Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 O 342/94
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 105.000 DM
(i. W.: Einhundertfünftausend Deutsche Mark) nebst 4 %
Zinsen seit dem 05.04.1994 zu zahlen.
Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
123.000 DM vorläufig vollstreckbar.
1
Ta t b e s t a n d
2Die Klägerin nimmt als treuhänderische Verwalterin der
3C GmbH die Beklagte auf Rückzahlung von
4Maklerprovisionen in Höhe von 105.000,00 DM aus dem
5Jahre 1990 in Anspruch.
6Die C GmbH stand in Geschäftsbeziehungen
7mit der Beklagten, die damals noch unter dem Namen T mbH firmierte. Geschäftsführer war in
8der Zeit vom 22.09.1989 bis zum 4. Januar 1991 der
9Zeuge I . Hinsichtlich der weiteren Rechtsverhältnisse
10der Beklagten wird auf die Kopie des Handelsregisterauszugs
11BI. 18 ff. der Akten Bezug genommen.
12Die Beklagte stellte der C GmbH mit einem
13Schreiben vom 08.08.1990 sowie zwei Schreiben vom
1429.11.1990 insgesamt 105.000,00 DM Maklerprovision für
15die Vermittlung der Mieter F, E
16und U GmbH in Rechnung. Die Rechnungen
17schlossen jeweils mit " I Geschäftsführer" ab.
18Sie waren nicht unterzeichnet. Hinsichtlich des genauen
19Inhalts dieser Rechnungen wird auf die Kopien BI. 23,
2026 und 27 der Akten Bezug genommen.
21Die Beklagte hat bisher nicht bestritten, daß diesen
22Forderungen keine Maklerverträge zwischen der C GmbH
23und der Beklagten zugrundelagen.
24Mit Bescheid vom 27.09.1991 stellte das "Sekretariat der
25unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens
26der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesministerium
27des Inneren" fest, daß die C GmbH zum Sondervermögen der PDS gehöre und der auf die Klägerin übertragenen treuhänderischen Verwaltung
28unterliege Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Bescheides wird auf die Kopien Bl. 9 ff. d. A. Bezug genommen. Mit Bescheid vom 12.02.1992 stellte die Klägerin
29sodann fest, daß alle Vermögensveränderungen der
30C GmbH seit dem 01.06.1990 nur mit Zustimmung
31der unabhängigen Kommission bzw. seit dem 03.10.1990 mit Zustimmung der Klägerin wirksam seien. Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Bescheides wird
32auf die Kopien B1. 13 ff. d , A. Bezug genommen.
33Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom
3421. März 1994 zur Zahlung von 105.000,00 DM bis zum
3505.04.1994 aufgefordert. Hinsichtlich des genauen Inhalts
36dieses Schreibens wird auf die Kopien Bl. 40 f.
37d. A. Bezug genommen.
38Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe am 29.08.1990
39eine Provisionszahlung von 55.000,00 DM erhalten.
40Weiterhin habe die Beklagte zwei Schecks mit Beträgen
41von jeweils 25.000,00 DM auf die Provisionsrechnungen
42vom 29.11.1990 erhalten; diese Schecks seien der Beklagten
43im Dezember 1990 gutgeschrieben worden. Unstreitig
44hat der damalige Geschäftsführer der Beklagten,
45der Zeuge I, dies in einem Schreiben vom
4614.12.1993 an die Klägerin bestätigt. Hinsichtlich des
47genauen Inhalts dieses Schreibens wird auf die Kopien
48Bl. 24 f. d. A. Bezug genommen.
49Die Klägerin beantragt,
50die Beklagte zu verurteilen, an sie
51105.000,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem
5205.04.1994 zu zahlen.
53Die Beklagte beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Die Beklagte rügt die funktionelle Zuständigkeit der
56Zivilkammer und beantragt Verweisung an die zuständige
57Kammer für Handelssachen beim Landgericht Dortmund. Die
58Beklagte bestreitet, von der Klägerin 105.000,00 DM erhalten
59zu haben. Die Beklagte behauptet hilfsweise, die
60Klägerin habe der Zahlung von 105.000,00 DM an die Beklagte
61durch die C GmbH zugestimmt. Zumindest
62sei in der Duldung der Geschäftstätigkeit der
63C GmbH ein stillschweigender Zustimmungsverwaltungsakt
64zu sehen. Die C GmbH erziele
65aufgrund der Vermittlungstätigkeit der Beklagten jährliche
66Mietzinseinnahmen in Höhe von 660.000,00 DM.
67Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung
68des Zeugen I. Hinsichtlich des Inhalts und
69des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluß
70vorn 13.10.1994, BI. 81 d. A., sowie das
71Sitzungsprotokoll vom 15.12.1994, BI. 101 ff. d. A.,
72Bezug genommen.
73Entscheidungsgründe
74Die Klage ist zulässig.
75Die Zivilammer ist funktionell zuständig. Eine Verwei-
76sung an die Kammer für Handelssachen auf den Antrag der
77Beklagten gem. § 98 Abs. 1 Satz 1 GVG kam nicht in Betracht.
78Der vorliegende Rechtsstreit ist keine Handelssache.
79Handelssachen sind gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 GVG
80Ansprüche gegen einen Kaufmann aus Geschäften, die für
81beide Teile Handelsgeschäfte sind. Zwar waren beide
82Parteien Vollkaufleute; hier jedoch handelte es sich
83nicht um ein Handelsgeschäft, sondern um die Rückabwicklung
84eines Bereicherungsvorgangs. Ansprüche und
85Verbindlichkeiten, die von einem Erfolg herrühren, der
86unabhängig von einem wirklich oder anscheinend darauf
87gerichteten geschäftlichen Willen eingetreten ist, z.B.
88aus einer ungewollten Vermögensverschiebung, sind
89keine Ansprüche und Verbindlichkeiten aus Handelsgeschäften
90(Großkommentar HGB - Ratz, § 343 HGB Anm. 7).
91Die Klage ist auch unbegründet.
92Die Klägerin kann als treuhänderische Verwalterin der
93C GmbH von der Beklagten Zahlung von
94105.000,00 DM aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative
95BGB verlangen.
96Die Beklagte hat durch Leistung der C GmbH
97105.000,00 DM erlangt. Der Zeuge I war als ehemaliger
98Geschäftsführer der Beklagten deren gesetzlicher Vertreter.
99Bei Leistungen an den Vertreter ist ebenfalls der Vertretene
100Anspruchsgegner (Palandt-Thomas § 812 BGB Rdz.46).
101Die Klägerin hat bewiesen, daß die Beklagte im Jahre
1021990 einen Geldbetrag von 105.000,00 DM erlangt hat.
103Der Zeuge I hat glaubhaft bekundet, zwischen der
104C GmbH und der Beklagten, vertreten durch
105ihn, den Zeugen I, selbst, sei vereinbart wor-
106den, daß dieser Betrag in mehreren Teilbeträgen zu
107leisten sei und die Klägerin diese Leistungen
108auch erbracht habe. So seien 15.000,00 DM in bar an den
109jetzigen Geschäftsführer der Beklagten geflossen sowie
110weitere 15.000,00 DM in bar an den Zeugen I.
111Weitere 25.000,00 DM seien vereinbarungsgemäß an die
112C GmbH zurückgeflossen als Einlage für eine
113Beteiligung des Zeugen I an dieser Gesellschaft.
114Mit weiteren 50.000,00 DM seien zwei andere Gesellschafter
115der C GmbH ausgezahlt worden.
116Insoweit handelte es sich um Leistungen der C
117GmbH, die auf Anweisungen der Beklagten, vertreten
118durch ihren damaligen Geschäftsführer, den Zeugen I,
119erbracht wurden. Auch insoweit findet jedoch der
120Bereicherungsausgleich zwischen den an diesem Deckungsverhältnis
121beteiligten Personen, nämlich der C GmbH und der
122Beklagten statt (vgl. Palandt-Thomas,
123§ 812 BGB Rdz. 52). Die Kammer hatte im Ergebnis
124auch keine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit
125des Zeugen I. Die Gewährung einer Schriftsatzfrist für die Beklagte zur Stellungnahme zu der Aussage des Zeugen I war nach Ansicht der
126Kammer nicht erforderlich. Die Klägerin hat bereits in
127der Klageschrift behauptet, die Beklagte habe durch
128Leistung der C GmbH im Jahre 1990 einen Betrag
129von 105.000,00 DM erlangt. Insofern handelte es
130sich um Vorgänge aus dem Bereich der Beklagten selbst,
131die diese spätestens mit der Zustellung der Klageschrift
132hätte recherchieren können und müssen.
133Die Leistung erfolgte auch ohne Rechtsgrund.
134Zum einen ist die Beklagte der Behauptung der Klägerin
135nicht entgegengetreten, zwischen der C GmbH
136und der Beklagten sei kein Maklervertrag geschlossen
137worden.
138Selbst wenn ein solcher Vertrag vorläge, wäre der
139Rechtsgrund für die Zahlung der 105.000,00 DM
140spätestens durch den Bescheid der Klägerin vorn
14112.02.1990 entfallen. Danach waren alle Vermögensveränderungen der
142C GmbH, die nach dem
14301.06.1990 vorgenommen worden sind, zustimmungsbedürftig,
144also auch die Zahlungen an die Beklagte.
145Eine Zustimmung zu dieser Vermögensveränderung ist
146zu keinem Zeitpunkt erteilt worden. Soweit die Beklagte
147behauptet, es sei stillschweigend eine Zustimmung erteilt
148worden, ist dies nicht näher substantiiert worden.
149Allein aus der Duldung der Geschäftstätigkeit der
150C GmbH kann dieser Schluß nicht gezogen
151werden.
152Damit ist die Beklagte zur Herausgabe der von der
153C GmbH erlangten 105.000,00 DM verpflichtet.
154Dieser Anspruch ist nicht ganz oder teilweise
155durch eine Saldierung mit Gegenansprüchen der Beklagten
156aus § 812 Abs. 1, Satz 1 1. Alternative BGB. gegen die
157Klägerin aufgrund möglicher Maklerleistungen der Be-
158klagten untergegangen. Die Behauptunq der Beklagten,
159die C GmbH erziele aufgrund der Ver-
160mittlungstätigkeit der Beklaqten Mietzinseinnahmen in
161Höhe von 660.000,00 DM jährlich, ist zu unsubstantiiert,
162um einem Beweis zugänglich zu. sein. Die Beklagte hätte
163im einzelnen darlegen müssen, welche Mietverträge zu
164welchen Bedingungen allein
165aufgrund einer Vermittlungstätigkeit der Beklagten zustandegekommen sind.
166Der Zinsanspruch ist aus § 286 Abs. 1 BGB begründet.
167Die Beklagte befindet sich aufgrund der Mahnung der
168Klägerin vom 21. März 1994 seit dem 05.04.1994 gemäß
169§ 284 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug.
170Hinsichtlich der Zinshöhe von 5 % jährlich ist die
171Klage unschlüssig, da die Klägerin für eine entsprechende
172Verzinsung nichts vorgetragen hat. Die
173Klägerin kann damit nur die gesetzlichen Verzugszinsen
174in Höhe von 4 % gemäß § 288 Abs. 1 BGB verlangen.
175Die Nebenentscheidungen ergingen gem. §§ 91, 92 Abs. 2
176709 ZPO.
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Referenzen
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