Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 S 261/78
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6. Juni 1978 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger - Immobilienmakler - verlangt von den Beklagten
3Zahlung der vereinbarten Maklerprovision.
4Im Jahre 1975 wandten sich die Beklagten aufgrund einer
5Zeitungsannonce, in der ein Grundstück angeboten wurde
6an den Kläger. Der Kläger bot ihnen ein Grundstück an,
7welches er im Alleinauftrag gegen Provision für die
8vermeintliche Eigentümerin Frau T veräußern sollte.
9Mit dieser hatte er einen Verkaufspreis von 100,-- DM
10pro qm vereinbart. Der von ihm darüber hinaus erzielte
11Mehrerlös sollte ihm und dem mit ihm arbeitenden Architekten L zufließen.
12Die Beklagten gingen aufgrund der Zeitungsannonce davon
13aus, daß der Kläger eine "Doppeltätigkeit" als Makler
14ausübt. Sie wurden jedoch von dem, Kläger ,nicht über
15die "Mehrerlösklausel" unterrichtet. Sie selbst verpflichteten
16sich aufgrund schriftlichen Vertrages,
173 % des Kaufpreises als Maklerprovision zu zahlen.
18Am 10. Dezember 1975 schlossen die Beklagten und die
19vermeintliche Eigentümerin Frau T einen notariellen
20Kaufvertrag über das Grundstück. Der Kaufpreis betrug
21115,-- DM pro qm.
22Bei der Durchführung des Kaufvertrages stellte sich heraus,
23daß nicht Frau T, sondern deren Sohn alleinverfügungsberechtigt
24war. Der notarielle Vertrag wurde
25daraufhin als gegenstandslos betrachtet.
26In der Folgezeit erfuhren die Beklagten von der "Mehrerlösklausel.
27Sie waren empört, daß sie einen um 15,-- DM
28pro qm überhöhten Kaufpreis zahlen sollten. Sie teilten
29dies unter dem 18. Mai 1976- wobei sie sich auf eine bereits mündlich erledigte Kündigung vom 19.4.1976 beriefen - dem Architekten L, der
30bis dahin auch die Verhandlungen für den Kläger geführt
31hatte, mit. Unter dem 18. Mai 1976 kündigten sie den
32Maklervertrag gegenüber dem Kläger.
33Am 21. Mai 1976 schlossen sie mit dem Grundstücksver-
34fügungsberechtigten T2 einen neuen
35notariellen Kaufvertrag und erwarben das Grundstück
36zu einem Kaufpreis von 104,-- DM pro qm.
37Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von 48.800,-- DM verlangt
38der Kläger 3 % als vereinbarte Maklerprovision + 11 % Mehrwertsteuer.
39Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung
40hat es im wesentlichen ausgeführt: Zwar sei dem Makler
41eine Doppeltätigkeit erlaubt. Er habe jedoch vorliegend
42treuwidrig gehandelt, weil er sowohl seine Doppelltätigkeit
43als auch die Vereinbarung der Mehrerlösklausel verschwiegen
44habe.
45Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.
46Der Kläger rügt, der Amtsrichter habe übersehen, daß die
47Beklagten von seiner Doppeltätigkeit gewußt hätten.
48Er beantragt dementsprechend,
49das angefochtene Urteil aufzuheben und
50die Beklagten zu verurteilen, ihm 1.629,.17 DM
51nebst 9 % Zinsen seit dem 8. September 1977
52zu zahlen.
53Die Beklagten beantragen,
54die Berufung zurückzuweisen.
55Sie halten das angefochtene Urteil für richtig. Im-übrigen
56haben sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, von der
57Doppeltätigkeit des Klägers - jedoch nicht von der Mehrerlösklausel-
58gewußt zu haben.
59Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens
60wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz,
61gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
62Entscheidungsgründe:
63Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
64Dem Kläger steht keine Maklerprovision zu.
65a) Aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Makler-
66vertrages waren die Beklagten zunächst grundsätzlich verpflichtet,
67die vereinbarte Maklerprovision zu zahlen.
68Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß trotz des Wechsels
69auf der Verkäuferseite die Bemühungen des Klägers für
70das endgültige Zustandekommen des Kaufvertrages ursächlich
71-zumindest mitursächlich- waren. Es ist anerkannte Rechtsprechung,
72daß eine Mitursächlichkeit ausreicht (z.B. BGH
73in WPM 74, 257).
74b) Der Anspruch auf den Mäklerlohn ist auch nicht etwa
75gemäß § 654 BGB deswegen verwirkt, weil der Kläger zugleich
76als Nachweis-und als Vermittlungsmakler aufge-
77treten ist. Diese sogenannte Doppeltätigkeit des Maklers
78ist grundsätzlich erlaubt (BGH in NJW 1970,1076, Glaser
79in MDR1971 Seite 271). Hier bestehen schon deswegen
80keine Bedenken, weil die Beklagten- wie sie eingeräumt
81haben - von der Doppeltätigkeit des Klägers wußten.
82c) Bedenken könnten allenfalls deswegen bestehen, weil
83- was unstreitig ist - der Kläger die mit der Verkäuferin
84Getroffene "Mehrerlösklausel" verschwiegen hat. Der BGH
85hat in der bereits zitierten Entscheidung (BGH 70,
861075) ausgeführt, daß der Makler, der für den Verkäufer
87als Vermittlungsmakler und für den Käufer als Nachweismakler
88tätig wird, dem Käufer, der von der Vermittlungs-
89tätigkeit für den Verkäufer weiß, nicht mitzuteilen braucht,
90daß er sich vom Verkäufer den über einen bestimmten Kauf-
91preis erzielten Übererlös als Provision hat versprechen,
92lassen. Die Kammer folgt dieser Entscheidung, da die
93Beklagten als Kaufinteressenten grundsätzlich damit rechnen
94mußten, daß der als Vermittlungsmakler, eines Verkäufers
95auftretende Kläger bestrebt sein werde, im Rahmen, der
96Marktlage einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen.
97Ob dieser allgemeine Satz allerdings auch dann noch gilt,
98wenn - wie hier- eine Mehrerlösklausel von 15 % in Frage
99steht, erscheint der Kammer bedenklich. Wenn die Beklagten
100aufgrund der dargelegten Umstände auch von vornherein die
101mit dem Kläger getroffene Vereinbarung nicht dahin ver-
102stehen konnten, daß dieser bei den Bemühungen um das Zustandekommen
103des Grundstückkaufvertrages ihre Interessen
104als Käufer, insbesondere an einem möglichst niedrigen
105Kaufpreis, wahrzunehmen und sich in diesem Sinne einzu-
106setzen hätte, durftensie doch zumindest darauf
107vertrauen, daß der Kläger ihre Interessen im eigenen Provisionsinteresse nicht völlig außer Betracht lassen würde.
108Ob unter diesen Gesichtspunkten bereits eine Verwirkung
109des Anspruchs nach § 654 BGB angenommen werden kann, kann
110jedoch dahingestellt bleiben, da die Beklagten den Maklervertrag
111wirksam gekündigt haben.
112d) Unter dem 18. Mai 1976 haben die Beklagten den Maklervertrag
113schriftsätzlich gekündigt. Die Kündigung ist zulässig.
114Sie ist weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen.
115Sie wäre allenfalls dann unzulässig, wenn sie ein treuwidriges
116Verhalten der Beklagten darstellen würde, nämlich
117dann, wenn sie die Kündigung lediglich deswegen ausgesprochen
118hätten, um dem Provisionsanspruch des Klägers
119zu entgehen, obwohl dieser bereits alles- oder fast alles-
120für das Zustandekommen des Grundstückskaufes getan hatte.
121Dass dieses das Motiv der Beklagten war, hat der Kläger
122nicht zu beweisen vermocht. Die gesamten Umstände sprechen
123vielmehr dafür, daß die Beklagten den Vertrag lediglich
124deshalb gekündigt haben, weil ihnen der Kläger die Mehrerlösklausel
125verschwiegen hatte.
126Die Kammer sieht dieses Verhalten des Klägers im vorliegenden
127Falle als so treuwidrig an, daß die darauf gestützte
128Kündigung der Beklagten ihrerseits nicht als treu-
129widrig bezeichnet werden kann. Es kann dahinstehen, ob
130in Anlehnung an die bereits zitierte Rechtsprechung des
131BGH (BGH in NJW 1970, 1075 f) das Verschweigen der Mehrerlösklausel
132grundsätzlich als Kündigungsgrund angesehen werden
133kann, das eine Treuwidrigkeit der Kündigenden ausschließt.
134Im vorliegenden Fall ist die Besonderheit, daß der angestrebte
135Mehrerlös mit 15 % nach Ansicht der Kammer derart
136hoch ist, daß den Kaufinteressenten die Gelegenheit,
137gegeben werden muß, nach Kenntnis der Mehrerlösklausel
138- unabhängig, davon in welchem Stadium sich die Verkaufsverhandlungen
139befinden - den Maklervertrag aufzukündigen.
140Die Kammer setzt sich damit nicht in Widerspruch zu der
141oben zitierten Entscheidung des BGH (BGH a.a.O.). Dort
142ist lediglich darüber entschieden worden, ob ein bereits
143entstandener Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB als
144verwirkt anzusehen ist. Es ist jedoch in dieser Ent-
145scheidung nicht darüber entschieden worden, ob die Kauf-
146interessenten bei einer späteren Kenntnis einer Mehr-
147erlösklausel berechtigt sind, sich vom Vertrage loszusagen.
148Im ersteren Falle gehen die Kaufinteressenten bewußt
149das Risiko ein, einen "überhöhten" Kaufpreis zu zahlen.
150Es darf ihnen jedoch nicht die Möglichkeit genommen
151werden, dieses Risiko auszuschalten,wenn sie erst nachträglich
152davon erfahren, insbesondere dann nicht, wenn
153ein derartig überhöhter Mehrerlös - wie hier-erzielt
154werden soll.
155Die Kündigung der Beklagten ist infolgedessen zulässig,
156so daß der Kläger keinen Provisionsanspruch hat .
157e) Mögliche Schadensersatzansprüche -wie sie das Landgericht
158Aachen in seiner Entscheidung (NJW 1951 Seite 657 f) prüft-
159sind schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagten aufgrund
160der obigen Ausführungen berechtigt waren, den Maklervertrag
161zu kündigen.
162Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO
163zurückzuweisen.
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