Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 431/01
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als
Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
2.000 € vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Kläger beabsichtigten Anfang des Jahre 2001, das bebaute Grundstück L-Straße in N zu erwerben. Der Kaufpreis sollte finanziert werden. Im März 2001 verhandelten die Kläger mit dem "Bezirksleiter" der Beklagten S. Der Inhalt der Verhandlungen ist streitig. Am 04.04.2001 übermittelte Herr S im Auftrag der Kläger direkt an den Makler der zu erwerbenden Immobilie folgendes Schreiben: "Hiermit bestätigen wir, dass wir Ihnen, unter der Voraussetzung der Richtigkeit der von Ihnen gemachten Angaben und Unterlagen zu Ihrer Bonität und der Beleihung ein Darlehen in Höhe von 420.000,00 DM gewähren". Am 07.04.2001 übergaben die Kläger Herrn S die Darlehensanträge. Zudem teilten sie ihm den Beurkundungstermin mit. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12.04.2001 kauften die Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 380.000,00 DM, welcher am 13.06.2001 fällig war.
3Mit Schreiben vom 28.06.2001 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass sie den Darlehensantrag ablehne.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2001 forderten die Kläger die Beklagte zur Zahlung des Kreditbetrages in Höhe von 420.000,00 DM bis zum 11. Juli 2001 auf, andernfalls lehnten sie die Erfüllung des Darlehensvertrages ab. Eine andere Finanzierung gelang den Klägern trotz intensiver Bemühungen nicht.
5Die Kläger begehren Freistellung und die Feststellung, dass die Beklagte wegen Verschuldens bei Vertragsschlusses schadensersatzpflichtig ist.
6Die Kläger behaupten, dass Herr S ihnen mehrfach ausdrücklich zugesagt habe, dass die Finanzierung durch die Beklagte erfolgen werde. Negative Schufa-Eintragungen seien zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen gelöscht gewesen. Ihnen seien Aufwendungen in Höhe von insgesamt 26.659,85 € entstanden.
7Die Kläger beantragen,
81. die Beklagte zu verurteilen, sie
9a) gegenüber Frau L, Inhaberin der Firma
10Immobilien L, E-Straße, E, von der Verbindlichkeit auf Erstattung des Maklerhonorars gemäß Rechnung vom 11. Juli 2001 in Höhe von 1.162,47 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 12. August 2001,
11b) gegenüber dem Notar, I2 ,L2 - Weg, F, von der Verbindlichkeit auf Erstattung der Notarkosten gemäß Rechnung vom 17. April 2001 über 883,78 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 18. April 2001,
12c) gegenüber Herrn T, Inhaber der Firma T Immobilien, N-Str., F, von der Verbindlichkeit auf Erstattung des Maklerhonorars gemäß Rechnung vom 12. April 2001 in Höhe von 6.761,32 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG,
13d) gegenüber der Gerichtskasse Duisburg, Duisburger
14Str. 220, 47166 Duisburg-Hamborn, von der Verbindlichkeit auf Erstattung der Gerichtskosten gemäß Kostenrechnung aus August 2001 in Höhe von 173,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG,
15e) gegenüber dem Finanzamt Mülheim a. d. Ruhr,
16Wilhelm-Str.7, 45468 Mülheim a. d. Ruhr, von der Verbindlichkeit auf Erstattung der Grunderwerbssteuer in Höhe von 3.400,10 € und des hierauf per 25. Juli 2001 entstandenen Säumniszuschlages in Höhe von 33,75 € gemäß Mahnung vom 9. Juli 2001 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG,
17f) gegenüber der J mbH, C-Str., E2, von der Verbindlichkeit auf Erstattung des Gutachterhonorars gemäß Rechnung vom 3. Mai 2001 in Höhe von 528,60 € und der hierzu bisher entstandenen Rechtsverfolgungskosten gemäß Mahnbescheid vom 26. September 2001 in Höhe von 78,48 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG,
18g) gegenüber den Eheleuten Martina I und Joachim I,
19L-Str., N, von der Schadensersatzverbindlichkeit aufgrund des bisher nicht durchgeführten Grundstückskaufvertrages vom 12. April 2001 gemäß Anspruchsanmeldung vom 11. September 2001 in Höhe von bis zum 17. Januar 2002 entstandenen 13.637,52 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG
20freizustellen;
212. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen
22sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der nicht erfolgten Auszahlung der Darlehenssumme in Höhe von 420.000,00 DM zum 13. Juli 2001 künftig entsteht.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte behauptet, die Frage nach negativen Schufa-Eintragungen sei von den Klägern verneint worden. Eine verbindliche Darlehenszusage sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Die Erklärung im Schreiben vom 04.04.2001 sei unter der Voraussetzung ausreichender Bonität erfolgt.
26Zur Abgabe verbindlicher Erklärungen sei Herr S nicht befugt. Die Schufa-Auskünfte vom 27.04.2001 seien negativ und die Bonität der Kläger unzureichend.
27Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Die Kläger haben keinen Anspruch auf Freistellung bzw. Schadensersatz gegenüber der Beklagten aus § 326 BGB.
30Ein Darlehensvertrag ist zwischen den Klägern und der Beklagten nicht zustande gekommen, da die Schriftform des § 4 Verbraucherkreditgesetzes nicht eingehalten wurde und somit gemäß § 6 Verbraucherkreditgesetz ein möglicher Darlehensvertrag nichtig wäre.
31Die Beklagte haftet gegenüber den Klägern auch nicht wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen.
32Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem in Aussicht genommenen Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Aufwand, der in Erwartung des Vertragsabschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr. Nur wenn der Vertragsabschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss gemacht werden, können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsschluss später ohne triftigen Grund ablehnt (vgl. Palandt, Heinrichs § 276 Rdn. 72-74; BGB NJW 1996, 1884 ff.; BGH NJW-RR 1989, 627 ff.).
33Bei einem formbedürftigen Vertrag, wie vorliegend nach § 4 Verbraucherkreditgesetz, gilt dies nicht uneingeschränkt. Denn der Schutzzweck der Formvorschrift will wegen der objektiven Eigenart des Vertragsgegenstandes eine Bindung der Verhandlungspartner ohne Einhaltung der Form verhindern. Die Entschließungsfreiheit der Vertragsparteien würde aber wesentlich beeinträchtigt und der Schutzzweck der Formvorschriften weitgehend unterlaufen, wenn jedes Verhalten bei den Vertragsverhandlungen, das den Verhandlungspartner auf den Abschluss des Vertrages vertrauen lässt, Schadensersatzansprüche von vielleicht beträchtlicher Höhe auslösen könnte. Auch ist das Vertrauen in den künftigen Abschluss solcher Verträge weniger schutzwürdig, weil der Formzwang allgemein bekannt ist und nahezu jedermann weiß, dass sein Gegenüber erst mit dem förmlichen Vertragsschluss gebunden ist, nach dem Willen des Gesetzes bis dahin also anderen Sinnes werden darf. Die Verweigerung eines formbedürftigen Vertragsschlusses begründet deshalb einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nur, wenn der Zweck der Formvorschrift den Schutz der Entschließungsfreiheit nicht rechtfertigt. Das ist der Fall, wenn bei den Vertragsverhandlungen eine in Wahrheit nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorgetäuscht oder eine aus besonderen Umständen herzuleitende Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt wird (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1043 ff.; BGH NJW 1975, 43 f.; BGH NJW 1996, 1984 ff.).
34Beides trifft hier nicht zu. Eine aus besonderen Umständen herzuleitende Aufklärungspflicht, die die Beklagte schuldhaft verletzt hat, ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorgetäuscht hat, sind ebenfalls nicht gegeben. In dem Schreiben vom 04.04.2001 wird den Klägern ausdrücklich mitgeteilt, dass am Dienstag, den 10.04.2001 die Darlehensbeantragung erfolgen soll und zu diesem Zeitpunkt ein verbindlicher Finanzierungsbescheid ausgehändigt wird. Aus diesem Umstand wird ersichtlich, dass die Beklagte zum Abschluss eines Darlehensvertrages mit den Klägern bereit war.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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Referenzen
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