Urteil vom Landgericht Bonn - 1 O 37/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit einer von der Beklagten erteilten Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis.
3Der Kläger ist auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit beantragte er mit Schreiben vom 30.11.2012 von der Beklagten eine Auskunft aus der Baulastenakte. Das diese Auskunft betreffende Grundstück bezeichnete er in dem Schreiben mit „B ## in ##### T Gemarkung T2 N, Flur #, Flurstück #### + ####“. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 04.12.2012 unter der Überschrift „Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis“ mit, dass für „das/die Grundstück(e) ####, #### kein Baulastenblatt besteht“. Weiter heißt es in diesem Schreiben: „Vorgänger-/ Nachfolgeflurstück ist nicht bekannt bzw. wurde nicht angegeben“. Mit notariellem Kaufvertrag vom 07.12.2012 erwarb der Kläger das vorbezeichnete Grundstück, um darauf eine Wohnbebauung zu errichten. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass auf dem Grundstück eine Baulast bestand. Diese Baulast war für das Vorgängerflurstück #### eingetragen worden, aus dem im Jahr 1991 durch Teilung unter anderem das Flurstück #### hervorging.
4Der Kläger verlangt mit der Klage Ersatz von Kosten in Höhe von 27.723,66 € im Zusammenhang mit der Entfernung und Neu-Verlegung von Leitungen auf dem Grundstück und der Löschung der bestehenden Baulast und Eintragung einer neuen Baulast. Er ist der Ansicht, die Beklagte hafte wegen fehlerhafter Auskunftserteilung. Der Satz in dem Schreiben der Beklagten vom 04.12.2012 „Vorgänger-/ Nachfolgeflurstück ist nicht bekannt bzw. wurde nicht angegeben.“ sei als Hinweis hinsichtlich der fehlenden bzw. eingeschränkten Überprüfung von Vorgänger- oder Nachfolgeflurstücken nicht hinreichend deutlich. Er meint, die Beklagte habe vielmehr einen wesentlich ausführlicheren Hinweis mit deutlichem Absetzen aus dem Text erteilen müssen. Sie habe darauf hinweisen müssen, dass das Baulastenverzeichnis auf der Grundlage von § 83 BauO NRW manuell geführt werde. Weiter habe sie darauf hinweisen müssen, dass dann, wenn Teilungen eines Flurstücks dem Fachamt nicht mitgeteilt würden, es vorkommen könne, dass die Grundstücke noch mit der alten Flurstücksbezeichnung im Verzeichnis geführt würden und daher bei einer Anfrage mit den aktuellen Flurstücksnummern nicht gefunden werden könnten. Des Weiteren habe sie darauf hinweisen müssen, dass Vorgängerflurstücke erst ab dem Jahr 2002 in das EDV-Programm eingepflegt seien und ältere Vorgängerflurstücke nicht aufgeführt und deshalb auch von Amts wegen nicht im Rahmen einer Baulastenanfrage ermittelt werden könnten.
5Der Kläger beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 27.723,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jährlichen Basiszinssatz seit dem 24.12.2015 zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte macht geltend, keine unrichtige Auskunft erteilt zu haben. Sie verweist darauf, dass die zu dem Vorgängerflurstück #### eingetragene Baulast bei der Nachschau zu der Anfrage des Klägers zu den Flurstücken #### und #### in dem bei ihr manuell geführten Baulastenverzeichnis nicht habe gefunden werden können. Sie könne zwar über ein EDV-Programm auch Vorgängerflurstücke ausfindig machen, diese seien in ihrem Stadtgebiet aber erst ab dem Jahr 2002 eingepflegt.
10Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 06.07.2016 Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 27.723,66 € nebst Zinsen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
13Der Kläger hat gegen die Beklagte insbesondere keinen Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
14Es fehlt bereits an einer Amtspflichtverletzung der Beklagten. Insbesondere hat die Beklagte nicht ihre Pflicht zur richtigen, klaren, unmissverständlichen und vollständigen Auskunftserteilung (vgl. m.w.N. Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, § 839 Rn. 41) verletzt. Der Umfang der Auskunftspflicht hängt dabei auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet (vgl. m.w.N. Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 150). Vorliegend war die mit dem Schreiben der Beklagten vom 04.12.2012 erteilte Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis richtig, hinreichend klar, unmissverständlich und vollständig. Die Formulierung, dass für die Flurstücke #### und #### kein Baulastenblatt besteht mit dem Zusatz „Vorgänger-/Nachfolgeflurstück ist nicht bekannt bzw. wurde nicht angegeben.“, ist als Auskunft zu der vom Kläger gestellten Anfrage zu den Flurstücken #### und #### ausreichend, um hinreichend klar zu verdeutlichen, dass hinsichtlich möglicher Vorgänger- bzw. Nachfolgeflurstücke keine (vollständige) Überprüfung erfolgt ist und sich die Auskunft darauf gerade nicht erstreckt. Der Kläger wäre vor diesem Hintergrund gehalten gewesen, selbst ggf. diesbezüglich nachzufragen bzw. zu recherchieren, zumal das Baulastenverzeichnis nach § 83 BauO NRW keinen öffentlichen Glauben begründet. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines wesentlich ausführlicheren Hinweises, so wie ihn der Kläger verlangt, bestand indes nicht. Dies gilt umso mehr angesichts dessen, dass an den Umfang der Aufklärungs- und Belehrungspflichten allgemein geringere Anforderungen bestehen können, wenn die Behörde sich an Personen wendet, von denen sie erwarten kann, dass sie die Tragweite erfassen und übersehen oder sich Rechtsrat beschaffen (vgl. Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, § 839 Rn. 165). Da der Kläger auf dem Gebiet des Wohnungsbaus tätig ist, konnte hiervon ausgegangen werden.
15Überdies hat der Kläger die Entstehung eines ersatzfähigen kausalen Schadens ausgehend von der Differenzhypothese nicht schlüssig dargelegt. Er macht als Schaden Kosten im Zusammenhang mit der Entfernung und Neu-Verlegung von Leitungen auf dem Grundstück und der Löschung der bestehenden Baulast und Eintragung einer neuen Baulast geltend. Diese Kosten sind jedoch nicht Folge der mit dem Schreiben vom 04.12.2012 erteilten Auskunft, sondern wären genauso entstanden, wenn, wie vom Kläger verlangt, von der Beklagten ein ausführlicherer Hinweis erteilt worden wäre.
16Mangels Hauptforderung ist auch die Zinsforderung unbegründet.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.
18Streitwert: 27.723,66 €
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