Urteil vom Landgericht Dessau-Roßlau (2. Zivilkammer) - 2 O 767/11

Tenor

Das am 28.03.2012 verkündete Versäumnisurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau bleibt aufrecht erhalten.

Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden;

Tatbestand

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Die Kläger nehmen den Beklagten auf Herausgabe eines in ihrem Eigentum stehenden Wohngrundstücks in Anspruch.

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Sie veräußerten mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.11.2010 (UR-Nr. ...) ihren im Grundbuch von ..., Blatt ..., vorgetragenen Grundbesitz in ..., Flur ... Flurstück ..., ..., mit einer Grundstücksgröße von ... m² zu einem Kaufpreis von 6.000,00 €. Der Besitz am Grundstück wurde dem Beklagten bereits am 14.11.2010 übertragen. Der Kaufpreis war im Beurkundungszeitpunkt bereits in Höhe von 1.200,00 € entrichtet. Der Restbetrag von 4.800,00 € war fällig innerhalb von vier Wochen nach Erhalt einer schriftlichen Mitteilung der Notarin über die Erfüllung im Einzelnen bezeichneter Voraussetzungen. Nach Fälligstellung durch die Notarin mahnten die Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 28.07.2011 einen offenen Kaufpreis von 3.550,00 € unter Fristsetzung bis zum 19.08.2011 an. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.09.2011 setzten sie eine letzte Frist für die Zahlung eines rückständigen Betrages von 2.750,00 € und kündigten den Rücktritt vom Vertrag an, den sie nach fruchtlosem Fristablauf mit Schriftsatz vom 18.10.2011 schließlich auf auch erklärten. Zugleich forderten sie die Räumung und Herausgabe des Grundstücks bis zum 30.10.2011. Zuvor hatte der Beklagte am 05.10.2012 eine weitere Zahlung von 250,00 € geleistet.

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Die Kläger behaupten, offen sei noch eine Kaufpreisforderung von 2.500,00 €. Eine Stundungsvereinbarung sei nicht getroffen worden. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 02.09.2011 eine solche zwar behauptet, sie sei jedoch umgehend in Abrede gestellt worden.

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Der in der mündlichen Verhandlung am 28.03.2012 säumige Beklagten ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Räumung und Herausgabe verurteilt worden. Gegen das am 11.04.2012 zugestellte Urteil hat er mit am 23.04.2012 eingegangenem Schriftsatz fristgerecht Einspruch erhoben.

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Die Kläger beantragen nunmehr,

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das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

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Der Beklagte beantragt,

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das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Er behauptet, aufgrund einer weiteren, von den Klägern nicht berücksichtigten Ratenzahlung bestehe lediglich noch eine Restforderung von 2.190,00 €. Die Kläger hätten dem Beklagten gestattet, vorab Umbau- und Instandsetzungsarbeiten am Haus vorzunehmen, um es in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen, und den Kaufpreis nach und nach zu einem späteren Zeitpunkt zu entrichten. Der Beklagte habe nach dem Rücktritt zunächst einen anderweitigen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt, der ihm geraten habe, vorerst keine weiteren Zahlungen zu leisten. Nach Eintritt der Rechtshängigkeit sei im Februar 2012 die Klägerin zu 2. bei ihm erschienen und habe betont, dass der Rücktritt auf Drängen der Enkelin der Kläger erfolgt sei und die Kläger selbst kein Interesse an einer Rückabwicklung des Kaufvertrages hätten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Auf den Einspruch des Beklagten ist das Versäumnisurteil gem. § 343 Satz 1 ZPO aufrecht zu erhalten. Die Klage ist zulässig und begründet.

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Die Kläger haben gegen den Beklagten sowohl gem. § 346 Abs. 1 BGB als auch gem. § 985 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks. Dem Beklagten steht aus dem Grundstückskaufvertrag vom 16.11.2010 ein Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu. Die Kläger sind mit Erklärung vom 18.10.2011 gem. § 323 Abs. 1 BGB wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Beklagte befand sich im Zeitpunkt des Rücktritts mit der Zahlung eines Teils des Kaufpreises im Rückstand, dessen Höhe für das geltend gemachte Räumungsbegehren dahinstehen kann, der jedenfalls aber nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nicht so unerheblich war, dass er einen Rücktritt ausschließen würde. Die Kläger haben zweifach eine angemessene Frist zur Erfüllung gesetzt.

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Die vom Beklagten behauptete Stundungsvereinbarung hat nicht zu einem Hinausschieben der Fälligkeit der Forderung geführt. Die Fälligkeit des Restkaufpreises von 4.800,00 € ist in § 3.2. des Grundstückskaufvertrages dahin geregelt, dass der Gesamtbetrag innerhalb von vier Wochen nach schriftlicher Mitteilung der Notarin über den Eintritt der dort genannten Voraussetzungen zu entrichten ist. In der Behauptung des Beklagten, die Kläger hätten ihm abweichend hiervon die Zahlung nach Abschluss umfassender Instandsetzungsarbeiten gestattet, läge eine unbefristete Stundung, die als Änderung des Grundstückskaufvertrages gem. § 311b Abs. 1 BGB dem Beurkundungszwang unterläge und deshalb von vornherein formunwirksam wäre (Palandt/Grüneberg, 71. Aufl., Rdn. 41, 43 zu § 311b BGB m.N.).

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Die Behauptung des Beklagten, die Klägerin zu 2. habe in einem persönlichen Gespräch am 08.02.2012 erklärt, sie und ihr Ehemann hätten an einer Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages kein Interesse, hat auf die Wirksamkeit des mit Anwaltsschriftssatz vom 18.10.2011 erklärten Rücktritts, mit dem das Kaufvertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist, keinen Einfluss. Ein einseitiger Verzicht auf die Wirkungen der abgegebenen Gestaltungserklärung führt nicht zu einer Fortsetzung des ursprünglichen Schuldverhältnisses. Vielmehr bedürfte es hierfür des Neuabschlusses des Geschäfts in der Form des § 311b Abs. 1 BGB, um dessen Rechtswirkungen erneut Geltung zu verschaffen (Palandt/Ellenberger, aaO, Überbl. vor § 104 BGB, Rdn. 17 a.E.; Saarländisches OLG, -8 U 481/96-; zitiert nach juris Tz 24). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Klägerin die behauptete Erklärung überhaupt und mit Wirkung für und gegen ihren Ehemann abgegeben hat. Die hierfür erforderliche Vertretungsmacht folgt jedenfalls nicht aus § 1357 BGB.

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Auch die im Verlaufe des Rechtsstreits mehrfach erklärte Bereitschaft des Beklagten, den Restkaufpreis nunmehr in voller Höhe entrichten zu wollen, lässt die Wirkungen des erklärten Rücktritts nicht entfallen.

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Für die Gewährung einer Räumungsfrist gem. § 721 ZPO besteht keine Veranlassung.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Sätze 1 und 3 ZPO. Der Streitwert bemisst sich nach dem vereinbarten Grundstückskaufpreis.

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Beschluss

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Der Streitwert wird auf 6.000,00 € fortgesetzt werden.


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