Urteil vom Landgericht Detmold - 9 O 191/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
3Der Kläger ist Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes in der früheren Gemeinde.
4Aufgrund eines notariellen Vertrags vom 08.09.1959 (UR-Nr. 636/1959 des Notars XY in Ö) wurde der damaligen Gemeinde im Rahmen einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit u.a. das Recht eingeräumt, eine Pumpstation mit Bohrloch zu errichten und zu unterhalten (Bl. 20 – 22 d. A.).
5Im Grundbuch wurde als Inhalt der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit u.a. eingetragen: „Dass auf dem belasteten Grundstücksteil eine Pumpstation einschließlich Zu- und Ableitung und Zufahrtsweg errichtet und unterhalten werden darf“. Im Übrigen wurde auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen (Bl. 14 a d. A.).
6Im Rahmen des Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Lippe vom 05.11.1968 wurde die frühere selbständige Gemeinde ab dem 01.01.1969 in die Stadt Ö eingemeindet. Die Wasserversorgung oblag dort zunächst den Stadtwerken als Eigenbetrieb. Durch notarielle Erklärung vor dem Notar Dr. T2 vom 12.12.1972 wurde dieser Eigenbetrieb in eine GmbH, die jetzige Klägerin, nach dem Umwandlungsgesetz vom 15.08.1969 umgewandelt (Bl. 49 – 53 d. A.). Nach einer weiteren Abtretungserklärung vom 18.12.2014, Bl. 96 d. A., erfolgte im Januar 2015 die Umschreibung des Berechtigten auf die Beklagte im Grundbuch (Bl. 94 – 95 d. A.).
7In den Jahren 2012 und 2013 führte die Beklagte umfangreiche Bauarbeiten an dem Brunnen bzw. der Pumpstation durch. U.a. wurde das bisherige Bohrloch geschlossen und daneben ein neues Bohrloch gesetzt.
8Der Kläger trägt vor, die Beklagte sei zur Nutzung seines Grundstücks, insbesondere zur Förderung von Wasser durch den Brunnen und zum Betreiben der Pumpstation, nicht berechtigt. Die ursprünglich für die Gemeinde bestellte beschränkte persönliche Dienstbarkeit sei nicht wirksam auf die Beklagte übergegangen. Es fehle die Erklärung der zuständigen Landesbehörde nach § 1059 a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Bezeichnung der übertragenen Vermögensgegenstände in der Umwandlungserklärung aus dem Jahr 1972 sei nicht ausreichend bestimmt. Dementsprechend sei auch die Eintragung der Beklagten als neue Rechtsinhaberin im Grundbuch zu Unrecht erfolgt. Die Inhaltsbezeichnung des Rechtes im Grundbuch sei nicht ausreichend; insbesondere werde dort der Brunnen nicht angeführt. Die in den letzten Jahren ausgeführten Bauarbeiten seien ohne seine Zustimmung und in rechtswidriger Weise erfolgt. Die Vorschrift des § 1020 BGB sei nicht berücksichtigt worden. Man habe das alte Bohrloch instand setzen können, anstatt ein neues zu setzen. Die neue Brunnen- bzw. Pumpenanlage sei wesentlich größer dimensioniert als die frühere. Es werde auch weitaus mehr Wasser gefördert, als für die Versorgung der Gemeinde erforderlich sei. Mittlerweile diene der Brunnen auch der Versorgung anderer Gemeinden. Die Beklagte sei daher verpflichtet, über das zu Unrecht geförderte Wasser und die daraus erzielten Erlöse Rechnung zu legen. Im Übrigen sei die in Rede stehende Pumpstation mit Bohrloch als wesentlicher Bestandteil seines Grundstückes in sein, des Klägers, Eigentum übergegangen.
9Der Kläger beantragt,
101.)
11die Beklagte zu verurteilen, es ab sofort bei Meidung eines
12Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft,
13oder Ordnungshaft, zu unterlassen, die auf seinem Grundbesitz
14G1, Flur X, Flurstück X, Gebäude- und Freifläche,
15Landwirtschaftsfläche, N, zur Größe von 1 ha 63 a 27 qm
16befindliche Pumpstation mit Bohrloch zu betreiben, insbesondere
17Wasser zu fördern;
182.)
19die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über den Beginn
20und den Umfang der Verletzungshandlung gem. Ziff. 1.), und zwar
21unter Angabe der mit dem Vertrieb des geförderten Wassers erzielten
22Erlöse, sowie Rechnung zu legen durch Vorlage eines geordneten
23Verzeichnisses, das die Daten, Mengen und Preise der Lieferungen
24sowie die Gestehungskosten, die Vertriebskosten und den Gemeinkosten-
25anteil für das gelieferte Wasser enthalte;
263.)
27festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm jeglichen Schaden
28zu ersetzen, welcher ihm aus Handlungen gem. Ziff. 1.) entstanden sei
29und/oder noch entstehen werde;
304.)
31festzustellen, dass die im Antrag zu 1.) genannte, von der Beklagten
32neu errichtete Pumpstation mit Bohrloch in seinem, des Klägers, Eigentum
33stehe;
345.)
35die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten
36in Höhe von 1.706,94 € mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
37dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Sie trägt vor, sie sei aufgrund der Eingemeindung der Gemeinde und der Umwandlungserklärung aus dem Jahr 1972 Berechtigte der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit geworden.
41Die vom Kläger beanstandeten Baumaßnahmen seien erforderlich geworden, weil das alte Bohrloch verockert sei. Eine Überbohrung sei aus geologischen Gründen nicht möglich gewesen. Stattdessen habe man in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Bohrloches ein neues gesetzt. An der Art und Größe der Pumpe sei nichts Wesentliches verändert worden. Es werde auch nicht mehr Wasser gefördert, insbesondere nicht für andere Gemeinden. Es bestehe aufgrund eines Zusammenschlusses der Netze nur die Möglichkeit, in Notfällen, z. B. beim Ausfall eines anderen Brunnens, auch die Versorgung anderer Gebiete mit sicher zu stellen. Ein Schaden sei dem Kläger nicht entstanden, weil er keine Berechtigung habe, selbst Wasser zu fördern. Eigentümer des Brunnens bzw. der Pumpstation sei er nicht geworden, weil diese nur zu einem vorübergehenden Zweck Bestandteil des Grundstücks geworden sei.
42Das Gericht hat die Parteien nach § 141 ZPO gehört. Auf das Protokoll vom 03.02.2015 (Bl. 97 – 98 d. A.) wird Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe:
44Die Klage ist nicht begründet.
45Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu, weil diese aufgrund der ihr zustehenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeit den Brunnen und die Pumpstation zu Recht betreibt.
46Die Bezeichnung des Rechtes im Grundbuch als Pumpstation einschließlich Zu- und Ableitung ist ausreichend. Aufgrund der Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung umfasst dies auch den Brunnen, der dort als Bohrloch bezeichnet wird.
47Die Beklagte ist Inhaberin dieses Rechts geworden. Es ist im Rahmen der Eingemeindung von der Gemeinde auf die Stadt Ö übergegangen, die zunächst die Wasserversorgung im Rahmen eines kommunalen Eigenbetriebs betrieben hat. Durch die Umwandlungserklärung vom 12.12.1972 ist das Recht auf die jetzige Beklagte übergegangen. Zwar mag eine Übertragbarkeit nach § 1092 Abs. 3 BGB fraglich sein, weil das Recht nicht nur die Weiterleitung des Wassers umfasste, sondern auch seine Förderung. Die Übertragung war aber jedenfalls nach § 1092 Abs. 2 in Verbindung mit § 1059 a Abs. 1 Nr. 1 BGB zulässig. Bei dem Übergang nach dem Unwandlungsgesetz handelt es sich um einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge. Die Erklärung der zuständigen Landesbehörde nach § 1059 a Abs. 1 Nr. 2 BGB war daher entbehrlich. Im Übrigen wäre sie aber auch keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern dient nur als Beweismittel. Im vorliegenden Fall, bei der Umwandlung eines kommunalen Eigenbetriebs in eine GmbH, würde sie sich als reiner Formalismus darstellen. Der Einwand des Klägers, in der Umwandlungserklärung seien die Vermögensgegenstände nicht ausreichend bestimmt genug bezeichnet worden, ist nicht nachvollziehbar. Die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch ist mittlerweile erfolgt.
48Dass die Beklagte durch die in den letzten Jahren durchgeführten Baumaßnahmen die ihr eingeräumten Befugnisse überschritten oder das Recht entgegen § 1020 BGB nicht schonend ausgeübt hat, lässt sich nicht feststellen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das alte Bohrloch nicht instandgesetzt oder überbohrt, sondern ein neues Bohrloch gesetzt hat. Unstreitig ist das alte Bohrloch geschlossen worden, so dass auch weiterhin nur ein Bohrloch vorhanden ist. Der Brunnen und die Pumpstation wurden seit 1959 betrieben, so dass die Notwendigkeit größerer Überholungsmaßnahmen naheliegend sein dürfte. Ob es sinnvoller war, das alte Bohrloch zu überbohren oder ein neues zu setzen, ist eine technische Entscheidung, die im Ermessen der Beklagten lag. Dass dem Kläger durch die gewählte Verfahrensweise ein Nachteil entstanden ist, ist nicht zu erkennen. Zwar befindet sich auf seinem Grundstück jetzt neben dem aktiven Bohrloch noch ein weiteres, das verschlossen wurde. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, bei Beendigung der Nutzung auch dieses verschlossene Bohrloch zu beseitigen. Dass der Kläger die Stelle, wo sich jetzt das verschlossene Bohrloch befindet, zurzeit anderweitig nutzen, z. B. landwirtschaftlich bearbeiten könnte, ist nicht ersichtlich.
49Es ist auch nicht substantiiert vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die jetzige Anlage größenmäßige Dimensionen aufweist, die durch das Recht nicht mehr gedeckt werden. Zwar mag es sein, dass einzelne Bestandteile anders aussehen oder größer ausfallen als bei der alten Anlage. Die Bewilligung enthält jedoch keine konkreten Größenangaben mit Ausnahme der Bezeichnung der Größe der Grundfläche, die unstreitig nicht überschritten ist. Dass im Laufe vieler Jahre technische Änderungen und Neuerungen eintreten, war auch schon 1959 absehbar. Die Beklagte kann nicht gehindert werden, davon Gebrauch zu machen. Es erscheint auch abwegig zu verlangen, dass bei Überholungs- oder Erneuerungsarbeiten der Stand der Technik des Jahres 1959 beibehalten werden müsste. Auch hier ist nicht zu erkennen, dass Interessen des Klägers berührt werden.
50Soweit der Kläger geltend macht, dass mit der neuen Anlage wesentlich mehr Wasser gefördert werde als vorher, hat er dies nicht substantiiert vorgetragen. Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Termin vorgetragen, dass im Durchschnitt etwa 80.000 Kubikmeter Wasser im Jahr gefördert würden. Der gemessene und verkaufte Wert in der Gemeinde liege bei etwa 67.000 Kubikmetern. Dazu kämen noch weitere Mengen durch Wasserverlust, kostenlose Löschversuche der Feuerwehr oder Rohrspülungen.
51Demgegenüber hat auch der Kläger nicht konkret vorgetragen, dass größere Mengen in andere Gemeinden oder Ortsteile geleitet würden. Soweit Netzkopplungen bestehen, um in Notfällen, z. B. beim Ausfall anderer Brunnen, auch andere Gebiete mitzuversorgen, ist dies eine Technik, die möglicherweise 1959 noch nicht zur Verfügung stand, die aber im Rahmen technischer Weiterentwicklung noch von dem Recht umfasst ist. Im umgekehrten Fall würde auch die Gemeinde von anderen Brunnen mitversorgt werden können, wenn die dortige Anlage ausfallen sollte.
52Weil die Beklagte das Wasser in berechtigter Weise fördert, stehen dem Kläger auch keine Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche zu.
53Eigentümer der Anlagen ist der Kläger nicht geworden, weil diese nach der Bestellungsurkunde nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden sind und die Beklagte sie nach Beendigung der Nutzung wieder entfernen muss.
54Nebenentscheidungen: §§ 91, 709 ZPO.
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