Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 565/01
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 508.788,15 €(in Worten: fünf-
hundertachttausendsiebenhundertachtundachtzig 15/100 Euro)
(= 995.103,12 DM) nebst 4 % Zinsen seitdem 04.03.2001 zu zahlen.
Der Beklagte wird außerdem verurteilt, an den Klägerweitere 92.019,02 €
(in Worten: zweiundneunzigtausendneunzehn 02/100 Euro)
(= 179.973,56 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 04.03.2001 zu zahlen, Zug
um Zug gegen Abtretung etwaiger Forderungen des Klägers nach Insol-
venzanfechtung betreffend die Zahlungen vom 27.09.1999 in Höhe von
13.920,00 DM, vom 30.09.1999 in Höhe von 53.813,56 DM, vom
02.11.1999 in Höhe von 13.920,00 DM und vom 23.11.1999 in Höhe von
13.920,00 DM an X und C (anhängig in dem Rechtsstreit 9 0 471/01
LG Bielefeld) sowie die Zahlung vom 22.10.1999 in Höhe von 84.400,00
DM an die Firma C2 (anhängig in dem Rechtsstreit 1 0 1688/01 LG Zwickau).
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils bei-
zutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Mit Beschluss des Amtsgerichts Jena vom 01.03.2000 wurde über das Vermö-
3gen der B GmbH (im Folgenden: B GmbH) wegen Zahlungs-
4unfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger ist
5der Insolvenzverwalter, der Beklagte der Geschäftsführer der B GmbH.
6Gegenstand des Unternehmens war die Entwicklung, Fertigung und Vermark-
7tung von Betriebsmitteln und Maschinen für die Automobilindustrie. Die B
8GmbH war u.a. an der Herstellung des Unterbaus des Audi Hunter beteiligt.
9Teilaufträge wurden hierbei von der Generaluntemehmerin E an die
10B GmbH vergeben. Diese schaltete wiederum die Firma L für die Konstruktion der Werkzeuge und die Firma T GmbH für die Herstellung der konstruierten Werkzeuge ein. Wegen Konstruktions- und Fertigungsfehlem der Firmen L und T GmbH und wegen Terminverzugs kam es zwischen der B GmbH und der Firma E zu einem
11Rechtsstreit vor dem Landgericht Heilbronn (Az.: 3 KFH 0 291/99), der mit folgendem Vergleich beendet wurde:
121. "Die Antragstellerin verpflichtet sich, der Antragsgegnerin die vertraglich ge-
13schuldete Dokumentation vollständig mit dazu gehörigen Zeichnungen und
14Datenband entsprechend der Audi-Spezifikation bis spätestens Dienstag,
1514.09.1999, 12.00 Uhr, zur Verfügung zu stellen.
162. Die Antragsgegnerin zahlt bis spätestens 15.09.1999
17DM 700.000,00 netto an die Antragstellerin,
183. Die Antragsgegnerin zahlt an die Antragstellerin weitere
19DM 700.000,00 netto bis spätestens 30.09.1999.
204. Erweist sich die vorgelegte Dokumentation bei stichprobenartiger Prüfung
21durch die Antragsgegnerin ganz oder teilweise als nicht der Audi-
22Spezifikation in Ordnung entsprechend, ist die Antragsgegnerin nach qualifi-
23zierter Rüge berechtigt, aus dem Zahlbetrag von vorstehender Ziffer 3. einen
24Betrag von DM 400.000,00 zurückzubehalten.
25Mit diesem Vergleich vom 09.09.1999 verzichtete die Firma B GmbH auf einen
26Großteil ihrer zunächst geltend gemachten Forderungen. Die Firma E zahlte auf diesen Vergleich insgesamt 1.000.000,00 DM. Davon wurden
27305.090,70 DM unmittelbar an die Gläubigerin der Gemeinschuldnerin N ausbezahlt. Weitere 400.000,00 DM behielt die Firma E ein, weil sie die von der B GmbH gelieferte Dokumentation für mangelhaft hielt.
28Die B GmbH hatte nach den eigenen Buchhaltungsunterlagen zum
2931.08.1999 Verbindlichkeiten in Höhe von 2.695.677,25 DM (Anl. K2 z. Klage-
30schrift, Bl. 17 d.A.). Nach Abzug der bereits gebuchten Zahlungen ergaben sich
31damit zum 09.09.1999 Verbindlichkeiten in Höhe von 2.659.151,79 DM. Zu die-
32sen Verbindlichkeiten zählten auch Forderungen der Firmen T GmbH und L,
33die der Beklagte selbst in einem Schreiben vom 14.09. mit 559.568,01 DM und
34537.618,28 DM bezifferte. In diesem Schreiben vom 14.09.1999 stellte der Be-
35klagte selbst fest, dass die Verbindlichkeiten das zur Verfügung stehende Geld
36überstiegen und führte Rechenbeispiele durch, die zumindest eine teilweise
37Befriedigung der Gläubiger ermöglichen sollten. Wegen der Einzelheiten wird
38auf die Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 23 ff. d.A., Bezug genommen. Zur Kon-
39kurstabelle wurden später seitens der Firma L Konstruktionen und T GmbH
40weitaus höhere Forderungen angemeldet und auch festgestellt. Wegen der
41Einzelheiten wird auf die als Anlage K 8 zum Schriftsatz des Klägers vom
4222.04.2002 zu den Akten gereichte Konkurstabelle Bezug genommen. Zu den
43Verbindlichkeiten zählten auch Forderungen der Firma K in Höhe
44von 7.499,52 DM, der Firma N2 GmbH in Höhe von
45122.673,91 DM, der Firma D in Höhe von 63.171,64 DM und der Fir-
46ma J in Höhe von 39.092,09 DM.
47Der Firma B GmbH standen zum 09.09.1999 dagegen lediglich verfügbare Zah-
48lungsmittel in Höhe von 1.122.323,04 DM. Wegen der Zusammensetzung die-
49ser kurzfristig verfügbaren Mittel wird auf die Aufstellung auf S. 5 der Klage-
50schrift vom 12.11.2001 (Bl. 10 d.A.) Bezug genommen.
51Als weiteres Vermögen standen der B GmbH noch Vorräte und Anlagevermögens-
52gegenstände mit einem Liquidationswert von 11.124,00 DM und einem Fortfüh-
53rungswert von 8.245,00 DM zur Verfügung.
54Der Beklagte nahm in der Zeit vom 16.09.1999 bis zum 31.12.1999 Auszahlun-
55gen in Höhe von insgesamt 1.175.076,68 DM vor.
56Es handelt sich dabei um folgende Zahlungen:
57l. D2 AG K3, Konto: 258333400
5816.09.99 P 1.610,70 DM
5917.09.99 S 98,60 DM
60S2 278,11 DM
61F 290,00 DM
62F2 290,94 DM
63J2 611,07 DM
64F 11.298,52 DM
65T2
66Vergleich vom 16.09.1999 28.218,77 DM
67X2
68Vergleich vom 16.09.1999 60.423,00 DM
69K2 1.967,78 DM
7030.09.99 Scheck 9922, F3, 0602740174768 1.000,00 DM
7101.10.99 M Rate 10.99 895,52 DM
7201.10.99 M2
73Rate 10.99 1.228,60 DM
7406.10.99 U 466,43 DM
7508.10.99 F 145,00 DM
76F (Löhne) 11.443,52 DM
77Scheck 9216 0960110210995 98.804,13 DM
7813.10.99 C3 3.312,40 DM
7914.10.99 C4 149,31 DM
80B2 999.12 DM
81U2 899.80 DM
8218.10.99 N2 132,50 DM
8319.10.99 P 1.610,70 DM
8420.10.99 K2 1.967,78 DM
85Scheck 9201 0960210106481 170.035,11 DM
8622.10.99 Scheck 9202 0960250108135 84.400,00 DM
8726.10.99 Scheck 9203, X3 , 0603000186955 2.000,00 DM
8801.11..99 M
89Rate 11.99 895,52 DM
90M2
91Rate 11.99 1.228,60 DM
9202.11.99 Scheck 9218 096030106980 13.920,00 DM
9308.11.99 F 145,00 DM
94F (Löhne) 11.235,47 DM
95U 446,61 DM
9610.11.99 C3 3.312,40 DM
97Scheck 9204, M4, 0960110303489 2.000,00 DM
9812.11.99 C4 149,31 DM
99B2 1.000,74 DM
10015.11.99 U2 1.267,90 DM
101N2 305,67 DM
10216.11.99 P 1.610,70 DM
10317.11.99 C3 2.261,78 DM
104Scheck 9205, X4, 0603220091851 3.300,00 DM
10501.12.99 M
106Rate 12.99 895,52 DM
107M2
108Rate 12.99 1.228,60 DM
10908.12.99 U 528,13 DM
11014.12.99 C3 3.312,40 DM
111B2 999,66 DM
11215.12.99 U2 1.022,50 DM
113Lohn X5 1.584,57 DM
11415.12.99 Lohn M4 1.759,42 DM
115Lohn Q2 1.768,17 DM
116Lohn I 2.756,77 DM
117Lohn X4 3.101,41 DM
11816.12.99 P 1.610,70 DM
11920.12.99 N2 164,09 DM
12022.12.99 C4 149,31 DM
121K2 2.765,95 DM
12223.12.99 K2 815,15 DM
12327.12.99 N3 1. 809 60 DM
124Zwischensumme l: 553. 929, 06 DM
1252. Sparkasse I2, Konto: 220266969
12620.09.99 W 3.000,00 DM
12722.09.99 H 2.305,17 DM
128T2 906, 87 DM
129U 521,54 DM
130U 464,00 DM
131E2 65,00 DM
132E2 101,61 DM
133U 33,33 DM
13423.09.99 F3 70.991,00 DM
135I3 9.861,00 DM
136N4 2.597,51 DM
13727.09.99 X und C 13.920,00 DM
13828.09.99 I4 30.989,52 DM
13929.09.99 K2 912,00 DM
140C3 870,00 DM
141S2 631,62 DM
142D2 510,00 DM
143U3 455,47 DM
144Q3 443,36 DM
145G 193,26 DM
146G 193,26 DM
147Q3 167,56 DM
148F2 158,62 DM
149N4 144,22 DM
150M5 118,41 DM
151F2 111,42 DM
152L2 74,65 DM
153F2 68,28 DM
154X5 32,57 DM
155X5 24,13 DM
15630.09.99 X und X 53.813,56 DM
15701.10.99 D 10.000,00 DM
158T2 7.093,15 DM
159U4 2.299,21 DM
160E2 1.700,00 DM
161S3 820,31 DM
162U5 696,00 DM
163C4 250,56 DM
164C4 215,76 DM
16501.10.99 S3 185,60 DM
16605.10.99 G3 4.553,76 DM
167C5 4.523,06 DM
16807.10.99 T 10.000,00 DM
16908.10.99 S 98,60 DM
17012.10.99 A 6.465,00 DM
17113.10.99 T 3.500,00 DM
17218.10.99 E3 5.114,00 DM
17319.10.99 N5 2.702,17 DM
174M 164,44 DM
17521.10.99 O 3.321,54, DM
176X6 3.000,00 DM
177M6 1.444,10 DM
178I5 1.000,00 DM
179Q4 417,60 DM
18022.10.99 S3 533,00 DM
181T3 527,22 DM
182T4 500,00 DM
183W2 396,56 DM
184F2 311,48 DM
185O 205,90 DM
186F2 141,29 DM
187F2 139,20 DM
18802.11.99 N6 2.252,06 DM
189S 2.000,00 DM
190N6 193,93 DM
191F2 111,42 DM
192L2 87,00 DM
193S 42,69 DM
19403.11.99 I6 9.208,00 DM
195F2 87,52 DM
19611.11.99 T GmbH 1.000,00 DM
197X7 517,13 DM
19823.11.99 Scheckeinlösung 13.920,00 DM
19929.11.99 C4 2.000,00 DM
20002.12.99 X8 7.227,57 DM
20109.12.99 J3 134,02 DM
202S4 50,00 DM
20315.12.99 W 5.880,29 DM
20428.12. 99 X4 2.870,88 DM
205Zwischensumme lI: 316.056,92 DM
20621.09.1999 Zahlung der Firma E
207aufgrund des
208zwischen ihr und der
209B GmbH geschlossenen
210Vergleichs an die Firma N 305.090,70 DM
211Zwischensumme III: 305.090,70 DM
212I + II + III = 1.175.076,68 DM
213Der Kläger führte inzwischen Insolvenzanfechtungen durch und erhielt dabei
214einen Betrag von 25.352,06 DM zurück, der in der o.g. Aufstellung bereits be-
215rücksichtigt und abgezogen wurde.
216Darüber hinaus ist bei dem LG Bielefeld, Az.: 9 U 471/01, ein Rechtsstreit an-
217hängig, in dem der Kläger die Zahlungen an X und C vom 27.09.1999,
21830.09.1999, 02.11.1999 und 23.11.1999 in Höhe von insgesamt 95.573,56 DM
219angefochten hat.
220Ein weiterer Rechtsstreit vor dem LG Zwickau (1 0 1688/01) betrifft die An-
221fechtung der Zahlung vom 22.10.1999 in Höhe von 84.400,00 DM an die Firma
222C2 . Eine Entscheidung wurde in diesem Verfahren noch nicht getroffen. Die Summe der anhängigen Forderungen ergibt den Betrag von 179.973,56 DM.
223Der Kläger ist der Auffassung, dass die Firma B GmbH bereits am 09.09.1999 zah-
224lungsunfähig und überschuldet gewesen sei und der Beklagte als Geschäfts-
225führer der Firma B GmbH dies gewusst habe. Es hätten noch lediglich liquide Mittel
226in Höhe von 1.122.233,04 DM zur Verfügung gestanden. Der weitere Betrag in
227Höhe von 400.000,00 DM, den die Firma E zurückgehalten hatte,
228sei hierbei nicht zu berücksichtigen. Dagegen seien bei den Verbindlichkeiten
229die Forderungen der Firma T GmbH und L zu berücksichtigen.
230Der Kläger beantragt,
231den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.175.076,68 DM nebst 4 %
232Zinsen seit dem 04.03.2001 zu zahlen.
233Der Beklagte beantragt,
234die Klage abzuweisen.
235Der Beklagte ist der Auffassung ,dass zum 09.09.1999 weder Überschuldung
236noch Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hätten. Jedenfalls sei dies dem Beklag-
237ten nicht bekannt gewesen. Der Kläger habe das Vermögen und die Verbind-
238lichkeiten nicht richtig bewertet. Auf Seiten der Liquidität sei nämlich der Einbe-
239halt in Höhe von 400.000,00 DM hinzuzurechnen, auf der anderen Seite habe
240die Firma B GmbH erhebliche Gegenansprüche gegen die Firmen L und
241T GmbH, so dass deren Forderungen nicht zu berücksichtigen seien. Auch seien
242die Forderungen der K, N2 , D und J zu dem Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen.
243Die Fortführungsprognose habe sich als positiv dargestellt, deshalb habe der
244Beklagte die Tätigkeit fortsetzen müssen, um eine Insolvenz abwenden zu kön-
245nen. Dies sei auch erforderlich gewesen, um die Voraussetzungen für die Zah-
246lungen weiterer 400.000,00 DM durch die Firma E zu schaffen. Dar-
247über hinaus seit die Firma B GmbH noch akquisitorisch in erheblichem Umfang tätig
248gewesen.
249Der Beklagte ist auch der Auffassung, dass die Konkursquote von der Klage-
250forderung abzuziehen sei.
251Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewech-
252selten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
253Entscheidungsgründe
254Die Klage ist begründet.
255Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von
256508.788,15 sowie auf Zahlung weiterer 92.019,02 E Zug um Zug gegen Ab-
257tretung der Forderungen, die sich noch aufgrund der Insolvenzanfechtungen
258ergeben können, aus § 64 Abs. 2 GmbHG.
259Die Firma B GmbH war nämlich zum Stichtag 09.09.1999 bereits zahlungsunfähig
260und überschuldet.
261Es bestand Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO, weil die B GmbH nicht
262mehr in der Lage war, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Der Firma B
263GmbH standen zum 09.09.1999 liquide Mittel von 1.122.323,04 DM zur Verfü-
264gung. Soweit der Beklagte einen um 400.000,00 DM höheren Betrag errechnet
265hat, ist dies darauf zurückzuführen, dass er auch den Betrag eingerechnet hat,
266den die Firma E aufgrund des Vergleichs vom 09.09.1999 schulde-
267te, jedoch einbehalten durfte, weil sie die Dokumentation als mangelhaft gerügt
268hatte. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Forderung aber nicht
269zu berücksichtigen. Zu den liquiden Mitteln zählen nämlich nur solche Beträge,
270die kurzfristig zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der 400.000,00 DM ist zu be-
271rücksichtigen, dass diese von der Firma E nur bei Vorlage einer ord-
272nungsgemäßen Dokumentation geschuldet wurden und die schlichte Rüge aus-
273reichte, um den Einbehalt zu rechtfertigen. Insoweit ist der Betrag in Höhe von
274400.000,00 DM nicht kurzfristig realisierbar gewesen und danach nicht zu be-
275rücksichtigen.
276Diesen liquiden Mitteln in Höhe von 1.122.323,04 DM standen mindestens Ver-
277bindlichkeiten in Höhe von 1.309.515,50 DM gegenüber. Diese Summe ergibt
278sich, wenn zugunsten des Beklagten die von ihm errechneten Forderungen in
279Höhe von 559.568,01 DM und 537.618,28 DM der Firmen T GmbH und L
280sowie die weiteren von ihm als zweifelhaft gerügten Forderungen in Höhe von
281insgesamt 252.450,00 DM von den sich aufgrund der Buchführungsunterlagen
282ergebenden Verbindlichkeiten in Höhe von 2.659.151,79 DM abgezogen wer-
283den. Selbst ohne Berücksichtigung der streitigen Forderung übersteigen bei
284Zugrundelegung der Zahlen, die auch der Beklagte kannte, die Verbindlichkei-
285ten die liquiden Mittel deutlich, es hätten bei dieser Berechnung maximal 86 %
286erfüllt werden können. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die Forderun-
287gen der Firmen T GmbH und L überhaupt nicht berücksichtigt werden dürf-
288ten, ist dies nicht zutreffend. Ein sorgfältiger Geschäftsmann ist vielmehr ver-
289pflichtet, bzgl. streitiger Forderungen Rückstellungen vorzunehmen. Es kann
290dahingestellt bleiben, in welcher Höhe hier Rückstellungen für streitige Forde-
291rungen in Höhe von insgesamt 1.814.415,50 DM hätten vorgenommen werden
292müssen. Selbst wenn man nur einen Bruchteil dieser Forderungen als Rück-
293stellung zugrunde legen würde, würde sich die Diskrepanz zwischen Aktiva und
294Passiva noch weiter vergrößern.
295Die B GmbH war damit zum 09.09.1999 zahlungsunfähig.
296Darüber hinaus war sie auch gemäß § 19 InsO überschuldet, weil auch das
297Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckte. Zu den liqui-
298den Mittel in Höhe von 1.122.323,04 DM waren nämlich nur noch Vermögens-
299gegenstände zu einem Fortführungswert in Höhe von 11.124,00 DM vorhan-
300den. Selbst unter Berücksichtigung dieses für den Beklagten günstigeren Fort-
301führungswertes übersteigen die Verbindlichkeiten immer noch das Vermögen
302der Gesellschaft.
303Die von dem Beklagten veranlassten Zahlungen in Höhe der Klageforderung
304entsprechen auch nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.
305Auch wenn der Beklagte hier vorträgt, die Fortführungsprognose sei positiv ge-
306wesen und er habe auch weiter Akquisitionen betrieben, kann dies den Be-
307klagten hier nicht entlasten. Zu berücksichtigen ist nämlich dabei, dass die
308Akquisitionen nicht kurzfristig zu einer Steigerung der liquiden Mittel geführt
309hätten. Insoweit war es für die Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Ge-
310schäftsmanns erforderlich, ein ordentliches Fortführungskonzept aufzustellen.
311Ein solches hatte der Beklagte nicht. Ein besonderes öffentliches Interesse an
312der Erhaltung des Unternehmens hat er ebenfalls nicht dargelegt.
313Der Beklagte hatte auch die erforderliche Kenntnis. Bereits aus seinem Schrei-
314ben vom 14.09.1999 ergibt sich, dass ihm die prekäre finanzielle Situation des
315Unternehmens bekannt war. Selbst nach seinen eigenen Berechnungen ergab
316sich, dass die Passiva die Aktiva bei weitem überstiegen und nicht ausreichen-
317de liquide Mittel kurzfristig verfügbar waren, um alle Verbindlichkeiten zu tilgen.
318Dem Beklagten ist es auch nicht gelungen, sich insoweit zu entlasten.
319Gemäß § 64 Abs. 2 hat der Beklagte als Geschäftsführer der insolventen Ge-
320sellschaft die Zahlungen zu ersetzen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähig-
321keit und Überschuldung geleistet hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bzgl.
322der Zahlungen, die der Insolvenzanfechtung unterliegen und Gegenstand der
323Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld und dem Landgericht Zwickau sind,
324der Kläger nur Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung seiner Forderungen ver-
325langen kann (§ 255 BGB).
326Der Insolvenzanfechtung unterliegen derzeit Forderungen in Höhe von insge-
327samt 179.973,56 DM (= 92.019,02 € ). Insoweit war hier eine Zug-um-Zug-
328Verurteilung auszusprechen. Wegen der weiteren Forderung in Höhe von
329995.103,12 DM (= 508.788,15 € ) war der Beklagte unbedingt zu verurteilen.
330Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass zumindest die Konkursquote ab-
331zuziehen sei, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Nach der Entscheidung
332des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2001 (WM 2001, 317) ist der Geschäfts-
333führer nämlich verpflichtet, die von ihm gezahlten Beträge ungekürzt zu erstat-
334ten. Der Beklagte ist danach gehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach
335Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläu-
336biger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse ge-
337gen den Insolvenzverwalter zu verfolgen.
338Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläu-
339fige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.
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