Urteil vom Landgericht Dortmund - 15 O 110/97
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner
an den Kläger ein restliches Schmerzensgeld von
53.000,00 DM (i.W. dreiundfünfzigtausend Deutsche
Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 22.8.1997 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet
sind, als Gesamtschuldner dem Kläger allen zukünftigen
immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom
21.8.1994 in E auf der S-allee in Höhe
H-straße nach einer Haftungsquote in Höhe von
60 % zu ersetzen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits ohne Gerichtskosten
tragen der Kläger 34 % und die Beklagten 66 %.
Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 38 % und die
Beklagten 62%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 68.200,00 DM.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicher-
heitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM abwenden, wenn
nicht die Beklagten zuvor in gleicher Höhe Sicherheit
leisten.
1
Tatbestand :
2Der am 29.06.1973 geborene Kläger macht gegenüber den
3Beklagten Ansprüche anläßlich seines Verkehrsunfalles
4vom 21.08.1994 in E auf der S-allee geltend.
5Die Parteien haben sich vorprozessual auf eine Haf-
6tungsverteilung von 60 zu 40 zu Gunsten des Klägers ge-
7einigt.
8Der Kläger ist von Beruf gelernter Stahlbauschlosser
9und arbeitete vor dem Unfall in der Zentralwerkstatt
10M der T AG. Nach dem Unfall nahm er dort
11seine Tätigkeit zwecks Wiedereingliederung für einen Monat
12im November 1995 auf und arbeitete dann nach
13zwischenzeitlichem Urlaub dort von Februar bei Mai
141996. Nach Behandlung in einer Tagesklinik im Mai/Juni
151996 wurde er nach E2 versetzt und führt
16dort leichte Arbeiten für ungelernte Arbeiter aus.
17Durch den Unfall ist der Kläger sehr erheblich verletzt
18worden, es bestehen Dauerschäden. Der Kläger verweist
19unter anderem auf das neurochirurgische Gutachten des
20Prof. Dr. Q vom 14.04.1997, das nervenärztliche
21Gutachten der Klinik C vom 26.09.1995, das
22Gutachten der Augenklinik vom 28.02.1996 (Dauerschaden,
23der eine Beeinträchtigung des Gesamtsehvermögens in
24Höhe von 10 % bedeutet), das neurologische Gutachten
25Dr. L vom 06.09.1996 und das psychiatrische Gutach-
26ten N vom 07.03.1997.
27Das bisher gezahlte Schmerzensgeld von 37.000,00 DM ge-
28nüge den Verletzungen und fortdauernden schweren Beein-
29trächtigungen nicht. Im Hinblick auf eine Minderung der
30Erwerbsfähigkeit von 50 %, einem Geruchsverlust, um-
31fängliche neurologische Ausfälle und Potenzstörungen
32sei bei einer Quote von 60 % jedenfalls an Schmerzens-
33geld von insgesamt 60.000,00 DM zu zahlen.
34Darüber hinaus sei eine monatlich fällig werdende
35Schmerzensgeldrente zu zahlen.
36Den Feststellungsantrag betreffend einen zukünftigen
37materiellen Schaden haben die Beklagten anerkannt und
38der Kläger hat diesen daher nach Anhängigkeit aber vor
39Rechtshängigkeit zurückgenommen. Er verfolgt insoweit
40noch die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Be-
41klagten betreffend allen zukünftigen immateriellen
42Schaden entsprechend der Quote.
43Der Kläger beantragt,
441.
45die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner
46an ihn ein über bereits gezahlte 37.000,00 DM hin-
47ausgehendes, weiteres, in das Ermessen des Gerich-
48tes gestellte Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit
49Rechtshängigkeit zu zahlen.
502.
51Die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner
52an ihn eine monatliche Unfallrente in Höhe von
53300,00 DM zu zahlen.
543.
55Festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet
56sind, als Gesamtschuldner ihm jedweden immateriel-
57len weiteren Schaden aus dem Verkehrsunfall vom
5821.08.1994 gegen 16.16 Uhr auf der Kreuzung
59S-allee/H-straße in E nach einer
60Haftungsquote in Höhe von 60% zu ersetzen,
61Die Beklagten beantragen,
62die Klage abzuweisen.
63Die Beklagten behaupten, ein Schmerzensgeld von
6445.000,00 DM gezahlt zu haben und verweisen insoweit
65auf eine mit Schriftsatz vom 29.09.1999 überreichte
66Aufstellung. Der Schmerzensgeldanspruch sei mithin aus-
67reichend reguliert. Daneben komme eine Rente nicht in
68Betracht.
69Von einem vollständigen Geruchsverlust, einer Erwerbs-
70unfähigkeit mit einem Grad von 50 % oder von Potenzstö-
71rungen sei nicht auszugehen. Auch könne nunmehr von
72Sensibilitätsstörungen und anderen neurologischen Aus-
73fallerscheinungen nicht mehr ausgegangen werden.
74Für den Antrag zu 3.) fehle es an einem Rechtschutzin-
75teresse.
76Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung von Gut-
77achten. Insoweit wird verwiesen auf: Das radiologische
78Gutachten vom 05.06.1998, das neurochirurgische Gutach-
79ten vom 14.07.1998, das Gutachten über eine elektroence-
80photografische Untersuchung vom 15.06.1998, das hals-nasen-
81ohrenärztliche Gutachten vom 25.11.1998 und das fachu-
82rologische Gutachten vom 26.08.1999.
83Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens
84wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze
85nebst der überreichten Anlagen Bezug genommen.
86Zu Informationszwecken haben vorgelegen die Akten der
87Staatsanwaltschaft Dortmund 23 Js 1291/94.
88Entscheidungsgründe :
89Der Klage war nur nach Maßgabe des Tenors zu entspre
90chen.
91l.
92Die Kammer erachtet bei voller Haltung, ein Schmerzens
93geld von 150.000.00 DM als gerechtfertigt. Bei einer
94Quote von 60 % sind daher 90.000,000 DM abzüglich ge-
95zahlter 37.000,00 DM zuzusprechen.
96Maßgeblich für die Höhe des Schmerzensgeldes sind die
97Feststellungen der vorerwähnten Gutachten, die schon
98der Kläger eingereicht hatte bzw. die die Kammer einge-
99holt hat. Aufgrund dieser überzeugenden Gutachten ste-
100hen ganz erhebliche und auch andauernde Folgen des Un-
101falles fest.
102Das neurochirurgische Gutachten stellt im Zusammenhang
103mit dem radiologischen Gutachten fest: Schweres ge-
104decktes Schädelhirntrauma mit traumatischer
105Subarachnoidalblutung und Hirnkontusionen links tem-
106poro-occipital und im linken Thalamus. Es konstatiert
107eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % auf Dauer seit
108November 1998 - nach einer Phase von zunächst 100%
109seit dem Unfall - und weist in der Beurteilung
110(Seite 11 ff. des Gutachtens)
111unter anderem darauf hin, für die nähere Zukunft
112sei eine wesentliche Veränderung des beschriebenen Zu-
113standes nicht zu erwarten. Jedoch sei bei einer wesent-
114lichen Vorschädigung des Gehirns davon auszugehen, dass
115physiologischerweise eintretende Alterungsvorgänge
116schwerere Auswirkungen haben werden, als dies normaler-
117weise zu erwarten stünde. Aufgrund der großen interin-
118dividuellen Streubreite sei eine Einzelfallvorhersage
119nicht möglich.
120Das hals-nasen- und ohrenärztliche Gutachten geht von
121einer Anosmie aus, die eine Minderung der Erwerbsfähig-
122keit von 10 % begründet.
123Das fachurologische Gutachten bestätigt Beeinträchti-
124gungen auf urologischem Fachgebiet, die es zunächst mit
12520 % MDE und ab Juli 1997 mit 10 % MDE bemißt.
126Da der Abrechnung der Beklagten eine Zahlung in Höhe
127von 45.000,00 DM nicht zu entnehmen ist, ist nur von
128einem Betrag in Höhe von 37.000,00 DM auszugehen.
129II.
130Neben dem Schmerzensgeld war für eine Schmerzens-
131geldrente trotz der vorliegenden ganz erheblichen Be-
132einträchtigungen kein Raum, da die Kapitalisierung bei
133voller Haftung einem Betrag von 102.954,00 DM (500 x 12
134x 17,159) gleich kommt, der Gesamtbetrag bei voller
135Haftung aber nur 150.000,00 DM beträgt.
136Hätte die Kammer daher eine Rente zugesprochen
137(60 % = 61.772,40 DM), wäre für ein weiteres Schmer-
138zensgeld bei einem Gesamtbetrag von 90.000,00 DM (60 %
139von 150.000,00 DM) kein Raum, da 37.000,00 DM gezahlt
140sind.
141III.
142Die Feststellung zukünftiger Schadensersatzverpflich-
143tung der Beklagten betreffend den immateriellen Schaden
144ist im Anschluß an die vorliegenden Gutachten ohne wei-
145teres entsprechend der Quote begründet.
146Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 291 BGB, 92,
147708 Nr. 11, 709 und 712 ZPO.
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Referenzen
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