Urteil vom Landgericht Bonn - 7 O 386/12
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 14.065,72 € nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 21.09.2012 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte mit Ausnahme der aussergerichtlichen Kosten der Streitverkündeten; die Streitverkündete trägt ihre aussergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen Rückzahlungsanspruch geltend für Gelder, die sie aufgrund eines Bauträgervertrages an die Beklagte gezahlt hat.
3Am 11.04.2011 schlossen sie mit der Beklagten einen Bauwerkvertrag. Hierin verpflichtete sich die Beklagte für die Kläger eine Doppelhaushälfte in I zu errichten. Auf Seiten der Beklagten wurden die Verhandlungen mit der Zeugin L geführt, die auch diesen Vertrag vom 11.04.2011 unterschrieben hat.
4Auf der ersten Seite dieses Vertragsformulars befindet sich die Klausel Rücktrittsrecht gemäß Anlage – die vorgesehenen Möglichkeiten zum Ankreuzen „Ja“ und „Nein“ sind nicht angekreuzt worden.
5In dem Vertrag ist eine Klausel enthalten, nach der den Klägern ein Rücktrittsrecht für die Zeit von sechs Monaten vorbehalten ist. Darüber hinaus ist in § 11 Z. 2 folgende Klausel aufgenommen:
6„Erfolgt eine solche Kündigung vor Baubeginn, ohne dass sie vom Auftragnehmer zu vertreten ist, kann der Auftragnehmer eine pauschale Vergütung bzw. einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 10 % des zur Zeit der Kündigung vereinbarten Gesamtpreises verlangen. Dem Auftraggeber bleibt es unbenommen, nachzuweisen, dass ein Schaden nicht oder nicht in dieser Höhe angefallen ist.“
7Außerdem ist handschriftlich unter demselben Datum von Frau L eine Klausel niedergelegt mit folgendem Inhalt:
8"Dem Auftraggeber wird ein kostenloses Rücktrittsrecht bei Nichtgenehmigung der öffentlichen Mittel vom Werkvertrag eingeräumt. Abgerechnet werden ggf. nur erbrachte Leistungen.“
9Auch diese Klausel ist von den Klägern und von Frau L unterschrieben.
10Nachdem der Kläger am 03.08.2011 einen schweren Arbeitsunfall erlitten hatte und daher nicht mehr arbeitsfähig ist, wurde von der Kreisverwaltung der Antrag der Kläger auf Fördermittel für dieses Projekt am 03.04.2012 abgelehnt.
11Die Kläger haben demgemäß am 06.04.2012 den Rücktritt vom Vertrag gegenüber der Beklagten erklärt. Sie verlangen dementsprechend jetzt die Rückzahlung des von ihnen als Vorschuss gezahlten Betrages.
12Die Kläger vertreten die Ansicht, dass ihr Rücktritt aufgrund des besonderen Rücktrittsrechts entsprechend der handschriftlich von Frau L aufgenommenen Klausel berechtigt sei – hilfsweise aufgrund der allgemeinen Vereinbarungen über eine Rücktrittsmöglichkeit in dem geschlossenen Vertrag.
13Die Kläger beantragen,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 14.065,72 € zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab dem 21.09.2012.
15Die Beklagte und die Streitverkündete beantragen,
16die Klage abzuweisen.
17Sie meinen, dass sie die von Frau L handschriftlich aufgenommene Klausel nicht gegen sich gelten lassen müssen - diese sei nicht Vertragsbestandteil geworden.
18Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden der Parteien, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Den Klägern steht ein Anspruch in der geltend gemachten Höhe zu aus den gesetzlichen Regelungen über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 BGB. Die Kläger haben an die Beklagte einen Vorschuss i.H.v. 17.059,- Euro gezahlt im Hinblick auf den am 11.04.2011 zwischen den Parteien geschlossenen Bauträgervertrag über eine Doppelhaushälfte in I.
21Die sich daraus ergebenden vertraglichen Verpflichtungen haben sich erledigt aufgrund der Tatsache, dass die Kläger den Vertrag gekündigt haben bzw. von einem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht haben.
22Die Kläger haben zunächst ein Rücktrittsrecht geltend gemacht aufgrund der handschriftlich von Frau L aufgenommenen Kündigungsklausel. Diese ist Vertragsbestandteil geworden. Soweit die Beklagte meint, Frau L sei nicht befugt gewesen, diese Klausel zu vereinbaren bzw. Frau L habe dies nicht zu Lasten der Beklagten vereinbaren wollen und sollen, greift dieser Einwand nicht.
23Denn die Kläger haben alleine mit Frau L die Verhandlungen geführt; diese hat alle Vereinbarungen unterschrieben. Sie ist dabei zwar nur als Vermittlerin aufgetreten; aber die Kläger durften aufgrund der Grundsätze von Duldungs- und Anscheinsvollmacht von einer entsprechenden Bevollmächtigung der Frau L ausgehen, so dass die Beklagte diese Erklärung der Frau L und damit diese Klausel gegen sich gelten lassen muss.
24Da die Finanzierung unstreitig gescheitert ist, konnten die Kläger vom Vertrag zurücktreten. Ihre hierauf bezogene Kündigung ist wirksam. Den Klägern steht damit aus diesem Rechtsgrund der hier geltend gemachte Rückzahlungsanspruch zu. Der Anspruch ist auch der Höhe nach berechtigt. Die Kläger haben hier (unnötigerweise) sogar ein fiktives Architektenhonorar noch in Abzug gebracht, so dass sich die Höhe der Klageforderung danach berechnet.
25Darüber hinaus haben die Kläger sich auch noch hilfsweise auf § 11 Abs. 2 des Vertrages berufen. Auch hiernach steht ihnen ein Kündigungsrecht zu.
26Soweit die Beklagte sich hier darauf berufen mag, dass die Kläger in diesem Fall 10 % der Vertragssumme zu tragen haben, greift dieser Einwand hier nicht. Denn in dieser Klausel ist den Klägern ja außerdem der Nachweis vorbehalten, dass der Beklagten ein solcher Schaden nicht entstanden ist.
27Die Beklagte hätte daher ihre Kalkulation in vollem Umfange offen legen müssen, um es den Klägern überhaupt zu ermöglichen, zu ermitteln, in welcher Höhe der Beklagten ein Schaden entstanden ist. Andernfalls läuft diese zu Gunsten der Kläger aufgenommene Klausel ins Leere. Da ein hinreichend substantiierter Vortrag der Beklagten zu dieser Frage fehlt, steht der Beklagten auch bei der hilfsweise hierauf gestützten Kündigung der Kläger ein Gegenanspruch in der Höhe nicht zu.
28Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 27. 6. 2013 gab keinen Anlaß für eine andere Entscheidung oder für eine Wiedereröffnung der Verhandlung.
29Die Zinsansprüche ergeben sich aus den gesetzlichen Regelungen i.V.m. der Mahnung der Kläger vom 31.09.2012.
30Die Kostentscheidung ergeht gemäß § 91; ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht § 809 ZPO.
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