Urteil vom Landgericht Dortmund - 15 O 36/90
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an
den Kläger 6.000,-, DM (i.W.: sechstausend Deutsche Mark)
nebst 4 %Zinsen seit dem 19.3.1990 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner
verpflichtet sind, dem Kläger zukünftigen materiellen und immateriellen
Schaden aus dem Unfallereignis vom 31.3.1989 zu 80 %zu ersetzen,
soweit sie nicht auf öffentlich- rechtliche Versicherungs- oder
Versorgungsträger übergehen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 %, die Beklagten
zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 7.600,- DM.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 400, - DM abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor
in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem
3Verkehrsunfall vom 31.03.1989 in M geltend.
4Am Unfalltag befuhr der Kläger mit seiner Mofa gegen
514.05 Uhr den S-weg in M. In Höhe der Stichstraße
6und des Wendehammers am südlichen Ende des
7S-weges kam es zum Zusammenstoß mit dem aus Richtung
8der Stichstraße kommenden PKW des Beklagten zu 1),
9der auch von diesem gesteuert wurde und bei der Beklagten
10zu 2) haftpflichtversichert ist.
11Bei diesem Zusammenstoß stürzte der Kläger und zog
12sich eine Fraktur des rechten Sprunggelenkes zu.
13Aufgrund dieser Verletzung befand er sich vom 31.03.
14bis zum 22.04.1989 in stationärer Krankenhausbehandlung,
15vom 31.03. bis 25.05.1989 war er 100 %
16erwerbsgemindert und trug einen Gips. Vom 26.05.1989
17an betrug die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit für
18einen Zeitraum von acht Wochen 70 %.
19Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1) habe grob
20fahrlässig seine Vorfahrt mißachtet. Er ist der Ansicht,
21der Bereich des Wendehammers bzw. der Stichstraße
22diene nicht dem durchgehenden Verkehr, so daß der
23Beklagte zu 1) gegen § 10 StVO verstoßen habe.
24Bezüglich der Örtlichkeiten der Unfallstelle wird
25auf die zu den Akten gereichten Fotos (BI. 21 f. d.A.)
26verwiesen.
27Der Kläger beantragt,
28die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
29an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 %
30Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
31festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner
32verpflichtet sind, ihm alle weiteren aus dem Unfall
33vom 31.03.1989 entstandenen und noch entstehenden
34materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen,
35soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger
36übergegangen sind.
37Die Beklagten beantragen,
38die Klage abzuweisen.
39Sie behaupten, der Kläger habe technische Veränderungen
40an seinem Mofa vorgenommen und sei mit überhöhter Geschwindigkeit
41gefahren.
42Sie sind im übrigen der Ansicht, der Kläger habe
43wegen des an der Unfallsteile geltenden "Rechts vor
44Links"-Gebotes dem Beklagten zu 1) Vorfahrt gewähren
45müssen.
46Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des
47Zeugen E. Bezüglich des Ergebnisses der Beweis-
48aufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom
4928.05.1991 verwiesen.
50Die Akten der Staatsanwaltschaft Dortmund 24 Js 1087/89
51waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
52Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
541.)Der Antrag zu 1) ist im zuerkannten Umfang begründet.
55Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes
56gemäß §§ 847, 823 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1
57Pflichtversicherungsgesetz.
58Der Beklagte zu 1) haftet dem Kläger gemäß § 823 BGB § 7 Abs. 1
59StVG. Ihn trifft das überwiegende Verschulden am
60Zustandekommen des Unfalles.
61Aufgrund der optischen Gestaltung der Örtlichkeiten
62an der Unfallsteile ergibt sich, daß die Stichstraße
63und der angrenzende Wendehammer als "andere Straßenteile"
64im Sinne von § 10 StVO anzusehen sind. Dies
65ergibt sich für die Stichstraße durch die auffällig
66andere Pflasterung mit Verbundpflaster im Gegensatz
67zu der geschlossenen Asphaltdecke des S-weges.
68Hinsichtlich des Wendehammers gilt, daß dieser ausweislich
69der zu den Akten gereichten Fotos wesentlich als Parkplatz
70benutzt wird und durch eine
71Regenrinne von der Fahrbahn des Reichsweges getrennt ist.
72Da es beim Herausfahren des Beklagten zu 1) aus
73diesem Bereich zu einem Unfall mit dem die Fahrbahn des
74S-weges befahrenden Kläger gekommen ist,
75spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein
76Verschulden des Beklagten zu 1) insofern, als er
77die in § 10 StVO normierten besonderen Sorgfaltspflichten
78mißachtet hat.
79Diesen Beweis des ersten Anscheins konnten die
80Beklagten nicht widerlegen.
81Aber auch der Kläger haftet dem Beklagten zu 1)
82grundsätzlich aus § 7 Abs. 1 StVG. Zwar konnten
83die Beklagten ein Verschulden des Klägers, etwa
84in Form eines zu schnellen Fahrens, nicht beweisen.
85Der Kläger konnte aber auch nicht beweisen, daß der
86Unfall für ihn unabwendbar im Sinne von § 7 Abs. 2
87StVG war.
88Im Rahmen der gemäß § 17 StVG zu treffenden Abwägung
89der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile
90erschien die Berücksichtigung der beim Kläger
91verbleibenden Betriebsgefahr mit 20 % und des Verschuldens
92des Beklagten zu 1) mit 80 % angemessen.
93Hinsichtlich der Betriebsgefahr des Klägers wirkt sich
94insbesondere der Umstand aus, daß sein Mofa technische
95Veränderungen aufwies, da der Luftfilter an zwei Seiten
96abgesägt worden war und die Vorderradbremse nicht
97die volle Wirkung erreichte, wie sich aus der nachvollziehbaren
98und glaubhaften Aussage des Zeugen E ergibt:
99Unter Berücksichtigung der nicht unerheblichen Verletzung
100des Klägers, des stationären Krankenhausaufenthaltes
101und der 100 % bzw. 70 % igen Minderung der
102Erwerbsfähigkeit für insgesamt ca.16 Wochen sowie
103des Umstandes, daß bei ihm eine 20 % ige Mithaftung
104verbleibt, erschien die Zahlung eines Schmerzens-
105geldes von 6.000,00 DM angemessen und ausreichend.
106Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 BGB.
1072.) Der Feststellungsantrag hinsichtlich der materiellen
108und immateriellen entstandenen Schäden ist unzulässig,
109da insoweit kein Feststellungsinteresse gemäß § 256
110ZPO besteht. Die immateriellen Schäden für die Vergangenheit
111sind mit dem Leistungsantrag zu 1) bereits umfaßt,
112die materiellen Schäden der Vergangenheit kann der
113Kläger mit der vorrangigen Leistungsklage geltend
114machen.
115Hinsichtlich der zukünftigen materiellen und immateriellen
116Schäden ist die Feststellungsklage
117zulässig, da bei einem Knochenbruch, wie er beim
118Kläger vorgelegen hat, nie auszuschließen ist, daß
119Zukunftsschäden, etwa in Form einer Arthrose, auftreten
120werden.
121Die Quote der Haftung ergibt sich aus dem oben
122Gesagten.
123Die darüberhinausgehende Klage war aus obigen
124Gründen abzuweisen.
125Die Nebenentscheidungen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11,
126709, 711 ZPO.
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Referenzen
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