Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 567/91
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 252,-- DM ( i. W. zweihundertundzweiundfünfzig Deutsche Mark) nebst 6 %Zinsen seit dem
04.03.1992 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt 95 % der Kosten des Rechtsstreits und die Beklagte 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 750,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte unterhält in V, Ortsteil M,
3einen öffentlichen Spielplatz. Der Spielplatz grenzt
4an der nördlichen Seite an eine öffentliche Straße und
5ist mit Büschen gegen die Straße abgesichert. An der
6südlichen Seite schließt sich unmittelbar an den Spielplatz
7ein Acker an. Dort hat die Beklagte einen Metallzaun
8errichtet. Es handelt sich dabei um senkrecht stehende,
9ca. 1,20 m hohe Rundeisen, die von jeweils zwei Querstäben
10gehalten werden. Am oberen Ende des Zaunes ragen die
11senkrechten Metallstäbe um ca. 5 cm über die Querstäbe
12hinaus. Am unteren Ende schließt der Zaun mit den runden
13Querstäben ab. Die senkrechten Rundeisen stehen hier
14nicht über.
15Am 03.10.1990 hat der Kläger auf dem Spielplatz mit anderen
16Kindern Fußball gespielt. Dabei ist der Ball über den
17Zaun auf den benachbarten Acker geflogen. Der Kläger
18kletterte über den Zaun, um den Ball wiederzuholen, dabei
19hat er sich auf die Querstäbe abgestützt. Als er den
20rechten Arm bereits in voller Länge über den Zaun hinweg-
21geführt hatte, ist er abgerutscht. Er ist mit dem rechten
22Arm an den Metallspitzen hängen geblieben. Dabei hat
23er sich einen winkeIförmigen Hautriß in der rechten Achselhöhle
24zugezogen. Die Wunde ist im Krankenhaus erstversorgt
25worden. Sie ist in lokalanästhesie genäht worden. In
26der Folgezeit ist ein etwa pfenniggroßes Stück Haut abgestorben.
27Dabei ist es zu einer leicht eitrigen Entzündung
28gekommen. Es haben sich subfibrale Temperaturen eingestellt.
29Die weitere Behandlung ist von dem Hausarzt durchgeführt
30worden. Sie dauerte noch weitere vier Wochen.
31Wegen der unfallbedingten Auswirkungen hat der Kläger
32ein ärztliches Attest vom 10.10.1990 des Chefarztes
33E vom evangelischen Krankenhaus in V
34vorgelegt (BI. 6 u. 7 d. A.). Vom 15.10.1991 datiert
35ein weiterer ärztlicher Bericht des E. Auf
36den Inhalt dieses Berichtes (BI. 19 u. 20 d. A.) wird
37Bezug genommen.
38Der Kläger ist von seinen Eltern insgesamt 16 mal ins
39Krankenhaus nach V zur Behandlung gefahren worden.
40Die Entfernung zwischen Wohnung und Krankenhaus beträgt
4110 Kilometer. Der Kläger verlangt die Erstattung von
42Fahrtkosten, wobei er pro Kilometer 0,42 DM beansprucht,
43mithin insgesamt 134,50 DM. Für den ärztlichen Bericht
44vom 10.10.1990 hat der Kläger 65,00 DM und weitere 9,00 DM
45als Schreibauslagen gezahlt. Der Kläger mußte unfallbedingt
46vorübergehend von den Nachbarn beaufsichtigt und versorgt
47werden. Hierfür hat der Kläger 24,00 DM aufgewendet.
48Bei dem Unfall ist das Hemd des Klägers am rechten Arm
49eingerissen. Das Hemd hatte einen Neupreis von 40,00 DM.
50Der Kläger verlangt den Zeitwert in Höhe von 20,00 DM.
51Insgesamt beziffert der Kläger seinen Schadensersatzanspruch
52auf 252,40 DM.
53Desweiteren verlangt der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld,
54welches er in das Ermessen des Gerichts stellt.
55Er macht geltend, daß ein Betrag in Höhe von 3.000,00 DM
56angemessen sei.
57Die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat am 21.11.1991
581.000,00 DM auf die Ansprüche des Klägers gezahlt.
59Die Klageschrift ist der Beklagten am 04.03.1992 zugestellt
60worden.
61Der Kläger macht geltend, es sei nicht vorhersehbar,
62ob in Zukunft noch weitere Behandlungen notwendig seien.
63Der Kläger beantragt,
64die Beklagte zu verurteilen, an ihn 252,00 DM und
65ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld
66zu zahlen, das nicht unter 3.000,00 DM liegen
67sollte, nebst 6 % Zinsen seit dem 26.08.1991, abzüglich
68am 21.11.1991 gezahlter 1.000,00 DM,
69festzustellen, daß die Beklagte für alle Schäden,
70die durch den Unfall vom 03.10.1990 verursacht worden
71sind, auch zukünftig haftet.
72Die Beklagte beantragt,
73die Klage abzuweisen.
74Die Beklagte macht geltend: Durch die Montage des Zaunes
75habe sie, die Beklagte, die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht
76nicht verletzt. Zumindest müsse sich der
77Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Verletzung
78sei komplikationslos verheilt, so daß ein Dauerschaden
79nicht verbleibe. Das von dem Kläger geforderte Schmerzensgeld
80sei überhöht.
81E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
82Die Klage ist in Höhe von 252,00 DM begründet und unterliegt
83im übrigen der Abweisung.
84Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch
85gem. § 823 BGB. Die Beklagte hat die ihr obliegende
86Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie hat dadurch,
87daß sie den Zaun mit den offenstehenden Spitzen montiert
88hat, einen gefährlichen Zustand geschaffen. Die Gefahr
89einer Verletzung liegt insbesondere bei der Montage auf
90einem Kinderspielplatz nahe. Zwischenzeitlich hat die
91Beklagte auch, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung
92vom 21.05.1992 ausgeführt hat, die offenen Spitzen des
93Zaunes entfernen lassen.
94Ein Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Der Kläger
95war zur Unfallzeit noch keine acht Jahre alt. Der Kläger
96ist am 13.02.1983 geboren. Kinder unter sieben Jahren
97trifft kein Verschulden (§ 828, § 276 BGB). Für Jugendliche
98über sieben Jahren richtet sich das Verschulden nach
99§ 276 BGB. Für ein entsprechendes Mitverschulden ist
100die Beklagte darlegungspflichtig. Mangels entsprechenden
101Sachvortrages ist davon auszugehen, daß ein normal entwickelter
102Jungendlicher des Alters des Klägers in der
103konkreten Situation, die dem Unfall zugrunde lag, weder
104die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen können
105noch entsprechend dieser Einsicht hätte handeln können.
106Der dem Kläger zu erstattende Sachschaden beläuft sich
107unstreitig auf 252,40 DM.
108Dem Kläger steht im übrigen ein Schmerzensgeld gemäß
109§ 847 BGB zu. Angesichts der erlittenen Verletzungen
110und der ertragenen Schmerzen erachtet das Gericht ein
111Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM für angemessen.
112Diesen Betrag hat die Beklagte bereits gezahlt. Ein weitergehender
113Anspruch steht dem Kläger insoweit nicht zu.
114Der Feststellungsantrag des Klägers ist zurückzuweisen.
115Es besteht kein Rechtsschutzinteresse für das Feststellungsbegehren.
116Nach dem Inhalt des Attestes des E
117vom 15.10.1991 ist mit einer völligen Ausheilung und
118vorraussichtlich nicht mit zurückbleibenden Dauerschäden
119zu rechnen. In dem Attest vom 10.10.1990 hatte der Arzt
120noch angegeben, daß die Frage von Folgeschäden seinerzeit
121nicht beurteilt werden konnte. Das Attest vom 15.10.1991
122ist jedoch neueren Datums. Der Kläger selbst greift das
123Attest inhaltlich nicht an.
124Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO.
125Soweit die Versicherung der Beklagten vor Rechtshängigkeit
1261.000,00 DM gezahlt hat und der Kläger dies in seinem
127Antrag berücksichtigt hat, geht das Gericht von einer
128teilweisen Klagerücknahme aus.
129Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
130folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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