Urteil vom Landgericht Bonn - 1 O 378/08
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 56.217,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 06.09.2008 zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, der Klägerin den entstandenen Verzugsschaden in Höhe von 2.296,70 € zu erstatten.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 35 % und die Beklagte 65 %.
5.
Das Urteil ist für beide Seiten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Schadensersatz aus der Beschädigung eines Reisebusses bei einem Verkehrsunfall in der Republik L2.
3Die Klägerin ist Kaskoversicherer eines Tischen Busunternehmens, der Fa. „L d.o.o.“ mit Sitz in O N3/T, deren bei der Fa. „I d.o.o.“ in M2/T geleaster Reisebus des Typs „T2 $ ### $$, amtliches Kennzeichen $$ ## # %%, am 26.12.2007 gegen 18:30 Uhr bei einem Verkehrsunfall auf der Landstraße „N4“ von N5 in Richtung Q2/L2 beschädigt worden ist [Bilder von der Unfallstelle siehe Anlagen K26/K27]. Sie macht Ansprüche aus abgetretenem und übergegangenem Recht geltend.
4Der Busfahrer, der Zeuge E, fuhr mit diesem Bus auf der Straße hangabwärts. Ihm kam eine Marschkolonne, bestehend aus Bundeswehrfahrzeugen der L3, entgegen. Der Hauptgefreite M überfuhr mit dem letzten Fahrzeug dieser Kolonne, einem Bundeswehr-Lkw Typ „V # to $, amtliches Kennzeichen Y-### ###, in Höhe des Ortes U auf der hier ca. 5,7 m breiten Straße ohne erkennbare Mittelmarkierung zunächst eine Brücke und erreichte dann die bergaufwärts führenden Linkskurve. Zu diesem Zeitpunkt war es dunkel und schneite leicht. Die Straßenränder waren schneebedeckt. Schneeketten waren weder an dem Lkw noch an dem Reisebus angelegt, bei dem Bundeswehr-Lkw war der Allradantrieb eingeschaltet. Als der Militärkraftfahrer den ihm entgegenkommenden Reisebus bemerkte, leitete er eine Bremsung und ein Ausweichmanöver ein, wodurch er – mit dem linken hinteren Bereich seines Lkw zur Fahrbahnmitte versetzt – zum Stehen kam. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Lkw dadurch teilweise in die (gedachte) Gegenfahrbahn des Busses hineinragte. Der Busfahrer leitete ebenfalls eine Bremsung ein, der Bus stieß jedoch mit der linken Frontseite gegen den hinteren Teil der linken Ladebordwand des Lkw. Sodann lenkte der Busfahrer scharf nach rechts ein und fuhr eine Böschung am rechten Fahrbahnrand hinunter, wo er nach einigen Metern zum Stehen kam. An beiden Fahrzeugen entstanden Sachschäden, der Lkw V wurde durch den Aufprall versetzt. Durch die deutsche Militärpolizei L3/Q2 wurde der Unfall vor Ort aufgenommen. In dem dort erstellten Verkehrsunfallbericht wurde dem Militärkraftfahrer die alleinige Verantwortung für den Unfall zugewiesen [Anlagen K6-K8].
5Die genauen Geschwindigkeiten und die Positionen der Fahrzeuge vor und im Zeitpunkt der Kollision, die Frage der Vorhersehbarkeit des Zusammenstoßes sowie die Höhe und Kausalität der jeweils vorgebrachten Schäden sind zwischen den Parteien streitig.
6Das Busunternehmen veranlasste die Reparatur des Busses im April 2008 bei der Fa. F GmbH, Service für N5 und T2, Servicecenter O2. Hierüber ist dem Busunternehmen am 16.04.2008 eine Rechnung in Höhe der Klageforderung ausgestellt worden [Anlage K4], welche die Klägerin durch die Niederlassung der DEKRA in V2 hat prüfen lassen [Anlage K5]. Aufgrund von Verhandlungen zwischen der Leasinggeberin und der Klägerin am 21.04.2008 und 22.05.2008 [Anlagen K22 und K23] erfolgten am 07.05.2008 zwei Teilzahlungen der Klägerin über 12.996,80 € sowie 65.141,20 € [= 78.138,00 € an das Busunternehmen sowie am 26.05.2008 eine Zahlung in Höhe von 8.566,87 € an die Leasinggeberin.
7Die Klägerin macht als Kaskoversicherer des Busunternehmens Schadensersatzansprüche in Höhe der insgesamt erbrachten Zahlungen von 86.704,87 € gegenüber dem Bundesamt für Wehrverwaltung geltend und verlangte zuletzt durch Anwaltsschreiben vom 11.08.2008 unter Setzung einer Frist bis zum 05.09.2008 die Ausgleichung der Klageforderung [Anlage K9]. Mit Email vom 29.09.2008 verweigerte die Beklagte die Zahlung endgültig [Anlage K11].
8Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Erstattung vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten, und zwar eine 1,5 Gebühr netto, berechnet nach einem Streitwert von 86.704,87 € sowie Übersetzungshonorare in Höhe von 336,00 € und 889,20 €.
9Die Klägerin hält sich für sämtliche Forderungen aktiv legitimiert. Hierzu trägt sie vor, dass ein „gesetzlicher Forderungsübergang“ nach Tischem Recht (Art. 963 Abs. 1 OZ [Tisches Zivilgesetzbuch] erfolgt sei und beruft sich zudem auf eine „Abtretungserklärung“ vom 15.04.2008 [Anlage K23], mit der die Forderungen vollständig abgetreten worden seien.
10Sie ist weiter der Auffassung, dass den Militärkraftfahrer (und damit die Beklagte) das alleinige Verschulden an dem Unfall träfe, weil dieser bei schneebedeckter und eisglatter Fahrbahn mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren sei und es daher zu dem – aus Sicht des Busfahrers – unvermeidbaren Unfall gekommen sei. Der Lkw habe in die (gedachte) Fahrspur (eine sichtbare Mittelmarkierung fehlte) hineingeragt, so dass der Busfahrer den Zusammenstoß nicht habe verhindern können. Sie stützt sich dabei auf den „Verkehrsunfallbericht“ der (deutschen) Militärpolizei [Anlage K6], der von einer Alleinschuld des Militärkraftfahrers ausgeht.
11Die Klägerin behauptet weiter, dass sich die Höhe des Schadens dadurch erkläre, dass der Bus wegen der Stärke des Aufpralls rechts die Böschung hinab gerollt und nach einigen Metern zum Stehen gekommen sei, aufgrund der Oberfläche des Unfallortes sei es auch zu unsichtbaren Beschädigungen, insbesondere zu einer Stauchung des Busses gekommen.
12Sie ist ferner der Auffassung, dass die Reparatur des Busses in Deutschland (und nicht in T) erforderlich gewesen sei, weil weder im L2 noch in T eine Fachwerkstatt existiert habe und auch die von dem beklagten Land benannte Werkstatt in T dies nicht „fach- und sachgerecht innerhalb vertretbarer Zeiten“ habe gewährleisten können.
13Die Klägerin beantragt,
141.
15die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 86.704,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszins ab dem 06.09.2008 zu zahlen.
162.
17die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, der Klägerin den entstandenen Verzugsschaden in Höhe von 3.160,70 € zu erstatten.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie bestreitet ihre Verantwortung mit der Begründung, dass der Militär-Lkw erkennbar als letztes Fahrzeug Militär-Konvois gefahren und der Unfall nur geschehen sei, weil der Busfahrer diese Kolonne übersehen und mit überhöhter Geschwindigkeit den Hang abwärts gefahren sei. Der Fahrer des Bundeswehr-Lkw sei angemessen schnell gefahren und habe die Geschwindigkeit vor Erreichen der Kurve noch verringert. Als er den Bus bemerkt habe, sei das Heck seines Lkw lediglich leicht nach links gerutscht; der Lkw sei dann so zum Stehen gekommen, dass sich sein äußerst linker hinterer Fahrzeugteil zwischen 0,25 m und 0,55 m von der gedachten Fahrbahnmitte innerhalb der eigenen Fahrspur befunden habe. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe also der Zusammenstoß in der Fahrspur des Lkw stattgefunden, wobei an dem Militär-Lkw seien nur geringe Beschädigungen im Wert von ca. 1.184 € entstanden seien und an dem Bus lediglich ein Schaden in Höhe von circa 2.000 € entstanden sein könne (durch Beschädigung des vorderen Stoßfängers, Frontscheibe und Beleuchtungseinrichtung vorne links). Sie beruft sich auf eine Stellungnahme des Kommandoingenieurs des deutschen Kontingent L3 vom 21.01.2008 [Anlage B 5].
21Sie trägt ferner vor, die Rechnung für die Reparatur des Busses sei auch sonst weit überhöht, weil dort nicht auf den Unfall zurückzuführende Schäden geltend gemacht würden. Bereits in dem Gutachten der DEKRA [Anklage K5] sei ein Abzug in Höhe von 1.021,80 € für Reparaturen, die nicht auf den Unfall zurückzuführen, gemacht worden, auch hätte die Reparatur in T wesentlich günstiger erfolgen können.
22Es habe gar keine Legalzession stattgefunden, weil die Klägerin die Zahlungen an die Leasinggeberin nur aufgrund „Kulanz“ und nach zwei „Vergleichen“ [sind von der Klägerin als Anlagen K22 und K23 vorgelegt worden] gezahlt habe, nicht aber aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung. Es habe weder ein Vollkaskovertrag bestanden noch überhaupt eine Einstandspflicht für das Gebiet des L2.
23Schließlich sei die Klage gegen „die L3“ zu richten, weil die Fahrt im Auftrag der N6 (S) L3 [‚N6‘ South ‚L3‘] durchgeführt worden sei und die „Einsatzleitung“ für alle Fahrzeuge und das Personal „bei L3“ gelegen habe, nicht aber bei der Beklagten. Auch eine örtliche Zuständigkeit des LG Bonn sei nicht gegeben.
24Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
25Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E, E2, M, C, E3 und N2 sowie durch Einholung eines mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Q aus T3. Wegen des Ergebnisses wird auf die Vernehmungsniederschriften vom 01.09.2010 (Bl. ### ff. GA) und vom 16.03.2011 (Bl. ### ff. GA) verwiesen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
27Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin kann 2/3 des geltend gemachten Schadens von der Beklagten ersetzt verlangen.
28I.
29Die Klage ist zulässig. Das angerufene Landgericht Bonn ist international und örtlich zuständig.
301.
31Die Klage unterliegt der deutschen Gerichtsbarkeit, jedenfalls soweit Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht werden. Denn für solche Ansprüche gilt das Recht des Amtsstaates, hier also der Bundesrepublik Deutschland. Die Vorschrift des Art. 40 EGBGB ist nicht anwendbar (vgl. dazu nur Palandt-Thorn, 70. Aufl. 2011, Rdnr. 11 zu Art. 40 EGBGB). Dies folgt mittelbar nicht zuletzt aus dem völkerrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität, wonach ein Urteil des Gerichts eines fremden Staates, hier etwa eines Gerichts der für den Tatort zuständigen Republik L2, welches über Amtshaftungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland entscheiden würde, hier keine Anerkennung finden könnte (vgl. dazu auch BGH NJW 2003, 3488 ff.).
32Und um solche Amtshaftungsansprüche geht es hier. Auch die Teilnahme am Straßenverkehr ist Ausübung eines öffentlichen Amtes, wenn der Bedienstete damit unmittelbar hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Dies ist bei einem Kraftfahrzeugführer der Bundeswehr, welcher sich auf einer Dienstfahrt befindet, unzweifelhaft der Fall (vgl. hierzu BGH NJW 1968, 696).
332.
34Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 18 ZPO, weil die hier zur Vertretung der Bundesrepublik Deutschland berufene Behörde in Bonn ihren Sitz hat.
35II.
36Die Klage ist auch überwiegend begründet.
371.
38Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihr stehen die Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 26.12.2007 aufgrund einer Legalzession in Verbindung mit der Forderungsabtretung vom 15.04.2008 zu. Die Kammer bleibt auch nach erneuter Überprüfung bei ihrer u.a. im Hinweisbeschluss vom 11.11.2009 mitgeteilten Auffassung, dass das Busunternehmen den Omnibus „auf eigene Kosten und zugunsten des Leasinggebers“ versichert hat. Dies entnimmt das Gericht dem Text des als Anlage K 23 vorgelegten Vertrags über die Abtretung der Forderungen, und zwar dort in Ziffer I.2. Spiegelstrich. Eine solche Versicherung zugunsten des Leasinggebers als Eigentümers ist auch allgemein üblich (vgl. dazu beispielsweise Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2008, Anm. L 426). Überdies hat die Firma I der Firma L in Ziffer III. dieses Vertrags alle Rechte aus diesem Versicherungsvertrag und darüber hinaus alle Schadensersatzansprüche gegen den Verursacher aus dem in Ziffer II. konkret bezeichneten Schadensereignis abgetreten.
39Schließlich ist durch Vorlage einer Übersetzung des Art. 963 Abs. 1 des Tischen Obligationengesetzbuchs (Anlage K 28) hinreichend nachgewiesen, dass auch im Tischen Recht eine dem deutschen § 67 VVG a.F. bzw. § 86 Abs. 1, S. 1 VVG 2008 weitgehend inhaltsgleiche Legalzession geregelt ist. Damit ist nach entsprechender Zahlung der Versicherungsleistung an die Leasinggesellschaft bzw. auf deren Weisung an das Busunternehmen L ein gesetzlicher Forderungsübergang eingetreten, wenn und soweit dem Leasinggeber als Eigentümer des Busses Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
402.
41Die Beklagte ist auch im Übrigen passivlegitimiert. Der Amtshaftungsanspruch des § 839 BGB, Art. 34 GG richtet sich gegen den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Amtsträger, hier der Soldat, steht (vgl. Art. 34, Satz 1 GG). Der Hauptgefreite M, der den V steuerte, stand unstreitig in den Diensten der Bundeswehr und damit der Beklagten. Ebenso stand der Lkw im Eigentum der Beklagten, was sich schon aus dem „Y“-Kenzeichen erschließt. Der Umstand, dass der Soldat ebenso wie der Lkw zur Tatzeit einer O2-Einheit angehörte und untergeordnet war, vermag an dieser Haftung der Beklagten im Außenverhältnis nichts zu ändern.
423.
43Auch die weiteren Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs nach § 839 BGB, Art. 34 GG sind gegeben.
44a)
45Es wurde bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, dass auch die Teilnahme am Straßenverkehr Ausübung eines öffentlichen Amtes beinhaltet, wenn der Bedienstete damit unmittelbar hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Dies ist bei einem Kraftfahrzeugführer der Bundeswehr, welcher sich auf einer Dienstfahrt befindet, unzweifelhaft der Fall (vgl. hierzu BGH NJW 1968, 696).
46b)
47Der Fahrer des Bundeswehrfahrzeugs handelte auch pflichtwidrig, und ihn trifft ein Verschulden an dem Unfall. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der LKW V sich zum Zeitpunkt der Kollision mit seiner linken Heckseite deutlich über der Fahrbahnmitte und damit auf dem Fahrstreifen des entgegenkommenden Omnibusses befand.
48Sämtliche gehörten Zeugen haben bekundet, dass sich der V zur Zeit der Kollision in einer Schrägstellung zur Fahrbahn befand, und zwar derart, dass die Vorderseite des Fahrzeugs weiter rechts gewesen ist als die Heckseite.
49Besonders anschaulich war die Aussage des Busfahrers, des Zeugen E, welcher beschrieb, dass ihm die Lichter des V zunächst „in die Augen gezeigt“ hätten und sich dann das Fahrzeug und damit die Lichter nach rechts (und zwar aus Fahrtrichtung des Vs) gedreht hätten. Die Folge sei gewesen, dass der LKW damit geschätzte 1 m über die (gedachte) Mittellinie auf der Seite des Omnibusses gewesen sei, mit der Folge, dass der Omnibus zwar noch die Vorderseite des Vs passieren konnte, dann aber mit dem Heck kollidierte, obwohl er seinerseits äußerst rechts gefahren ist. Die Kammer verkennt nicht, dass dieser Zeuge als beteiligter Fahrer ein Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits hat. Gleichwohl kann ihr gefolgt werden. Denn diese Aussage deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der weiteren Zeugen und – wie ebenfalls noch zu zeigen wird – mit unstreitigen Indizien und technischen Zusammenhängen.
50So wird dieser Unfallhergang durch die Aussage des „neutralen“ Zeugen E2 bestätigt, welcher den Unfall beobachten konnte, als er sich gerade vor seinem Haus beim Schneeräumen befunden hat. Auch nach dessen Aussage befand sich der Bundeswehr-LKW deutlich, nämlich „ca. 50 %“, auf der Gegenfahrbahn, also auf der Fahrbahn des Busses. Und selbst nach der Aussage des Zeugen C, welcher Beifahrer im Bundeswehrfahrzeug gewesen ist, ist das Heck des Vs beim Abbremsen nach links weggerutscht, mit der Folge „dass wir vielleicht einen halben Meter noch auf der Gegenfahrbahn standen“.
51Demgegenüber hat der Fahrer des Vs, der Zeuge M, bei seiner Vernehmung bekundet, er könne mangels sichtbarer Fahrbahnmarkierung (die Fahrbahn war unstreitig schneebedeckt) nicht sagen, ob er mit seinem V die Mittellinie überschritten habe. Aber auch nach seiner Aussage muss davon ausgegangen werden, dass sein V sich zum Zeitpunkt der Kollision in einer gewissen Schrägstellung befunden hat und erst durch den Anstoß mit dem Heck wieder nach rechts geschoben wurde, so dass sein Fahrzeug dann „wie eingeparkt“ am äußersten rechten Straßenrand zum Stillstand gekommen ist. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen N2, dem Truppführer auf Beklagtenseite, welcher zwar nicht Augenzeuge des Unfalls war, aber unmittelbar danach hinzukam und eine deutliche Rutschspur, welche aus Richtung Fahrbahnmitte schräg nach rechts hinten verlief, gesehen hat. Auch dies indiziert, dass der V bei der Kollision mit seinem Heck jedenfalls weiter links gewesen ist als dies die Endstellung dokumentierte. Darüber hinaus hat der Zeuge N2 bekundet, der Fahrer (also der Zeuge M) habe ihm seinerzeit vor Ort erklärt, dass er durch das Bremsverhalten und durch das Wegrutschen wohl „aus der Spur und dann über die Mittellinie geraten“ sei.
52Sprechen bereits diese Zeugenaussagen mehr oder weniger deutlich dafür, dass der V nicht die rechte Fahrbahnhälfte einhielt, so sprechen dafür umso mehr auch technische Indizien.
53So befand sich bei der nach der polizeilichen Unfallaufnahme erstellten Unfallskizze das Splitterfeld eindeutig auf der Fahrbahnseite des Omnibusses, und nach der Aussage des Zeugen E2 ist dieses Splitterfeld in der Skizze in etwa richtig eingezeichnet (vgl. die Unfallskizze in Bl. ## der auszugsweise vorgelegten Ermittlungsakte, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 07.12.2009), wobei der Dolmetscher den in der Legende unter „PG“ festgehaltenen Text wie folgt übersetzte: „Punkt des Zusammenstoßes, Gegenstände der Fahrzeuge nach dem Zusammenstoß auf der Straße“. Diese Splitter können nach Lage der Dinge nur vom linken Außenspiegel, der bei dem Zusammenstoß beschädigt wurde und/oder vom linken Scheinwerfer bzw. Blinker des Busses stammen, keinesfalls aber von der über die gesamte Breite des Busses verlaufenden Frontscheibe des Busses, welche zwar beschädigt wurde, aber nicht zersplittert und nicht herausgefallen ist, wie sämtliche aktenkundige Fotos zeigen.
54Und auch in der Bildermappe der (deutschen) Militärpolizei ist insbesondere auf den unteren Fotos auf Seite 3 von 8 eine deutliche Schleifspur des rechten Rades von der Fahrbahnmitte aus nach rechts verlaufend erkennbar. Auch dies beweist eindeutig, dass der V vor der Kollision mit dem Heck weiter links gewesen ist als nach der Kollision.
55Und letztendlich spricht für eine vorherige deutliche Schrägstellung des LKW V auch ein weiteres technisches Kriterium, nämlich der am V entstandene Schaden. Danach sowie nach dem unstreitigen Parteivortrag und auch nach den Zeugenaussagen gibt es an dem V so gut wie keine streifenden Kontaktspuren. Es fand vielmehr eher ein punktueller Kontakt statt (vgl. dazu insbesondere auch den auf den Fotos zum Schadensgutachten, Anlage B 6, ersichtlichen Schaden). Dieser Umstand lässt ebenfalls nur den Schluss zu, dass der V erheblich schräg gestanden hat, wobei der Sachverständige Dipl.-Ing. Q in einer groben Schätzung einen Winkel von ca. 45 Grad in etwa als realistisch ansah. Auf diesen Fotos ist erkennbar, dass die linke Ladebordwand über dem linken Hinterreifen punktuell stark eingedrückt ist.
56Steht aber der über 5 m lange V auf der nur ca. 5,7 m breiten Straße in einem Winkel von 45 Grad zur Fahrbahn, dann passt das Fahrzeug schon räumlich aufgrund seiner Länge nicht mehr in die rechte Fahrbahnhälfte. Es muss deshalb auch von dieser technischen Überlegung her mit dem Heck die Fahrbahnmitte überschritten haben, womit die Zeugenaussagen voll bestätigt werden.
57Die Kammer hat keine Zweifel an dieser Wertung des Sachverständigen. Wie bereits ausgeführt, kann der fotografisch dokumentierte Schaden am V nur bei einer deutlichen Schrägstellung des Vs verursacht worden sein. Ob dabei jetzt von einem Winkel von 45 Grad auszugehen ist, den man nach den Bekundungen des Sachverständigen nur grob abschätzen kann oder von einem etwas kleineren Winkel, ist nicht entscheidungserheblich, weil der V aufgrund seiner Länge einerseits und der Breite einer Fahrbahnhälfte von lediglich 2,85 m auch bei geringerer Schrägstellung bereits die Fahrbahnmitte überschritten hat, es sei denn er wäre seinerseits mit dem rechten Vorderrad von der Fahrbahn nach rechts abgekommen. Letzteres war aber unstreitig nicht der Fall.
58Der gegen diese Überlegung seitens der Beklagten wiederholt vorgetragene Einwand, bei dieser vom Sachverständigen angenommenen deutlichen Schrägstellung des Vs habe der Bus unmöglich mit dem Heck des Vs kollidieren können; der Anstoß hätte dann deutlich weiter vorne am V erfolgen müssen, überzeugt nicht. Diese Überlegung der Beklagten mag auf der im Schriftsatz vom 11.10.2010 vorgetragenen Vorstellung beruhen, dass der Omnibus einschließlich der beiden Seitenspiegel eine Breite von ca. 3,10 m habe und damit per se bereits seinerseits mehr als die Hälfte der Gesamtfahrbahnbreite von 5,70 m beansprucht haben müsse. Dem kann insoweit nicht gefolgt werden, als die Beklagte zwar durchaus von richtigen Maßen ausgeht (2,50 m Breite des Busses ohne Spiegel und jeweils links und rechts ein Spiegel von ca. 30 cm Breite), andererseits aber bei nicht berücksichtigt, dass der rechte Spiegel auch über den rechten Fahrbahnrand hinausgeragt haben könnte. Wie die Fotos der Unfallörtlichkeit, insbesondere das Foto K 27 a, zeigen, gibt es dort am rechten Fahrbahnrand keinerlei Hindernisse, so dass es durchaus möglich ist, dass der Bus äußerst rechts gefahren ist, und dementsprechend mit dem rechten Spiegel bereits über den rechten Fahrbahnrand hinausragte. Dann würde der Bus mit einer Breite von 2,50 m und dem linken Spiegel von 0,30 cm gerade noch in die rechte Fahrbahnhälfte von 2,85 m passen. Und dafür, dass der Bus wirklich äußerst rechts gefahren ist, spricht nicht nur die Aussage des Busfahrers, des Zeugen E2, welcher nach seiner Aussage mit dem rechten Rad bereits den Asphalt verlassen hatte sondern auch das schon erwähnte Splitterfeld, welches auf der Polizeiskizze eindeutig auf dem rechten Fahrstreifen des Omnibusses eingezeichnet ist.
59Nach alledem bleibt es dabei, dass die Kammer davon ausgehen muss, dass sich der V zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Heck auf seiner linken und damit auf der „falschen“ Fahrbahnhälfte befunden hat.
60Damit spricht bereits ein Anscheinsbeweis für ein schuldhaftes Fehlverhalten des Fahrers des Vs. Diesen Anscheinsbeweis vermochte die Beklagte auch nicht durch bewiesene Tatsachen zu entkräften. Es ist zwar durchaus möglich, dass das Bremsmanöver des Vs, welches dann letztendlich zum Ausbrechen oder Wegrutschen des Hecks geführt haben mag, durch das plötzliche Auftauchen des Omnibusses heraufbeschworen worden sein mag. So ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Fahrer des Vs den Eindruck haben musste, der ihm aus einer Linkskurve entgegenkommende Omnibus versperre ihm optisch die gesamte Fahrbahn. Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, dass das eingeleitete Bremsmanöver des Zeugen M wirklich objektiv nötig war. Sollte der Zeuge M, wie vom Zeugen N2 befohlen, angesichts der Witterungsverhältnisse nur eine Marschgeschwindigkeit von 30 km/h eingehalten haben, dann erweist sich die vom Beifahrer, dem Zeugen C, beschriebene Vollbremsung („Herr M ist dann voll in die Eisen gegangen“) als eine Über- und damit eine Fehlreaktion, die ein Wegrutschen geradezu heraufbeschworen hat. Hat sich andererseits der Fahrer des Vs durch eine vorherige den Straßen- und Witterungsverhältnissen unangepasste deutlich höhere Geschwindigkeit selbst erst in die Situation gebracht, die dann eine Vollbremsung erforderte, dann spricht dieser Umstand ebenfalls nicht gegen sondern eben gerade für ein Verschulden des Fahrers des Vs.
61c)
62Demgegenüber hat aber auch der Fahrer des Omnibusses bei der Entstehung des Schadens im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB mitgewirkt, mit der Folge, dass sich die Klägerin ein „Mitverschulden“ der Fa. L nach dieser Vorschrift (in Verbindung mit den §§ 831, 404 BGB) anrechnen lassen muss.
63aa)
64Der Annahme einer Mithaftung der Fa. L als Leasingnehmerin steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 10.07.2007 (VI ZR 199/06) entgegen. Danach muss sich ein Leasinggeber, der Eigentümer aber nicht selbst Halter des Leasingfahrzeugs ist, weder ein Mitverschulden des Leasingnehmers oder des Fahrers des Leasingfahrzeugs noch dessen Betriebsgefahr anrechnen lassen, weil es eine entsprechende Zurechnungsnorm nicht gäbe, insbesondere die §§ 831 BGB, 9 StVG nicht anwendbar seien. Um diese Fallkonstellation geht es indessen hier nicht. Hier macht die Fa. L als Leasingnehmerin und Halterin aufgrund des mit der Leasinggeberin abgeschlossenen Vertrags über die Abtretung der Forderungen vom 15.04.2007 eigene Ansprüche geltend, welche dann wiederum im Wege der Legalzession auf die Klägerin übergegangen sind. Und im Verhältnis der Leasingnehmerin zu ihrem Fahrer findet § 831 BGB zweifellos Anwendung.
65bb)
66Die Vorschrift des § 254 BGB ist grundsätzlich auch auf Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB anzuwenden (vgl. Palandt-Sprau, Kommentar zum BGB, 70. Aufl., Rdnr. 81 zu § 839 BGB). Dem Fahrer des Omnibusses ist insoweit anzulasten, dass er mit einer der Situation unangemessenen Geschwindigkeit aus der Rechtskurve heraus auf die Engstelle zwischen dem Brückengeländer zufuhr. In diesem Bereich ist die Fahrbahn noch etwas schmaler als im Bereich der eigentlichen Kollisionsstelle, wo von einer Gesamtbreite von 5,70 m auszugehen ist. Ausweislich der Aufzeichnung der Tachoscheibe des Omnibusses (vorgelegt als Anlage K 14) lag die Ausgangsgeschwindigkeit des Omnibusses bei ca. 40 km/h, die sodann unmittelbar vor der Kollision auf etwa 26 bis 27 km/h herunter gebremst wurde. Wie der Sachverständige Dipl.-Ing. Q bei seiner Anhörung im Termin vom 01.09.2010 ausführte, konnte ein sicheres Passieren im Begegnungsverkehr der beiden Fahrzeuge angesichts deren Breite der Fahrzeuge von 2,50 m (Bus) bzw. 2,33 m (V) – jeweils ohne Spiegel – nur im Schritttempo erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist dem Busfahrer anzulasten, dass er nicht schon im Bereich der Kurve seine Geschwindigkeit deutlicher herabsetzte. Angesichts der bestehenden Sichtverhältnisse, die die vorgelegten Fotos von der Unfallstelle verdeutlichen, konnte er den V bereits rechtzeitig erkennen.
67Diese unangemessene Geschwindigkeit ist schließlich auch für den Zusammenstoß mit ursächlich geworden. Bei entsprechender langsamerer Annäherung hätte der Fahrer des Vs seinerseits mehr Zeit und Gelegenheit gehabt, sein Fahrzeug nach Passieren der Brücke ohne Hektik und insbesondere ohne Notbremsung wieder ein wenig weiter nach rechts zu lenken und so seinerseits ein unkontrolliertes Ausbrechen des Hecks zu vermeiden.
68d)
69An diesem Gesamt-Beweisergebnis vermag auch eine klägerseits noch beantragte Vernehmung des Zeugen N, welcher sich als Fahrgast in dem Omnibus befunden haben soll, und der der Ladung der Kammer krankheitsbedingt bisher nicht folgen konnte, nichts mehr zu ändern. Denn einerseits hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis, dass der Lkw V mit seinem Heck auf die Gegenfahrbahn geraten ist, bereits anderweitig erbracht, und andererseits wird der Zeuge zur Geschwindigkeit des Omnibusses keine zuverlässigeren Angaben machen können, als dies die hier verwertete Tachoscheibe belegen kann. Vor diesem Hintergrund kann die Kammer auf die Vernehmung des Zeugen durch ein Gericht in seiner Heimat L2 verzichten.
70e)
71Die nach § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge führt indessen zu einem deutlichen Übergewicht auf der Beklagtenseite. Hauptursache für den Zusammenstoß war trotz der unangemessenen Geschwindigkeit des Omnibusfahrers die Tatsache, dass der V, wie ausgeführt, mit dem Heck über die (gedachte) Mittellinie der Fahrbahn geriet. Unter diesen Voraussetzungen hält die Kammer eine Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Beklagten für angemessen.
72f)
73aa)
74Was die Schadenshöhe angeht, so ist zunächst von der Rechnung der Firma F GmbH vom 16.04.2008 mit einem Endbetrag von 86.704,88 € (netto) auszugehen. Von diesem Betrag ist zunächst der laut der DEKRA-Stellungnahme vom 22.04.2008 (Anlage K 5) nicht erstattungsfähige Aufwand in Höhe von 1.021,80 € netto in Abzug zu bringen. Hierbei handelt es sich um verschleißbedingte Erneuerung von Teilen (Längslenker und Luftfederventil) sowie Nachfüllen von Motoröl, die nicht dem Unfall zugeordnet werden können. Insoweit schließt sich die Kammer auch der Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen folgend dem DEKRA-Gutachten an.
75bb)
76Ferner erscheint es angemessen, von den Gesamtlackierkosten in Höhe von 6.786,80 € einen 20 %igen Abzug unter dem Gesichtspunkt „neu für alt“ vorzunehmen. Auch wenn der Omnibus zur Zeit des Unfalls erst ca. 1 ½ Jahr alt war, erscheint nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Q, denen die Kammer auch insoweit folgt, bei Berücksichtigung des recht umfangreichen Lackiervorgangs ein solcher Abzug gerechtfertigt. Rechnerisch ergibt dies einen weiteren Abzug in Höhe von 1.357,36 € netto, so dass ein Gesamtschaden in Höhe von 84.325,72 € verbleibt.
77cc)
78Dieser Gesamtschaden ist nach Überzeugung der Kammer auch bei dem Unfall entstanden und der Beklagten mit einer Haftungsquote von 2/3 anzulasten. Auch wenn die eigentliche Kollision nur mit der linken vorderen Ecke des Omnibusses erfolgte, so sind jedoch auch die weiteren Schäden am Omnibus dem Unfallereignis zuzuordnen.
79Die Kammer folgt auch insoweit der Aussage des Busfahrers, des Zeugen E, welcher bekundete, dass er unmittelbar nach dem Zusammenstoß mit dem rechten Reifen auf das unbefestigte Bankett geriet und aus Sorge davor, dass sein Bus nach rechts umkippt, bewusst scharf nach rechts gelenkt hat, in der Absicht, den Bus auf der dortigen Wiese zum Stehen zu bringen. Auch insoweit ist die Aussage des Zeugen glaubhaft. Denn wie bereits ausgeführt ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit dem auf der rechten Fahrbahn zurückgebliebenen Splitterfeld davon auszugehen, dass der Bus mit den rechten Reifen bereits den äußersten rechten Fahrbahnrand benutzt hatte. Diese Situation war eine durchaus plausible und adäquate Reaktion, wenn der Zeuge E durch das bewusste Zufahren auf die Wiese in einer spontanen Reaktion ein mögliches Umkippen des Busses mit der wahrscheinlichen Folge eines größeren Personenschadens vermieden hat.
80Diesem Ausweichmanöver können dann, wie der Sachverständige Q weiter ausführte, die Kontaktspuren an der hinteren linken Seite und Ecke des Omnibusses zugewiesen werden.
81Auch die Schäden an der rechten hinteren und an der Unterseite des Omnibusses sind dem Unfall zuzuordnen. Der dazu gehörte Zeuge E3 schilderte im einzelnen Schäden im Bereich des Unterbodens, ferner der Motor- bzw. Lüfterabdeckung im Heckbereich unten, welche beispielsweise auf Foto Nummer 17 des DEKRA-Gutachtens abgebildet ist. Ferner ist zu erkennen, dass hinten rechts die Wartungsklappe für die Heizung eingedrückt ist und die Spaltmaße nicht mehr stimmen. Es war damit praktisch der Unterboden beschädigt und eingedrückt und zwar auf einer Länge von ca. 3 m von der Hinterachse bis zur hinteren Stoßstange. Dieser Schaden ist dem Aufsetzen des Busses im Bereich der Wiese in einem kleinen Graben oder Kanal, welches der Zeuge E im Einzelnen schilderte, ohne weiteres zuzuordnen.
82dd)
83Ohne Erfolg möchte die Beklagte der Zessionarin (Fa. L) schließlich einen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht, welche ebenfalls Ausfluss aus § 254 Abs. 1 BGB ist, anlasten. Die Kammer sieht in dem Umstand, dass die Firma L die Reparatur in Deutschland durchführen ließ, wo die Stundenverrechnungssätze („Arbeitswerte“ = „AW“) nach der Behauptung der Beklagten höher seien als z.B. in Werkstätten am Sitz der Firma L in T oder auch in L4, welche näher an Unfallstelle in L2 gelegen sind, keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Schadensminderung. Nach dem Inhalt der Aussage des Zeugen E3 ist das hier beauftragte Service-Center von F in O2 mit dem dort ansässigen Produktionsbetrieb und Zentrallager eng verbunden, so dass es auch aus der Sicht einer wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei angemessen erscheint, eine Großreparatur dort durchführen zu lassen. So hat auch der Zeuge E3, Werkstattleiter bei der Firma F, bestätigt, dass es durchaus öfter vorkomme, dass Busse aus M2 oder auch aus L4 zu größeren Reparaturen nach Deutschland verbracht werden, weil hier im Werk auch bessere Werkstattmöglichkeiten (z. B. große Arbeitsbühne) und die größere Erfahrung gegeben seien. Dagegen seien Vertragswerkstätten vor Ort, wie sie beispielsweise auch in M2 vorhanden sind, nur auf kleinere Reparaturen ausgerichtet.
84Es sprechen auch keine sonstigen Einwände dagegen, dass die Firma L den Omnibus, bei dem es sich um ein in Deutschland hergestelltes Markenfabrikat handelt, auch nach Deutschland ins Werk zur größeren Reparatur verbringt. Auch vor dem Hintergrund, dass mit der Klage gar keine Verbringungskosten, wie etwa Personal- und Kraftstoffkosten für die Überführung, berechnet werden, ist kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zu erkennen.
85ee)
862/3 des dem Unfall zuzurechnenden Gesamtschadens in Höhe von 84.325,72 € ergeben schließlich den mit der Klage zugesprochenen Betrag von 56.217,15 €.
87In dieser Höhe ist der Anspruch aufgrund der Legalzession und der Forderungsabtretung vom 15.04.2008 auch auf die Klägerin übergegangen, wie bereits oben unter II,1 (im Rahmen der Aktivlegitimation) ausgeführt. Die Beklagte hat zwar anfangs bestritten, dass die Klägerin überhaupt Zahlungen als Vollkaskoversicherer erbracht habe und behauptet, dass die erbrachten „krummen“ Beträge jedenfalls keine Leistung auf den hier streitigen Versicherungsfall beinhalteten. Dieses Bestreiten hat sie indessen im Schriftsatz vom 07.12.2009 nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die Klägerin zuvor im Detail erläutert hatte, dass eine erste Versicherungsleistung von 78.138,00 €, die dem geschätzten Schaden lt. Gutachten vom 10.01.2008 entsprach, nur in Höhe von 65.141,20 € zur Auszahlung gelangte, weil die Fa. L noch Versicherungsbeiträge in Höhe von 12.996,80 € schuldete und sodann nach Vorlage der Reparaturrechnung noch ein weiterer Betrag von 8.566,87 € geleistet wurde, weil der Rechnungsbetrag den Schätzwert um eben diese Differenz überstiegen hatte.
88Durch Vorlage von Urkunden (u.a. Anlage K 3) hat die Klägerin darüber hinaus hinreichend belegt, dass die geleisteten Beträge auf den Vollkaskovertrag erbracht wurden.
89ff)
90Aus dem Gesichtspunkt des Verzuges verschuldet die Beklagte auch die mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Nebenkosten. Bei den außergerichtlichen Anwaltskosten hält die Kammer allerdings nur eine Regelgebühr in Höhe von 1,3 für erstattungsfähig. Einschließlich 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale errechnet sich bei einem Streitwert von 56.217,15 € ein Betrag von 1.479,90 € netto. Als Kosten der Rechtsverfolgung sind auch die geltend gemachten Übersetzungsarbeiten von 336,00 € und 889,20 € jeweils in Höhe der hier angenommen Haftungsquote von 2/3 zu erstatten. Dies ergibt dann Beträge in Höhe von 224,00 € und 592,80 €. Die Summe der drei zuzusprechenden Beträge beläuft sich damit auf 2.296,70 €.
91gg)
92Der Zinsanspruch (ab dem 06.09.2008) ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, welcher durch die Mahnung vom 11.08.2008 unter Setzung einer Frist bis zum 05.09.2008 und im Übrigen auch schon durch die endgültige Zahlungsverweigerung der Beklagten vom 29.09.2008 eingetreten ist.
93g)
94Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
95Streitwert: bis 90.000,00 €.
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