Beschluss vom Landgericht Dortmund - 9 T 560/85
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die
Beschwerdeführerin nach einem Gegenstandswert
von 30.000,-- DM.
1
Gründe
2Mit Schreiben vom 25.07.1985 hat der seinerzeitige Geschäfts-
3führer der Firma Q GmbH, S, beantragt, das
4Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wegen
5Zahlungseinstellung und Überschuldung zu eröffnen. Mit
6Schreiben vom 29.07.1985 der Gesellschafter wurde der
7Geschäftsführer entlassen.
8Mit Schreiben vorn 05.08.1985 meldete sich als neuer Ge-
9schäftsführer der Firma Q Herr F und
10erklärte gegenüber dem Amtsgericht, der Konkursantrag werde
11von ihm mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.
12Mit Schreiben vom 06.08.1985 legte der frühere Geschäfts-
13führer S entsprechend einer Aufforderung des Amts-
14gerichts vom 30.07.1985 eine Übersicht über die Vermögens-
15masse der Gesellschaft im Zeitpunkt seines Antrags auf
16Konkurseröffnung vor.
17Das Amtsgericht hat am 16.08.1985 mit dem angefochtenen
18Beschluß ein allgemeines Veräußerungsverbot über das Vermögen
19der Firma Q erlassen.
20Mit seinem "Einspruch" vom 29.08.1985 gegen diesen Beschluß
21beruft sich der neue Geschäftsführer auf die von ihm erklärte
22Rücknahme des Konkursantrags.
23Der als sofortige Beschwerde geltende "Einspruch" ist gemäß §
2473 Abs. 3 KO zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene
25Beschluß ist gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO zu Recht ergangen.
26Allerdings ist Voraussetzung für ein Veräußerungsverbot im
27Rahmen von § 106 KO, daß ein zulässiger Konkursantrag
28-noch-vorliegt (vgl. Böhle-Stamschräder-Kilger, § 106 Anm.1).
29Diese Voraussetzung ist aber durch den Antrag des früheren
30Geschäftsführers S gegeben und duch die Erklärung des
31neuen Geschäftsführers nicht weggefallen. Zwar kann der
32Antrag auf Konkurseröffnung bis zum Zeitpunkt der Konkurser-
33öffnung zurückgenommen werden (vgl. Böhle-Stamschräder-
34Kilger, § 103 Anm. 2 m.w.N.). Auch wird der Antrag durch den
35Geschäftsführer für die GmbH gestellt (vgl. Scholz-Schmidt,
36GmbH-Gesetz, § 63 Anm. 18 und 20) und kann demzufolge für die
37GmbH nur vom Geschäftsführer zurückgenommen werden.
38Der von einem Geschäftsführer gestellte Konkursantrag kann
39aber nicht von einem späteren Geschäftsführer zurückgenommen
40werden.
41Für den Fall, daß einer von mehreren Geschäftsführern den
42Konkursantrag stellt und ein anderer gleichzeitig amtierender
43Geschäftsführer diesen Antrag zurücknehmen will, ist aner-
44kannt, daß der Antragsrücknahme keine Wirkung zukommt (vgl.
45LG Tübingen, KTS 1961, 158; Scholz-Schmidt, § 63 Anm. 20;
46Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
47Gleiches gilt, wenn der den Konkursantrag stellende Ge-
48schäftsführer abgelöst wird und sein Nachfolger den Antrag
49zurücknehmen will.
50Das Kammergericht hat diese Frage in einem Beschluß vom
5113.05.1965 offengelassen (KG NJW 1965, 2157 ff., 2159).
52Jaeger (KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22) meint, daß mit dem
53Widerruf der Bestellung des antragstellenden Geschäftsführers
54eine Rücknahme des Konkursantrags durch die übrigen Ge-
55schäftsführer möglich werde.
56Nach Ansicht der Kammer ist dagegen weder durch die Ab-
57berufung des Geschäftsführers,der den Konkursantrag gestellt
58hat, noch durch die Neubestellung eines anderen Geschäfts-
59führers die Möglichkeit geschaffen, den Konkursantrag eines
60Geschäftsführers durch einen anderen (neuen) Geschäftsführer
61zurückzunehmen.
62Die Pflicht zur Stellung des Konkursantrags besteht für den
63Geschäftsführer nach § 64 GmbH-Gesetz persönlich und auch im
64öffentlichen Interesse (vgl. Hachenburg-Ulmer, § 64 Anm. 1).
65Selbst entgegenstehende Weisungen können den Geschäftsführer
66nicht von dieser persönlichen Verpflichtung befreien (vgl.
67Hachenburg-Ulmer, GmbH-Gesetz, § 64 Anm. 7 und 32; Mentzel-
68Kuhn-Uhlenbruck, 9. Aufl., Vorbemerkung D 14 vor § 207;
69Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).
70Deshalb kann der Wechsel im Amt des Geschäftsführers nicht
71die Möglichkeit der Rücknahme des Konkursantrags durch einen
72neuen Geschäftsführer begründen. Der durch § 64 GmbH-Gesetz
73angestrebte Zweck würde gefährdet, wenn man die Rücknahme des
74Konkursantrags durch den Nachfolgegeschäftsführer für wirksam
75halten wollte.
76Der neue Geschäftsführer kann im Rahmen der Prüfung des
77Konkursgerichts nach § 105 Abs. 2 KO, ob Konkursreife gegeben
78ist, darlegen, daß die sonstigen Voraussetzungen der Konkurs-
79eröffnung nicht gegeben sind. Diese Möglichkeiten für den
80neuen Geschäftsführer im Rahmen der Amtsermittlung des
81Konkursgerichts sind als ausreichend anzusehen. Denn mit dem
82Bestand des Konkursantrags ist noch nicht über die Konkurs-
83eröffnung entschieden und die Erfüllung der gesetzlichen
84Verpflichtung aus § 64 GmbH-Gesetz durch einen Geschäfts-
85führer darf nicht durch den Wechsel der Person des Ge-
86schäftsführers und gegenteilige Erklärungen eines späteren
87Geschäftsführers hinfällig werden.
88Die sofortige Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Die
89Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 ZPO, 35 GKG,
903 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.