Beschluss vom Landgericht Bonn - 1 O 172/12
Tenor
Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom 13.02.2012 wird zurückgewiesen.
1
Gründe:
2Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
3I.
4Der Beklagte ist Bewohner eines durch die Klägerin betriebenen Seniorenwohnheims. Das auf vertraglicher Grundlage zu entrichtende tägliche Leistungsentgelt für Unterkunft und Verpflegung beträgt seit dem 01.06.2011 111,10 EUR und wurde von Beginn der Wohnzeit an durch das Sozialamt C und die B Pflegekasse getragen. Mit Schreiben vom 08.11.2011 sowie hilfsweise mit der Klageschrift kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten fristlos und forderte ihn auf, sein Zimmer bis zum 15.12.2011 zu räumen. Zur Begründung der fristlosen Kündigung behauptet die Klägerin primär, der Beklagte habe trotz geistiger Steuerungsfähigkeit wiederholt insbesondere weibliche Bedienstete des Heimes erheblich beleidigt, so etwa die Wohnbereichsleiterin I im Juli 2011 als "philippinische Schlampe" und die Mitarbeiterin U am 17.12.2011 als "Miststück", letzteres in Verbindung mit der Drohung, ihr "ein paar in die Fresse zu hauen". Eine bereits am 25.07.2011 erfolgte Abmahnung habe keinerlei Verhaltensänderung des Beklagten herbeigeführt. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Sinne von dessen § 16 i. V. m. dessen § 1 nicht zuzumuten sei.
5Die Klägerin begehrt nunmehr Räumung des von dem Kläger bewohnten Raumes in der Einrichtung (Antrag zu 1.) sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 110 € täglich ab Januar 2012 bis zur Räumung (Antrag zu 2.).
6Der Betreuer des Beklagten beruft sich unter Bezugnahme auf einen Beschluss des AG C vom 14.02.2010, Az. ## XIV ## ###.L darauf, der Beklagte sei nicht schuldfähig, da er sein Verhalten nicht steuern könne. Zudem bestreitet der Beklagte, die Beleidigungen getätigt zu haben Er ist zudem der Ansicht, dass der unter 2. gestellte Klageantrag nicht zulässig sei.
7Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und Anträge der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
8II.
9Die beabsichtigte Verteidigung bietet nach derzeitigem Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da der Vortrag des Beklagten nicht geeignet ist, die zulässige und schlüssig begründete Klage abzuwehren.
10Der Klageantrag zu 1. ist derzeit begründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Räumung des von dem Beklagten bewohnten Zimmers ergibt sich daraus, dass dessen Wohnrecht aufgrund der wirksamen fristlosen Kündigung der Klägerin erloschen ist. Dabei kann für hiesige Zwecke dahingestellt bleiben, ob diese fristlose Kündigung bereits mit Schreiben vom 08.11.2011 oder erst mit der Klageschrift erfolgte. Die fristlose Kündigung ist jedenfalls durch den trotz entsprechender Abmahnung wiederholten Verstoß des Beklagten gegen seine Pflichten aus dem Vertrag mit der Klägerin mit einem hinreichenden Grund i. S. d. § 16 Abs. 1 des Vertrages versehen. Die aggressive und an Menschenverachtung grenzende Umgangsweise des Beklagten stört die Betriebsabläufe innerhalb der Einrichtung der Klägerin und widerspricht insbesondere auch den in § 1 des Vertrages statuierten Grundsätzen der Klägerin, die der Beklagte nach § 2 der Vereinbarung anerkannt hat. Soweit der Beklagte bestreitet, die behaupteten Äußerungen getätigt zu haben, ist sein Bestreiten bisher nicht hinreichend substantiiert. Zwar trägt die Klägerin aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte zur Verteidigung eine negative Tatsache vortragen müsste und aufgrund ihrer eigenen Beweislast zunächst eine sekundäre Darlegungslast. Dieser ist sie aber nachgekommen, indem sie einzelne Vorfälle im Wortlaut und unter Angabe der betroffenen Person sowie des Tages angibt. Dem setzt der Beklagte nur ein pauschales Abstreiten entgegen, was nicht ausreicht. Es wäre vielmehr zu erwarten, dass er darlegt, wie es dann zu den Behauptungen der Klägerin kommt, bzw. in welchem tatsächlichen Verhältnis zu den benannten Geschädigten er denn aus seiner Sicht steht. Dies hat er indes nicht getan. Soweit sich der Beklagte auf eine fehlende Steuerungsfähigkeit beruft, ist sein Vortrag auch im Zusammenspiel mit der teilweise von Klägerseite vorgelegten Korrespondenz in anderen Angelegenheiten der Betreuung in sich widersprüchlich. Der Verweis auf den nur rudimentär, da als Standardformular begründeten Beschluss des AG C verfängt nicht, da die Klägerseite eine ausführliche psychologisch-gutachterliche Stellungnahme neueren Datums vorlegt, in der von einer affektiven Persönlichkeitsstörung gerade nicht ausgegangen und der Beklagte als geistig klar bezeichnet wird. Auf eben diese Einschätzung beruft sich der Beklagte durch seinen Betreuer im Übrigen auch selbst, soweit ein Verfahren um eine Ausweitung der Betreuung betroffen ist. Der hiesige Prozessbevollmächtigte und Betreuer des Beklagten schreibt so etwa ausweislich Anlage K3 an das AG C wörtlich: „Eine psychische Krankheit, geistige oder seelische Behinderung liegen bei dem Betreuten nicht vor. Die Betreuung wurde […] wegen körperlicher Defizite eingerichtet. Dem Betroffenen wurde damals geistige Klarheit bescheinigt.“ Diese Widersprüche in der Einschätzung des Beklagten hat die Beklagtenseite im hiesigen Verfahren bisher unangefochten im Raum stehen lassen.
11Der Klageantrag zu 2. ist zunächst zulässig nach § 259 ZPO. Die Rechtfertigung der Besorgnis, dass der Schuldner, der hiesige Beklagte, sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird, ergibt sich gerade daraus, dass der Beklagte bisher die Kosten für die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht selber bezahlt hat, sondern dies den zuständigen Sozialstellen überlies. Es ist damit zu rechnen, dass bei einem Obsiegen der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. aufgrund der immanenten Feststellung der Vertragsbeendigung die Sozialstellen auf diesen Vertrag auch nicht mehr leisten werden. Zugleich trägt der Beklagte keine Umstände vor, die dafür sprechen, dass er sodann die erforderlichen Zahlungen leistet. Vielmehr zeichnet sich der Beklagte nach dem gesamten vorliegenden Sachverhalt eher durch eine besonders wenig ausgeprägte Einsichtsfähigkeit und einen fehlenden Kooperationswillen aus.
12Der Antrag zu 2. ist schließlich auch begründet. Der Beklagte nutzt bis zur Räumung nach aktenkundiger Verweigerung der Räumung eine Räumlichkeit, die er entsprechend den zu Antrag 1. getätigten Ausführungen hätte bereits räumen müssen. Zugleich nutzt er die mit der Räumlichkeit verbundenen Pflege- und sonstigen Leistungen der Klägerin in gleichem Maße weiter, wie während der Laufzeit des Vertrages. Er hat demnach nach Wegfall des Vertrages eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe im Zweifel der vertraglich vereinbarten Gegenleistung und damit den beantragten 111,10 € je Tag entspricht.
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