Urteil vom Landgericht Detmold - 9 O 63/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.992,46 € mit Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1.336,90 € vorgerichtliche Anwaltskosten mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 12 % und die Beklagte 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Architektenhonorars in Anspruch.
3Die Klägerin erbrachte für die Beklagte Architektenleistungen für ein Projekt „Umbau/Erweiterung Heizzentrale I-Straße in B“. Sie erstellte unter dem 22. Juni 2011 ein Honorarangebot (Bl. 11 bis 14 d.A.), das ein Honorar von 60.000,00 € pauschal netto sowie weitere 3.000,00 € für das Erstellen eines Entwässerungsantrages vorsah. Das Pauschalhonorar wurde handschriftlich auf 50.000,00 € abgeändert, ein Betrag von 2.500,00 € für die Umplanung des fertigen Bauantrages wurde gestrichen.
4Unter dem 12.09.2014 fertigte die Klägerin eine Schlussrechnung über einen Gesamtbetrag von 111.526,76 €, wovon 86.257,11 € netto auf die eigentlichen Architektenleistungen, 3.000,00 € netto auf den Entwässerungsantrag und 4.462,86 € auf pauschale Nebenkosten entfallen (Bl. 15 bis 16 d.A.).
5Zugrundegelegt waren anrechenbare Baukosten nach einer Kostenfeststellung vom 16.09.2013 (Bl. 112 d.A.), von 1.063.930,29 € unter Abzug von durch Mieter beauftragten Leistungen von 132.000,00 €. Unter Abzug unstreitig geleisteter Zahlungen verbleibt rechnerisch eine Restforderung in Höhe von 45.303,26 € brutto.
6Die Klägerin trägt vor, der Architektenauftrag sei mündlich erteilt worden, so dass sie zulässigerweise nach der HOAI und den entsprechenden Mindestsätzen habe abrechnen dürfen. Ein schriftlicher Architektenvertrag mit der Vereinbarung eines Pauschalhonorars liege nicht vor, weil das Angebot vom 22.06.2011 nicht von beiden Seiten unterschrieben worden sei. Es seien allenfalls auf Seite 2 des Angebotes Paraphen vorhanden. Außerdem stelle ein Pauschalpreis von 50.000,00 € netto auch eine erhebliche Unterschreitung der Mindestsätze dar.
7Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.303,26 € mit Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2014 zu zahlen,
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2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 1.531,90 € vorgerichtlicher Anwaltskosten mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie trägt vor, es liege eine schriftliche Honorarvereinbarung in Gestalt des Angebotes vom 22.06.2011 vor, weil dieses sowohl von dem Geschäftsführer der Klägerin als auch von dem Beauftragten der Beklagten, Herrn I, abgezeichnet worden sei. Die Berufung auf ein Fehlen des Schriftformerfordernisses sei außerdem treuwidrig. Entgegen den Vereinbarungen sei die Bauleitung nicht von dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn N, persönlich wahrgenommen worden, sondern von einem Herrn S, der nach eigenem Bekunden mit dem Projekt überfordert gewesen sei. Daher sei der Bevollmächtigte der Beklagte, Herr I, während der gesamten Bauphase täglich mindestens 3 Stunden vor Ort gewesen, um die Arbeiten zu koordinieren. Hieraus ergebe sich ein Minderungsrecht. Die zugrundegelegten anrechenbaren Kosten in Höhe von 931.930,00 € netto seien nicht nachvollziehbar. Maßgeblich könnten nur die anrechenbaren Kosten aus dem Angebot in Höhe von 480.000,00 € sein. Angesichts der erheblichen Kostensteigerung stehe ein Schadenersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin im Raum. Im Übrigen würden die Höhe der Baukosten und die Abrechnung nach Mindestsätzen bestritten. Für die Gewerke Fenster- und Türelemente sowie für die Malerleistungen habe die Klägerin keine Planungs- oder Bauleitungsleistungen erbracht. Außerdem entspreche die Schlussrechnung nicht den Anforderungen nach § 14 Umsatzsteuergesetz, weil der vollständige Name des Leistungsempfängers fehle und der korrekte Zeitpunkt der Leistung nicht angegeben sei.
14Das Gericht hat den Geschäftsführer der Klägerin nach § 141 ZPO gehört. Auf das Protokoll vom 28.09.2015, Bl. 87 d.A., wird Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist §§ 631 BGB, 15 HOAI zum überwiegenden Teil begründet.
17Die Klägerin kann ihre Leistungen nach der Schlussrechnung vom 12.09.2014 abrechnen, wobei allerdings die pauschalen Nebenkosten in Höhe von 5.310,80 € brutto heraus zu rechnen sind.
18Die Beklagte kann sich nicht auf ein vereinbartes Pauschalhonorar in Höhe von 50.000,00 € bzw. 60.000,00 € netto stützen, weil es an einer schriftlichen Vereinbarung nach § 7 Abs. 1 HOAI fehlt. Das Angebot der Klägerin vom 22.06.2011 ist zwar am Schluss von dem Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnet worden. Diese Unterzeichnung bezieht sich jedoch offensichtlich zunächst nur auf das Angebot als solches, nicht auf eine zusätzliche Preisvereinbarung. Daneben finden sich auf Seite 2 des Angebotes neben den handschriftlichen Änderungen eine oder zwei Paraphen. Eine eindeutige Zuordnung dieser Handzeichen ist nicht möglich. Auch wenn sie sowohl von dem Geschäftsführer der Klägerin als auch von dem Beauftragten der Beklagten stammen sollten, ist der Erklärungsinhalt nicht sicher festzustellen. Die Paraphen müssen sich nicht notwendig auf eine Pauschalpreisvereinbarung beziehen, sondern können auch nur die Urheberschaft der handschriftlichen Änderungen dokumentieren wollen. Insgesamt ist das oder sind die Handzeichen nicht ausreichend, um eine schriftliche Preisvereinbarung feststellen zu können. Daneben liegt auch eine erhebliche Unterschreitung der Mindestsätze nach § 7 HOAI vor. Eine solche ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Das Vorliegen eines Ausnahmefalles, der sich auf den Zeitpunkt der angeblichen Vereinbarung beziehen muss, ist von der Beklagten nicht vorgetragen worden.
19Die spätere Abrechnung der Leistungen nach den Mindestsätzen der HOAI ist auch nicht treuwidrig. Soweit in dem Angebot eine niedrigere Summe genannt wird, ist dies zu einem erheblichen Teil darauf zurückzuführen, dass niedrigere anrechenbare Kosten in Ansatz gebracht worden sind. Es gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, dass die Klägerin in unredlicher Weise versucht hätte, die Beklagte über die tatsächlich entstehenden Kosten zu täuschen.
20Die korrekte Abrechnung der Leistungen nach den Mindestsätzen der HOAI und den zutreffenden anrechenbaren Kosten hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Die Klägerin hat auf Bl. 112 d.A. eine Kostenfeststellung vorgelegt. Die dort ausgewiesenen Kosten müssen auch der Beklagten als Bauherrin bekannt sein. Konkrete Einwendungen gegen die Höhe bestimmter Rechnungspositionen hat die Beklagte nicht vorgebracht. Ein Minderungsrecht der Beklagten ist nicht zu erkennen. Auch wenn vereinbart worden sein sollte, dass die Architektenleistungen von dem Geschäftsführer der Klägerin persönlich zu erbringen waren, ist nicht vorgetragen, woraus sich ein Minderwert der Leistungen ergeben sollte. Diese sind unstreitig fertiggestellt. Mängel sind nicht vorgetragen. Ein Minderungsanspruch kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Beauftragte der Beklagten angeblich regelmäßig vor Ort gewesen ist. Soweit sich die Beklagte hier möglicherweise auf dadurch entstandene Mehrkosten berufen will, fehlt jeder nachvollziehbare Sachvortrag.
21Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Schlussrechnungen nicht den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes genüge, ist schon nicht recht verständlich, worauf sich dieses beziehen soll. Im Übrigen würde das aber auch ein Zurückbehaltungsrecht nicht begründen können.
22Ebenso fehlt jeder nachprüfbare Vortrag zu einem evtl. Schadenersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen schuldhafter Kostenüberschreitung.
23Die Rechnung der Klägerin war allerdings um die pauschal abgerechneten Nebenkosten zu kürzen. Eine solche pauschale Abrechnung setzt eine schriftliche Vereinbarung voraus, die jedoch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht existiert. Einzelnachweise sind nicht vorgelegt worden.
24Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten folgt aus § 286 BGB, allerdings nur in Höhe der berechtigten Restforderung.
25Zinsen: § 288 BGB
26Nebenentscheidungen: §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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