Beschluss vom Landgericht Bonn - 12 T 414/13
Tenor
Die Beschwerde vom 23.09.2013 wird zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 2010 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers.
4Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 11.03.2013, zugestellt am 14.03.2013, angedroht.
5Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 15.08.2013 (Eingang) Einspruch eingelegt. Sie hat u.a. geltend gemacht: Das Strafverfahren des Finanzamts gegen sie selbst wie ihren Geschäftsführer sei noch nicht abgeschlossen. Es umfasse auch das streitgegenständliche Geschäftsjahr. Ihr Geschäftsführer sei daher berechtigt, sich nicht selbst zu belasten. Sie hat deswegen auf die Vorschrift des § 55 StPO verwiesen.
6Sie hatte den Abschluss - wenn auch verspätet - bereits am 04.07.2013 offengelegt.
7Das Bundesamt für Justiz hat sodann durch die angefochtene Entscheidung vom 16.09.2013 das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt.
8Gegen die ihr am 18.09.2013 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 25.09.2013 (Tag des Eingangs) Beschwerde eingelegt. Sie hat u.a. geltend gemacht: Das Ordnungsgeld könne seinen Zweck nicht mehr erreichen, denn die Offenlegung sei zwischenzeitlich erfolgt. Das festgesetzte Ordnungsgeld sei unangemessen hoch und unverhältnismäßig.
9Mit der Beschwerdeführerin bekannt gemachter Entscheidung vom 04.11.2013 hat das Bundesamt für Justiz der Beschwerde nicht abgeholfen.
10II.
11Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
12Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf den angegriffenen Beschluss vom 16.09.2013 sowie die Nichtabhilfeentscheidung des Bundesamts für Justiz vom 04.11.2013 verwiesen. Den dortigen Ausführungen schließt das Gericht sich an.
13Ergänzend:
14Bereits nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist ein Verstoß gegen die Offenlegungspflichten nach §§ 325 ff. HGB gegeben. Die Androhungsverfügung ist der Beschwerdeführerin ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 14.03.2013 am selben Tage zugestellt worden. Als öffentliche Urkunde beweist sie gemäß § 418 ZPO die Richtigkeit der darin aufgenommenen Feststellungen. Die Offenlegung des Abschlusses ist jedoch erst nach Ablauf der der Beschwerdeführerin gesetzten Nachfrist erfolgt.
15Es besteht daher weder Anlass zur Aufhebung des Festsetzungsbescheides noch zur Absenkung des darin festgesetzten Ordnungsgeldes. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass das Ordnungsgeld eine Folge der Versäumung der Jahresfrist des § 325 Absatz 1 Satz 2 HGB ist. Die sechswöchige Nachfristsetzung gemäß § 335 Absatz 3 Satz 1 HGB gibt der Kapitalgesellschaft lediglich die Möglichkeit, einer Festsetzung des Ordnungsgeldes zu entgehen. Das ändert aber nichts daran, dass die eigentliche Pflichtverletzung im Verstoß gegen § 325 Absatz 1 Satz 2 HGB liegt. Rechtlich relevante Gründe, die entweder das Versäumen der Jahresfrist des § 325 Absatz 1 Satz 2 HGB oder das Versäumen der Nachfrist des § 335 Absatz 3 Satz 1 HGB rechtfertigen würden, werden auch in der Beschwerdeschrift nicht vorgebracht.
16Die Pflicht zur Offenlegung besteht auch dann, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft sich mit der Offenlegung selbst belastet. § 393 Abs. 1 Satz 2 AO („Im Besteuerungsverfahren sind … Zwangsmittel … gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten.“) gilt nur im Besteuerungsverfahren. Für eine entsprechende Anwendung besteht kein Bedürfnis. Der Konfliktlage des Geschäftsführers ist dadurch zu entsprechen, dass die nach HGB zu erteilende Auskunft nicht in einem etwaigen Strafverfahren gegen den Geschäftsführer verwertet werden darf (vgl. BVerfG 56, 37 [41]; BVerfG NJW 1996, 916; NJW 1999, 779; wistra 2004, 19; NJW 2005, 352; WM 2008, 989).
17Der Umstand, dass die Offenlegung noch vor der Ordnungsgeldfestsetzung erfolgt ist, steht (der Aufrechterhaltung) der Festsetzung nicht entgegen, wie schon § 335 Absatz 1 Satz 1 HGB erhellt. Danach knüpft das Ordnungsgeldverfahren an das pflichtwidrige Unterlassen einer rechtzeitigen Offenlegung an. Folgerichtig führt die schuldhafte Versäumung (auch) der Nachfrist zwingend ("ist") zur Ordnungsgeldfestsetzung. Anderenfalls ließe sich auch nicht erklären, warum bei geringfügiger Überschreitung der Nachfrist, also trotz Offenlegung, das Bundesamt gemäß § 335 Absatz 3 Satz 5 HGB gegenüber dem angedrohten ein herabgesetztes Ordnungsgeld verhängen kann. Bei dem Ordnungsgeld handelt es sich folglich sowohl um ein Beugemittel als auch eine repressive strafähnliche Sanktion, die der Vermeidung künftiger Fristversäumnisse dient (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.03.2009 - 1 BvR 3413/08, veröffentlicht auch unter www.bundesverfassungsgericht.de; LG Bonn, Beschluss vom 30.06.2008 - 11 T 48/07, veröffentlicht unter www.nrwe.de).
18Daran hält das Gericht nach Überprüfung fest. Die Geschichte des Gesetzgebungsverfahrens zeigt, dass nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/960) die unzulänglich vorgenommene Offenlegung als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden sollte (aaO. S. 50). Der Bundesrat zeigte sich hierzu kritisch (aaO. S. 78 f.), die Bundesregierung wollte die Kritik des Bundesrats prüfen (aaO. S. 93). Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses (Bundestagsdrucksache 16/2781) zeigen, dass dort zur Sanktionierung von Offenlegungsverstößen das herkömmliche Ordnungsgeldverfahren (vgl. § 335a HGB in bis dahin geltender Fassung), wenn auch in modifizierter Form, für ausreichend angesehen wurde (aaO. S. 82). Bereits im Gesetzgebungsverfahren des § 335a HGB hatte der Rechtsausschuss ausgeführt (Bundestagsdrucksache 14/2353, S. 30), das Ordnungsgeldverfahren sei - ebenso wie im Grundsatz das Zwangsgeld - ein Beugemittel, jedoch schärfer [Unterstreichung durch das Gericht]. "Im Gegensatz zum üblichen Zwangsgeldverfahren [könne] der Betroffene also nicht darauf vertrauen, die angedrohte Frist gefahrlos verstreichen lassen zu können und dann noch durch eine verspätete ... Handlung jegliche Zwangsgeldkonsequenzen vermeiden zu können." Darauf indes liefe die Auffassung der Beschwerdeführerin hinaus.
19Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Es liegt an der untersten Grenze des gesetzlich vorgeschriebenen Rahmens des § 335 Absatz 1 Satz 4 HGB (2.500 € - 25.000 €), mit anderen Worten: Ein geringeres Ordnungsgeld sieht das Gesetz nicht vor. Eine weitergehende Absenkung steht auch nicht im Ermessen des Gerichts. Die nach § 335 Absatz 3 Satz 5 HGB mögliche Herabsetzung des Ordnungsgeldes scheidet aus, weil eine nur geringfügige, d.h. wenige Tage betreffende Überschreitung hier nicht vorliegt.
20Das Gesetz zur Änderung des HGB vom 04.10.2013, in Kraft ab dem 10.10.2013 (BGBl I, 3746), sieht zwar die Senkung des Mindestordnungsgeldes für Kleinst- und Kleinkapitalgesellschaften vor, wenn der Abschluss bis zur Festsetzung des Ordnungsgeldes (vollständig) offengelegt worden ist. Das Gesetz gilt jedoch erst für Jahresabschlüsse mit Stichtag 31.12.2012 oder später (Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des HGB iVm. Art. 70 Abs. 1 EGHGB).
21Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass für einen etwaigen Antrag auf Zahlungserleichterungen / Ratenzahlung nicht das Landgericht, sondern das Bundesamt für Justiz / Beitreibungsstelle zuständig ist.
22Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin ist nicht veranlasst (§ 335 Absatz 5 Satz 7 HGB).
23Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig (§ 335 Absatz 5 Satz 6 HGB).
24Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.
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