auswechselung des Sheddachs oben zu Ziffer 1a) nicht stattgegeben wurde.
165Insoweit ist der Antrag indessen unbegründet, da weder substantiiert vorgetragen, noch aus den in Bezug genommenen Gutachten ersichtlich ist, dass auch in den (nahezu senkrecht stehenden) 26 Elementen des Sheddachs Undichtigkeiten in der ersten Entwässerungsebene vorliegen.
166III.
167Zum Klageantrag zu 2):
168Dieser Antrag ist noch nicht zur Entscheidung reif, so dass es zweckdienlich erschien, vorab über die Anträge zu 1a) und 1b) durch Teilurteil zu entscheiden.
169Mit dem Klageantrag zu 2) begehrt die Klägerin festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 8) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche vom Klageantrag Ziffer 1.a) und b) nicht umfasste Schäden zu ersetzen, die der Klägerin dadurch entstanden sind und künftig entstehen, dass die Stehbolzen, auf denen die 904 Glaselemente über den Ausstellungsebenen II bis IV/V aufgelagert sind, verstärkt oder gegen andere Stehbolzen oder Vorrichtungen ausgetauscht werden, die aufgrund ihrer Anzahl, ihrer Materialeigenschaften und Konstruktion geeignet sind, das Gewicht der Glasdachelemente von je rund 80 kg/m² zu tragen.
170Schon die Frage der Zulässigkeit dieses Feststellungsantrags bedarf weiterer Aufklärung. Auch insoweit ist es durchaus denkbar, dass der Klägerin gar kein weiterer (d.h. über den Umfang des Klageantrags zu 1a hinausgehender) Schaden entstanden ist. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn sich beim Austausch der 904 Glaselemente herausstellen sollte, dass die Stehbolzen, auf denen die 904 Glaselemente über den Ausstellungsebenen II bis IV/V aufgelagert sind, aus arbeitstechnischen Gründen ohnehin ersetzt werden müssten.
171Auch bei Zulässigkeit des Antrags wären insoweit noch weitere Feststellungen erforderlich, um insbesondere die Frage der Mitverantwortlichkeit des Beklagten zu 8) aufzuklären.
172Zwar kommt der Sachverständige Dipl.-Ing. N in seinem schriftlichen Gutachten vom 01.07.2002 (dort Seite 14) dass die Glasauflage "technisch ungenügend ausgebildet" sei. Aufgrund des Gewichts der Glaseinheit von 80 kg/m² könne ein Gleiten der Glasscheibe in der Schräglage nicht verhindert werden. Dadurch würden die offenbar unterdimensionierten Stehbolzen nach unten kippen, und es würde ein Langloch im Bereich der vertikal angeordneten Stehbolzen entstehen, welchen schließlich Ursache der Undichtigkeiten in der zweiten (inneren) Entwässerungsebene sei.
173Bei seiner (ersten) mündlichen Anhörung im Ortstermin vom 12.09.2005 hat der Sachverständige indessen auf entsprechenden Vorhalt des Vorbringens des Beklagten zu 8) aus dessen Schriftsatz vom 05.07.2004 klargestellt, dass er für die Erstellung seines Gutachtens nur einen (kleinen) Bereich des Glasdaches geöffnet habe, Dies sei der Bereich der beiden Scheiben gewesen, welche zur näheren Untersuchung an das L e.V. nach S geschickt worden seien. Auch nur bei diesen beiden Elementen habe er die Langlöcher festgestellt, und dies allein sei die Grundlage für seine Überlegungen im schriftlichen Gutachten vom 01.07.2002 gewesen.
174Bei diesem Sachverhalt ist eine weitere Aufklärung unumgänglich. Dabei erscheint es der Kammer weder derzeit geboten noch wirtschaftlich verantwortbar, im Rahmen einer ergänzenden Beweisaufnahme die Abdeckung eines größeren Bereichs des Daches anzuordnen, um die Ursache der Undichtigkeiten näher einzugrenzen. Vielmehr kann insoweit abgewartet werden, bis sich die Klägerin zum (bereits angekündigten) Austausch der Glaselemente entschließt.
175Wenn die Klägerin sodann noch den Klageantrag zu 2) in der bisherigen Fassung aufrechterhalten möchte, so wird ihr bereits hiermit aufgegeben, dies rechtzeitig zur Akte mitzuteilen, damit der gerichtliche bestellte Sachverständige (evtl. unter Hinzuziehung eines Statikers) während dieser Arbeiten ergänzende und aussagekräftigere Untersuchungen durchführen kann.
176IV.
177Zur Widerklage der Beklagten zu 1):
178Ihre Widerklage stützt die Beklagte zu 1) darauf, dass sie von der Klägerin am 08.10.1996 mit dem Austausch eines gebrochenen Isolierglas-Elements beauftragt worden sei und diesen Auftrag auch durchgeführt hat.
179Diese Widerklage ist mit einer Quote von einem Drittel begründet. Die Parteien hatten sich insoweit verständigt, dass ein gebrochenes Glaselement ausgetauscht werden und dass die Vergütung "je nach Ausgang der gemeinsamen Untersuchung der Schadensursache vor Ort...." erfolgen soll. Als Werklohn wurde ein Betrag von 19.722,05 DM brutto (jetzt 10.083,95 €) vereinbart. Da die Verantwortung für den Glasbruch nach den Ausführungen zum Klageantrag zu 1a) zu einem Drittel bei der Klägerin liegt, hat sie auch ein Drittel dieses Werklohns zu tragen. Dies sind 3.361,32 €. Der Zinsanspruch ergibt sich insoweit aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, welcher aufgrund der Mahnung zum 26.05.2004 am 27.05.2004 eingetreten ist.
180V.
181Prozessuale Nebenentscheidungen
182Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Sie war zu beschränken auf die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) bis 7), bezüglich derer der Rechtsstreit abschließend entschieden ist. Im Übrigen war sie der Schlussentscheidung vorzubehalten.
183Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
184VI.
185Keine Wiedereröffnung
186Die nach dem letzten Verhandlungstermin vom 05.03.2007 eingegangenen Schriftsätze mehrerer Beteiligter gaben der Kammer keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung hinsichtlich der hier beschiedenen Klageanträge zu 1a) und 1b) bzw. der Widerklage wieder zu eröffnen. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist der Rechtsstreit ohnehin fortzusetzen.
187VII.
188Streitwert:
189Der Gegenstandswert hinsichtlich der Klageanträge zu 1a) und 1b), an denen die Beklagten zu 2) bis 7) beteiligt gewesen sind, wird auf 6.000.000,00 € festgesetzt (nämlich Wert der reinen Nachbesserungskosten, die die Klägerin in ihrem Hilfsantrag mit 5.112.918,81 € beziffert hat zuzüglich eines geschätzten Aufschlags für den hier geltend gemachten weitergehenden "großen Schadensersatz").
190Davon entfallen 5.950.000,00 € auf den Klageantrag zu 1a) -nur insoweit war die Streitverkündete zu 2) beteiligt- und 50.000,00 € auf den Klageantrag zu 1b) -nur insoweit war die Streitverkündete zu 3) beteiligt-.
191Eine endgültige Wertfestsetzung für den noch nicht beschiedenen Klageantrag zu 2) ist noch nicht möglich.
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