Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 316/01
Tenor
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 05. 0ktober 2001
wird aufrechterhalten.
Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte bietet über ihre Vertriebsgesellschaft, die B GmbH, die Möglichkeit an, sich an ihrem Unternehmen als atypisch stille Gesellschafter zu beteiligen. Das so erhaltene Kapital investiert sie überwiegend in den Kauf von Immobilien. Wegen der Einzelheiten des Tätigkeitsfeldes der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 31. August 2001, dort S. 2 ff. Bezug genommen.
3Die Klägerin wurde durch den Vermittler der Beklagten E am 09.08.1999 in ihrer Wohnung aufgesucht, der sie zu einem Betritt als atypisch stiller Gesellschafter bei der Beklagten bewegen wollte. Der genaue Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Zeugen E geführten Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Der Zeuge E übergab der Klägerin Prospektmaterial der Beklagten (vgl. Bl. 25 ff. d. A.). Die Klägerin unterzeichnete sodann den Beitrittsantrag Bl. 121 d. A., auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Insoweit handelt es sich um die der Klägerin überlassene Durchschrift des Antrages. Wegen der Gestaltung des von der Klägerin unterschriebenen Deckblattes wird auf – ein gleichartiges Blankoexemplar – Blatt 125 d. A. Bezug genommen. Die Beklagte nahm den Antrag der Klägerin am 23.08.1999 an (Bl. 20 f. d A. ). Die Klägerin leistete an die Beklagte eine sogenannte Kontoeröffnungszahlung in Höhe von 2.000,00 DM und in der Folgezeit acht monatliche Raten in Höhe von je 50,00 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 26.07.2000 (Blatt 16 f d. A.), von der Beklagten wegen fehlender Vollmacht mit Schreiben vom 28.07.2000 zurückgewiesen (Bl. 18 d. A.) und durch weiteres anwaltliches Schreiben vom 23.08.2000 (Bl. 19 d. A.) hat die Klägerin den von ihr abgegebenen Beitrittsantrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen. Sie nimmt die Klägerin auf Rückzahlung sowie auf Feststellung der Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages in Anspruch.
4Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie von der Beklagten arglistig getäuscht worden sei, weil das Prospektmaterial der Beklagten ein irreführendes Renditeversprechen insoweit enthalte, als dort eine Mindestverzinsung in Höhe von 6 % ergebnisunabhängig vertraglich zugesichert werde (vgl. Bl. 27 d. A.). Der Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz sei nicht verspätet gewesen, weil die Belehrung der Beklagten auf dem Antragsformular gegen das Deutlichkeitsverbot verstoße.
5Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.400,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie
6festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag – Beitrittsantrag – vom 09.08.1999 nichtig ist und die Beklagte hieraus keine Rechte gegenüber ihr herleiten kann. Nach diesem Antrag ist gegen die Beklagte am 5. 0ktober 2001 Versäumnisurteil ergangen. Die Beklagte hat hiergegen rechtzeitig Einspruch eingelegt.
7Die Klägerin beantragt nunmehr,
8das Versäumnisurteil vom 05.10.2001 aufrechtzuerhalten.
9Die Beklagte beantragt,
10das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Ansicht, dass eine arglistige Täuschung nicht gegeben sei, weil in den Prospektunterlagen der Beklagten darauf hingewiesen werde, dass für den Gesellschafter ein Risiko bestehe. Die Widerrufsbelehrung in ihrem Antragsformular hält sie für ausreichend im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes. Jedenfalls könne die Klägerin, auch wenn man ihrem Vortrag folgen würde, allenfalls die Erstellung einer Abschichtungsbilanz und ggf. die Zahlung eines Abfindungsguthabens verlangen. Den Feststellungsantrag der Klägerin schließlich hält die Beklagte für unzulässig.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die Klage ist zulässig und begründet.
14Die Klägerin hat ihre auf den Beitritt zur Beklagten gerichteten Antrag vom 09.08.1999 zu Recht wegen arglistiger Täuschung durch anwaltlichen Schriftsatz vom 23.08.2000 angefochten. Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund hat in dem ebenfalls gegen die Beklagte gerichteten Parallelverfahren 2 0 470/00 zu diesem Thema die folgenden Ausführungen gemacht:
15"Die Täuschung des Klägers folgt aus dem Prospektversprechen einer 6%igen Mindestverzinsung der Einlage. Dadurch wurde beim Kläger der – unrichtige – Eindruck erweckt, die Mindestverzinsung werde unabhängig von der Gewinn- und Verlustsituation der Beklagten über die Vertragslaufzeit von 30 Jahren garantiert und die Beklagte sei in der Lage, diese Garantie auch in jedem Fall einzulösen. Dass diese Zusicherung nicht in diesem Sinne richtig ist, räumt die Beklagte selbst ein, wenn sie zugibt, dass es sogar zu einem Totalverlust der Einlage kommen kann, mithin die Beklagte durchaus in eine Situation geraten kann, in der sie die Zusicherung einer Mindestverzinsung nicht einhalten kann. Die Erklärungen der Beklagten, dass die abgegebene Zusage eine schuldrechtliche Verpflichtung ihrerseits sei, die wie jede andere Schuldverpflichtung auch dem Risiko der Nichterfüllung ausgesetzt ist, vermag den Vorwurf der objektiven Täuschung nicht einzuräumen. Denn gerade durch die unter I. des Prospektes gewählte Gestaltung wird der Zusicherung einer Mindestverzinsung der Charakter einer vom Geschäftsverlauf in jeder Hinsicht unabhängigen Verzinsung und damit einer von der Beklagten auf alle Fälle zu erfüllenden Garantie gegeben, indem einerseits eine jahresdurchschnittliche Gewinnprognose von ca. 8-10 % abgegeben wird, die vom Anleger als unverbindlich verstanden wird und auch verstanden werden soll, während die Mindestverzinsung von 6 % als Gegensatz dazu und damit garantiert über die Vertragslaufzeit dargestellt wird. Wäre dem nicht so, hätte der Prospekt nicht zwischen Gewinnprognose und Mindestverzinsung zu unterscheiden brauchen.
16Arglistig ist die Täuschung, weil bei lebensnaher Würdigung diese Gestaltung des Prospektes darauf angelegt ist, dass ein Interessent die Mindestverzinsung als Gegensatz zu einer nicht einlösbaren Gewinnprognose verstehen soll. Zumindest musste die Beklagte damit rechnen, dass die vertragliche Zusicherung einer ergebnisunabhängigen Mindestverzinsung als Garantie verstanden wird, die von der Beklagten in jedem Fall erfüllt wird und nicht nur als eine von der Geschäftsentwicklung letztlich doch abhängige Prognose."
17Die Kammer schließt sich den vorstehenden Ausführungen vollinhaltlich an und macht sie sich zu eigen.
18Darüber hinaus war die Klägerin zum Widerruf ihres Beitrittsantrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz berechtigt. Das Haustürwiderrufsgesetz findet Anwendung, weil der für die Beklagte tätige Vermittler die Klägerin telefonisch kontaktiert hat und es in der Wohnung der Klägerin anlässlich des dort stattgefundenen Beratungsgesprächs zur Unterzeichnung des Beitrittsantrages durch die Klägerin gekommen ist. Ihre Beitrittserklärung konnte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 23.08.2000 noch rechtzeitig widerrufen, da die Widerrufsfrist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Haustürwiderrufsgesetz noch nicht in Gang gesetzt worden ist, da der Klägerin keine den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetzes genügende Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde. Die der Klägerin überlassene Widerrufsbelehrung (vgl. Bl. 121 sowie Bl. 125 d. A.) entspricht nicht den Anforderungen des § 2 Haustürwiderrufsgesetzes. In der oben bereits zitierten Parallelentscheidung des Landgerichts Dortmund hat die 2. Zivilkammer hierzu die folgenden Ausführungen gemacht:
19"Denn zur Wahrung der Warnfunktion der Belehrung ist es erforderlich, dass sich die Belehrung aus dem übrigen Text deutlich hervorhebt. Unzureichend sind dabei drucktechnische Hervorhebungen, die auch im sonstigen Text des Schriftstückes auftauchen, da sonst von der Belehrung abgelenkt wird (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl., Rdn. 6b) zu §2 Haustürwiderrufsgesetz). Sowohl die Schriftgröße, als auch der Fettdruck, als auch die Einrahmung, als auch die farbige Unterlegung der Widerrufsbelehrung kommen im sonstigen Text des Antrages vor. Die Widerrufsbelehrung ist nur insoweit besonders gestaltet, als bei ihr alle diese Mittel der Hervorhebung gemeinsam verwandt wurden. Diese Hervorhebung wird jedoch schon dadurch relativiert, dass die farbige Unterlegung der Belehrung im gleichen, nur weniger intensiven Farbton wie die Buchstaben gehalten sind.
20Darüber hinaus ist die Gestaltung der Belehrung angesichts der vielen verschiedenen Textgestaltungen auf einem DIN-A4 Blatt nicht ausreichend, um durch optische Auffälligkeiten ein besonderes Augenmerk des Kunden auf die Belehrung zu richten, wie dies nach dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 Satz 2 Haustürwiderrufsgesetz erforderlich ist. Vielmehr wird durch zahlreiche Hervorhebungen von Textstellen der gesamte Antrag unübersichtlich und der Hervorhebungseffekt der Belehrung dadurch zunichte gemacht.
21An dieser, schon im Verfahren 2 0 198/00 vertretenen Auffassung hält die Kammer auch nach erneuter Überprüfung fest. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Original des Beitrittsantrages mit einer farblich deutlich anders gestalteten Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 2 Haustürwiderrufsgesetzes genügt. Denn nicht nur das Original muss den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen, sondern auch und vor allem die dem Kläger ausgehändigte Widerrufsbelehrung muss inhaltlich ordnungsgemäß sein (BGH NJW 1998, 540, 542), da nur so dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 Satz 2 Haustürwiderrufsgesetz genüge getan wird."
22Die Kammer teilt auch insoweit die Ansicht der 2. Zivilkammer und macht sich die vorgenannten Ausführungen zu eigen. Da die auf eine Dauer von 30 Jahren angelegten Leistungen der Klägerin noch nicht vollständig erbracht waren, konnte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 23.08.2000
23ihren Beitrittsantrag noch wirksam widerrufen.
24Mangels Rechtsgrundes ist die Beklagte somit zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nach der Entscheidung des BGH vom 02.07.2001, abgedruckt in NJW 2001, S. 2718 ff., die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft mit der Folge anzuwenden seien, dass die Klägerin nur die Erstellung einer Abschichtungsbilanz und ggf. die Zahlung eines Abfindungsguthabens verlangen könne. Wie der Bundesgerichtshof in dem angeführten Urteil auf S. 2720 ausführt, sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn im Fall einer offensichtlich gesunden Fondsgesellschaft, die mit den ihr anvertrauten Anlagegeldern bestimmungsgemäß und erfolgreich verfahren ist, die Gefahr einer Schädigung der Gesellschaftsgläubiger oder einer Ungleichbehandlung der Mitgesellschaft nicht besteht. So liegt der Fall hier. Nach ihrem eigenen Vortrag ist die Beklagte mit den ihr anvertrauten Geldern bestimmungsgemäß und erfolgreich verfahren, so dass die Gefahr einer Schädigung der Gesellschaftsgläubiger nicht besteht, weil das der Klägerin zustehende Auseinandersetzungsguthaben jedenfalls nicht geringer ist, als der von ihr in diesem Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 2.400,00 DM.
25Aus dem Vorgesagten folgt zugleich, dass die Feststellungsklage ebenfalls begründet ist. Die Zulässigkeit folgt daraus, dass die Inzidenterfeststellung hinsichtlich des Zahlungsanspruches nicht in Rechtskraft erwächst.
26Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 286, 288 BGB.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.