Urteil vom Landgericht Bonn - 8 S 185/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 18.08.2015, 126 C 25/15, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht wird, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.
4II.
5Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
6- 7
1.
Auch nach Ansicht der Kammer steht dem Kläger kein Anspruch auf Freistellung von der Gebührenrechnung Nr. 15-01-109 vom 26.03.2015 in Höhe von 4.410,14 € zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 675 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB.
9a)
10Dabei verkennt die Kammer nicht, dass jede Person, die Tätigkeiten im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenbereinigung entfaltet, eine persönliche Beratung des Schuldners durchzuführen und seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse eingehend zu prüfen hat. Diese Pflichten galten auch für den Beklagten im Zusammenhang mit der hier zu bewertenden Tätigkeit, auch wenn diese Aufgaben erst durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl I S. 2379) und damit nach Beendigung des streitgegenständlichen Vertrages gesetzlich festgelegt wurden. Denn eine Person, die Tätigkeiten im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenbereinigung entfaltet, übt Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 RDG aus, so dass für das Rechtsverhältnis mit dem Schuldner im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für den Anwaltsvertrag gelten (vgl. generell zu Verträgen mit Rechtsbeiständen: Heermann in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 675 Rdnr. 49). Dies aber bedeutet, dass derjenige, der Rechtsdienstleistungen anbietet grundsätzlich – wie auch ein Rechtsanwalt – den Sachverhalt aufklären, den Mandanten umfassend beraten und diesen so vertreten muss, dass Rechtsnachteile vermieden werden (generell zu Verträgen mit Rechtsbeiständen: Fischer in Beck’scher Online-Kommentar BGB, 37. Edition, § 675 Rdnr. 33). Daraus folgt, dass – und dies hat auch die Kammer entgegen den Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 02.02.2016 in der mündlichen Verhandlung nicht so vertreten – es grundsätzlich keinen Unterschied gibt zwischen dem Pflichtenkreis eines Rechtsanwalts, der im Rahmen einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung tätig wird, und dem einer sonst hierzu berechtigten Person. Vielmehr müssen auch sonst geeignete Personen oder Stellen im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO den Schuldner bei dem außergerichtlichen Einigungsversuch unterstützen und persönlich beraten (Sternal in Uhlenbruck, InsO, 14. Auflage, § 305 Rdnr. 73). Die Beratung muss sich auf das Verfahren und seine Risiken und Chancen beziehen. Außerdem bedarf es einer Prüfung der Einkommens- und Vermögenssituation des Schuldners, wobei eine Nachvollziehbarkeit anhand der vorgelegten Unterlagen ausreicht (Sternal in Uhlenbruck, a.a.O. m.w.N.). Schließlich hat eine sonst geeignete Person oder Stelle im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegebenenfalls darauf hinweisen, wenn zur sachgerechten Erfüllung des Auftrags besondere Kenntnisse erforderlich sind, über die sie nicht verfügt (vgl. allgemein zur Hinweispflicht eines Rechtsbeistands bei fehlender Sachkunde: Fischer in Beck’scher Online-Kommentar BGB, a.a.O.).
11Ein eingeschränkter Pflichtenkreis wäre hingegen nur dann anzunehmen, wenn der Kläger eindeutig zu erkennen gegeben hätte, dass er des Rates nicht mehr oder nur in einer bestimmten Richtung bedurfte. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen, auch wenn der Kläger den Beklagten mit dem Ziel aufgesucht hat, möglichst schnell das Insolvenzverfahren zu eröffnen, was dieser nicht nur mit seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 02.02.2016, wonach es sein mag, dass er das Insolvenzverfahren über sein Vermögen schnell eröffnet sehen wollte, zugestanden hat, sondern wofür auch weitere Punkte sprechen dürften: So unterlag der Kläger zum damaligen Zeitpunkt der fehlerhaften Vorstellung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens müsse im Hinblick auf das Unterliegen von Steuerschulden unter die Restschuldbefreiung noch vor dem 01.07.2014 erfolgen. Darüber hinaus steht die ursprüngliche Behauptung des Klägers, es sei ihm vor allem darum gegangen, ein Insolvenzverfahren zu vermeiden, im Widerspruch zu seinen weiteren Ausführungen, wonach der Beklagte ihm gegenüber wiederholt mitgeteilt habe, er werde den Gläubigern bewusst einen niedrigen Vergleichsbetrag anbieten, damit sofort ein Insolvenzantrag gestellt werden könne. Wenn es dem Kläger aber vor allem um die Vermeidung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegangen sein will, ist – wie das Amtsgericht zu Recht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat – nicht nachvollziehbar, weshalb er die nach seinem Vortrag offen kommunizierte Vorgehensweise des Beklagten geduldet hat. Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, dass sich aus dem Klägervortrag auch nicht ansatzweise ergibt, weshalb er die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zum damaligen Zeitpunkt habe vermeiden wollen. Im Gegenteil lässt die von ihm unterzeichnete Zusatzerklärung zum Insolvenzeröffnungsantragsverfahren darauf schließen, dass es ihm darum ging, möglichst schnell den Insolvenzantrag zu stellen. In dieser Zusatzerklärung heißt es nämlich, er erkläre zur Beschleunigung des Insolvenzverfahrens, dass er, sofern das Gericht die Durchführung eines Planverfahrens als nicht erfolgreich ansehe und das Verfahren über den Eröffnungsantrag fortsetzen wolle, er auf eine Anhörung nach § 306 InsO verzichte. Insoweit spricht vieles dafür, dass es dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht darum ging, eine möglichst umfassende Beratung über einen außergerichtlichen Einigungsversuch zu erhalten, sondern darum, möglichst schnell die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erreichen. Selbst wenn man aber hiervon ausgeht, wäre – insoweit hält die Kammer eine weitere Darlegung der konkreten Absprachen mit dem Beklagten nicht weiter für erforderlich – die grundsätzlich dem Beklagten obliegende Pflicht, den Kläger umfassend aufzuklären und zu beraten, nur dann eingeschränkt, wenn der Beklagte überprüft hatte, dass der Kläger aufgrund seiner bereits vorhandenen Kenntnisse in der Lage war, eigenverantwortlich über das weitere Vorgehen und die damit einhergehenden Konsequenzen zu entscheiden. Hiervon kann vorliegend aber schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger fälschlicherweise die Auffassung vertrat, dass eine schnelle Antragstellung im Hinblick auf Steuerschulden vorteilhaft wäre. Darüber hinaus fehlt bis zuletzt jeglicher Vortrag des Beklagten dazu, dass er – wie es für eine pflichtgemäße Beratung erforderlich gewesen wäre – mit dem Kläger das Für und Wider seiner angestrebten Vorgehensweise besprochen hätte.
12bb)
13Auch unter Berücksichtigung einer umfassenden Aufklärungs- und Beratungspflicht hat die Kammer jedoch bereits Zweifel daran, ob dem Beklagten eine Pflichtverletzung anzulasten ist.
14(1)
15Zwar mag eine Pflichtverletzung anzunehmen sein, wenn eine geeignete Person im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO einen „starren Nullplan“ anbietet, weil ein solcher nicht zulässige Grundlage eines Schuldenbereinigungsverfahrens sein kann (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 06.08.2010, Az: 4 W 48/10, juris). Ein solcher Plan ist vorliegend aber nicht vorgelegt worden, vielmehr wurde den Gläubigern eine Regulierungsquote von 11,41 % angeboten.
16(2)
17Auch wäre eine Pflichtverletzung anzunehmen, wenn die geeignete Person in den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan nicht alle vom Schuldner benannten Gläubiger einbezieht. Hiervon ist aber ebenfalls nicht auszugehen. Der Kläger hat nicht dargetan, dass er schon bei Erstellung des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans dem Beklagten die weiteren Gläubiger benannt hatte, die später in dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan benannt worden sind. Auch hat er nicht dargetan, dass sich diese weiteren Gläubiger anhand der von ihm vorgelegten Unterlagen ohne weiteres ergeben hätten, was aber für die Annahme einer Pflichtverletzung des Beklagten in diesem Zusammenhang notwendig gewesen wäre, weil dieser zwar als geeignete Person die Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers überprüfen musste, es allerdings ausreichte, wenn diese auf Grundlage der ihm vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar war. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass zwischen den Parteien offensichtlich über die Übertragung des Miteigentumsanteils an die Ehefrau des Klägers gesprochen worden war. Denn auch wenn sich in diesem Zusammenhang die Frage nach weiteren Verbindlichkeiten gestellt haben mag, handelte es sich jedenfalls zu diesem Zeitpunkt formal nicht um Gläubiger des Klägers mit zum damaligen Zeitpunkt fälligen Forderungen, sondern um nicht fällige Forderungen seiner Ehefrau gegen den Kläger bzw. zum damaligen Zeitpunkt fällige Forderungen von sonstigen Gläubigern gegen seine Ehefrau. Soweit der Kläger hingegen erstmals pauschal im Schriftsatz vom 02.02.2016 behauptet, der Beklagte habe absichtlich in dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan ein zu niedriges pfändbares Einkommen angegeben, ist dieser Vortrag - wenn man ihn im Hinblick darauf, dass schon nicht dargelegt ist, in welcher (anderer als der in dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan angegeben) Höhe der Kläger über ein pfändbares Einkommen verfügt haben soll, nicht schon als unschlüssig ansieht - jedenfalls verspätet gemäß § 531 Abs. 2 ZPO und damit nicht weiter zu berücksichtigen.
18(3)
19Soweit der Kläger der Ansicht ist, die Kenntnis des Beklagten von dem Grundstücksübertragungsvertrag hätte eine weitergehende Aufklärungspflicht zur Folge gehabt, welcher der Beklagte nicht nachgekommen sei, läuft dieser Einwand schon nach dem Klägervortrag insoweit ins Leere, als er damit anführen will, dass ihm die drohende Insolvenzanfechtung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt gewesen ist. Denn diese kannte der Kläger sehr wohl, wie sich aus seiner E-Mail an den Beklagten vom 20.12.2013 eindeutig ergibt, in der es heißt: „Wenn die entgeltliche Veräußerung meiner Haushälfte an meine Ehefrau (…) angefochten wird und der Gläubiger Recht bekäme – raste ich aus!!!“. Soweit der Kläger damit hingegen einwenden will, der Beklagte hätte sich vor diesem Hintergrund intensiver um eine außergerichtliche Schuldenbereinigung bemühen müssen, ist auch hiermit ein Pflichtenverstoß, der kausal für den von ihm geltend gemachten Schaden geworden ist, nicht zu begründen. Insoweit hat der Kläger schon nicht schlüssig dargelegt, dass und worin in Bezug auf die drohende Insolvenzanfechtung der Vorteil eines umfassenderen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens im Vergleich zum beantragten Insolvenzverfahren gelegen hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach seinem eigenen Vortrag ein aussichtsreicher außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan eine Zahlungsverpflichtung seiner Ehefrau in Höhe eines Betrages hätte beinhalten müssen, der der Höhe nach dem drohenden Anfechtungsanspruchs entsprochen hätte, also 24.737,54 € hätte betragen müssen. Damit aber ist nicht ohne weiteres ersichtlich, worin der (wirtschaftliche) Vorteil eines solchen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans im Vergleich zu einem späteren Insolvenzverfahren gelegen hätte. Denn während bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Insolvenzanfechtung betreffend die durch den Grundstücksübertragungsvertrag herbeigeführte Rechtshandlung drohte mit der Folge, dass beim Vermögen des Klägers der Anfechtungsanspruch in Höhe von 24.737,54 € zu berücksichtigen wäre, hätte dieser Betrag auch im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung eingestellt werden müssen, so dass die Eheleute – auf die in diesem Zusammenhang als Einheit abzustellen ist, weil es gerade darum geht, auch eine Mithaftung der Ehefrau bei der außergerichtlichen Schuldenbereinigung anzunehmen – letztlich doch (untechnisch) mit dem Miteigentumsanteil (abzüglich der grundpfandrechtlichen Belastungen) des Klägers gehaftet hätten. Gleiches gilt im Übrigen auch für die drohende Umwandlung seiner damals bestehenden Freistellungsverpflichtung in eine sofort fällige Zahlungsverpflichtung, da insoweit ebenfalls der Kläger und seine Ehefrau als Einheit gesehen werden müssen, eine Zahlungsverpflichtung der Ehefrau des Klägers in Höhe von 24.737,54 € aber ebenfalls sofort fällig geworden wäre. Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit der mittlerweile erfolgten Rückübertragung des Miteigentumsanteils, denn auch diese führt im Ergebnis (untechnisch) zu einer Haftung mit diesem Miteigentumsanteil.
20(4)
21Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang weiter eine Aufklärungspflichtverletzung darin sieht, dass der Beklagte ihn nicht auf den Vorteil hingewiesen habe, dass bei einer außergerichtlichen Einigung auch die Gläubiger nur anteilig zu befriedigen sein könnten, denen Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung zustehen, bei denen mithin eine Restschuldbefreiung nicht in Betracht käme, fehlt es schon an jeglicher Darlegung dahingehend, dass der Beklagte positiv Kenntnis vom Bestehen solcher Forderungen hatte, zumal diese Forderung weder im außergerichtlichen noch im gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan benannt worden waren.
22cc)
23Selbst wenn man entgegen der obigen Ausführungen eine Pflichtverletzung des Beklagten wegen der fehlenden Aufklärung über die Möglichkeit eines umfassenderen Schuldenbereinigungsplans und der fehlenden Unterbreitung eines entsprechenden Vorschlags an die Gläubiger (nebst Vergleichsberechnung) annehmen wollte, wäre diese Pflichtverletzung jedoch – wie das Amtsgericht im Ergebnis zur Recht ausgeführt hat – nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden.
24Dabei kann aus Sicht der Kammer schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich im Fall einer weitergehenden Aufklärung für einen um die Beteiligung seiner Ehefrau erweiterten Schuldenbereinigungsplan entschieden hätte. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises grundsätzlich von einem aufklärungsgerechten Verhalten auszugehen ist. Allerdings ist dieser Anscheinsbeweis vorliegend durch den eindeutig zum Ausdruck gebrachten Willen des Klägers widerlegt, wonach die durch die Übertragung des Miteigentumsanteils nicht mehr in seinem Vermögen befindlichen Werte nicht angetastet werden sollten. Dieser Wille ergibt sich aus seiner bereits zitierten E-Mail an den Beklagten vom 20.12.2013, in der es heißt: „Wenn die entgeltliche Veräußerung meiner Haushälfte an meine Ehefrau (…) angefochten wird und der Gläubiger Recht bekäme – raste ich aus!!!“. Denn durch diese Erklärung wird deutlich, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt (untechnisch) eine Haftung mit dem Miteigentumsanteil generell ablehnte, die aber faktisch eingetreten wäre, wenn seine Ehefrau zur Abwendung des Insolvenzbetrages einen Betrag hätte leisten müssen, dessen Höhe sich gerade nach der Höhe des Anfechtungsanspruchs gerichtet hätte.
25Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass ihm durch die behauptete Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Insoweit ist nach Ansicht der Kammer bereits zweifelhaft, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Der durch eine Pflichtverletzung entstandene Schaden ist dabei grundsätzlich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen zu beurteilen, die ohne die Pflichtverletzung bestünde (so für den Anwaltsvertrag: Fischer in Beck’scher Online-Kommentar BGB, a.a.O., Rdnr. 25 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Bei diesem Gesamtvermögensvergleich geht es nicht um Einzelpositionen, sondern um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH WM 2006, 927, 928; BGH WM 2008, 946). Bei Beratungsfehlern ist zudem zu beachten, dass ein Rechtsbeistand nicht für einen bestimmten Erfolg im Sinne einer Garantie einzustehen hat. Daher ist er nicht verpflichtet, den Ratsuchenden vermögensmäßig so zu stellen, als wenn der Inhalt seiner Beratung zutreffend wäre, sondern nur so, wie er bei zutreffender Beratung oder Auskunft gestanden hätte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2014, Az: 2 U 78/23, zitiert nach juris). Zu ersetzen ist somit der Vertrauensschaden, der dem Ratsuchenden entstanden ist, weil er sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft verlassen hat (BGH, NJW-RR 1991, 1125, 1126; BGH, NJW-RR 1995, 619, 620). Die Kosten, hinsichtlich derer der Kläger vorliegend die Freistellung begehrt, sind aber nicht deshalb entstanden, weil der Kläger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Beratung des Beklagten vertraut hat, wie dies etwa bei Kosten anzunehmen wäre, die für die Rückgängigmachung des ursprünglich gestellten Insolvenzantrags der Fall wäre, bzw. für die Kosten eines hierfür beauftragten Rechtsanwalts. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die Kosten, hinsichtlich derer der Kläger Freistellung beantragt, auch dann entstanden wären, wenn schon der Beklagte – wie später der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers – weitergehende umfassende Bemühungen zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung angestrengt hätte. Gerade weil diese Kosten schon nach dem Klägervortag als wesentlich höher anzusehen sind als bei einem „normalen“ außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren, hätte es im Hinblick darauf, dass der Kläger für eine bei ihm durch die Pflichtverletzung eingetretene Vermögensminderung darlegungs- und beweispflichtig ist, konkreten Vortrags dahingehend bedurft, dass Kosten in dieser Höhe nicht auch angefallen wären, wenn diese Tätigkeiten durch den Beklagten durchgeführt worden wären. Denn es liegt auf der Hand, dass auch der Beklagte bei Durchführung einer besonders umfassenden Tätigkeit einen höheren Anspruch gegen den Kläger gehabt hätte als den, den er für die Durchführung eines relativ überschaubaren Schuldenbereinigungsverfahrens geltend gemacht hat.
26Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass es sich bei den Kosten, hinsichtlich derer der Kläger Freistellung begehrt, nicht ausschließlich um „Sowiesokosten“ handelt, die von vornherein nicht zu einer Vermögensminderung auf Seiten des Klägers führen, handelt es sich aber bei diesen Kosten jedenfalls nicht um einem dem Beklagten zurechenbaren Schaden des Klägers. Insoweit hat der Kläger schon nicht dargelegt, dass er seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten aufgesucht hat, weil der Beklagte seinen Wünschen und Bedürfnissen nicht nachgekommen war bzw. weil sich aufgrund anderer Umstände herausgestellt hatte, dass das Handeln des Beklagten nicht pflichtgemäß gewesen sei. Anders als etwa die Beauftragung eines neuen Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Behebung eines bereits eingetretenen Schadens beruhte die Entscheidung des Klägers vielmehr selbst nach seinem eigenen Vortrag nicht auf der Unzufriedenheit mit der Arbeit des Beklagten, sondern bleibt letztlich im Unklaren, unter welchen genauen Umständen es zu dessen Beauftragung gekommen ist. Damit aber ist schon fraglich, ob die seitens des Klägers behauptete Pflichtverletzung überhaupt kausal für dessen Beauftragung war. Darüber hinaus unterliegt das mit Hilfe der Differenzmethode gewonnene Ergebnis einer normativen Kontrolle, die am Schutzweck der Haftung sowie an der Funktion und Ziel des Schadenersatzes ausgerichtet ist (so für den Anwaltsvertrag: Fischer in Beck’scher Online-Kommentar BGB, a.a.O., Rdnr. 25 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Unter Berücksichtigung dessen sind die Kosten, die mit der Beauftragung des jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Wiederaufnahme des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens entstanden sind, jedenfalls nicht vom Beklagten zu erstatten. Vielmehr sind diese Kosten im Ergebnis als Kosten für die Einholung einer Zweitmeinung und sodann der Beauftragung des Zweitratgebers mit weiteren, bislang nicht durchgeführten Tätigkeiten zu bewerten. Die Einholung einer solchen Zweitmeinung und die Beauftragung des Zweitratgebers mit weiteren, bislang nicht durchgeführten Tätigkeiten ist zwar einem Ratsuchenden selbstverständlich jederzeit möglich, allerdings können die dadurch entstehenden Kosten genauso selbstverständlich nicht grundsätzlich dem ursprünglichen Berater auferlegt werden. Eine Erstattungspflicht für solche Kosten durch den ursprünglichen Berater kann hingegen ausnahmsweise nur dann bejaht werden, wenn dieser sich in einer Weise vertragswidrig verhalten hat, dass wegen dieses Pflichtverstoßes das Vertrauensverhältnis zerstört wurde und die Entgegennahme weiterer Leistungen durch den Ratsuchenden als nicht mehr zumutbar erschien. Hiervon kann aber keinesfalls ausgegangen werden. Vorliegend hatte der Kläger den Beklagten weder um umfassendere Bemühungen im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren gebeten noch hatte sich dieser geweigert, solche zu entfalten. Vielmehr hatte sich der Kläger nach Einholung einer Zweitmeinung dazu entschieden, die demnach weiter erforderlichen Tätigkeiten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten durchführen zu lassen.
272.
28Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachte Freistellung von der Gebührenrechnung Nr. 15-01-108 vom 26.03.2015 in Höhe von 492,54 € zu.
29III.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
31IV.
32Für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO besteht keine Veranlassung. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
33V.
34Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 4.410,14 €.
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Referenzen
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