Urteil vom Landgericht Dortmund - 15 S 322/89
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil
des Amtsgerichts Dortmund vom 17.8.1989
- unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung -
wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
638,00 DM ( i. W.: sechshundertachtunddreißig
Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit 31.1.1989
zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die
Beklagte 87 % und der Kläger 13 %.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543
Abs. 1 ZPO abgesehen.
1
Entscheidungsgründe
2Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache in Höhe
3von 638,00 DM Erfolg.
4Der Kläger hat einen fälligen Anspruch gegen die Beklagte
5auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens für die Zeit
6vom 09. bis 19.12.1988, in welcher sein Fahrzeug unstreitig
7in der Werkstatt der Firma N war (11 Tage) zu je
858,00 DM täglich. Der Anspruch des Klägers war spätestens
9zu dem Zeitpunkt fällig geworden, als der Kläger der Be-
10klagten anhand der Bescheinigung der Firma N die
11reparaturbedingte Ausfallzeit von 11 Tagen mitgeteilt
12hatte. Für den vom Kläger gefahrenen Pkw Audi 80, 1,8 l
13Hubraum, 66 kw = 90 PS sieht die Tabelle Sanden-Danner
14(Stand 01.09.1987) gemäß Gruppe E einen Nutzungswert von
1558,00 DM täglich vor. Auch der eigene Sachverständige hatte
16das Fahrzeug in diese Gruppe eingeordnet. Zubehör ist nicht
17geeignet, das Fahrzeug in eine höhere Gruppe einzuordnen.
18Der Kläger hat daher nur einen Anspruch in Höhe von
19638,00 DM.
20Der Beklagten steht dem gegenüber kein Zurückbehaltungsrecht
21gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu. Sie hat keinen fälligen Gegen-
22anspruch gegen den Kläger auf Vorlage der oder einer Re-
23paraturkostenrechnung. Ob die Beklagte einen solchen Gegen-
24anspruch überhaupt haben kann, kann dahinstehen. Die Be-
25klagte begehrt die Vorlage der Rechnung nur zu dem Zweck,
26prüfen zu können, ob die von ihr gezahlten Reparaturkosten
27[gemäß dem ihr vorgelegten Gutachten höher sind als die
28tatsächlich infolge der Reparatur verauslagten Kosten;
29sie meint in diesem Falle einen Rückzahlungsanspruch gegen
30den Kläger zu haben, mit dem sie dann eventuell gegenüber
31dem Nutzungsentschädigungsanspruch aufrechnen will.
32Einen möglichen Rückzahlungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB)
33hat die Beklagte jedoch nicht dargelegt. Denn sie hat die
34geschätzten Reparaturkosten gemäß Gutachten, ohne irgend-
35einen konkreten Einwand dagegen erhoben zu haben, vorbe-
36haltlos gezahlt. Dem Vortrag des Klägers, die Beklagte habe
37die Richtigkeit der im Gutachten ausgewiesenen Schäden bzw.
38deren wertmäßige Erfassung vor der Zahlung überprüft, hat
39die Beklagte nicht widersprochen. Ein Rückforderungsanspruch
40trotz Zahlung ohne Vorbehalt ist daher nicht ersichtlich,
41so daß auch kein diesen Anspruch vorbereitender Anspruch
42auf Vorlage der Reparaturrechnung, sollte überhaupt eine
43solche Rechnung existieren, besteht. Nachdem die Beklagte
44diese Schadensposition (Reparaturkosten gemäß Gutachten)
45anstandslos vorgerichtlich beglich, stellt sich im vor-
46liegenden Falle im nachhinein nicht mehr Frage, ob der Kläger be-
47rechtigt war, die Reparaturkosten auf Gutachtenbasis trotz
48durchgeführter Reparatur abzurechnen, oder ob er nur auf
49der Basis der tatsächlich verauslagten Reparaturkosten
50abrechnen konnte. Gegen die Ansicht der Beklagten, der
51Kläger müsse nach durchgeführter Reparatur auf der Basis
52der tatsächlich gezahlten Reparaturkosten abrechnen und
53daher die Rechnung vorlegen, ist die erst in jüngster Zeit
54veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW
551989, 3009 = NZV 89, 465) anzuführen, wonach der Ge-
56schädigte gemäß § 249 Satz 2 BGB den zur Herstellung er-
57forderlichen Geldbetrag für eine von ihm selbst veranlaßte
58Reparatur verlangen kann. Für das, was zur Schadensbe-
59seitigung nach § 249 Satz 2 BGB erforderlich ist, ist
60ein objektivierender, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
61typisierender Maßstab anzulegen. Dafür kann das Schätzungs-
62gutachten eines anerkannten Sachverständigen über die Höhe
63der voraussichtlichen Reparaturkosten für das Gericht eine
64sachgerechte Grundlage sein, sofern das Gutachten hin-
65reichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen läßt,
66den konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirt-
67schaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (BGH
68a.a.O.). Das Schätzungsgutachten legt zwar den zu be-
69anspruchenden Schadensersatz für die Reparatur nicht
70bindend fest; auch kann die Reparaturrechnung zu einer
71genaueren Bemessung des nach § 249 Satz 2 BGB geschuldeten
72Ersatzbetrages führen. Das Schätzungsgutachten ist aber
73dann eine ausreichende Grundlage für die Frage, welcher
74Betrag zur Schadensbeseitigung erforderlich ist, wenn die
75Versicherung keine substantiierten Einwendungen gegen das
76Schätzungsgutachten des Sachverständigen vorbringt. Das
77vom Kläger eingeholte Schätzungsgutachten wäre daher eine
78ausreichende Grundlage zur Bewertung des Fahrzeugschadens
79gewesen; denn Einwendungen hiergegen hat die Beklagte bis
80heute nicht vorgebracht.
81Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 288, 284 BGB;
8292 Abs. 1 ZPO.
83Gegenstandswert: 737,00 DM
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Referenzen
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