Urteil vom Landgericht Bonn - 13 O 335/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass den Klägern gegen die Beklagte kein Anspruch zusteht, weil die Wohneinheit ## im Hause C-Straße in C2 angeblich nicht zwischen dem 4. und 5. Obergeschoss durch Einziehen einer Betondecke in 2 eigenständige Wohneinheiten unterteilt werden kann.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d
2Die Kläger sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Cstr. ## in C2; die Beklagte ist Bauherrin des auf dem genannten Grundstück befindlichen Mehrfamilienhauses. Nachdem die Kläger Interesse am Erwerb einer zweigeschossigen Wohnung im genannten Objekt bekundet hatten, fanden zwischen den Parteien Verhandlungen statt. Im Zuge jener Gespräche brachten die Kläger zum Ausdruck, sich – im Falle des Erwerbs – das Verschließen der Deckenöffnung als Option vorbehalten zu wollen, um die zweigeschossige Wohnung gegebenenfalls in zwei autarke Wohneinheiten unterteilen zu können. Mit Bauträgerkaufvertrag vom 25.06.2009 erwarben die Kläger dann fünf der insgesamt zwölf Wohneinheiten sowie fünf der zwölf Tiefgaragen-Stellplätze des Objekts. Die Regelung I 1b) des entsprechenden Wohnungseigentums-Bauträgerkaufvertrages lautet wie folgt:
3„Der Erwerber kann geringfügige Abweichungen von dem vorgenannten Standard nicht beanstanden, soweit der Leistungsumfang erhalten bleibt und die Leistung gleichwertig ist. Änderungen aufgrund technischer Notwendigkeiten und behördlicher Bestimmungen bleiben ausdrücklich vorbehalten und sind ohne Auswirkung auf den Vertrag, sofern sie keine Änderungen in der Größe und dem Schnitt der Wohnung und keine Qualitätsminderung der Bauausführung mit sich bringen und dem Erwerber zumutbar sind.“
4Am 17.06.2009 kam es zur notariellen Beurkundung der Aufteilung der Wohnanlage in Wohnungs- und Teileigentum, die unter Ziffer II., 2. Absatz folgendes bestimmt:
5„Dem Eigentümer der Wohnung Nr. ## (Maisonett-Wohnung im Dachgeschoss) wird dauerhaft das Recht eingeräumt die Wohnung Nr. ## in zwei Wohnungen aufzuteilen. Die Kosten einer solchen Teilung werden alleine vom Eigentümer getragen.“
6Am selben Tag wurde die das streitgegenständliche Objekt betreffende Gemeinschaftsordnung beurkundet. Per E-Mail vom 20.11.2009 übermittelte der vor Ort tätige Statiker F dem Architekten C3, der die Baumaßnahmen betreute, zwei geänderte Positionspläne, die unter anderem eine von der Ursprungsplanung abweichende Positionierung von Stützpfeilern im Bereich der Tiefgarage vorsah und führte hierzu aus:
7„Zum anderen ist die im Punkt B dargestellte vorgezogene Abstützung ZWINGEND notwendig – anderenfalls ist der Unterzug statisch nicht nachzuweisen.“
8Bei den Bauarbeiten positionierte die Beklagte die Stützpfeiler in der Garage abweichend von den ursprünglich vorgesehenen Positionen entsprechend der geänderten Pläne. Im Hinblick auf die Option zur separaten Nutzung der beiden Geschosse der Wohnung Nr. ## ließen die Kläger die interne Wohnungstreppe in Leichtbaukonstruktion herstellen, seitens der Klägerin wurden separate Elektrounterverteilungen vorgenommen, ein zusätzlicher Briefkasten angebracht und eine zusätzliche Klingel errichtet. Am 24.11.2010 erhielten die Kläger die Wohnung Nr. ## übergeben, wobei ein Übergabeprotokoll gefertigt wurde, das ausstehende Restarbeiten aufzählte. Nach der Fertigstellung bezogen die Kläger die streitgegenständliche Wohnung Anfang 2011. Von den zu je € 14.000,-- erworbenen Tiefgaragenstellplätzen wählten sie die neben den Betonstützen gelegenen Plätze Nr. # und ## zur eigenen Nutzung aus, weil diese (bei identischem Kaufpreis wie die übrigen Plätze) eine größere Fläche aufweisen. So verfügt der – durch die Stütze beeinträchtigte – Parkplatz Nr. ## über eine Fläche von 18m², während Platz Nr. # – wie die meisten übrigen Parkplätze in der Tiefgarage des streitgegenständlichen Objekts – nur 12m² groß ist. Mit Schreiben vom 27.06.2011 wandten die Kläger sich an die S GmbH mit der Rüge, dass die Garagenstellplätze Nr. # und ## nur eingeschränkt nutzbar seien. Daraufhin bot Beklagte den Klägern wiederholt – zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2013 – den Tausch des Parkplatzes Nr. ## gegen den Parkplatz Nr. # an. Unter dem 24.10.2011 überließ ein Mitarbeiter der S GmbH dem Kläger statische Berechnungen und kündigte die zeitnahe Überlassung eines statischen Nachweises an. Mit Schreiben vom 19.09.2012 wandte sich der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Kläger an den Beklagtenvertreter, forderte ihn zur Herausgabe statischer Unterlagen bis zum 27.09.2012 auf, rügte die fehlerhafte Stütze in der Tiefgarage sowie die Verschließung der Decke als Mangel und setzte diesbezüglich eine Nachfrist bis zum 05.10.2012. Die Mängelrüge betreffend die „Verschließung der Decke“ bezieht sich dabei auf den Umstand, dass die optionale Abtrennung des Obergeschosses der Wohnung Nr. ## zur separaten Wohneinheit nach der Auffassung der Kläger nicht durch den Einbau einer Stahlbetondecke erfolgen kann. Unstreitig lässt sich die Öffnung zwischen den beiden Stockwerken der Wohnung jedoch mit einer Holzbalkenkonstruktion verschließen, die – ebenfalls unstreitig – sämtlichen baurechtlichen Anforderungen, auch dem Brand- und Schallschutz, genügt. Unter dem 21.01.2013 forderte die Beklagte die Kläger zur Zahlung der ausstehenden Kaufpreisraten auf. Zugleich erklärte die Beklagte wegen etwaiger Ansprüche der Kläger die Hilfsaufrechnung mit jenen Restkaufpreisforderungen in Höhe von € 58.143,-- für die Wohnungen #-## und ## sowie in Höhe von € 44.719,50 für die Wohnung ##. Mit Schriftsatz vom 27.02.2013 setzten die Kläger der Beklagten eine Frist zur Vorlage der Berechnungen des Erdbebennachweises. Im Rahmen einer WEG-Versammlung kam die Position der Stütze zwischen den Tiefgaragenstellplätzen Nr. ## und ## zur Sprache, einen diesbezüglichen Beschluss fasste die WEG jedoch nicht. Unter dem 04.04.2013 wandte sich Herr X, der Vater eines Mitglieds der streitgegenständlichen WEG, an den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger mit dem Hinweis, dass kein Einverständnis mit den klägerseits begehrten, streitgegenständlichen Baumaßnahmen zur Versetzung der Stütze bestehe. Mit Schreiben vom 10.04.2013 wandte sich dann ein weiteres Mitglied der WEG, Dr. C, an die H GmbH als Hausverwalterin des streitgegenständlichen Objekts und teile mit, dass seinerseits ebenfalls kein Einverständnis mit den fraglichen Umbaumaßnahmen im Bereich der Tiefgarage bestehe.
9Die Kläger behaupten, die Abnahme habe nur das Sondereigentum (die Wohnungen) betroffen, nicht aber das Gemeinschaftseigentum (wie die Garage). Die Tiefgarage sei mangelhaft, weil die Stellplätze # und ## wegen einer fehlerhaft – abweichend vom vertraglich vereinbarten Standort – verbauten Stütze nur eingeschränkt nutzbar seien. Die Garagenverordnung NRW sei nicht eingehalten und in den Stellplatz Nr. ## könne man nur einparken, wenn Platz Nr. # nicht belegt sei und dieser zum Wenden mitbenutzt werde. Dass der realisierte Standort der Stütze nicht alternativlos sei, ergebe sich bereits aus den Berechnungen des Dipl.-Ing. L. Zur Beseitigung des Mangels falle ausweislich seines Kostenvoranschlages ein Betrag von € 94.010,-- an; zusätzlich sei ein Betrag von € 41.055,-- anzusetzen für die Freilegung und Isolierung des Vorgartens, die Wiederherstellung der Isolierung des Vorgartens, die Reinigung und den Anstrich der Garage, die Erstellung der Tragwerksplanung für die Änderung, das Honorar für den Bauantrag und Gebühren einschließlich Statikprüfung sowie Kosten der Voruntersuchung durch Dipl.-Ing. L (€ 14.280,--).
10Die Kläger meinen, der von Beklagtenseite angebotene Tausch der Tiefgaragenplätze sei wegen der unterschiedlichen Größe der Parkplätze unzumutbar. Die Option zur Aufteilung der Wohnung Nr. ## durch den Einbau einer Holzbalkenkonstruktion erachten sie im Hinblick auf den Qualitätsstandart des Objekts als unzureichend, weil die übrigen Decken aus Stahlbeton bestehen und dieser einen besseren Schallschutz biete. Der von Beklagtenseite angemahnte Restkaufpreis von insgesamt € 102.862,50 für die Wohnungen #-## sei wegen der verfahrensgegenständlichen Mängel nicht fällig; jedenfalls stehe ihnen in Bezug auf den offenen Restkaufpreis ein Zurückbehaltungsrecht zu.
11Die Kläger beantragen,
121) die Beklagte zu verurteilen, einen Vorschuss i.H.v. € 135.065,-- an die WEG C-Straße, W, BLZ ### ### ##, Kto. ######### nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2012
132) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeden weitergehenden Aufwand und Schaden zu ersetzen, der sich aus folgendem Mangel ergibt: Die Stütze in der Tiefgarage zwischen Stellplatz ## und Stellplatz ## ist an falscher Stelle verbaut; dadurch ist die Nutzung der Stellplätze #+## beeinträchtigt.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Widerklagend beantragt sie,
17festzustellen, dass den Klägern kein Anspruch gegen die Beklagte zusteht, weil die Wohneinheit ## im Hause C-Straße in C2 angeblich nicht zwischen dem 4. und 5. Obergeschoss durch Einziehen einer Betondecke in 2 eigenständige Wohneinheiten unterteilt werden kann.
18Die Kläger beantragen,
19die Widerklage abzuweisen.
20Die Beklagte behauptet, die vorgenommene Änderung der Stützenposition, die dem – selbst als Sachverständiger im Bauwesen tätigen – Kläger bekannt gewesen sei, sei alternativlos gewesen. Bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums sei neben dem Kläger auch der von diesem beauftragte Parteigutachter T zugegen gewesen, allerdings sei hierbei die „Stützensituation“ gerügt worden. Bei einem Versetzen der Stütze seien keine Hilfsfundamente erforderlich und keine Unterstützung des Unterzugs 6.7.6. Die Abfangung der Lasten der Fassadenpfeiler könne sehr viel einfacher realisiert werden, z.B. durch Kernbohrungen im Unterzug und Einführung von Querträgern durch diese. Für die erforderlichen Maßnahmen sei ein Betrag von maximal € 50.000,-- ausreichend. Zur Widerklage behauptet die Beklagte, dass die Möglichkeit, die Decke zwischen dem 4. OG und dem Dachgeschoss durch eine Stahlbetondecke verschließen, nicht vertraglich vereinbart worden sei. Hilfsweise macht sich die Beklagte die Behauptung der Kläger zu Eigen, dass die Abtrennung des Dachgeschosses der Wohnung ## durch eine Stahlbetondecke vereinbart worden sei – und zwar unter der innerprozessualen Bedingung, dass die Kammer die Rechtauffassung teilt, dass die Kläger noch nicht Wohnungseigentümer sind, weil die Umschreibung mangels vollständiger Kaufpreiszahlung noch nicht erfolgte und der Kaufvertrag mangels Beurkundung der getroffenen Vereinbarungen zur Trennung der Wohnungen wegen Missachtung der Formvorschriften unheilbar unwirksam sei.
21Die Beklagte meint, dem Vorschussanspruch der Kläger stehe die Haltung der Miteigentümer X und Dr. C entgegen, die den von Klägerseite gewünschten Eingriff in die Bauwerkssubstanz für unzulässig halten und diesem entgegentreten. Abgesehen davon scheitere der Vorschussanspruch an der Hilfsaufrechnung mit dem Restkaufpreis und dem wegen der offenen Kaufpreisforderung eingewandten Zurückbehaltungsrecht.
22Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 09.10.2013 verwiesen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24A.
25Klage
26I.
27Die Klage ist unzulässig. Den Klägern fehlt im Zusammenhang mit der Positionierung der Garagenpfeiler die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung eines Anspruchs auf eine – an die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete – Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 BGB.
281.
29Die Kläger sind nicht berechtigt, die streitgegenständlichen Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Grundsätzlich kann der einzelne Erwerber einer Eigentumswohnung – selbst dann, wenn er noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, aber „faktischer“ Wohnungseigentümer ist – nicht nur Mängelrechte betreffend das Sondereigentum, sondern auch Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend machen. Da Grundlage der Ansprüche der einzelne Erwerbsvertrag ist, zählen auch die Mängelrechte bezüglich des Gemeinschaftseigentums nicht zum Verbandsvermögen der Eigentümergemeinschaft (BGH BauR 2007, 1221 -1227). In der Regel kann der einzelne Wohnungserwerber daher den Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung mit der Maßgabe geltend machen, dass die Zahlung an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfolgen hat (BGHZ 114, 383).
302.
31Die streitgegenständliche Geltendmachung etwaiger Mängelrechte im Zusammenhang mit der Positionierung des Garagenstützpfeilers neben dem Parkplatz Nr. ## muss vorliegend jedoch der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehalten bleiben.
32Denn die Möglichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers, Mängelrechte am Gemeinschaftseigentum selbständig geltend zu machen, findet ihre Beschränkung in den Rechten Anderer. So hat der einzelne Wohnungseigentümer keine Befugnis, aus seinem Erwerbsvertrag heraus Einfluss auf die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer zu nehmen (BGH BauR 1998, 783-785; Werner-Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., 2011, Rn. 472). Das einzelne WEG-Mitglied kann seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer daher nur selbständig verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind (BGHZ 169, 1).
33Losgelöst von der streitigen Frage, ob die klägerseits monierte Position des Stützpfeilers zwischen den Tiefgaragenstellplätzen Nr. ## und ## einen Mangel darstellt, wirkt sich die begehrte Baumaßnahme jedenfalls auf das Gemeinschaftseigentum und damit auf die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer aus. Der Stützpfeiler stellt gemäß der Gemeinschaftsordnung des Gebäudes gemeinschaftliches Eigentum im Sinne von § 1 Abs. 5 WEG dar. Hinzu kommt, dass die Repositionierung des Pfeilers die Statik des gesamten Gebäudes und damit neben dem Gemeinschaftseigentum auch das Sondereigentum der übrigen WEG-Mitglieder betrifft. Die von den Klägern begehrte Maßnahme greift somit in mehrfacher Weise in die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer ein, ohne dass diesen die klägerseitige Geltendmachung des Vorschussanspruches im Sinne einer Verbesserung der eigenen Rechte zugutekommen würde. So soll sich die begehrte Maßnahme schon nach dem Klagevorbringen allein im Sinne einer besseren Nutzbarkeit des Sondereigentums der Kläger auswirken, bei Inkaufnahme der beschriebenen Beeinträchtigungen von Gemeinschafts- und Sondereigentum. Sollte die Durchführung der fraglichen Baumaßnahmen unterbleiben, so müsste die Wohnungseigentümergemeinschaft den erhaltenen Vorschuss angesichts der als Folge des Vorschussanspruchs bestehenden Abrechnungspflicht zurückgewähren. Dass es aber zur Vornahme der mit dem Vorschussanspruch verfolgten Baumaßnahmen kommt, scheint angesichts der beiden Schreiben, die die Beklagte zur Veranschaulichung der Vorbehalte zweier WEG-Mitglieder gegen die klägerseits begehrten Arbeiten vorgelegt hat, zweifelhaft. Denn diesen Schreiben lassen sich schließlich die – nachvollziehbaren – Vorbehalte zweier WEG-Mitglieder gegen die Baumaßnahmen, die im Falle der Umsetzung der Stütze anfallen würden, zweifelsfrei entnehmen. Die Kläger haben diese Schreiben jedoch nicht zum Anlass genommen, eine Beschlussfassung der WEG herbeizuführen, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob eine Mangelbeseitigung durch Versetzen der Stütze überhaupt realisierbar wäre. Angesichts dessen kann allein den Klägern die Geltendmachung des Mangelbeseitigungskostenvorschusses nicht zugebilligt werden.
343.
35Nichts anderes kann sich daraus ergeben, dass die WEG bislang nicht ihrerseits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Geltendmachung etwaiger Mängelrechte am Gemeinschaftseigentum an sich zu ziehen. Insoweit ist anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss entscheiden kann, wegen eines Mangels des Gemeinschaftseigentums einen Vorschuss zu fordern (BGHZ 81, 35, 38). Auch wird es die ordnungsgemäße Verwaltung in aller Regel erfordern, einen gemeinschaftlichen Willen darüber zu bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist. Das gilt nicht nur bezüglich etwaiger Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche, sondern auch im Hinblick auf Vorschussansprüche. Durch die gemeinschaftliche, allein verbindliche Willensbildung wird schließlich verhindert, dass der Veräußerer inhaltlich verschiedenartigen Ansprüchen ausgesetzt wird, die letztlich doch nicht durchsetzbar wären (BGH BauR 2007, 1221 -1227). Vorliegend ist es jedoch - wie erörtert - zu einer entsprechenden Beschlussfassung bislang nicht gekommen.
36Die fehlende Willensbildung der WEG lässt indessen nicht den Rückschluss zu, dass die übrigen WEG-Mitglieder den Klägern die Geltendmachung etwaiger Rechte im Zusammenhang mit der Pfeilerposition überlassen oder gar übertragen wollten. Einer solchen Auslegung stehen bereits die beiden erwähnten Schreiben der WEG-Mitglieder entgegen, die erkennen lassen, dass die unterbliebene Beschlussfassung keinesfalls als Mandatierung der Kläger zur Geltendmachung der Rechte – trotz der Beeinträchtigung von Rechten Anderer – verstanden werden kann.
374.
38Der geltend gemachte Vorschussanspruch würde in der Sache auch daran scheitern, dass sich das Begehren der Kläger angesichts der Höhe der von ihnen hierfür veranschlagten Mangelbeseitigungskosten in Anbetracht des von der Beklagten angebotenen Parkplatztauschs als treuwidrig im Sinne von § 242 BGB darstellt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Mangelbeseitigungskosten nach der Vorstellung der Kläger fast das zehnfache des Kaufpreises des beeinträchtigten Parkplatzes Nr. ## betragen.
39In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung nur insoweit besteht, als die mit der Ersatzvornahme verbundenen Kosten nach Treu und Glauben erforderlich und angemessen sind. Wenn bei der Ersatzvornahme Mängel zu beseitigen sind, kommt eine Kostenerstattung dann nicht in Betracht, wenn die Mängelbeseitigung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde – in diesem Fall besteht lediglich der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Form der Minderung (BGHZ 96, 111, 122). Insoweit kann der Werkunternehmer auch die Nachbesserung verweigern, wenn der Aufwand für die Mängelbeseitigung bei Abwägung aller Umstände in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem mit der Beseitigung der Mängel erzielbaren Erfolg stehen würde (vgl. BGHZ 59, 365). Es kommt dabei nicht allein auf die Höhe der entstehenden Kosten an, sondern darauf, in welchem Verhältnis diese Aufwendungen zu dem Vorteil stehen, den der Auftraggeber durch die Mängelbeseitigung erlangt.
40Bei der Beurteilung der den Klägern entstehenden Vorteile kann die Ablehnung des angebotenen Parkplatztauschs nicht außer Betracht bleiben, und zwar auch in Ansehung der von Klägerseite zur Begründung ihrer ablehnenden Haltung angeführten geringeren Größe des zum Tausch angebotenen Parkplatzes Nr. #. Die Kammer übersieht dabei nicht, dass jener Parkplatz über eine um 1/3 geringere Fläche verfügt als der von den Klägern erworbene, beeinträchtigte Platz Nr. ##. Allerdings war es den Klägern als Erwerbern von fünf der zwölf vorhandenen Tiefgaragen-Stellplätzen bekannt, dass der Kaufpreis für sämtliche Plätze – ungeachtet der jeweiligen Größe – € 14.000,-- betrug. Dass sich der einheitliche Preis der Plätze trotz unterschiedlicher Größe aufgrund der sonstigen Gegebenheiten (z.B. der Nachbarschaft zu einem Stützpfeiler und einer schrägen Grenzwand) rechtfertigt, war für den als Architekt tätigen Kläger – ebenso wie für das Gericht – unschwer erkennbar. Auch hielt diese geringere Fläche die Kläger nicht vom Erwerb der Parkplätze # und # ab, die – ebenso wie der zum Tausch angebotene Platz Nr. # – nur über eine Fläche von 12m² verfügen. Vor diesem Hintergrund ist das Beharren auf der Mangelbeseitigung bei gleichzeitiger Ablehnung des Tauschangebots unter Verweis auf die geringe Größe des zum Tausch angebotenen Platzes Nr. # als Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB zu werten.
41B.
42Widerklage
43Die zulässige Widerklage hat auch in der Sache Erfolg.
44Die Beklagte hat einen Anspruch auf Feststellung, dass keine Ansprüche der Kläger im Zusammenhang mit der fehlenden Möglichkeit des Einbaus einer Betondecke in der Wohnung Nr. ## bestehen.
45I.
46Das besondere Feststellungsinteresse der Beklagten nach § 256 ZPO ist gegeben, denn die Kläger behaupten, ihnen stünden Mangelansprüche zu wegen der angeblich fehlenden Option, die beiden Etagen der Wohnung Nr. ## durch Einziehen einer Betondecke in zwei Wohneinheiten zu trennen.
47II.
48Ein Mangel im Sinne der ungünstigen Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit liegt in Bezug auf die etwa fehlende Option nicht vor. Angesichts der unstreitig bestehenden Möglichkeit der Aufteilung der Wohnung an derselben Stelle unter Verwendung anderer Baumaterialien konzentriert sich der Streitpunkt letztlich auf die Frage, ob die – unter Umständen fehlende – Option zur Verwendung von Stahlbeton vor dem Hintergrund der Parteivereinbarungen als Mangel anzusehen ist.
491.
50Zwar haben die Parteien unstreitig über die Möglichkeit der Trennung der Wohnungen verhandelt und diese auch vereinbart. Dies gilt indessen nicht für die von Klägerseite reklamierte Trennung unter Verwendung von Stahlbeton. Soweit die Kläger behaupten, es sei stets nur über die Trennung unter Verwendung jenes Materials gesprochen bzw. verhandelt worden, hat dies in die Regelungen unter Ziffer I, 1c) (S. 5) des Vertrages vom 25.06.2009 und Ziffer II. (S. 8) der Teilungserklärung vom 17.06.2009 jedenfalls keinen Eingang gefunden. Dem Wortlaut jener Klauseln lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte die Errichtung der Wohnung Nr. ## dergestalt schulden sollte, dass die bestehende Öffnung zum Obergeschoss so beschaffen ist, dass sie mit Stahlbeton geschlossen werden kann. Irgendwelche schriftlichen Vereinbarungen zu einer bestimmten Deckenart wurden nicht fixiert.
512.
52Auch ist nicht ersichtlich, dass die Kläger mangels abweichender Regelungen im Bauträgervertrag davon ausgehen durften, dass die einzuziehende Decke aus einem bestimmten Material errichtet werden kann. Aus dem Fehlen einer diesbezüglichen Regelung lässt sich nicht schlussfolgern, dass die einziehbare Decke aus demselben Material errichtet werden kann wie die übrigen – aus Stahlbeton errichteten – Decken. Vielmehr lässt das Fehlen der Materialbestimmung für den Deckenverschluss den Rückschluss zu, dass es den Parteien auf die grundsätzliche Verschlussmöglichkeit ankam, nicht jedoch auf die Möglichkeit der Verwendung eines bestimmten Baumaterials. Soweit die vertraglichen Vereinbarungen – trotz fehlender Materialregelung – nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte dahingehend zu verstehen ist, dass die Option zum Verschluss der Decke die Einhaltung von Brand- und Schallschutz sowie sonstigen baurechtlichen Anforderungen beinhaltet, ist diesen vorliegend unstreitig Genüge getan.
533.
54Sofern die Kläger die Auslegung der vertraglichen Regelungen im eigenen Sinne daraus schlussfolgern, dass die Herstellung einer Holzbalkenkonstruktion nicht „dem Standard des Objekts im Übrigen“ entspricht, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Holzkonstruktion den Objektstandard unterschreiten soll, obwohl optisch keine Unterschiede erkennbar sein dürften. Nichts anderes kann sich daraus ergeben, dass die Kläger dem Stahlbeton bessere Schallschutz-Eigenschaften als der Holzbalkenkonstruktion beimessen. Denn der Umstand, dass die Beklagte ihre eigenen Leistungen in einer bestimmten Qualität erbringt, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass die Parteien bei der Vereinbarung der Option regeln wollten, dass jene Qualität zugleich den Mindeststandart für die den Klägern im Rahmen ihrer Option ermöglichten Eigenleistungen darstellt.
55Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.11.2013 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
56C.
57Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.
58Streitwert:
59Klage: € 138.065,-- (Vorschuss € 135.065,--, Feststellung € 3.000,--)
60Widerklage: € 14.935,--
61Gesamt: € 153.000,--
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