Urteil vom Landgericht Detmold - 1 O 282/04
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 137.668,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin 13 % und dem Beklagten zu 87 % auferlegt. Von den notwendigen Kosten der Streithelferin werden der Klägerin 13 % auferlegt; im Übrigen hat die Streithelferin diese selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung der ihm obliegenden Architektenpflichten in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3Im Jahre 1993 plante die Klägerin die Errichtung des Sportparks L, X-Straße in E2 mit dem Beklagten als bauleitenden Architekten. Mit der Durchführung dieses Bauprojektes wurden zahlreiche Firmen beauftragt. Ab dem 15.11.94 wurde das Objekt an die Fa. N2 GmbH vermietet. Es wurde ein Mietzins für die Zeit vom 01.07.95 bis zum 31.08.96 in Höhe von 34.500,00 DM netto, in der Zeit vom 01.09.96 bis zum 31.12.98 in Höhe von 48.500,00 DM netto und ab dem 01.01.99 in Höhe von 46.500,00 DM netto vereinbart.
4Kurze Zeit nach der Vermietung des Sportparks an die Fa. N2 GmbH stellten sich erhebliche Mängel und Unzulänglichkeiten des Objektes heraus, insbesondere wurden seitens der Mieterin Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung gerügt. Der von der Klägerin vor diesem Hintergrund beauftragte Sachverständigen Dipl.-Ing. H2 kam in seinem Privatgutachten vom 11.04.95 zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeitsschäden in den nicht abgedichteten Türschwellen und den fehlerhaften Bodenläufen begründet wären.
5Die Klägerin führte in der Folgezeit mehrere Verfahren gegen die am Bau beteiligten Firmen, unter anderem gegen die Fa. X GmbH, die Fa. M Hoch- und Tiefbau GmbH und die Fa. T GmbH, da sie nicht wusste, wer für diese Schäden verantwortlich war.
6Die Klägerin leitete unter anderem beim Landgericht E2 gegen die Fa. M Hoch- und Tiefbau GmbH & Co. KG sowie den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der vom Gericht in dem Verfahren beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. M bestätigte in seinem Gutachten vom 02.12.97 zwar nicht eine fehlerhafte Planung der schadhaften Bodenläufe und eine fehlende Türschwellenisolierung, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Abdichtungstechnik und die Fliesenarbeiten mangelhaft ausgeführt worden seien und insoweit auch ein Bauüberwachungsfehler vorliege. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen des Gutachters wird auf den Inhalt der Akte Landgericht E2 3 OH 1/98 = 9 OH 17/99 Bezug genommen.
7In dem von der Klägerin weiterhin gegen die Fa. X GmbH eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige F mit Gutachten vom 02.12.97 fest, dass die PC-Verlegung nicht Ursache der Feuchtigkeit sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Landgericht E2 9 OH 14/97 verwiesen.
8Ab Juli 1999 wurden verschiedene Handwerksfirmen mit der Ausführung der Mangel- und Schadensbeseitigungsarbeiten beauftragt, diverse Handwerkerrechnungen wurden dabei von der Haftpflichtversicherung des Beklagten gezahlt. Von der Fa. T GmbH erhielt die Klägerin darüber hinaus einen Betrag in Höhe von 25.862,08 DM.
9Im September 1999 waren die Renovierungsarbeiten abgeschlossen.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.03 wurde der Beklagte vergeblich zur Leistung von weiterem Schadensersatz unter Fristsetzung bis zum 31.07.03 aufgefordert.
11Die Klägerin behauptet, die Architektenleistung des Beklagten sei in zweifacher Hinsicht mangelhaft. Zum einen seien die Bodenläufe und die Türschwellenisolierung fehlerhaft geplant worden. Zum anderen lägen Bauüberwachungsfehler hinsichtlich der mangelhaft ausgeführten Abdichtungs- und Fliesenarbeiten vor. Seine Verantwortung hierfür habe der Beklagte in dem Ortstermin vom 26.05.99 auch anerkannt.
12Durch die Feuchtigkeitsschäden sei der Geschäftsbetrieb der Mieterin in erheblicher Weise beeinträchtigt worden: Die Wände im Untergeschoss seien durchfeuchtet gewesen, in den Damen- und Herrenumkleiden hätte sich Schimmel an den Wänden gebildet, der Sockel der Umkleideschränke habe gefault, am Boden seien Feuchtigkeitsflecken aufgetreten, die Bodenbeläge hätten sich gelöst und Wasser im Heizungsraum und Flurbereich gestanden. Außerdem sei in den Räumlichkeiten ein extrem muffiger Geruch aufgetreten.
13Die Klägerin behauptet folgende Schäden, die ihrer Ansicht nach von dem Beklagten zu erstatten seien:
141. Verfahrens- und Gutachterkosten:
15
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1.973,80 DM |
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3.919,00 DM |
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11.089,50 DM |
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12.012,40 DM |
| gesamt | 30.422,10 DM |
16
2. Renovierungskosten
17
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980,45 DM |
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552,64 DM |
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530,25 DM |
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15.621,60 DM |
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1.860,00 DM |
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919,68 DM |
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17.241,38 DM |
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- 14.368,71 DM |
| gesamt | 23.337,29 DM |
18
3. Mietausfallschaden wegen Mietminderungen der Fa. N GmbH
19
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20.700,00 DM |
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27.600,00 DM |
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19.400,00 DM |
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58.200,00 DM |
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58.200,00 DM |
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27.900,00 DM |
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55.800,00 DM |
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13.950,00 DM |
| gesamt | 281.750,00 DM |
20
Die Klägerin beantragt daher,
21den Beklagten zu verurteilen, an sie 158.320,16 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.03 zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Der Beklagte bestreitet, mit Planungsaufgaben, insbesondere mit der Konzeption der Fliesenarbeiten beauftragt gewesen zu sein. Auch Bauüberwachungsfehler stellt er in Abrede. Eine Überwachungspflicht seinerseits habe nicht bestanden, da die festgestellten Mängel bei den Fliesenarbeiten nur geringfügig und die Abdichtungsarbeiten von einer Spezialfirma überwacht worden seien. Die Mängel seien aber auch bei der Ausführung nicht erkennbar gewesen bzw. hätten bei der Abnahme noch nicht vorgelegen.
25Weiterhin meint der Beklagte, jedenfalls habe der zwischen der Klägerin und der Streithelferin geschlossenen Vergleich Gesamtwirkung auch zu seinen Gunsten, so dass die Klage insgesamt abzuweisen sei.
26Der Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin die geltend gemachten Verfahrens- und Gutachterkosten nicht erstatten zu müssen: Es könne ihm nicht angelastet werden, dass die Klägerin gegenüber der Inanspruchnahme auf Werklohn durch die Firmen M Hoch- und Tiefbau GmbH und X GmbH unrichtige Mängelrügen erhoben habe. Gegenstand des Verfahrens gegen die Fa. T seien nicht die Feuchtigkeitsschäden, sondern Ausführungsmängel dieses Bauunternehmers gewesen. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 1/98 = 3 OH 17/99 schließlich seien Bestandteil der Kosten dieses Verfahrens.
27Ferner bestreitet der Beklagte die Höhe der geltend gemachten Renovierungskosten und den Mietausfallschaden. Bei letzterem müsse sich die Klägerin nach Ansicht des Beklagten auch ein anspruchsminderndes Mitverschulden entgegenhalten lassen, da sie ihn nicht über den Mietausfall informiert und durch die späte Beseitigung der Mängel gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen habe.
28Weiterhin beruft sich der Beklagte auf die Einrede der Verjährung.
29Schließlich erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einem angeblich offenen Honoraranspruch in Höhe von 30.000,00 DM.
30Die Klägerin behauptet gegenüber dem zur Aufrechnung gestelltem Honoraranspruch, dass die Parteien sich am 23.03.94 geeinigt hätten, dass dem Beklagten aufgrund seiner fehlerhaften Koordination des Bauvorhabens und dadurch entstandener Mehrkosten keine weiteren Honoraransprüche zustünden.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
32Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N3, Dipl.-Ing. M und L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften vom 10.März 2006 (Bl.277f.d.A.), vom 09.Juni 2006 (Bl.299 f.d.A.) und vom 16. Februar 2007 (Bl.535 f.d.A.).
33Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 vom 14.10.2006 (Bl.441 f.d.A.) und seine ergänzende Stellungnahme vom 20.12.2006 (Bl.523 f.d.A.).
34Die Akten Landgericht E2 3 OH 1/98 = 9 OH 17/99, Landgericht E2 6 O 79/94 = OLG Hamm 19 U 114/96, Landgericht E2 8 O 168/99, Landgericht E2 3 OH 4/98 und Landgericht E2 9 OH 14/97 waren beigezogen.
35Entscheidungsgründe:
36Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
37I.
38Die Parteien schlossen einen wirksamen Architektenvertrag, aufgrund dessen der Beklagte jedenfalls die Bauleitung und –überwachung des Bauprojektes "Sportpark L" schuldete, was von ihm auch nicht substantiiert bestritten worden ist. Für eine Pflichtenübertragung auch hinsichtlich der Bauplanung hat die Klägerin auf Bestreiten des Beklagten dagegen keinen Beweis angetreten.
39II.
40Selbst für den Fall, dass dem Beklagten – zumindest teilweise - auch Planungsaufgaben oblagen, vermag die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch hierauf aber ohnehin nicht zu stützen, denn eine fehlerhafte Planung der schadhaften Bodenläufe und der fehlenden Türschwellenisolierung hat der Sachverständige Dipl.-Ing. M im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens Landgericht E2 Aktenzeichen 3 OH 1/98 = 9 OH 17/99 nicht feststellen können.
41Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 02.12.97 vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei den von ihm festgestellten Mängeln bei den Fliesen- und Abdichtungsarbeiten um handwerkliche Ausführungsfehler und um einen Bauüberwachungsfehler handelte.
42Der Beklagte vermag demgegenüber nicht mit Erfolg einzuwenden, ihm hätten insoweit gar keine Überwachungspflichten oblegen. Zwar waren die Fliesenarbeiten nicht überwachungspflichtig, denn den Bauleiter treffen in bezug auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen Arbeiten wie den hier vorliegenden Fliesenarbeiten keine Überwachungspflichten [vgl. BGH NJW 1971, 1130]. Etwas anderes gilt jedoch für die Abdichtungsarbeiten, die allgemein als schwierig gelten [vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1994, 130; OLG Hamm NJW-RR 90, 158].
43Insofern kann sich der Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, die Abdichtungsarbeiten seien von einer Spezialfirma überwacht worden. Das grundsätzliche Vertrauen in die Kompetenz eines Spezialisten enthebt den bauleitenden Architekten nicht von der Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Kontrolle im Rahmen der Bauüberwachung. Soweit Pläne Dritter zur Ausführung gelangen, darf er diese nicht kritiklos übernehmen, sondern muss sie ihm Rahmen des Zumutbaren überprüfen. Fehlen ihm Unterlagen zur Überprüfung einer Bauleistung, hat er sie anzufordern [vgl. OLG Köln OLGR 1994, 161; OLG Koblenz BauR 1997, 502; Brandenburgisches OLG BauR 2001, 283]. Dass der Beklagte diesen Anforderungen gerecht geworden ist, hat er jedoch nicht substantiiert dargelegt.
44Der Beklagte vermag im vorliegenden Verfahren auch nicht mit Erfolg einzuwenden, die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. M festgestellten Mängel seien für ihn nicht erkennbar gewesen. An die Ergebnisse des im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens gerichtlich eingeholten Gutachtens zum Überwachungsmangel ist der Beklagte gemäß § 493 ZPO gebunden. Dass diese Beweiserhebung fehlerhaft und/oder ergänzungsbedürftig ist, hat er selbst nicht vorgetragen.
45Schließlich kann der Beklagte nicht erfolgreich geltend machen, die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. M festgestellte Situation habe bei der Abnahme nicht vorgelegen. Soweit der Gutachter die Nässeschäden auf die vielen offenen Stellen im Bereich der Sanitärarmaturen und der undichten Bewegungsfugen zurückgeführt hat, hat die Klägerin vor dem Hintergrund, dass das Gutachten erst 5 Jahre nach der Abnahme erstellt wurde, zwar auf Bestreiten des Beklagten nicht nachgewiesen, dass diese Mängel schon bei Abnahme vorlagen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. M hat darüber hinaus die Nässeschäden aber auch auf die nicht fachgerecht ausgeführte Abdichtungstechnik zurückgeführt. Insofern ist mangels anderer Anhaltspunkte jedoch davon ausgehen, dass diese mangelhafte Abdichtung - so wie vom Gutachter festgestellt - schon bei Abnahme vorlag.
46III.
47Einer Haftung des Beklagten steht auch nicht der zwischen der Klägerin und der Streithelferin in dem Verfahren Landgericht E2 Aktenzeichen 8 O 168/99 geschlossene Vergleich entgegen. Anhaltspunkte für eine Annahme einer auch den Beklagten begünstigenden Gesamtwirkung dieses Vergleiches gemäß § 423 BGB sind nicht feststellbar, denn weder aus dem Verlauf des Verfahrens noch aus dem Inhalt des in diesem Verfahren geschlossenen Vergleiches ist erkennbar, dass die Klägerin damit auch auf Ansprüche gegen den Architekten, also den Beklagten, verzichten wollte.
48IV.
49Der Beklagte haftet damit der Klägerin für den ihr aufgrund seines Überwachungsfehlers entstandenen Schaden.
501.
51Gemäß § 249 BGB hat der Schädiger die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind [vgl. BGH NJW 2004, 3042]. Auch Prozesskosten sind erstattungsfähig, soweit sie unmittelbar und eng zu dem zugrunde liegenden Mangel gehören, sich also das spezifische, in der Vertragsverletzung liegende Risiko verwirklicht hat [vgl. BGH NJW-RR 1991, 1428].
52a)
53Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte der Klägerin die ihr in dem Verfahren gegen die Fa. M Hoch- und Tiefbau GmbH entstandenen Verfahrenskosten in Höhe von 1.973,80 DM zu erstatten.
54Denn aufgrund der Unklarheiten über die Ursachen der festgestellten Mängel und des Verhaltens des Beklagten in diesem Prozess – in dessen Rahmen ihm der Streit verkündet und der Beklagte als Zeuge vernommen wurde – musste die Klägerin davon ausgehen, dass den Beklagten selbst keine Gewährleistungspflichten trafen und stattdessen die Mängel in den Verantwortungsbereich des Bauunternehmers fielen [vgl. OLG Celle BauR 2000, 759]. Einer Erstattungspflicht des Beklagten steht insoweit auch nicht entgegen, dass die Prozesskosten nicht zwischen den Vertragsparteien entstanden sind [vgl. BGH NJW 2003, 3766].
55b)
56Auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gegen die Fa. X GmbH in Höhe von 3.919,00 DM gehören zu dem ersatzpflichtigen Schaden. Dass die Klägerin irrtümlich davon ausging, die Fa. X GmbH habe ihre Werkleistung mangelhaft erbracht, muss sich der Beklagte anrechnen lassen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird insofern Bezug genommen.
57c)
58Nicht gesondert erstattungsfähig sind dagegen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gegen den Beklagten und die Baufirmen. Denn dieses selbständige Beweisverfahren diente der Vorbereitung des jetzigen Rechtsstreites. Kommt es aber nach der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens anschließend zum Hauptsacheverfahren, sind die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Teil der Kosten dieses Rechtsstreites und nach Maßgabe der Notwendigkeit zu erstatten [vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 25.Auflage, § 490 Rn.7, § 91 Rn.13 Stichwort "Selbständiges Beweisverfahren"].
59d)
60Schließlich stellen auch die durch das Verfahren gegen die Fa. T GmbH entstandenen Kosten keinen erstattungsfähigen Schaden dar. Denn die Fa. T GmbH ist zu Recht wegen Ausführungsmängel von der Klägerin in Anspruch genommen wurden. Soweit sich die Klägerin gleichwohl auf einen Vergleich eingelassen und den Rechtsstreit nicht durch Urteil hat entscheiden lassen, war dies allein ihre Entscheidung, die nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann.
61e)
62Damit besteht klägerseits ein Anspruch auf Erstattung der folgenden Verfahrens- und Gutachterkosten:
63
|
1.973,80 DM |
|
3.919,00 DM |
| 5.892,80 DM |
64
2.
65Die Höhe der Kosten der aufgrund der Mängel erforderlichen Renovierungsarbeiten - neben den unstreitigen Kosten für die Abdichtungsarbeiten in Höhe von 980,45 DM - und die aufgrund der Nachbesserungsarbeiten zu berücksichtigenden Wertverbesserungen hat der Sachverständige Dipl.-Ing. T2, an dessen Sach- und Fachkunde die Kammer keinerlei Zweifel hat, wie folgt rechnerisch nachvollziehbar, plausibel und schlüssig festgestellt:
66
| Abdichtungsarbeiten | 980,45 DM |
| Stromkosten Trocknungsarbeiten | 552,64 DM |
| Duschköpfe und Waschbecken | 530,25 DM |
| Demontage / Montage Umkleideschränke | 12.316,80 DM |
| Duschtrennwände, Malerarbeiten, Renovierungsarbeiten Hausmeister | 1.260,00 DM |
| Materialkosten Malerarbeiten | 919,68 DM |
| Renovierungskosten Damenumkleiden und Saunabereich | 11.253,73 DM |
| 27.813,55 DM | |
| ./. Wertverbessung | - 20.338,72 DM |
| 7.474,83 DM |
67
Sachliche Einwendungen gegen diese Feststellungen des Sachverständigen haben die Parteien nicht vorgebracht.
683.
69Für den Mietausfallschaden steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von weiteren 281.750,00 DM zu.
70a)
71Die Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebes der Fa. N2 GmbH aufgrund der Renovierungsarbeiten in der Zeit von Juli bis September 1999 sind unstreitig. Darüber hinaus steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass das Objekt in der Zeit von Juli 1995 bis Juni 1999 wegen der auftretenden Feuchtigkeit und ihrer Folgeschäden nur eingeschränkt von der Mieterin genutzt werden konnte.
72Die Zeugin N3 hat bekundet, dass es in dem Objekt zu erheblichen Feuchtigkeitserscheinungen gekommen sei. Insbesondere die feuchten Wände und Fußböden, das Austreten des Fußbodenklebers sowie Schimmelbildung und unangenehme Gerüche hätten die Benutzung erheblich eingeschränkt. Diese Beeinträchtigungen hätten sich im Laufe der Zeit noch verschlimmert, so dass nicht nur die Damen- und Herrenumkleide, deren Vorbereich, der Heizungsraum und der Flurbereich, sondern schließlich das ganze Gebäude betroffen gewesen sei.
73Diese Aussage ist glaubhaft. Die Zeugin hat die einzelnen Beeinträchtigungen detailliert und nachvollziehbar dargestellt. Auf Nachfragen und Vorhalten konnte sie ihre lebensnahen Angaben präzisieren. Ihre Aussage war insgesamt widerspruchsfrei und in sich schlüssig. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen nicht. Die Zeugin hat kein unmittelbar eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites, und auch wenn die Zeugin als Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin eher in deren Lager stehen dürfte, waren ihre Angaben objektiv sowie unvoreingenommen und die Zeugin ersichtlich um die Wahrheit bemüht.
74Die aufgrund der Aussage der Zeugin N gewonnene Überzeugung der Kammer von der Art und dem Umfang der Beeinträchtigungen wird auch nicht durch die Aussagen der gegenbeweislich benannten Zeugen Dipl.-Ing. M und L erschüttert.
75Der Zeuge Dipl.-Ing. M hatte schon gar keine konkrete Erinnerung mehr an den Zustand des streitgegenständlichen Objektes. Demzufolge konnte er keine Angaben dazu machen, ob und in welchem Umfang es aufgrund der Feuchtigkeit zu Nutzungsbeeinträchtigungen kam.
76Auch die Aussage des Zeugen L steht den Bekundungen der Zeugin N nicht entgegen. Der Zeuge L hat ebenfalls Feuchtigkeitserscheinungen in den Wänden bekundet, dass es darüber hinaus zu der von der Zeugin N geschilderten Schimmelbildung kam, konnte der Zeuge jedenfalls nicht sicher verneinen. Auch wenn dem Zeugen L der aufgeweichte Kleber erst nach Aufnahme des Kunststoffbodens aufgefallen ist, konnte er nicht ausschließen, dass der Kleber – und der damit verbundene, vom Zeugen selbst geschilderte unangenehme Geruch – durch die Verlegekanten an die Oberfläche kam. Aufgrund der von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder, die den Austritt von Kleber eindeutig dokumentieren, hat die Kammer keine Veranlassung, die Aussage der Zeugin N insofern in Zweifel zu ziehen. Soweit dem Zeugen L außerhalb des Dusch- und Umkleidebereiches keine Beeinträchtigungen aufgefallen sind, widerlegt dies ebenfalls nicht die Aussage der Zeugin N, denn der Zeuge L hat eingeräumt, während seines Ortstermins nur den unmittelbar von der Feuchtigkeit betroffenen Gebäudeteil in Augenschein genommen zu haben.
77b)
78Aufgrund der damit zur Überzeugung der Kammer feststehenden Mängel stand der Mieterin der Klägerin gemäß § 537 Abs.I a.F. BGB bzw. § 536 Abs.I n.F. BGB ein Minderungsrecht. Die Fa. N2 GmbH konnte demnach den Mietpreis in dem Verhältnis des objektiven Gebrauchswertes der mangelfreien Sache zu dem Wert der mangelhaften Sache ermäßigen.
79Insofern hält die Kammer unter Berücksichtigung der festgestellten Tatsache, dass sämtliche Räumlichkeiten von den Feuchtigkeits- und Schimmelpilzerscheinungen betroffen waren und insbesondere die Benutzbarkeit der Umkleiden und Duschen erheblich eingeschränkt war, obwohl gerade diese für die Durchführung des Fitnessbetriebes von wesentlicher Bedeutung war, für die Zeit von Juli 95 bis Juni 99 eine Minderungsquote von 10% für angemessen.
80Während der Zeit der Renovierungsarbeiten von Juli bis September 1999 hält die Kammer unter Berücksichtigung der mit den Mängelbeseitigungsarbeiten zusätzlich verbundenen Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeit des Objektes, welche die Zeugin N ebenfalls glaubhaft geschildert hat, einen Minderungssatz von 60 % bzw. – in dem letzten Monat – von 30 % für angemessen.
81c)
82Damit berechnet sich der Mietausfall wie folgt:
83
| Mietminderung Juli bis Dezember 95 in Höhe von 10 % | 20.700,00 DM |
| Mietminderung Januar bis August 96 in Höhe von 10% | 27.600,00 DM |
| Mietminderung September bis Dezember 96 in Höhe von 10% | 19.400,00 DM |
| Mietminderung Januar bis Dezember 97 in Höhe von 10% | 58.200,00 DM |
| Mietminderung Januar bis Dezember 98 in Höhe von 10% | 58.200,00 DM |
| Mietminderung von Januar bis Juni 99 in Höhe von 10% | 27.900,00 DM |
| Mietminderung von Juli bis August 99 in Höhe von 60% | 55.800,00 DM |
| Mietminderung September 99 in Höhe von 30 % | 13.950,00 DM |
| gesamt | 281.750,00 DM |
84
d)
85Dass die Mieterin tatsächlich die von der Klägerin behaupteten Mietminderungen in dem eingeklagten Umfang vorgenommen hat, steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der insoweit zur Gerichtsakte gereichten Bescheinigungen des Steuerberaters Hartmut Lakenmacher nebst den entsprechenden Aufstellungen und Kontoauszüge fest. Umstände, die geeignet wären, vernünftige Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Belege zu begründen, hat der Beklagte nicht vorgetragen.
86e)
87Entgegen der Ansicht des Beklagten muss sich die Klägerin hinsichtlich des ihr entstandenen Mietausfallschadens auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden anrechnen lassen, da nicht feststellbar ist, dass die Klägerin gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen hat.
88Hat bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderem Teil verursacht worden ist, § 254 Abs.I BGB.
89In diesem Rahmen ist ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Klägerin an der Schadensentstehung jedoch nicht erkennbar.
90aa)
91Der Beklagte kann ein solches Mitverschulden nicht darauf stützen, dass die Klägerin ihn – angeblich – nicht rechtzeitig auf den drohenden Mietausfall hingewiesen hat.
92Die Warnpflicht ist zwar eine besondere Ausprägung der Pflicht zur Schadensminderung, § 254 Abs.II BGB. Sie besteht, wenn der Geschädigte die Möglichkeit eines besonders hohen Schadens erkannt hat oder erkennen konnte [BGH VersR 1965, 484] und die Erkenntnismöglichkeiten des Schädigers nicht gleich oder sogar besser waren [BGH VersR 1953, 14], wobei die Warnung den drohenden Schaden näher bezeichnen muss [BGH VersR 1960, 520]. Allerdings obliegt es in diesen Fällen dem Schädiger, konkret darzulegen, welche Gegenmaßnahmen er im Falle einer rechtzeitigen Unterrichtung ergriffen hätte [vgl. BGH VersR 1996, 380]. Hierzu fehlt jedoch jedweder Vortrag des Beklagten.
93bb)
94Die Klägerin muss sich ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens auch nicht deswegen anrechnen lassen, weil sie es unterlassen habe, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.
95Denn im Streitfall ist insofern zu berücksichtigen, dass der Klägerin zunächst nicht bekannt war, welche Ursachen die festgestellten Feuchtigkeitsmängel hatten bzw. wer diese zu verantworten hatte. Vor diesem Hintergrund war ihr nicht zumutbar, sich ihre Beweismöglichkeiten durch eine Beseitigung der Mängel zu begeben. Eine Sicherung der notwendigen Beweise - insbesondere mit Bindungswirkung auch gegenüber dem Beklagten - war erst mit Abschluss des insoweit eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 1/98 = 9 OH 17/99 erreicht, so dass die Klägerin erst danach ohne eigene Nachteile die Schäden, mit denen die Mieterin ihre Minderung begründete, hätte beseitigen lassen können. Dieses Verfahren war jedoch erst Mitte 1999 beendet, anschließend hat die Klägerin dann aber die Renovierungsarbeiten auch unverzüglich vornehmen lassen.
964.
97Damit ergibt sich insgesamt folgende Schadensberechnung:
98
| Gutachter- und Verfahrenskosten | 5.892,80 DM |
| Renovierungskosten | 27.813,55 DM |
| ./. Wertverbesserung | - 20.338,72 DM |
| Mietausfallschaden | 281.750,00 DM |
| gesamt | 295.117,63 DM = 150.891,24 € |
99
V.
100Soweit die Firma T GmbH in dem Verfahren Landgericht E2 Aktenzeichen 8 O 168/99 einen Betrag in Höhe von 25.862,08 DM = 13.223,07 € an die Klägerin zum Zwecke der Mängelbeseitigung gezahlt hat, war der Anspruch der Klägerin in entsprechender Höhe zu kürzen, so dass insgesamt noch eine Forderung von 137.668,17 € verbleibt.
101VI.
102Auf die Einrede der Verjährung vermag sich der Beklagte nicht mit Erfolg zu berufen.
103Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten betrug 5 Jahre und begann mit der Abnahme dessen Architektenleistung, § 638 a.F. BGB. Eine Abnahme der Architektenleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn das Bauwerk errichtet sowie die Schlussrechnung geprüft und bezahlt ist [vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11.Auflage, Rdnr.2397]. Hier datiert die Schlussrechnung vom 30.09.93, hierauf wurde anschließend unstreitig auch ein Betrag in Höhe von 30.000,00 DM gezahlt. Die Gewährleistungsansprüche verjährten damit frühestens am 30.09.98.
104Diese Verjährungsfrist wurde durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 29.01.98 unterbrochen, §§ 639 Abs.I, 477 Abs.II a.F. BGB. Sie begann mit Ende des Verfahrens Anfang August 1999 gemäß § 217 a.F. BGB erneut zu laufen.
105Während der Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten bis Ende September 99 war diese neue 5-jährige Verjährungsfrist anschließend gehemmt, § 638 Abs.II a.F.BGB. Die Verjährungsfrist endete damit zunächst Anfang Oktober 2004.
106Ab dem 01.01.02 galt dann zwar grundsätzlich die neue Verjährungsfrist des § 634a Nr.2 n.F. BGB. Da die alte Verjährungsfrist aber kürzer war als die neue, verblieb es beim Verjährungsende Anfang Oktober 2004 (Art.229 § 6 Abs.III EGBGB).
107Die Verjährung wurde dann erneut in unverjährter Zeit gehemmt durch den Antrag auf Erlass des Mahnbescheides vom 24.12.03 und dessen alsbaldige Zustellung, §§ 204 Abs.I Nr.3 n.F. BGB, 167 ZPO.
108VII.
109Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung in Höhe von 30.000,00 DM geht ins Leere, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass etwaige Honoraransprüche des Beklagten gegen die Klägerin aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben zumindest verwirkt sind.
110Gemäß § 242 BGB ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, das dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde [BGH NJW 1982, 1999].
111Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht insofern zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Geltendmachung des Honoraranspruches im vorliegenden Prozess nach diesen Grundsätzen treuwidrig ist.
112Die Zeugin N3 hat bekundet, dass der Beklagte, nachdem ihm die Klägerin in einem Gespräch im März 1994 die durch die Mängel bei der Bauleitung verursachten Mehrkosten aufgezeigt habe, erklärt habe, seine Restforderung auf sich beruhen zu lassen und danach seine Honorarforderung auch nie wieder geltend gemacht habe.
113Ihre Aussage ist auch insoweit glaubhaft. Die Zeugin hat nachvollziehbar und plausibel den Gesprächsablauf und den wesentlichen Gesprächsinhalt wiederzugeben vermocht. Auch auf Nachfragen ist sie bei ihren präzisen Angaben geblieben. Dass die Zeugin nicht mehr alle Einzelheiten zu erinnern vermochte und teilweise auf ihren handschriftlichen Vermerk zurückgreifen musste, ist aufgrund der zeitlichen Distanz nachvollziehbar. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht.
114VIII.
115Die ausgeurteilten Zinsen sind aus §§ 286 Abs.I, 288 Abs.I BGB begründet.
116IX.
117Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. I, 101, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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