Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 223/90
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt,
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlunq vom Gericht festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.0OO,0O DM, ersatz-
weise 0rdnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-
lassen, im Zusammenhang mit \/erträqen, sofern
diese nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines
Handelsgewerbes abgeschlossen werden, in all-
gemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder
inhaltsgleiche Klauseln zu vewenden:
1.
Das Mitglied hat eine Kopie dieser Beitrittserklärung
Erhalten
2. Mündliche Absprachen sind ungültig. Sie
bedürfen der schriftlichen Bestätigung.
3.Krankheit oder sonstiger Hinderungsgrund
zur Teilnahme am Training entbindet nicht von
der Beitragszahlung.
4. Die Mitgliedschaft ruht nur während der
Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen
Grundwehrdienstes.
5. Bei eventuellen Mahnungen wird pro Mahnung
eine Gebühr in Höhe von 5,00 DM erhoben.
6. Wenn nicht spätestens zwei Monate vor Ab-
lauf der Reitrittserklärung schriftlich
-per Einschreiben- gekündigt wird, verlängert
sich die Mitgliedschaft jeweils um 6 Monate.
7. Wird es dem Fitneß-Center aus Gründen, die
es nicht zu vertreten hat (höhere Gewalt)
unmöglich, Leistungen zu erbringen, so hat der
Teilnehmer keinen Anspruch auf Schadens-
ersatz bzw. Ersatzstunden.
8. Bei Minderjähriqkeit des Trainingsteil-
nehmers haften die Erziehungsberechtigten
für die Erfüllung der Beitragspflicht.
9. Unterschreibt nur ein Erziehungsberechtigter,
so versichert er damit, auch in Vollmacht des
anderen Erziehungsberechtigten zu handeln.
II. Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen,
die Urteilsformel mit der Bezeichnung des ver- .
urteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten
im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten
bekanntzumachen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der
Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für
die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheits-
leistung in Höhe von 10.000,00 DM.
1
T A T B E S T A N D
2Die Kläqerin, ein qerichtsbekannter Verbraucherschutzverband
3im Sinne yon § 13 Abs. 2 Z i F f. 2 AG B - Gesetz, beqehrt von dem
4Beklaqten, der unter der Firma "G" in J
5ein Fitneß-Studio betreibt, die Unterlassung von Verwendung
6bestimmter AGB-Klauseln, die die Klägerin weqen Verstoßes
7gegen das AGB-Gesetz für unwirksam hält.
8Die Kläqerin beantragt,
9I. den Beklagten zu verurteilen,
10es bei Vermeidung eines für jeden Fall der
11Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden
12Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatz-
13weise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-
14lassen, in Zusammenhang mit Verträgen, sofern
15dieses nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines
16Handelsgewerbes abgeschlossen werden, in all-
17gemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder
18inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden:
191. Das Mitglied hat eine Kopie dieser Beitritts-
20erklärung erhalten.
212. Mündliche Absprachen sind ungültig. Sie
22bedürfender schriftlichen Bestätigung.
233. Krankheit oder sonstiger Hinderungsgrund
24zur Teilnahme am Training entbindet nicht von
25der Beitragszahlung.
264. Die Mitgliedschaft ruht nur während der
27Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen
28Grundwehrdienstes.
295. Sei eventuellen Mahunqen wird pro
30Mahnung eine Gebühr in Höhe von 5,00 DM
31erhoben.
326. Wenn nicht spätestens zwei Monate vor Ab-
33lauf der Beitrittserklärung schriftlich
34-per Einschreiben- qekündigt wird, verlängert
35sich die Mitgliedschaft jeweils um 6 Monate.
367. Wird es demFitneß-Center aus Gründen, die
37es nicht zu vertreten hat (höhere Gewalt)
38unmöqlich, Leistungen zu erbringen, so hat
39der Teilnehmer keinen Anspruch auf Schadens-
40ersatz bzw. Ersatzstunden.
418. Bei Minderjährigkeit der Trainingsteilnehmers
42haften die Erziehunqsberechtiqten für die Er-
43füllung der Beitragspflicht.
449. Unterschreibt nur ein Erziehungsberechtigter,
45so versichert er damit, auch in Vollmacht
46des anderen Erziehungsberechtigten zu handeln.
47II. Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen,
48die Urteilsformel mit der Bezeichnung des ver-
49urteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten
50im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene
51Kosten bekanntzumachen.
52Der Beklaqte beantragt.
53die Klage abzuweisen
54Wegen der weiteren Einzelheiten, des Sach- und Streitstandes
55wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der von den
56Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegen-
57stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
58Entscheidungsgründe
59Die Klaqe ist begründet.
60Die von der Klägerin beanstandeten AGB-Klauseln sind wegen
61Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam und dürfen von
62dem Beklagten nicht weiter verwendet werden:
63Die Klausel "das Mitglied hat eine Kopie der B e i t r i t t s e r k l ä r u n q
64erhalten" verstößt gegen § 11 Nr. 15 b AGB-Gesetz, weil sie
65eine Tatsachenbestätigung enthält, die die Beweislast faktisch
66zum Nachteil des Kunden verschiebt, so ist insbesondere die
67Bestätigung, eine Durchschrift des Vertrages erhalten zu
68haben, unzulässig (Palandt-Heinrichs, BGH NJW 1988, 2108 Anm. 15 c zu §11 AGB-Gesetz.
69Die von der Klägerin beanstandete Schriftformklausel verstößt
70gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil sie den grundsätzlichen Vor-
71rang der auch mündlich getroffenen Individualabreden (§ 4 AGBG)
72negiert.
73Die unter Ziff. 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
74Beklagten aufgeführte Klausel ist wegen Verstoßes gegen
75§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz unzulässig:
76Durch diese Regelung wird das Recht auf eine außerordent-
77liche Kündigung nach § 626 BG3 ausgeschlossen bzw. in
78unzulässiger Weise erschwert. Insbesondere längere Er-
79krankungen stellen grundsätzlich einen Grund für eine
80außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB dar.. Entgegen
81der Auffassung des Beklagten ist diese Vorschrift vor-
82liegend nicht: schon deswegen unanwendbar, weil bei den
83von dem Beklagten abgeschlossenen Verträgen mietvertragliche
84Elemente überwiegen. Bei diesen Verträgen handelt es sich
85nicht um reine Mietverträge, sondern um gemischte Verträge,
86die auch Dienstleistungselemente beinhalten und bei denen
87infolgedessen eine Kündigungsmöglichkeit auch nach §626 BGB
88bestehen muß.
89Die in Ziff. 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Be-
90klagten erfolgte Festschreibung von Mahnqebühren von 5,00 D M
91pro Mahnung verstößt gegen § 11 Nr. 5 a und N r. 5 b AGB-Gesetz.
92Insbesondere ist in diesen Fällen davon auszugehen, daß bei
93derartigen Mahnungen nur Porto- und Materialaufwand entsteht,
94weswegen allenfalls Kosten von 1,00 bis 2,00 DM pro Mahnung
95angemessen erscheinen (OLG Stuttgart NJW RR 1988, 1082).
96Unzulässig ist auch die unter Ziff. 8 der Allgemeinen Geschäfts-
97bedingungen des Beklagten aufgeführte Regelung: Das Verlangen,
98daß eine Kündigung per Einschreiben zu erfolgen habe, ver-
99stößt gegen § 11 Nr. 16 AGB-Gesetz. Derartige Klauseln werden
100von Kunden oft übersehen und ergeben nur den Sinn, dem Kunden
101die Durchsetzung seiner Rechte zu erschweren (Ulmer -Brandner-
102Hensen, 5. Aufl., Rd-Nr. 2 zu § 11 Nr. 16). Eine weitere
103Erschwerung der Kündigungsrechte wird vorliegend auch durch
104die unklare Formulierung der Kündigungsfrist "2 Monate vor
105Ablauf der Beitrittserklärung" verursacht.
106Die Klausel, wonach sich die Mitgliedschaft bei nicht er-
107folgter Kündigung um jeweils weitere 6 Monaten verlängern
108soll, ist ebenfalls rechtswidrig. Zwar ergibt sich in
109diesem Zusammenhang kein Verstoß gegen § 11 Nr. 12 AGB-Gesetz,
110weil diese Vorschrift auf gemischte Verträge, bei denen der
111Schwerpunkt auf Gebrauchsüberlassung liegt, keine Anwendung
112findet, doch beinhaltet hier die vom Beklagten verwendete
113Verlängerungsklausel eine unangemessene Benachteiligung
114im Sinne von § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil nicht auszuschließen
115ist, daß mit Hilfe dieser Klausel in Fällen einer nur für
116einen kürzeren Zeitraum vereinbarten Mitgliedschaft deren
117Dauer unangemessen verlängert wird. Dies ist insbesondere
118deswegen nicht auszuschließen, weil unklar ist, welche
119Primärlaufzeiten der Beklagte jeweils vereinbart.
120Ziff. 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten
121ist wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz un-
122zulässig, weil danach unter Mißachtung der gesetzlichen
123Regelung des § 323 BGB der Beklagte trotz Unmöglichkeit
124der Leistung seinen Vergütungsanspruch behalten soll.
125Das laut Ziff. 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
126Beklagten bei Minderjährigkeit des Trainingsteilnehmers
127dessen Erziehungsberechtigte für die Erfüllung der Bei-
128tragspflicht haften sollen, verstößt gegen § 9 Abs. 2
129Nr. 1 AGB-Gesetz. Eine grundsätzliche Haftung der Er-
130ziehungsberechtigten entspricht gerade nicht der gesetz-
131lichen Regelung (§ 108 BGB) und würde außerdem auf einen
132unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter hinauslaufen.
133Die in Ziff. 11 ebenfalls enthaltene Fiktion einer Be-
134vollmächtigung durch den anderen Erziehungsberechtigten
135verstößt gegen § 10 Nr. 5 AGB-Gesetz.
136Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
137Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt
138sich aus § 709 ZPO.
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Referenzen
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