Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 193/96 Kart.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Beklagte betreibt in F eine Funkvermittlungszentrale für Taxen. Von etwa 621 betriebenen Taxen in F sind rund 500 bei der Beklagten organisiert. Die Beklagte hat 121 genossenschaftliche Mitglieder sowie 229 sogenannte Teilnehmer, die ihr - wie es der Kläger war - aufgrund eines Teilnehmervertrages angeschlossen sind. Jedes Genossenschaftsmitglied der Beklagten muß zuvor Teilnehmer gewesen sein. In dieser Eigenschaft erbringt es - wie der Kläger - einen verlorenen Zuschuß (sogenanntes Eintrittsgeld) in Hohe von 5.000,00 DM, der gestundet werden kann. Wollen die Teilnehmer später als Genossen aufgenommen werden, so haben sie einen weiteren Aufnahmebeitrag in Hohe von 2.000,00 DM zu entrichten sowie eine Einlage (Geschäftsanteil) in Höhe von 1.000,00 DM.
3Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich ihr Verwaltungsgebäude befindet. Sie betreibt darüber hinaus als Eigenbetrieb eine Tankstelle und verpachtet eine Werkstatt nebst Waschstraße. Darüber hinaus betreibt sie in F 40 Taxirufsäulen und besitzt eine EDV-Anlage im Werte von 350.000,00 DM. Sämtliche Einrichtungen waren zum Zeitpunkt, als der Kläger den Teilnehmervertrag abschloß, schon vorhanden.
4Unter dem 01.09.1989 unterzeichnete der Kläger seinen Teilnehmervertrag bei der Beklagten, wegen dessen Inhalt Bezug genommen wird auf die Anlage zur Klageschrift vom 18.01.1996, Blatt 8 der Akten. Sowohl die
5Kaution in Höhe von 2.000,00 OM als auch der Eintritt von 5.000,00 DM wurden dem Kläger gemäß Zusatzvertrag vom 14.08./01.09.1989, Anlage zur Klageschrift,
6Blatt 14 der Akten, gestundet und dann ratenweise gezahlt.
7Der Kläger kündigte den Teilnehmervertrag zum 31.12.1995. Er begehrt die Rückzahlung des verlorenen Zuschusses von 5.000,00 DM unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung mit der Begründung, der Teilnehmervertrag sei wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 2 GWB gemäß § 134 BGB unwirksam.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.000,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 23.02.1996 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie beruft sich auf Verjährung und hält das Eintrittsgeld für 5.000,00 DM im übrigen auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten für vertretbar.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14I.
15Die Klage ist nicht begründet.
16Etwaige Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB - wie regelmäßig für Bereicherungsansprüche - 30 Jahre. Die kürzere Verjährung des § 197 BGB greift im vorliegenden Falle nicht ein. Sie kann zwar grundsätzlich Anwendung finden, wenn unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten wiederkehrende Leistungen herausverlangt werden. Letztere liegen im Rechtssinne jedoch nur dann vor, wenn es sich um charakteristische wiederkehrende Leistungen handelt, die typischerweise in Raten über einen längeren Zeitraum anfallen, wie es zurm Beispiel bei Zinsen und Mietzahlungen der Fall ist. Derartige Leistungen liegen jedoch nicht schon dann vor, wenn
17- wie hier - eine grundsätzlich sofort fällige einheitliche Leistung lediglich zufälligerweise - zum Beispiel infolge vereinbarter Stundungsabrede - über einen
18längeren Zeitraum hin abgetragen wird (BGHZ 98, 174/184 f.; Canaris ZIP 1986, 273/277).
19II.
20Bei der Beklagten handelt es sich auch, wovon zu Recht beide Parteien übereinstimmend ausgehen, um ein sogenanntes marktbeherrschendes Unternehmen im Sinne des § 22 GWB.
21Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 GWB liegen im vorliegenden FaIle jedoch nicht vor.
22Das von der Beklagten erhobene Eintrittsgeld stellt weder eine unbillige Behinderung der Teilnehmer noch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber gleichartigen sonstigen Taxiunternehmern dar. Wenn auch marktbeherrschende Unternehmen grundsätzlich jeden Interessenten teilhaben lassen müssen, so braucht dies nicht ebenso grundsätzlich unentgeltlich zu geschehen. Hiervon geht auch das Oberlandesgericht CelIe in seiner Entscheidung vom 16.03.1989, auf die sich der Kläger beruft, aus. Ob ein solches Eintrittsgeld den Teilnehmer unbillig behindert oder diskriminiert, entscheidet sich vielmehr erst nach einer Abwägung der genossenschaftsinternen Zwecke und Ziele einerseits und der Zielsetzungen des Wettbewerbsrechts - nämlich des freien Zugangs zum Markt - andererseits. Danach ist die Erhebung eines Eintrittsgeldes seitens eines marktbeherrschenden Unternehmens dann tolerabel, wenn dieser Eintritt für den Betroffenen tragbar ist und wenn ihm auf der anderen Seite ein angemessenes Äquivalent gegenübersteht.
23Legt man diese Prämisse zugrunde, so ist das von der Beklagten erhobene Eintrittsgeld im vorliegenden FaIle nicht zu beanstanden.
241.
25Die Beklagte behandelt ihre Genossenschaftsmitglieder und die ihr im übrigen angeschlossenen Teilnehmer im Hinblick auf das Eintrittsgeld gleich. Jeder Genosse
26muß zuerst Teilnehmer werden und zahlt auf diese Weise seinen Eintritt wie alle anderen auch. Wird er später als Genossenschaftsmitglied aufgenommen und erwirbt er auf diese Weise seinen Geschäftsanteil und einen damit eventuell verbundenen Gewinnanteil, so muß er hierfür erneut ein Eintrittsgeld von 2.000,00 DM sowie eine Einlage von 1.000,00 DM zahlen. Eine Ungleichbehandlung zwischen Genossen und Teilnehmern liegt somit nicht vor.
272 .
28Das von der Beklagten erhobene Eintrittsgeld von 5.000,00 DM ist auch im übrigen nicht zu beanstanden. Der Teilnehmer kauft sich mit diesem Betrag in ein bestehendes Unternehmen und die damit verbundenen Vorteile ein. Den von den Parteien in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Detailfragen braucht nicht im einzelnen nachgegangen zu werden. Der Kläger hat jedenfalls bei seinem Eintritt einen funktionierenden Apparat samt dessen sächlicher und personeller Ausstattung vorgefunden und daran sofort teilgenommen. Die Beklagte besaß zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unstreitig bereits ein eigenes Grundstück nebst aufstehendem Verwaltungsgebäude, eine aufwendige, komfortable EDV-Anlage, 40 Taxirufsaulen, eine Tankstelle sowie eine Werkstatt und eine Waschstraße, die sie verpachtete. Zu diesen Vermögenswerten traten der vorhandene Bekanntheitsgrad und die damit verbundenen Marktchancen, der sogenannte good will. Wie der Kammer aus mehreren Parallelverfahren bekannt ist; besitzen diese Umstände für die angeschlossenen Taxiunternehmen einen ganz erheblichen wirtschaftlichen Wert. Ob und inwieweit das Eintrittsgeld der Teilnehmer in einen sogenannten
29Reservefond einfließt - wie der Kläger behauptet - kann offen bleiben. Dies würde gegebenenfalls mit den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes in Einklang
30stehen.
31Im vorliegenden FaIle stellt sich deshalb ausschließlich die Frage, ob der von der Beklagten verlangte Eintritt unangemessen hoch ist, so daß bereits aus diesem Grunde eine unbillige Behinderung des Teilnehmers vorliegen könnte. Dies ist nicht der Fall. Angesichts der im übrigen anfallenden Investitionen bei Aufnahme des Betriebes einer Taxe (in der Regel zwischen 50.000,00 DM und 100.000,00 DM) - erscheint das Eintrittsgeld von 5.000,00 DM für die Teilnahme an der Organisation der Beklagten nicht unangemessen hoch, wenn man die damit verbundenen erhöhten Gewinnchancen in Betracht zieht. Der Kammer ist aus einem Parallelverfahren, welches ebenfalls das Rechtsverhältnis zwischen einem Teilnehmer und der Beklagten aus einem Zeitraum kurz vor Eintritt des Klägers betraf, bekannt, daß die Teilnahme an der Funkvermittlung der Beklagten die Gewinnchancen pro Taxi um einen jährlichen Nettogewinn von mehreren 1.000,00 DM erhöht. Da die Teilnahme an den Diensten der Beklagten in der Regel auf einen längeren Zeitraum angelegt ist und da der Kläger über rund sechs Jahre Teilnehmer der Beklagten war, erscheint der einmalige Eintritt von 5.000,00 DM unter diesen Umständen nicht unangemessen, zumal ihn die Beklagte nicht in einem Betrag, sondern in Raten erhoben hat.
32Unter Abwägung aller Gesichtspunkte hält die Kammer deshalb die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 GWB für nicht gegeben.
33III.
34Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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