Urteil vom Landgericht Dortmund - 6 O 760/82
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die
Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 2.400,-- DM vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin kaufte am 7.11.1980 bei der Firma Daimler Benz
3AG in E einen fabrikneuen Mercedes Benz Combiwagen
4Typ 230 TE nebst Zubehör zum Nettopreis von 30.438,00 DM.
5Der Wagen wurde von der Beklagten zur Versicherungs-Nummer
6############ diebstahlsversichert.
7Mit Schadensanzeige vom 7.10.1981 meldete die Klägerin den
8Wagen als am 3.10.1981 auf der L-straße in X
9gestohlen. Die Beklagte lehnte unter dem 19.8.1982 einen
10Versicherungsschutz unter anderem mit der Begründung ab, die
11Klägerin habe bisher einen Diebstahl des Fahrzeugs nicht
12nachgewiesen. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird
13auf Blatt 16 der Akten Bezug genommen.
14Die Klägerin, die den Kaufpreis für den Mercedes bei der
15C in E finanziert hat, wurde
16von dieser mit rechtskräftigem Vollstreckungsbescheid
17unbekannten Datums auf Zahlung von 17.777,00 DM nebst 18 %
18Verzugszinsen von 16.264,05 DM seit dem 21.12.1981 in
19Anspruch genommen. Den etwaigen Ersatzanspruch im Falle eines
20Diebstahls hat die Klägerin an die Kreditbank abgetreten.
21Die Klägerin behauptet unter näherer Darlegung, der vorbestrafte
22I habe den Wagen gestohlen. Die Originalfahrzeugschlüssel
23habe die Beklagte erst deshalb am
2411.12.1981 zugesandt erhalten, weil zwei der drei Originalschlüssel
25zu sorgfältig weggelegt worden seien. Die Klägerin
26ist im übrigen der Auffassung, die Beklagte habe ihr nicht
27nur den Schätzwert des Wagens, den die Beklagte angesichts
28der Kilometerleistung von ca. 45.000 zu niedrig veranschlagt
29habe, sondern den Neuwert zu erstatten, da sie sich ein
30gleichwertiges Neufahrzeug anschaffen wolle.
31Die Klägerin beantragt,
32die Beklagte zu verurteilen,
331) an die C, E zu
34dem Aktenzeichen ########## für sie 17.777,00 DM nebst 18 % Zinsen von
3516.264,05 DM seit dem 10.2.1982 und
362) an sie weitere 12.661,00 DM nebst
375 % Zinsen seit dem 14.1.1983 zu zahlen.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Sie stellt ihre Leistungspflicht in Abrede und behauptet
41unter Bezugnahme unter anderem auf eine polizeiliche Aussage
42des I, der Mercedes Combi sei im Einverständnis mit
43den Gesellschaftern der Klägerin, Frau B und Herrn
44T, am Abend des 2.10.1981 Herrn I übergeben worden,
45damit dieser das Fahrzeug nach Polen überführe. Im übrigen
46habe die Klägerin auch vorsätzlich falsche Angaben bezüglich
47des Kilometerstandes des Fahrzeuges, gemacht, weshalb ihr der
48Versicherungsschutz zu versagen sei. Schließlich ist die
49Beklagte der Auffassung, gem. § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht
50freigeworden zu sein, da die Klägerin durch das
51unstreitige Zurücklassen des Fahrzeugscheins im Handschuhfach
52grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeigeführt habe.
53Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens
54wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten
55Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
56Entscheidungsgründe
57Die Klage ist unbegründet.
58Ein Zahlungsanspruch aus der bei der Beklagten abgeschlossenen
59Diebstahlsversicherung steht der Klägerin nicht zu.
60Der Klägerin ist der Versicherungsschutz zwar nicht wegen
61bewußt falscher Angaben in der Schadensanzeige hinsichtlich
62des Kilometerstandes zu versagen. Nach den von ihr zu den
63Akten gereichten Inspektionsrechnungen kann nicht davon
64ausgegangen werden, daß die Klägerin bei der Schadensmeldung
65vorsätzlich falsche Angaben zu Kilometerleistung ihres
66Fahrzeuges gemacht hat.
67Die Beklagte ist jedoch gem. § 61 VVG von ihrer Leistungsverpflichtung
68freigeworden, da die Klägerin
69- unterstellt, es hat tatsächlich ein Fahrzeugdiebstahl
70stattgefunden - den Versicherungsfall grob fahrlässig
71herbeigeführt hat. Die Klägerin hat nämlich den Fahrzeugschein
72im Handschuhfach des Mercedes Combi verwahrt. Wenn
73dadurch auch der Diebstahl an sich nicht begünstigt oder
74provoziert worden ist, so wurde aber der eingetretene Schaden
75durch das Zurücklassen des Fahrzeugscheins im Wagen erheblich
76vergrößert. Bei Fahrzeugkontrollen wird, jedenfalls so lange
77das Fahrzeug noch nicht als gestohlen gemeldet und zur
78Fahndung ausgeschrieben ist, der Dieb ungehindert weiterfahren
79können, da er aufgrund der Tatsache, daß er den
80Kfz-Schein bei sich führt, als zum Führen des Fahrzeugs
81berechtigt angesehen wird. Es ist daher für einen Dieb ein
82Leichtes, das Fahrzeug über die Grenze zu bringen, wo es dem
83unmittelbaren Zugriff der Deutschen Polizei entzogen ist und
84es in dritte Länder zu schaffen. Der Absatz des Fahrzeuges
85wird dem Dieb dabei aufgrund des vorhandenen Kfz-Scheines
86erleichtert.
87Das Zurücklassen des Kfz-Scheins im abgestellten Wagen
88begründet den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des
89§ 61 VVG. Grob fahrlässig im Sinne der vorgenannten Bestimmung
90handelt derjenige Versicherungsnehmer, der wußte
91oder doch wissen mußte, daß sein Verhalten geeignet war, den
92Eintritt des Versicherungsfalles oder die Vergrößerung des
93Schadens zu fördern (vgl. Pröls/Martin § 61 VVG, Anm. 4).
94Die Klägerin mußte mit der Möglichkeit rechnen, daß ihr
95abends unbewacht abgestelltes Fahrzeug von einem Dieb
96aufgebrochen werden konnte und daß dieser den Kfz-Schein im
97Handschuhfach finden und benutzen würde. Das Kennenmüssen der
98Klägerin bzw. ihres gesetzlichen Vertreters wird auch nicht
99dadurch ausgeschlossen, daß der Kfz-Schein im angeblich
100verschlossenen Handschuhfach aufbewahrt worden sein soll. Es
101dürfte jedem Fahrzeughalter bekannt sein, daß sich ein
102Handschuhfach ohne größere Schwierigkeiten aufbrechen läßt,
103wobei sichtbare und auffällige Beschädigungen in der Regel
104nicht auftreten.
105Die Klägerin hat daher durch das Zurücklassen des Kfz-Scheins
106einem möglichen Dieb die Arbeit besonders leicht gemacht und
107mußte auch wissen, daß eine solche Verhaltensweise geeignet
108ist, die Vergrößerung des Schadens zu bewirken (vgl.
109Landgericht München VersR. 81, 545 f).
110Die Beklagte hat sich somit zu Recht auf den Wegfall ihrer
111Leistungsverpflichtung gem. § 61VVG berufen. Die Klage war
112demnach mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.
113Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
114auf § 709 ZPO.
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