Urteil vom Landgericht Bonn - 10 O 53/11
Tenor
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 30.03.2011(10 O 53/11 LG Bonn) bleibt insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 392,70 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 27.02.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 35,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 04.01.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil unter gelichzeitiger Abweisung der weitergehenden Klage aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis; die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T A T B E S T A N D:
2Im vorliegenden Verfahren verlangt die hiesige Klägerin, die T GmbH (im Folgenden: T GmbH), von der Beklagten Zahlung von Lizenzgebühren für die Nutzung der Software „N“ für die Jahre 2007 und 2008.
3In dem bei der Kammer anhängigen Parallelverfahren 10 O 52/11 LG Bonn begehrt die Schwestergesellschaft der Klägerin, die T3 GmbH (im Folgenden: T3 GmbH) von der Beklagten vertragliche Vergütung im Zusammenhang mit IT‑Leistungen für die von der Klägerin entwickelte Software „N“.
4Unter dem 09./17.04.2001 schloss die Beklagte mit der T GmbH einen Rahmenvertrag mit der Nr.########, der ab Dezember 2004 die Nr.########## erhielt, über von der Klägerin zu erbringende Beratungs-, Unterstützungs- und Software-Erstellungs-/Programmierleistungen. Gemäß § 3 waren Vertragsbestandteil an erster Stelle die Bedingungen und die jeweiligen Abrufe bzw. abzuschließenden Einzelverträge. Nach § 19 waren Abrufe schriftlich zu erteilen und ausschließlich durch die vertragsschließende Serviceniederlassung Einkauf, Abteilung Software, der Beklagten in U oder durch ein Tochterunternehmen der Beklagten zulässig, wobei sich die Vertragspartnerin der Beklagten gemäß § 2 verpflichtete, solchen anderen Unternehmen im Rahmen ihrer Kapazitäten die Leistungen zu den gleichen Konditionen wie der Beklagten anzubieten. Ausweislich § 4 berechtigte dieser Rahmenvertrag nicht zur Leistungserbringung, vielmehr musste vor Aufnahme jeglicher Arbeiten dem Auftragnehmer ein rechtsverbindlich unterzeichneter Auftrag vorliegen. In § 5 war bestimmt, dass die T GmbH ein Team von qualifizierten Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen hatte, wobei es der Beklagten jederzeit möglich war, den Einsatz bestimmter Mitarbeiter, die ihren Qualitätsansprüchen nicht genügten, mit Begründung abzulehnen, und wonach ein Wechsel im Personaleinsatz des Auftragnehmers in jedem Fall der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers bedurfte. § 13 enthielt Regelungen zur konkret vorzunehmenden Abrechnung von Reisekosten, wobei dies in der Folgezeit zunächst auch so praktiziert wurde. Der Vertrag trat am 01.04.2001 in Kraft und lief auf unbestimmte Zeit. Eine Kündigung war mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats zulässig, wobei diese der Schriftform bedurfte. Im Juli 2001 trafen die Vertragsparteien hinsichtlich der vereinbarten Tagessätze im Rahmen der vereinbarten Vergütung eine Nachtragsregelung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages einschließlich der Nachtragsregelung wird auf die bei den Akten des Verfahrens 10 O 52/11 LG Bonn befindlichen Vertragskopien Bezug genommen (dort: Anlage K5 = Anlage B2). Kurze Zeit nach dem Rahmenvertrag schlossen die Parteien unter dem 19./24.07.2001 einen Vertrag mit der Auftragsnummer $##/########. Vertragsgegenstand war zum einen die Überlassung einer Konzernlizenz EBP („Electronic Business Paper“) inklusive 5 Administratorarbeitsplätzen für 210.500,00 € netto, zum anderen die Softwarepflege und ein Second Level Support für jährlich 17% des Lizenzpreises ab Ablauf der Gewährleistungsfrist. Dieser Vertrag war hinsichtlich der Pflege ab dem 01.01.2003 mit einer Frist von 3 Monaten kündbar (§ 11). Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragskopie in Anlage B3 (im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) verwiesen. Mit Schreiben vom 15.11.2005 (Anlage B4 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) machte die Beklagte von der vor bezeichneten Kündigungsmöglichkeit Gebrauch.
5Zwischenzeitlich hatte die Beklagte im Zuge einer teilweisen „Neuordnung ihrer IT-Systemlandschaft“ mit ihrer seinerzeit unter „E2 T2 GmbH“ firmierenden Tochtergesellschaft (im Folgenden: „E2 ITS“) am 19.12.2003/27.01.2004 als „Dienstvertrag zum Festpreis“ einen weiteren Vertrag mit der Bezeichnung „Leistungsschein Software Wartung für NON-SAP-Leistungen“ abgeschlossen. Gegenstand war die zentrale Wartung und Pflege der Client-Server-Anwendung „N“ zum Erstellen und Verteilen CD-gerechter elektronischer Geschäftsbriefe unter MS‑Word zur konzernweiten Nutzung. Daneben waren von E2 ITS auch sogenannte IT-Infrastrukturleistungen, insbesondere Hardware, geschuldet. Für die von der E2 ITS geschuldeten Pflege und Supportleistungen wurde eine monatliche Wartungspauschale in Höhe von 30.000,00 € netto vereinbart. Der Vertrag hatte eine Laufzeit vom 01.01. bis 31.12.2004 und war mangels einer schriftlichen Kündigung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der jeweiligen Vertragsdauer mit einer automatischen Verlängerungsklausel um ein Jahr versehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragskopie in Anlage K8 (im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) Bezug genommen.
6Nachdem im Jahr 2003 die T3 GmbH gegründet worden war, sollte im Verhältnis zu der Beklagten vereinbarungsgemäß grundsätzlich die Lizensierung von N bei der T GmbH verbleiben, während die T3 GmbH die Systembetreuung und die damit zusammenhängenden IT‑Dienstleistungen übernehmen sollte. Im Laufe des Jahres 2004 fiel bei der Beklagten die Entscheidung, die bis dahin von der E2 ITS wahrgenommene Betreuung der Vorlagen und von N ebenfalls auf die T3 GmbH auszulagern. Im Zuge damit wechselte ein dreiköpfiges Mitarbeiterteam der E2 ITS (Zeugin E, Zeugin T5 und Zeuge S) zum 01.01.2005 dorthin.
7Nach Kündigung des Vertrages vom 19./24.07.2001 (Anlage B3 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) durch Schreiben der Beklagten vom 15.11.2005 (Anlage B4 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) holte die Beklagte im Folgenden jährlich Angebote der T3 GmbH, welche jedenfalls z.T. auch die Lizenzen beinhalteten, für Projektunterstützung und Betriebsleistungen ein und beauftragte sie auf dieser Basis. Für das Jahr 2006 erfolgte dies auf der Grundlage des Angebotes der T3 GmbH vom 19.12.2005 (Anlage B5 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn), in welchem der Gesamtaufwand für 2006 mit rund 950.000,00 € bezeichnet war, welche von der Beklagten bezahlt wurden. Das darauf folgende „Angebot Betrieb und Projekte ML 2007“ der T3 GmbH vom 29.11.2006, welches an den bei der Beklagten tätigen Zeugen B2 gerichtet war, lautete wie folgt:
8„Wie während unserer letzten Besprechungen abgestimmt, erhalten Sie hiermit das Angebot für den Betrieb von T N im Jahr 2007 und die damit verbundenen Projekte.
9In Abstimmung mit Herrn O … bieten wir in diesem Angebot die Stufe für den internationalen Ausbau auf 160.000 N-Anwender an. …
10Da sich noch bestimmte Aufgaben in der Schwebe befinden bzw. einer genaueren Planung bedürfen, haben wir in Abstimmung mit Herrn O eine Annahme von 500.000,00 € als Aufwand für diese Aufgaben getroffen. …
11Die Aufgaben unterteilen sich wie bisher in die folgenden Bereiche:
12- Betrieb und Wartung des Systems, u.a. des Corporate Designs und der legalen Daten
13- Projekte im Rahmen der Internationalisierung
14- Softwarewartung
15Aufwand
16Der Aufwand in 2007 für die bisher geplanten bzw. planbaren Aufgaben in der vereinbarten Ausbaustufe beläuft sich auf 1.835.446,65 €.
17Die oben genannte Annahme für noch zu planende Aufgaben von 500.000,00 € ist in dieser Summe nicht enthalten und wird nach der Planung und Entscheidung getrennt angeboten.
18Konditionen
19Es gelten die im Rahmenvertrag Nr.########## festgelegten Konditionen (Tagessatz 971,45 € Senior, 968,20 € Junior, Reisekosten gemäß § 13 des Rahmenvertrages). Der Aufwand wird quartalsweise vorab in Rechnung gestellt. Mehrleistungen und Änderungen werden nach Aufwand berechnet.
20Sollte sich während der Durchführung technische oder finanzielle Undurchführbarkeit herausstellen, so hat insbesondere dann die T. das Recht, vom Auftrag zurückzutreten. Die Aufwandsangaben verstehen sich zuzüglich der angefallenen Spesen.
21Angebot freibleibend. Es gelten unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen. Alle Preisangaben verstehen sich zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer…“
22Hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf die mit Schriftsatz vom 25.07.2011 komplettierte Kopie (Bl.193 - 196 d. A. im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) Bezug genommen, in welcher im Kopf der jeweiligen Spalten von „Planzahlen“ die Rede ist. Ein korrespondierendes, an die T3 GmbH gerichtetes, Auftragsschreiben der Beklagten vom 08.01.2007, gezeichnet durch den Zeugen B2, (Anlage K2 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) lautet wie folgt:
23„… Auf Basis der allgemeinen Einkaufsbedingungen der Q AG beauftragen wir Sie – per Fax – mit der Realisierung des folgenden Projektes:
24Projektbezeichnung: N Betrieb 2007
25Kosten gem. Ihrem Angebot Nr. vom 29.11.2006: € 1.740.430,51 brutto
26Auftragsinhalt gemäß Ihrem Angebot… wird die hiermit freigegebene Auftragssumme überschritten, müssen uns die Mehrkosten in Form eines schriftlichen Nachtragsangebotes vorgelegt werden. Die Auftragserteilung dazu erfolgt von uns ebenfalls schriftlich und wird Bestandteil des Hauptauftrages.“
27Ebenfalls am 08.01.2007 erteilte die Beklagte - und zwar auch - der T3 GmbH einen weiteren ausweislich der Auftragshöhe auf die Lizenzen bezogenen Auftrag mit folgendem Inhalt (Anlage K2, Bl. 30 f. d. A. im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn):
28„…auf Basis der allgemeine Einkaufsbedingungen der Q AG beauftragen wir Sie – per Fax – mit der Realisierung des folgenden Projektes:
29Projektbezeichnung: T. Pflege N 2007
30Kosten gem. Ihrem Angebot Nr. vom 29.11.2006: € 443.751,00 brutto
31Auftragsinhalt gemäß Ihrem Angebot. wird die hiermit freigegebene Auftragssumme überschritten, müssen uns die Mehrkosten in Form eines schriftlichen Nachtragsangebotes vorgelegt werden. Die Auftragserteilung dazu erfolgt von uns ebenfalls schriftlich und wird Bestandteil des Hauptauftrages……“
32Im September/Oktober 2007 wechselte das bei der T3 GmbH für die Beklagte zuständige Betreuungsteam (das Team, welches zuvor von der E2 ITS zur T3 GmbH gewechselt war) einschließlich des seinerzeitigen Geschäftsführers M der T3 GmbH zu einer Drittfirma „B GmbH“. Ein von der Klägerin vorgeschlagenes neues Betreuungsteam (Anlage B9 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn) fand nicht die Zustimmung der Beklagten. Aufgrund dessen sowie einer nach der streitigen Behauptung der Beklagten fehlerhaften Supportanfrage, insbesondere aber aufgrund zwischen den Parteien streitiger verspäteter oder ausbleibender Auslieferung von Releases kam es zu gravierenden Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Diese mündeten in einem Schreiben der Beklagten vom 17.12.2008 an den Geschäftsführer der T3 GmbH und der Klägerin mit folgendem Inhalt (Anlage B28 im Verfahren 10 O 52/11 LG Bonn):
33„Sehr geehrter Herr T8,
34wie Sie ja bereits der Information zur Aufhebung unserer Ausschreiben „Geschäftsbriefvorlagen“ entnehmen konnten, werden wir in Zukunft bei der Q AG keine Software für die automatische Pflege und zur Verfügungsstellung von Geschäftsbriefvorlagen mehr einsetzen.
35Wir werden zum 31.12.2008 die Software N abschalten und von den Rechnern der Q entfernen. Da somit die Zusammenarbeit mit der T GmbH enden wird, möchten wir Sie bitten, sofern es noch ausstehende Rechnungen für Lizenzen aus 2008 gibt, diese bitte bis zum 28.12.2008 an folgende Adresse zu senden….“
36Entsprechend dieser Ankündigung schaltete die Beklagte die technische Verbindung zum System der T3 GmbH und der Klägerin zum 01.01.2009 ab.
37Nachdem die Beklagte an die Klägerin, die T GmbH, für die das Jahr 2007 betreffenden Lizenzen einen Teilbetrag von 144.000,00 € netto, entsprechend 171.360,00 € brutto, gezahlt hatte, stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 28.01.2009 diesbezüglich eine Rechnung über restliche 228.900,00 € netto entsprechend 272.391,00 € brutto, worauf nach Bezahlung weiterer 48.110,00 € netto, entsprechend 57.250,90 € brutto, noch 180.790,00 € netto, entsprechend 215.140,10 € brutto, offen und Gegenstand dieses Verfahrens sind.
38Bereits mit Rechnung vom 18.12.2008 hatte die Klägerin der Beklagten für das Jahr 2008 ebenfalls 372.900,00 € netto entsprechend 443.751,00 € brutto in Rechnung gestellt. Nach dem die Klägerin diese Rechnung auf Bitten der Beklagten an die Adresse „T9“ versandt hatte, zahlte die Beklagte hierauf 192.440,00 netto entsprechend 229.003,60 € brutto, so dass hierauf noch 180.460,00 € netto entsprechend 214.747,40 € brutto offen sind.
39Beide offenen Beträge zusammen ergeben die Klageforderung in Höhe 429.887,50 € brutto.
40Nach einer Mahnung der Klägerin vom 26.01.2009 (Anlage K3, Bl. 32 d. A.) für das Jahr 2007 blieb auch eine anwaltliche Mahnung der Klägerin vom 30.11.2010 (Anlage K4, Bl. 33 f. d. A.) für sämtliche Beträge ohne Erfolg.
41Zur Begründung der Klageforderung beruft sich die Klägerin (die T GmbH) für das Jahr 2007 auf das Angebot der T3 GmbH vom 29.11.2006 und den Auftrag der Beklagten vom 08.01.2007 über € 443.751,00 brutto. Die Grundlage ihrer Forderung für das Jahr 2008 sieht die Klägerin in einer durch die grundsätzlich unstreitige Weiternutzung der Software durch die Beklagte in diesem Jahr ihrer Auffassung nach stillschweigend getroffenen Vereinbarung.
42Die Klägerin sieht sich auch als insgesamt aktivlegitimiert an. Hierfür verweist sie auf die Teilzahlungen der Beklagten auf die streitgegenständlichen Rechnungen und darauf, dass zwischen den Parteien nach Gründung der T3 GmbH im Jahr 2003 abgesprochen war, dass für den Lizenzbereich auch nach Gründung der T3 GmbH sie, die Klägerin, im Verhältnis der Parteien grundsätzlich zuständig bleibt.
43Die Beklagte habe mit ihrem Auftragsschreiben vom 08.01.2007 Lizenzen für 160.000 Anwender fest bestellt unabhängig davon, ob eine entsprechende Ausweitung der Nutzer auch tatsächlich erfolgt sei, wobei dies jedoch auch der Fall gewesen sei. Im Übrigen sei die vertragliche Lizenzvergütung der Klägerin auch unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Nutzer vereinbart gewesen. Eine eventuelle Nichtausweitung der Nutzerzahl sei jedenfalls von der T3 GmbH nicht zu verantworten, dies im Verhältnis zu ihr, der T GmbH, aber auch unerheblich.
44Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei zwischen den Parteien auch nicht vereinbart worden, dass nur eine Nutzerzahl von 80.000 zu vergüten sei. Die insoweit von der Beklagten vorgelegte Mail vom 23.03.2007 (Anlage B3) rühre von der T3 GmbH her und sei ihr, der Klägerin, nicht zuzurechnen, zumindest liege ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten zu ihrem, der Klägerin, Nachteil vor, mit der Folge einer Unwirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung. Das von der Beklagten vorgelegte Schreiben der Klägerin vom 26.11.2007 (Anlage B5) gebe für die Auffassung der Beklagten ebenfalls nichts her. Zum einen beziehe es sich nur auf die Jahre 2001, 2005 und 2006 und zum anderen habe durch dieses der Beklagten lediglich aufgezeigt werden sollen, dass sie nicht einmal die vereinbarten Kosten für die unstreitigen Lizenzen bezahlt habe.
45Mit Versäumnisurteil vom 30.03.2011 (10 O 53/11 LG Bonn) ist die Beklagte verurteilt worden,
46an die Klägerin
471.
48429.887,50 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz, aus einem Betrag von 215.140,10 € seit dem 27.02.2009 und aus weiteren 214.747,40 € seit dem 17.01.2009,
492.
501.814,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung des Mahnbescheides (04.01.2011)
51zu zahlen.
52Die Klägerin beantragt,
53das Versäumnisurteil vom 30.03.2011 (10 O 53/11 LG Bonn) aufrecht zu erhalten.
54Die Beklagte beantragt,
55die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 30.03.2011 ( 10 O 53/11 LG Bonn ) abzuweisen.
56Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerin unter Hinweis darauf, dass das Angebot vom 29.11.2006 von der T3 GmbH stammt und der Auftrag vom 08.01.2007 ausweislich seiner Adressierung dieser erteilt worden ist.
57Im Übrigen, so behauptet die Beklagte, seien hiermit nicht Lizenzen für 160.000 Anwender fest bestellt worden. Vielmehr habe es sich um eine „Rahmen-Konditionenvereinbarung“ gehandelt, wobei das Ausmaß der Inanspruchnahme und der Umfang der Vergütung sich aus späteren Abrufen ergeben habe. Sei das Volumen nicht erreicht worden, sei es selbstverständlich nicht abgerechnet worden oder, sofern versehentlich doch einmal geschehen, entsprechend wieder gutgeschrieben worden. Voraussetzung jeder Erweiterung über 80.000 Anwender hinaus sei eine Erweiterung vom nationalen auf den internationalen Bereich gewesen, zu welcher es nicht gekommen sei. Die Klägerin und/oder die T3 GmbH hätten auch die hierfür erforderlichen Leistungen nicht erbracht.
58Jedenfalls sei das Auftragsvolumen einvernehmlich auf einen 80.000 Anwendern entsprechenden Betrag festgeschrieben worden. Die Beklagte verweist hierzu insbesondere auf eine Mail der T3 GmbH vom 23.03.2007 (Anlage B3, Bl. 119 d. A.) mit folgendem Inhalt:
59„Hallo Herr B2,
60ich möchte gerne die wesentlichen Punkte unseres Gespräches mit den Herren L, O und K zusammenfassen.
61H. L will im Rahmen einer allgemeinen Kostenreduktion im IT Bereich, die Kosten für die Lizenzen und den Support für N um 15 % kürzen.
62Wir haben zugestimmt und gemeinsam beschlossen, daß wir dafür die Kosten anstatt der bisher zugrundeliegenden 160.000 Benutzer auf die Kosten für 80.000 Benutzer in den Bereichen Lizenz- und Support zurückgehen.
63Dies bedeutet eine Reduzierung des Jahresvolumen um ca. 230.000 Euro zum geplanten Budget 2007. die Projektkosten sind von der Einsparung nicht betroffen.“
64Darüber hinaus habe die Klägerin selbst vorgerichtlich bestätigt, dass nur eine Lizenz bis zu 80.000 Anwendern erteilt worden sei und abgerechnet werden könne: Nach Stellung von Rechnungen durch die Klägerin und die T3 GmbH betreffend unter anderem Lizenzen für 160.000 Anwender und zu deren Zurückweisung durch die Beklagte mit Schreiben vom 13.11.2007 (Anlage B4, Bl. 120 f. d. A.) habe die Klägerin mit Antwortschreiben vom 26.11.2007 (Anlage B5, Bl. 122 ff. d. A.) die entsprechende Auffassung der Beklagten inhaltlich bestätigt. Das letztgenannte Schreiben lautet unter der Ziffer „8) Rechnung Lizenzen“ wie folgt:
65„… Rechnung Lizenzen
66…
67Die Rechtsgrundlage zum Einsatz unserer Produkte ist bei Ihnen im Hause bekannt und seit vielen Jahren anerkannt.
68Eine kurze Zusammenfassung:
69„Geschäftsbrieflösung“
70Die QAG kaufte im Jahre 2001 ein Nutzungsrecht für bis zu 80.000 Arbeitsplätze eines Produktes zur Bereitstellung von Geschäftsbriefvorlagen.
71Dazu schloss die QAG einen Wartungsvertrag ab.
72Der Quartalsbetrag beträgt 20.030 Euro.
73„E-Mail-Lösung“
74Die QAG mietete ab einschließlich dem Jahr 2005 eine Lösung zur einfachen Erstellung von Emails für bis zu 80.000 Arbeitsplätze mit konzernweit richtiger Signatur zzgl. Wartung.
75Die Quartalbeträge hierfür sind:
76Nutzungsrecht 12.000 Euro und Wartung 2.040 Euro.
77„Präsentationslösung“
78Die QAG mietete ab einschließlich dem Jahre 2006 eine Lösung zur einfachen Erstellung von Konzernpräsentationen für bis zu 80.000 Arbeitsplätze zzgl. Wartung.
79Die Quartalsbeträge hierfür sind:
80Nutzungsrecht 12.000 Euro und Wartung 2.040 Euro.
81Daraus ergibt sich die Quartalsrechnung für Lizenz und Wartung von 48.110 Euro.
82…“
83Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
84E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
85Durch den zulässigen Einspruch der Beklagten ist der Prozess gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückgesetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis der Beklagten befand.
86Die Klage ist ganz überwiegend unbegründet.
87Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund des von dieser unter dem 08.01.2007 erteilten Auftrages unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen einen restlichen Vergütungsanspruch für Lizenzen betreffend die Jahre 2007 und 2008 von (nur noch) 392,70 € einschließlich 19 % Mehrwertsteuer.
88Die Klägerin ist für den geltend gemachten Anspruch aktivlegitimiert.
89Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass das Angebot vom 29.11.2006, welches sich auch zu den Lizenzen für das Jahr 2007 verhielt, nicht von der Klägerin, sondern von der T3 GmbH stammte und dass die Beklagte auch den auf die Lizenzen bezogenen Auftrag vom 08.01.2007 nicht der Klägerin, sondern der T3 GmbH erteilt hat. Gleichwohl haben beide Parteien dies so verstanden, dass nicht die T3 GmbH, sondern die Klägerin aus diesem Auftragsverhältnis berechtigt und verpflichtet sein sollte, soweit es den Bereich der Lizenzen anging. Denn die Parteien tragen übereinstimmend vor, dass nach der Gründung der T3 GmbH die operative Geschäftstätigkeit der T-Unternehmensgruppe im Verhältnis zu der Beklagten vereinbarungsgemäß in der Weise aufgespalten worden ist, dass die Lizensierung von „N“ grundsätzlich bei der Klägerin verbleiben sollte. In Übereinstimmung hiermit hat in der Folgezeit die Klägerin die entsprechenden Vergütungen nicht nur für das Jahr 2007, sondern auch für das Folgejahr 2008 eingefordert und ist diese von der Beklagten - soweit von dieser der Höhe nach als berechtigt angesehen - an die Klägerin gezahlt worden.
90Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Lizenzvergütungsanspruch nicht nur für das Jahr 2007, sondern auch für das Jahr 2008. Zwar existiert für das Jahr 2008 keine schriftliche Vereinbarung. Der Klägerin ist jedoch darin zu folgen, dass eine solche durch die Lizenzweiternutzung seitens der Beklagten und die auch für das Jahr 2008 geleisteten Teilzahlungen stillschweigend getroffen worden ist. Dies kommt auch im Schreiben der Beklagten vom 17.12.2008 zum Ausdruck, in welchem die Beklagte die Bitte äußert, eventuell ausstehende Rechnungen für Lizenzen „aus 2008“ kurzfristig an eine in dem Schreiben genannte Adresse zu senden.
91Den der Klägerin danach zustehenden Lizenzvergütungsanspruch für die Jahre 2007 und 2008 hat die Beklagte jedoch bis auf den aus dem Tenor ersichtlichen, ganz geringen Restbetrag erfüllt.
92Nach einer im Jahr 2007 getroffenen Vereinbarung waren Lizenzen von der Beklagten in der Folgezeit (nur noch) auf der Basis von 80.000 Benutzern zu vergüten. Aus diesem Grund kann dahinstehen, welchen genauen Inhalt die ursprüngliche Lizenzvereinbarung hatte. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob es sich ursprünglich um eine Festpreisabrede oder eine Rahmen-Konditionenvereinbarung handelte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Mail der T3 GmbH vom 23.03.2007 in dem vorbezeichneten Sinn auch eindeutig. Der seinerzeitige Geschäftsführer der T3 GmbH fasst hierin als Gesprächsergebnis eines unter Beteiligung der Beklagten geführten Gespräches zusammen, dass dort insbesondere im Bereich der Lizenzen Kosten eingespart werden sollten und man deshalb vereinbart hat, Lizenzen im Umfang von 80.000 Benutzern zu vergüten:
93„…Wir haben zugestimmt und gemeinsam beschlossen, dass wir dafür die Kosten anstatt der bisher zugrundeliegenden 160.000 Benutzer auf die Kosten für 80.000 Benutzer in den Bereichen Lizenz- und Support zurückgehen…“.
94Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, aus welchem Grund man sich darauf hätte einlassen sollen, ist diese Frage leicht dahin zu beantworten, dass es ohne weiteres denkbar sein könnte, dass es beispielsweise darum ging, das Auftragsverhältnis zu der Beklagten insgesamt nicht zu gefährden, dies auch eventuell um den Preis einer Erlösreduzierung im Bereich der Lizenzen.
95Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der seinerzeitige Geschäftsführer der T3 GmbH die vorumschriebene Vereinbarung auch nicht, jedenfalls nicht nur, für die T3 GmbH, sondern, jedenfalls auch, für die Klägerin abgeschlossen. Wie bereits ausgeführt, haben sowohl die T3 GmbH wie auch die Parteien dieses Rechtsstreites das Vertragsverhältnis so gelebt, dass der Bereich der Lizenzen im Verhältnis der Parteien in die Verantwortung der Klägerin fiel. Danach hat – jedenfalls aus Sicht der Beklagten – der seinerzeitige Geschäftsführer der T3 GmbH die in Rede stehende Vereinbarung – jedenfalls auch - für die Klägerin abgeschlossen.
96Hierzu war der seinerzeitige Geschäftsführer der T3 GmbH zumindest aufgrund einer Duldungsvollmacht der Klägerin berechtigt. Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben versteht und verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2011, § 172 Rz 8, m. w. N.; allgemeine Auffassung). So liegt die Sache hier. Die Klägerin hatte nichts dagegen einzuwenden, dass die T3 GmbH für das Jahr 2007 auch hinsichtlich der Lizenzen ein Angebot angegeben hatte und daraufhin zwar der Adressierung nach der T3 GmbH, inhaltlich aber der Klägerin ein entsprechender Auftrag der Beklagten erteilt worden ist. Dies zeigt sich darin, dass die Klägerin die entsprechenden Vergütungen eingefordert und zum Teil auch erhalten hat. Sie hat sich nicht etwa gegen eine derartige Auftragserteilung gewandt. Da die Klägerin aber damit einverstanden war, dass die Geschäftsführung der T3 GmbH den zugrundeliegenden Vertrag abgeschlossen hat, durfte die Beklagte dies dahin verstehen, dass dies auch die Befugnis umfasste, diesen inhaltlich zu modifizieren, vorliegend im Sinne einer Beschränkung der Vergütungspflicht der Beklagten auf einer Abrechnungsbasis von 80.000 Nutzern.
97Ein Vollmachtsmissbrauch und/oder ein kollusives Zusammenwirken der T3 GmbH mit der Beklagten zu ihren, der Klägerin, Lasten sind nach wie vor nicht dargetan. Der diesbezügliche Tatsachenvortrag der Klägerin bewegt sich im Bereich der Spekulation. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Umstände der Einschaltung der B GmbH und die diesbezüglichen zeitlichen Abläufe.
98Der der Klägerin danach ursprünglich zustehende Vergütungsanspruch in Höhe von 458.007,20 € einschließlich 19% Mehrwertsteuer ist bis auf einen kleinen Restbetrag von 392,70 € ausgeglichen. Für 80.000 Nutzer stand der Klägerin ein jährlicher Lizenzanspruch in Höhe von 192.440,00 € netto zu, das sind zuzüglich 19% Mehrwertsteuer jährlich 229.003,60 €, für 2 Jahre also 458.007,20 €. Gezahlt hat die Beklagte in mehreren Tranchen insgesamt 457.614,50 €, so dass ein offener Restbetrag von 392.70 € verbleibt.
99Die berechtigte Zinsforderung der Klägerin beruht auf §§ 286, 288, 291 BGB.
100Unter Verzugsgesichtspunkten sind der Klägerin von der Beklagten auch insgesamt 35,10 € nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten (Ausgehend von einem Streitwert von 392,70 € beträgt eine Gebühr 45,00 €, dies x 0,65 sind 29,25 €. Zuzüglich der Pauschale nach Nummer 7002 VV RVG von 20% = 5,85 € errechnen sich netto 35,10 €.).
101Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Ziffer 1, 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Ziffer 11, 709, 711 ZPO.
102Streitwert: 429.887,50 €
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