Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 S 402/91
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil
des Amtsgerichts Dortmund vom 25.07.1931 wird
auf ihre Kosten zurückgewiesen.
1
Entscheidungsgründe
2(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO
3abgesehen.)
4Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
5Zu Recht hat das Amtsgericht entschieden, daß der Klägerin
6kein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Sachver-
7ständigenkosten zusteht. Nach wohl überwiegender Auf-
8fassung ergibt sich bereits aus § 66 Abs. 2 VVG, daß
9der Versicherer in der Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung
10grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Kosten eines
11von dem Versicherungsnehmer zugezogenen Sachverständigen
12zu bezahlen (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz
1324. Aufl. 19B8, Anm. 5 b zu §66 VVG; Stiefel-Hofmann,
14Kraftfahrtversicherung 14. Aufl. 1989, Anm. 7 zu §15 AKB;
15OLG Köln VersR 1983, 847; a.A. OLG Nürnberg ZfS 82, 278).
16Denn § 66 Abs. 2 VVG bestimmt, daß Sachverständigen-
17kosten vom Versicherer nur dann zu erstatten sind,
18wenn der Versicherungsnehmer nach dem Vertrage zu
19der Zuziehung des Sachverständigen verpflichtet war.
20Letzteres war hier nicht der Fall. Zwar besteht in
21der Kommentarliteratur Einigkeit darüber, daß technische
22Sachverständige, die der Versicherungsnehmer hinzuzieht,
23weil er ansonsten den Schaden nicht bewerten kann, nicht
24unter § 66 Abs. 2 VVG fallen. Dies soll jedoch nach
25der oben zitierten überwiegenden Auffassung wiederum
26nicht für Kraftfahrzeugsachverständige gelten, da
27es dem Versicherungsnehmer zuzumuten sei, zunächst
28die Schadensermittlung durch eigene Kraftfahrzeug-
29sachverständige des Versicherers abzuwarten.
30Ob § 66 Abs. 2 VVG überhaupt einschränkend dahin ausge-
31legt werden kann, daß technische Sachverständige von dieser
32Vorschrift nicht erfaßt werden, anderes jedoch wiederum für
33Kraftfahrzeugsachverständige gelten soll, ist nach Auf-
34fassung der Kammer zweifelhaft, kann aber letztlich hier
35dahinstehen. Denn der Klägerin steht auch nach § 66 Abs. 1
36VVG kein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigen-
37kosten gegen die Beklagte zu. Nach dieser Vorschrift hat
38der Versicherer die Kosten, welche durch die Ermittlung
39und Feststellung des ihm zur Last fallenden Schadens
40entstehen, dem Versicherungsnehmer nur insoweit zu er-
41statten als ihre Aufwendung den Umständen nach geboten
42war. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen war in
43diesem Fall nämlich nicht geboten. Die Klägerin war zum
44einen nicht auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen
45angewiesen, da sie über eigene sachkundige Mitarbeiter
46verfügt. Zum anderen hätte sich die Klägerin vor Ein-
47schaltung eines Sachverständigen kurz mit der Beklagten
48ins Benehmen setzen können, ob diese einen Haussachver-
49ständigen zur Ermittlung des Schadens beauftragen würde.
50Denn grundsätzlich muß der Versicherungsnehmer zunächst
51der Sachkenntnis und Redlichkeit des angestellten
52Schadenregulierers des Versicherers vertrauen (Prölss-
53Martin.Anrn. 5 c zu §66 VVG). Dadurch wird der Ver-
54sicherungsnehmer auch nicht benachteiligt. Denn bei
55Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens
56steht nach § 14 AKB das sogenannte Sachverständigen-
57verfahren zur Verfügung.
58Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Sachver-
59ständigenkosten auch nicht als Wiederherstellungskosten
60im Sinne von § 13 Abs. 5 AKB anzusehen. Angesichts der
61Spezialregelungen zur Frage der Ersatzfähigkeit von
62Sachverständigenkosten in §§ 66 VVG, 14 AKB findet diese
63Auffassung weder eine Stütze im Wortlaut von § 13 Abs. 5
64AKB, noch wird sie in der einschlägigen Kommentarliteratur
65vertreten. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin
66zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (VersR 1985
67441), wonach die Sachverständigenkosten zum unmittelbaren
68Fahrzeugschaden zählen, ist hier nicht einschlägig.
69Diese Entscheidung betrifft nicht das Vertragsver-
70hältnis zwischen Versicherungsnehmer und Kaskover-
71sicherer, sondern Fragen des Schadensersatzanspruchs
72des Geschädigten gegen den Unfallgegner und dessen
73Haftpflichtversicherer. Insoweit ist es im Regelfall
74nicht zweifelhaft, daß der Haftpflichtversicherer
75auch die Sachverständigenkosten des Geschädigten zu
76ersetzen hat.
77Diesen Zusammenhang verkennt die Klägerin auch bei ihren
78Ausführungen zur Frage der Vorteilsausgleichung. Denn
79die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
80der Vorteilsausgleichung können niemals einen Anspruch
81begründen. Vielmehr spielt die Vorteilsausgleichung
82lediglich im Schadensersatzrecht eine Rolle und begrenzt
83ggf. einen Schadensersatzanspruch des Geschädigten
84gegen den Schädiger (Beispiel: Abzug "neu für alt").
85Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus
86§ 812 BGB stehen der Klägerin ebenfalls nicht zu.
87Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Anspruchsgrund-
88lagen neben der Spezialvorschrift des § 66 VVG über-
89haupt noch zur Anwendung kommen. Diese Frage kann
90jedoch offen bleiben, da die Klägerin nicht dargelegt
91hat, welche Aufwendungen die Beklagte ggf. durch die
92Beauftragung des Sachverständigen S erspart hat.
93Da die Beklagte über einen Haussachverständigen ver-
94fügt und diesen im vorliegenden Fall auch eingeschaltet
95hatte, sind mögliche ersparte Aufwendungen der Beklagten
96durch die teilweise Verwertung des Gutachtens jedenfalls
97nicht mit. den Aufwendungen der Klägerin in Höhe der Klage-
98forderung identisch.
99Nach allem mußte die Berufung mit der Kostenfolge aus
100§ 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
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